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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirkschaff, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint «n allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. krei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. Le- Geschäftsstelle, nehmen zu ikd-k8°itBesi-!lung-n-nt- Wochenblatt für Wllsdrufs u. Umgegend s-gen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung Ler Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte n. Arbeiter Anzeigenpreisr hie »gespaltene Raumzeile 20 Apsg., hie «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen «0 Reichs» psennige, die »gespaltene Sieklamezeile im textlichen Teile l SiM. NachweisungsgedLhr 20 Sieichspsennige. Darge, schrieben- Eescheinungs. __ tage und Plagvorschriften werden nach Möglichkeit- FerNsprechekt Amt Wilsdruff Nr. 6 derüekstchftgt. Anzeigen- -nnahm-bisnorm.lv Uhr. — Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage -ingezogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 238 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.r „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 11. Oktober 1933 Unter -er Viermilü'onenlinie. Zweieinviertel Jahr ist es her, als die so erschreckend hoch gestiegene Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ein--> mal wieder unter die Viermillionenlinie hin-j untergegangen war. Das war Ende Juni 1931 gewesen, doch schon ein paar Wochen später leitete der große Bankenkrach eine neue Riesenwelle der Krise über das deutsche Land und trieb rasch auch wieder die Zahl der Erwerbslosen höher und immer höher. Jetz aber kommt die amtliche Mitteilung, daß für Ende September 1933 jene Viermillionenlinie wieder unterschritten worden ist, und zwar noch mehr als damals im Jahre 1931. Heute - sind auf der anderen Seite die Ziffern für die Ende Sep-, tember d. I. wirklich Beschäftigten noch nicht fest gestellt, doch geht man sicherlich mit der Vermutung nicht fehl, daß auch dort endlich die Zahl von 14 Millionen Be-! schäftigter erreicht worden ist. Denn seit Ende Januar 1933 ist die Arbeitslosenziffer um fast 2,2 Millionen zurückgegangen, während schon bis Ende August die Zahl! der be' den Krankenkassen versicherten Beschäftigten um 2,3 Millionen gestiegen ist, und diesen Aufstieg auch im September nun erheblich fortgesetzt haben wird. Dadurch kommen wir nun in Deutschland sozusagen mit einem ge- wissen Anlauf in jene Zeit hinein, in der sich das saisonübliche Zurückgehen bei der deutschen Wirtschaft bemerkbar machen mnß. Andererseits ist die Entlastung des Arbcitsmarktes erfreulicherweise gerade in jenen Wirtschaftsgruppcn eingetrctcn, die weniger einen saisonmäßigen als einen Konjunktur charakter besitzen. Selbstverständlich ist die darin sich Zeigende weitere Belebung dieser Gruppen in einem lang samen Tempo erfolgt, aber immer wieder muß darauf hingewicscn werden, daß dort eine Überhitzung der Tem peratur nur zu Rückschlägen führen kann. Nun ist freilich dieser Rückgang der Arbeitslosigkeit und das ist auch etwas Erfreuliches an ihm! — keines wegs auf Deutschland beschränkt, sondern hat sich, etwa seit der letzten Jahreswende, auch auf die wichtigsten Industriestaaten der Welt ausgedehnt. Zahlenmäßig am stärksten ist dieser Rückgang in den Vereinigten Staaten gewesen, wo man behauptet, bis zum 1. Okto ber d. I. drei Millionen Erwerbslose neu eingestellt zu haben? dann würden freilich immer noch 10 Millionen Arbeitslose übrig bleiben! Bekanntlich wird aber in Amerika oft und laut darüber geklagt, daß sich die Mehr beschäftigung in der Industrie keineswegs auch in einer entsprechend umfangreichen Neueinstellnng von Arbeits kräften geltend gemacht habe. Das mag zutreffen. In Deutschland liegen die Dinge aber anders. Wenn Ende August 1933 die Zahl der wirklich Beschäftigten gegenüber der Ziffer am gleichen Tage des Vorjahres um eine Million größer ist, so ist hinzuzufügen, daß die meisten von diesen neu eingestellten Arbeitskräften durch die Industrie ausgenommen worden sind, und man darf - annehmen, daß es sich hier um die Mehreinstellung von mindestens 800 000 Industriearbeitern und! -angestellten handelt. Und das läßt wieder ohne weiteres darauf schließen, daß bei der Gütererzeu-i gung in der deutschen Industrie ein sehr bemerklicher j Anstieg erfolgt ist und weiter erfolgt. Dabei hat sich auch - nicht vermeiden lassen, daß dort, wo früher die Arbeits- zeit besonders stark verkürzt worden war, zunächst deren Verlängerung eingetreten ist, also ohne eine der