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Zeitzeritz-Jeilung Tageszeitung un- Anzeiger Wr DWvMswal-e, Schmieöeberg «.A «Ettsste Jett««- -e» Nezirkr Derantworttich« Redakleurr Seit« Se-a«. - Dm» und Verlag: Earl Sedae in Divvol-iawal-e. Donnerstag, am 9. Februar 1928 Anzelgeuprei«: Die 1» Millimeter breit« Vetltreil« tt Relchtpsennlg«. Eingesandt an» Reklamen 10 Reichtpfennige 94. Jahrgang Nr. 34 Liefe» Blatt eulhSU -le amttlqe« Bekanuimachunge« -er Arnlshauvtmannschafl, -es Amlsgerichl» m»- -es Sla-lrals zu Dippol-iswal-e Bezvgtprell: Für «Inen Monat 2 Reichsmark » i «!i Zutragen, einzeln« Nommtrn Id Reicht ? ! jifennige. vemeind« - Brrbandt - Girokonto l / Kommer r. Fernsprecher: Amt Dippoldll- ' «alde Nr. «. Postscheckkonto Dresden 12 »4» H Oertiiches nnd Söchstsches Dippoldiswalde, y. Februar. Für die Beurteilung „anderer Völker" und für den internationalen Verkehr — sowohl von Person zu Person, wie noch mehr von Volk zu Volk — ist es von ausschlaggebender Bedeutung, von der „Seele" des anderen Volkes etwas zu wissen oder besser etwas zu fühlen. Nicht zuletzt trifft das aus verschiedenen Gründen heute für uns Deutsche zu hinsichtlich des russischen Volkes. Gewiß, man liest wohl täglich etwas von Rußland. Aber was man da liest, handelt im Großen und Ganzen — leider — von einer kranken Volksseele. Ganz anders der Russische Abend zu dem der Gewerbe- und Volksbildungsverein gestern abend nach der „Neichskrone" eingeladen hatte. Er ließ uns etwas fühlen von der gesunden russischen Volksseele. Nicht; gibt ein so unverfälschtes Bild vom Denken und Fühlen eine; Volkes wie Musik, Gesang und Tanz. Und nichts läßt die Frau und den Mann aus dem Volke leichter und besser sich einsühlen und nachfühlen wie diese drei. Da spricht Ge müt zu Gemüt. Und was wir gestern abend fühlten, war uns gewiß in vielem wesensfremd, aber nicht ab stoßend; im Gegenteil, man kann die Russen lieb gewinnen. Dazu war das Gebotene ein Kunstgenuß. Die Darbietenden waren nicht so irgendwer, sondern Kräfte von Ruf, deren Leistungen auch höheren Ansprüchen gerecht werden. Das gilt sowohl vom Klavierspiel Paul von Schulgins, wie vom Eeiaug Maria Bukarests und Alerander Golosews. Bewies schon der wieder sehr zahlreiche Besuch, daß man „etwas" erwartete, so bewies der überaus reiche Beifall, daß man nicht enttäuscht war. Fast rasend war er aber nach den Naüonaltänzen des russischen Tünzcrpaares Anjuta von Gers dorff-Obolensky und Iwan Opitschkoff. Hier zeigt sich das Temperament fessellos. Das ist Ausdruck einer ganzen Ee- fühlsskala. Man schämt sich, denkt man dabei an die da gegen armseligen Tanz-Importen der letzten Jahre bei uns. Der Beifall erzwang Zugaben bei Gesang und Tanz. Wenn man zum Tanz noch einen Wunsch haben dürfte, so der nach dem Klang der Balalaika. Alles in allem: Der Ge werbe- und Volksbildungsvercin kann zu seiner jüngsten Ver- au Haltung sich beglückwünschen. Wer nicht da war, hat etwas verpaßt. Dippoldiswalde. Eines über alle Maßen großen Be suchs konnten sich Lie Stern - Lichtfpiele erfreuen, als sie das Filmwerk „Ben Hur' vorführten. Am Sonnabend und Sonntag werden sie ein weiteres ähnlich großes Film- wcrk bringen: „Metropolis, die Stadt im Jahre 2000'. Die Regie dazu hatte Ler bekannte Fritz Lang übernommen, das Manuskript stammt von Thea v. Harboy. Brigitte Helm, Alfred Abel, Theodor Loos, Rudolf Klein-Rogge sind Lie Hauptdarsteller. Es ist etwas Großartiges um diesen Film. Er zaubert aus Unwahrscheinlichkeiten phantastische Wirk lichkeit und aus Szenen zwischen zwei Menschen seelische Elcmentarereignisse. Die Aufnahmen zu dem Metropolis- silm wurden in 310 Tagen und 60 Nächten 1925/26 gemacht. 620 000 Meter Negativfilm und 1,3 Millionen Meter Po- Dvfilm wurden gebraucht. Die Herstellung verschlang allein an Arbeitslöhnen die Riesenfumme von 1,6 Millionen M. Di: .Deutsche Tageszeitung' schreibt über „Metropolis": Wann wird in Deutschland wieder solch ein Film gedreht werden können? Mit einer Phantasie ohne Schranken sind hier Bilder kühnster Gedanken geformt. Die Berliner Morgenpost schrieb nach der Erstaufführung: „Ein Triumph der Filmkechnik; ein Monumentalgemälde der Zukunftsstadt Metropolis; ein romantischer Versuch zur Lösung ewiger so zialer Probleme, und schließlich die Verwirklichung einer ur alten Gelehrtensehnsucht: die Schaffung des künstlichen, deS Maschinenmenschen . . ." lind über die Darsteller sagt das „8-Uhr-Abendblatt": Er ist grandios im Regielichen, im Technischen, aber auch im Darstellerischen . . . Brigitte Helm... Ihr Spiel wird überall zum Erlebnis. Aber auch Gustav Froehlich als der junge Freder erweist ein nicht alltägliches Talent. Er ist aktiv lebendig, jünglinghaft-hold und männlich gesammelt zugleich. Eine schöne, eine sehr be merkenswerte Leistung. Außerordentliches gibt Fritz Rosp in der Rolle eines unheimlich-verkniffenen, eines faszinieren den Bösen, des Schmalen . . . Herrlich in Sturmkraft, Ra serei und verlegenem Leisewerden ist George als der Meister der Herzmaschine . . . Lang ist unzweifelhaft der Regisseur der Massen, des Gigantischen und Uebcrsteigerk-Phantasti- schen ... Er spielt mit Menschen, Stahl und Elektrizität eine gewaltige Melodie, deren Rauschen uns das ZukunfkS- dild .Metropolis' verkörpert." Aehnlich günstig lauten alle «eiteren Rezensionen. Daß neben jenem gewaltigen Film noch die neueste Wochenschau gezeigt wird, braucht wohl nicht erst erwähnt zu werden. Ein Besuch der Vorstellung dürfte reichlich lohnen. Dippoldiswalde. Nächsten Montag, am 13. d. M-, abends 8 Uhr veranstaltet die Kirchgemeindevertretung einen öffent lichen Vortragsabend in der Neichskrone, bei dem Pfarrer Kircher in Coswig einen Vortrag über den „Bund der Kämpfer für Glaube und Wahrheit" halten wird unter dem Thema: „Kirche und Kämpfer". Pfarrer Kircher, der frühere Geschäfts führer des Evangelischen Landespresseverbandes, hat schon vor einigen Jahren hier gesprochen und ist bekannt als ein fachkundiger Redner, dessen Vorträge wirklicher Aufklärung dienen. — Der Skiverband Sachsen führt in Gemeinschaft mit dem Kreis Osterzgebirge am Sonntag seinen großen Staffellauf durch. Die 40,5 Kilometer lange Staffelftrecke führt über fünf Teilstrecken. Der Start ist 10 Uhr am Raupennest. Die Strecke führt nach Altenberg, um den Geisingberg herum, Ladenmühle in Hirschsprung, Oberbären burg, Wald-Bärenburg, Gebirgshof in Schellerhau, Stephans- Höhe, Pöbeltal, Seyde, Hermsdorf, Rehefeld, Kahleberg, Warmbachtal, Raupennest in Allenberg. Die interessante sten Stellen für den Zuschauer sind naturgemäß die 4 Ueber- gadestellen, an der Ladenmühle, am Gebirgshof in Scheller- Hau, in der Nähe der Herklotzmühle und an der Schlatthütte des DOAeV. in Rehefeld - Zaunhaus, und das Ziel am Raupennest. Zu diesem Laufe haben über 20 Mannschaften gemeldet. Die größten Siegesaussichten hat die Mannschaft Altenberg-Hirschsprung, die aber in diesem Jahre hart von den Dresdner Mannschaften: Akad. Sportverein „Skizunft", „Alpiner Skiklub" bedrängt wird. — Die Landessynode ist zu ihrer diesjährigen or dentlichen Tagung für den 5. März cinberufen worden. — Der 1897 zu Liebstadt geborene Landwirt Hans- carl Rudolf v. Carlowitz, jetzt Pächter des Rittergutes Groß hartmannsdorf bei Freiberg, war am Nachmittag des 17. Juni v. 3. nach Dresden gekommen, um einiges zu besorgen und dann die Weiterreise nach München anzutreken. In Dresden hatte er sich mit dem Bürgermeister Vollmann aus