Erzeugungs- und Absatzsteigerung entsprechende Mehr- einstellung neuer Kräfte. Schließlich mögen noch einige Zahlen über einen be sonderen Teil des Arbeitsmarktes genannt werden über den Umfang dessen nämlich, was man im weitesten Sinne als öffentlichen Arbeitsdienst bezeichnen darf: Es gibt 250 000 Arbeitsdienstwillige; in der Land- Hilfe waren Mitte August 156 000 Helfer beschäftigt, bei den Notstandsarbeiten 144 000 Arbeitskräfte; dazu treten etwa 70 000 Fürsorgeärbeiter der Gemeinden, — ins gesamt also etwa 620 000 Köpfe, eine Zahl übrigens, die etwa doppelt so hoch ist wie im vergangenen Jahr. Soweit nicht im Ansland die Politik allzu ungünstige Einflüsse auf die Urteilskraft gegenüber Deutschland aus übt, wird, wenn auch zögernd nnd immer noch verhältnis mäßig selten, aber doch schon hier und da zugegeben, daß sich in der deutschen Wirtschaft eine verhältnismäßig stärkere Besserung vollzieht, als im allgemeinen sonst in den großen Industriestaaten der Welt. Kaiserswerth Gedenkstätte der Hitlerjugend. Am Freitag, 13, Oktober, wird der Reichsjugendführer Baldur von Schirach die alte Barbarossapfalz in Kaisers werth zur Gedenkstätte der gesamten deutschen Hitlerjugend weihen und auf ihrer höchsten Mauer die ewige Schlagctcr- slamme entzünden. Eine Stafette von Hitlerjungen wird vom Schlagctermal auf der Golzheimer Heide das Feuer zur Entzündung der Ewigen Flamme nach Kaiserswerth bringen. MindkrWnentsMmWWWUN Deutschland lehnt wesentlichen Teil ab. Der Politische Ausschuß der Völkerbundversamm- luug hat die große Aussprache über die Minder heiten- und Judenfrage abgeschlossen. Entsprechend dem Vorschlag des Unterausschusses wurde die französische Entschließung angenommen. Die deutsche Abordnung stimmte dem ersten und dritten Teil zu, lehnte aber den entscheidenden, allein gegen Deutschland gerichteten Teil ab. Im ersten Teil heißt es u. a.: Die Vollversammlung des Völkerbundes übernimmt die grundsätzlichen Empfehlungen zum Minderheitenschutz und spricht die Hoffnung aus, daß die gegenüber dem Völkerbund durch keinerlei zusätzliche Verpflichtungen auf dem Minderheitengebiet gebundenen Staaten dennoch gegenüber ihren Minderheiten der Rasse, der Religion und der Sprache den gleichen Grad von Gerechtigkeit und Duldung anwenden, der in den Minderheitenschutz verträgen und in der gesamten Haltung des Völkerbundes gefordert wird. Im zweiten Teil heißt es: Die Völkcrbundvcr- sammlung ist der Ansicht, daß sich der im ersten Teil zum Ausdruck aebrachte Grundsatz ausnahmslos auf sämtliche Kategorien von Staatsangehörigen zu beziehen hat, die sich von der Mehrheit der Bevölkerung durch Rasse, Sprache oder Religion unterscheiden. In der Schlußberatung gab der deutsche Ver treter, Gesandter von Keller, eine Erklärung ab, in der er ansführte: Die deutsche Abordnung ist der An sicht, daß der Anwendungsbereich der Entschließung sich auf die eigentlichen Minderheiten zu beschränken hat. Aus den einschlägigen Verhandlungen im Politischen Ausschuß und in seinem Unterausschuß hat sich aber er geben, daß mit der Entschließung in der Hauptsache be zweckt wird, die Behandlung der Juden in Deutschland in den Anwendungsbereich der ersten Entschließung einzubeziehen. Dieses wider spricht der grundsätzlichen Auffassung der deutschen Abordnung. Die Frage fällt in den Bereich der inneren Gesetzgebung Deutschlands. In der Schlußaussprache wird die deutsche Abordnung gleichfalls den zweiten Teil der vom Ausschuß angenommenen Entschließung ab lehnen. Sämtliche übrigen Mächte haben der Entschließung zugestimmt. gegen Kulrültung veutichlancks Ergebnis des französischen Ministerrats. Die französischen Minister sind zu einem Kabinettsrat zusammengetretcn, der in der Hauptsache durch den Bericht des Ministerpräsidenten Daladier über den Stand der Genfer Verhandlungen ausgefüllt war. Daladier wiederholte seinen Ministerkollegen die An weisungen, die er dem französischen Außenminister erteilt hat und die darauf Hinzielen, daß er sich genau an die Ab machungen halten soll, die in Paris zwischen den Ver tretern Englands, Frankreichs nnd Amerikas getroffen worden seien. In der amtlichen Verlautbarung wird dar auf hingewiescn, daß die Minister den Ausführungen Daladiers rückhaltlos zugestimmt hätten. — In politischen Kreisen betont man ergänzend, daß das Ziel Frankreichs jetzt die „Gleichberechtigung in der Sicherheit" sei. Daladier habe während der Beratun gen darauf hingewiesen, daß das angebliche deutsche Manöver, das darauf hinausliefe, die französisch amerika- nisch-cnglische