Großhartmannsdorf und einigen anderen Personen getrof fen, mit diesen im Ratskeller und in der Barbarina herum- gezechk und dann stark angeheitert allerlei Rüpeleien und ge meinste Schimpfereien begangen. Megen groben Unfugs, Widerstands und Beleidigung zur Verantwortung gezogen, wurde er vom Amtsgericht Dresden freigesprochen, da man wegen der großen Trunkenheit angenommen, der Angeklagte habe im Zustande der Bewußtlosigkeit gehandelt. Hiergegen war vom Oberstaatsanwalt Berufung eingelegt worden. Die zweite Strafkammer des Landgerichts verhandelte am Mitt woch als Berufungsinstanz in dieser unschönen Strafsache. Nach erneuter Beweiserhebung und den Gutachten zweier ärztlicher Sachverständiger, wonach der 8 51 StGB, nicht ein schlage, wurde das erstinstanzliche freisprechende Urteil auf gehoben und der Angeklagte wegen groben Unfugs, Wider stands und Beleidigung zu insgesamt 1000 NM. Geldstrafe verurteilt, an deren Stelle im Falle -er Uneinbringlichkeit 40 Tage Gefängnis als Ersatzstrafe zu treten haben. 3n der Begründung -es Urteils wurde u. a. betont, mildernd sei nach den Gutachten der Sachverständigen die große Trunkenheit in Betracht gekommen, schärfend war aber zu beachten, daß v. Carlowitz als gebildeter Mann, als ehemaliger Soldat und Oisizier, die unglaublichen Worte geäußert „Die Deutschen, diese Boches!" — Bemerkt sei noch, daß -er Angeklagte vor Gericht erklärte, er habe im vorigen Jahr keine Einkommen steuer entrichtet, weil er kein Einkommen als Ritterguts pächter zu verzeichnen gehabt habe. Reinhardtsgrimma. Daß die Verkehrsverhält nisse im Lockwitztale — ganz besonders in seinem oberen Teile — traurig sind, ist eine bekannte Tatsache, daß bei -er Einwohnerschaft unseres Ortes aber auch der feste Wille vorhanden ist, hier Wandel zu schaffen, das bewies die Haupt versammlung des „Verkehrs- und Heimatvereins Rein hardtsgrimma" am 4. Februar. Eine der größten Sorgen unserer Gemeinde ist die mangelhafte Postverbindung. Wäh rend vor dem Kriege zwischen Dippoldiswalde und Rein hardtsgrimma eine Fahrpost verkehrte, die täglich zweimal unserem Orte Postsendungen zuführte, muß man sich jetzt mit einer einmaligen Zustellung begnügen. Dazu Kommt, daß die Austragung im Orte erst zwischen 10,30 und 13,30 stattfinden kann. Da der Landbriefträger aber schon gegen 15 Uhr den Ort wieder verläßt, ist es vielfach nicht möglich, die Antwort auf eilige Briefsendungen noch am gleichen Tage abzu schicken, wodurch volle 24 Stunden verloren gehen. Geklagt wird fernerhin darüber, daß der Kraftwagen der Müglihtal- Postlinie erst 18,40 Uhr in Dresden ankommt und deswegen den Anschluß an verschiedene Fernzüge nicht mehr erreicht. (Der Eisenbahnzug, mit dem früher die Post befördert wurde, trifft bereits 17,07 Uhr in Dresden ein.) Ein noch schlim ¬ merer Mangel ist, daß die Verbindung zwischen der Krast- postlinie (Haltestelle Niederschlottwitz) und unserer Postagen tur durch einen Briefträger hergestellt wird, dem zum Trans port der Brief- und Paketpost für Reinhardtsgrimma und Hirschbach nur ein Handwagen zur Verfügung steht. Daß dieses Verkehrsmittel ungenügend ist, beweisen die häufigen Stockungen in der Zustellung der Pakete. Besonders leiden darunter die vielen hiesigen Unternehmungen des Handels und Gewerbes. Daß sich dieser Mißstand nicht schon viel schlimmer ausgewirkt hat, ist nur -er Menschenfreundlich keit und dem Gemeinschaftssinn eines im Orte ansässigen Gutsbesitzers zu danken, der oft genug die Paketpost mit sei nem Fuhrwerk abholt, um dem Briefträger und den Einwoh nern Verdruß, letzteren wohl gar Verluste zu ersparen. 3m- merhin ist es aber ein merkwürdiger Zustand, daß ein Unter nehmen, wie die Deutsche Reichspost, auf ehrenamtliche Hel fer angewiesen ist. Um den genannten Uebelständen abzu helfen, wurde beschlossen, ein Gesuch an die Oberpostdirektion Dresden zu richten. Da -er Verkehrsoerein vor einiger Zeit an die genannte Behör-e mit der Bitte um Einrichtung einer Kraftpostlinie zur Personenbeförderung herangekreten ist, wäre es wünschenswert, daß beide- Ziele durch die gleiche Maßnahme erreicht würden. Daß Abhilfe dringend not wendig ist, das beweist die wirtschaftliche Lage unseres Ortes, der während -er letzten Jahrzehnte durch die stiefmütterliche Behandlung in Vcrkehrsfragen in vieler Beziehung Einbuße erlitten hak. Ein Ort von 1000 Einwohnern, der eine große Zahl wirtschaftlicher Unternehmungen aller Art aufzuweisen hat, dürfte doch wohl Anspruch darauf machen, wenigstens ebenso berücksichtigt zu werden, wie so viele kleinere und we niger bedeutende Orte. Auf der Tagesordnung standen weiterhin 3ahresbericht, Kassenbericht und Ersatzwahlen. Der Antrag, dem „Verkehrsverband für die Sächsische Schweiz und des östlichen Erzgebirges" beizukreten, wurde einstimmig angenommen. Die weiteren Beratungen galten -er Auf stellung von Wegweisern im Orte selbst und an wichtigen Punkten -er Umgebung, sowie der Aufstellung von Ruhe bänken. Schmiedeberg. Morgen Freitag kann der Rentner, frühere Zimmerpolier und langjährige Eisenwerksarbeiter Karl Hermann Schmieder, hier mit seiner Gattin Bertha Amalie geb. Giebe das goldene Hochzeitsfest feiern. Beide sind noch außerordentlich rüstig und erfreuen sich allgemeiner Beliebtheit. Ebersbach, 8. Februar. Am Montag nachmittag wollte der 8 jährige Schulknabe Heinz Hempel mit dem von Löbau kommenden Zuge nach Neugersdorf fahren und stieg über den auf dem ersten Gleise stehenden Personenzug der Böh mischen Nordbahn. Dabei rutschte er aus und fiel vor den eben einfahrenden Löbauer Zug. Er wurde von der Maschine erfaßt und sofort getötet. Leipzig. Im August vergangenen Jahres wurde bei einem Gutsbesitzer in Göbschelwitz ein Einbruch verübt. Aus den Fußspuren, die am Tatort wahrgenommen wurden, ging her vor, daß ein Absatz der Stiefel des Täters mit Hufnägeln beschlagen war. Der Dorsschmied meldete sich auf die Kunde von dieser Entdeckung und gab bekannt, daß er einen Mann, der so und so aussehe, am Tage des Einbruchs „beschlagen" habe, d. h. er habe ihm auf sein Bitten ein paar Hufnägel in seinen lädierten Absatz getrieben. Nach diesem Mann wurde gefahndet und er wurde als der 55 Jahre alte Schmied Reinhold Thiel festgestellt, den das Große Schöffengericht Leipzig nun wegen Diebstahls zu 6 Monaten Gefängnis verurteilte. Chemnitz. 2n einer an der Kronenstraße gelegenen Bäckerei explodierte aus unbekannter Ursache ein Backofen Die herbeigeeilte Feuerwehr beseitigte die bestehende Brand gefahr und behob den durch die Explosion angerichteten, nicht unbeträchtlichen Schaden. Zwickau. Die Vorerörterungen in der Mor-fache gegen Len 21 3ahre alten Weber Paul Reinhold aus Mülsen St Niclas, der im Verdacht steht, Lie 16 Jahre alte Kontoristin Else Winterstein aus Oberhohndorf ermordet zu haben, ge stalten sich sehr verwickelt. Der Beschuldigte hat seine Aus sagen ständig gewechselt, so Latz die Voruntersuchung keines wegs als abgeschlossen gelten kann. Es dürfte daher diese Mordtat in -er am 27. Februar beginnenden Schwurgerichts periode am Landgericht noch nicht zur Verhandlung kommen. Markneukirchen. Die Frau, die vor einigen Tagen in geistiger Umnachtung ihrem Kinde im Keller -en Kopf ab hackte, ist nach Befragung durch Len Oberstaatsanwalt und nach Ler Sektion -er Kindesleiche aus Ler Haft eiitlassen und Lem Stadtrat zur Unterbringung in eine geschlossene An stalt übergeben worden. Die Einstellung -es Verfahrens ist noch nicht erfolgt.