Einheitsfront aufzulockern, gescheitert sei. London stehe ebenso wie Paris jeder Ausrüstung Deutschlands ablehnend gegenüber. * Memimiig v. Soesch-Simon. Der deutsche Botschafter in London, von Hoesch, stattete dem englischen Außenminister Simon einen Be such ab. Der Besuch sand auf persönliche Anregung von Sir John Simon statt. Er unterrichtete ihn davon, daß die englische Regierung die deutschen Bemerkungen zur Ab- rüstnngsfrage erwogen habe. Es schloß sich an diese Mit teilung eine Unterredung über die jetzt zur Erörterung stehenden Abrüstungsfragen an. Die Aussichten, Frankreich schon zu einleitenden Abrüstungsmaßnahmen während der Übergangszeit als einer Bezeugung des guten Willens überreden zu können, sind nach englischer Auffassung ziem lich hoffnungslos- Mit großer Halsstarrigkeit wird indessen an der Auffassung festgehalten, daß eine Wiederaufrüstung Deutschlands in der Form, daß man ihm Musterwaffen zugestehen sollte, nicht gangbar sei. Man legtDeutsch- l a n d n a h e, jetzt noch einmal die Lage zu retten, indem seine verantwortlichen Führer einen praktischen Beweis für die deutsche Friedensliebe geben und diese Forde rung zurück st eilen sollen (!). * M Amerikaner vermitteln. Unterredungen Nadolnys mit Davis und Paul-Boncour. Botschafter Nadolny hatte Einzelunterredungen mit Norman Davis, Paul-Boncour und dem italienischen Marquis Soragna. Die Unterredungen mit Norman Davis und Panl-Bonconr waren von längerer Dauer und haben nach deutschen Mitteilungen wesentlich dazu beigetragen, daß der grundsätzliche deutsche Stand punkt von neuem den Vertretern der amerikanischen nnd französischen Regierung in allen Einzelheiten dargelcgt Werden konnte. In unterrichteten Kreisen besteht der Ein druck, daß die amerikanischen Vertreter sich gegenwärtig weitgehend in die Verhandlungen eingeschaltet haben unv eine von allen Seiten begrüßte Vermittlertätiakeit aus ilben. So sollen Bemühungen im Gange sein, eine auch für Deutschland tragbare Lösung der Fragen der Kontrolle und der Militärluftfahrt zu finden. „Europa, erwache!" Italienischer Mahnruf an die Völker Europas. Der Direktor der „Tribuna" und Mitglied des Großen Faschistischen Rates, Forges Davanzati, schreibt unter dem Titel „Europa, erwache!" einen Artikel, der im Grunde nur eine Beschwörung Deutschlands darstellt. Man dürfe Gegenwart und Zukunft Europas nicht an die Ausstattung mit schweren Kanonen, Panzerwagen oder Jagdgeschwadern knüpfen. Die wahrere und größere Gleichberechtigung Deutschlands sei die, daß das antimarristische und antipluLokratische Dritte Reich berufen werde, gemeinsam mit den euro päischen Großmächten zu handeln. Die Abrüstung sei zweifellos die Tatsache, auf die sich eine Versöhnungs- Politik zu stützen habe. Aber es sei auch wahr, daß Ab sicht und Verwirklichung einer versöhnlichen Politik im Sinne des Piererpaktes die unerläßliche Voraussetzung jeder Rüstungsverminde rung darstelle. Europa habe eine tiefe Prüfung seines Gewissens nötig. Wenn man den furchtbaren Ge burtenrückgang der europäischen Kulturstaaten und auch in den Vereinigten Staaten betrachte, und gleich zeitig lese, daß Japan mit einem immer noch un erhörten Geburtenkoeffizienten einen jährlichen Zu wachs von über einer Million verzeichne, so komme man zur Aberlegung, ob es nicht eine der tragischen Seiten der abendländischen Kurzsichtigkeit sei, zu glauben, Rang und Kraft der Staaten könnten in Gegenwart und Zukunft unwiderruflich bestimmt werden nnr durch eine Differenz in der Bewaffnung mit schwerer Artillerie oder Tanks oder Bombenflugzeugen. * » Oie Ke,1ge einer Hetzlüge. Schweizerische Aufrüstung gegen „deutschen Durchmarsch". Der Schweizerische Nationalrat bewilligte einen Kredit von 20 Millionen Franken. 15 Millionen Franken sind zur Erweiterung der militärischen Materialreserven bestimmt. Bei der Aussprache wies das liberale Mitglied de Muralt (Waadt) auf die jüngsten Pressemeldungen hin, daß „der deutsche Ge neral st ab einen Durchmarsch durch den Schweizer Jura" plane, um im Kriegsfälle schnell nach Frankreich vor dringen zu können. Bundesrat Minger, der Ches des Militärdeparte ments, erklärte, die Meldungen entbehrten nicht einer „gewissen Sensation". Es sei „selbstverständlich k l a r", daß die Nachbarn der Schweiz ihre Lage und die Verhältnisse des Landes bei ihren Aufmarschplänen mit in Berechnung zögen. Die Öffentlichkeit möge „die Ruhe bewahren gegenüber solchen Meldungen, die „nichts be sonders Neues" besagen. Der Bundesrat werde demnächst dem Parlament noch eine weitere Vorlaaezur Be-