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LAchtimmGK. kq«: M»ntag, Mlttz»och, Freitag »nd Sonn «bend Abends. Bezugspreis: Vierteljährlich I Mk. 25 P,. WMall und Anzeiger Attr die Nummer des Ausgabetages bis Lunn. S Uhi »Here Vewtthr. Auzeigeupreis sgejpalt. ttvrpuaMe oder Ramn 10 PI relegramm-Adrejse: A s* 4 4 Semjpl.echft.llr „Elbeblatt-, Nie,.. H Rr. 2V. oer König!. Amtshauptmannschaft Grvßenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Aastanlenstrabe 59. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Niesa. 141. Nies«, Freitag, S. September 18S2, Abends. 45 Jahrg. Konkursverfahren. I» dem Konkursverfahren über daS Vermögen deö Waagcnfabrikanten Friedrich Wilhelm Schulze, in Firma F. W. Schulze, in Riesa ist zur Prüfung der nachträglich ongemeldeten Forderungen Termin auf de« ». Oktober 18VL, Bormittag» 1« Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte hiersclbst anberaumt. Riesa, den 8. September 18V2. Serlach, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Tagesgeschtchte. Anläßlich des Mainzer Katholikentages lassen sich die „Hamb. Nachr." schreiben- ES ist kein Geheimniß, daß in den ultramontanen Kreisen selbst zu Lebzeiten WindthorstS von dem Tode des Führers das AuSeinanderfatlen der heterogenen Bestandtheue der Zentrumspartei befürchtet wurde. Einer richtig zu Werke gehenden EaatSkunft hätte e« in der That gelingen können, eine allmähliche Zersetzung in die Wege zu leiten. Statt dessen hat die Regierung Preußens und des Reichs alles mögliche gethan, die Einigung des Zentrums zu festigen. Durch die beispiellose Aepotheose, welche man dem verstorbenen Windt- horst angedeihen ließ, hat man den preußischen Zentrums aristokraten, welche gelegentlich ger» im schwarz-weißen RoyaliSmus schillern, das Zusammenbleiben in demselben Parteiverbande mit süddeutschen Partikularisten und rheinische» Demokraten außerordentlich erleichtert; durch den auch die kühnsten Erwartungen übersteigenden Triumph, welchen die preußische Regierung den ultramontancn Bestrebungen mit der bloßen Vorlegung ihres Schulgesetzentwurfs bereitete, mußte jedes anfangs etwa vorhanden gewesene Mißtrauen gegen die neue Leitung des Zentrums im Fluge beseitigt werden; durch die jähe Katastrophe dieses selben Gesetzent wurfes aber schmiedete man das Zentrum von rechts nach links wie mit eisernen Klammern zusammen. So ist cs ge kommen, daß die ultramontane Partei in Mainz geschlossener und herausfordernder austreten konnte, als je zuvor. Ein in des Wortes voller Bedeutung unerhörtes Schauspiel hat diese Versammlung geboten. Gewiß, in den Zeiten des Kul turkampfes hat man ungleich schärfere Feindseiligkeit aus dem ultramontanen Lager vernommen, aber in dieser Feind seligkeit lag doch immer zugleich der Ausdruck der Furcht vor einer starken Staatsgewalt. In Mainz wurde die Regierung abwechselnd wegen ihrer Nachgiebigkeit gegen die Wünsche des Ultramontauismus belobt und wegen ihrer Unentschlossenheit unter dem wiehernden Gelächter von Tausenden verspottet, wurde der höchste Beamte des Reichs als Vorkämpfer der ultamontanen Weltanschauung ausgc- spielt gegen die Krone, welche das Volksschulgesetz fallen ließ, wurde gegen die Krone selbst der Vorwurf erhoben, dem Königthum einen Echec bereitet zu haben. Und nach alledem pries man das Zentrum an, als die festeste Stütze der Regierung! i... ES genügt das Erlebte, um Allen, welche jede weitere Nachgiebigkeit gegenüber der klerikal-reaktionären Hochfluth für verderblich halten, den richtigen Schluß aus der Situation zu ermöglichen. Allzu lange haben die Mittel parteien gehofft, an der Regierung, wenn nicht den natür lichen Führer, so doch einen Anhalt gegen die heranziehende Gefahr zu finden. „Hoffen und Harren macht Manchen zum Narren!" Es ist endlich Zeit, daß sich die Mittelparteien auf die eignen Füße stellen, daß sie ihren Widerstand organisiren ohne die Regierung, wenn nöthig: gegen die Regierung. Deutsche» Reich. Bei den Kaiscrmanövern sollten auch Truppensormationen aus Reservemannschaften und Land- wchrleutcn aus dem Bezirk des achten Armeecorps mitwirken. Diese bereits eingezogenen Mannschaften sind nun, nachdem die Kaisermanöver avbesteUt worden, wieder entlassen worden. So ist das in Aachen formirte Landwehr-Bataillon, das in einigen Tagen nach Saarbrücken abrücken sollte, aufgelöst worden und die in «aarlouis am Montag eingetroffenen 1000 Mann Reservisten sind wieder auseinander gegangen. Ueber die Behandlung der wichtigsten schwebenden Fragen, über die Einbringung der Militärvorlage im Reichstage und der Steuerreform im preuß. Landtage scheint in den leitenden Kreisen noch kein völliges Einvernehmen erzielt worden zu sein. Die officiöse „Polit. Corr." glaubt zwar voraussetzcn zu dürfen, daß über die Vertheilung der parlamentarischen Aufgabe des Reichstags und Landtags schon längst eine Ver ständigung bestehe, läßt aber dahingestellt, ob die Militär vorlage in der bevorstehenden oder erst in der darauf folgenden Session eingcbracht wird. Der Kaiser hat auch die Abhaltung der Kaisermanöver beim 13. und 14. Armeecorps aufgegeben. — Wie die „Post" hört, ist die Frage der Kaisermanöver schon zur Zeit der Swinemünder Flottenmanöver erwogen worden, und der der Besuch des Kaiserlichen Statthalters Fürsten zu Hohen lohe in Berlin stand mit diesen Erwägungen im Zusammen hang. Unter den Gesichtspunkten, die gegen das Abhalten der Kaisermanöver geltend gemacht wurden, hat dem Ver nehmen nach derjenige besondere Beachtung gefunden, daß es -war möglich sein würde, die Truppen gegen die Verseuchung -u schützen, daß aber das bei solchen Gelegenheiten unver meidliche Znsammenströmen von Bolksmassen unter Umstän den das Umsichgreifen einer Ansteckung in verhängnißvoller Weise begünstigen könnte. — In der westdeutschen Presse werden zahlreiche Stimmen laut, die dem Kaiser für seine landeSvätcrliche Fürsorge den Dank der Bevölkerung aus sprechen. Ein liebliches Bild aus dem Familienleben des Kaisers gicbt eine Beschreibung der „Post" über die Rückkehr der drei jüngeren Prinzen. Es heißt darin: In dem Schnellzuge, der am Montag Nachmittag, von Frank furt e. M. kommend, in den Bahnhof Potsdam cinli'f, be- fand sich auch ein Salonwagen aus dem kaiserlichen Eisen- bahuzuge, durch seine blauwriße Farbe schon von Weitem erkennbar. Als dieser vor den Fürstenzimmern des Bahn hofes hielt, trat aus ihnen der Kaiser in Marineuniform. Zu gleicher Zeit wurde es im Innern des Wagens lebendig. Hinter den großen Krystallspiegelscbeiben wurden blonde Kinderköpfe sichtbar, und als der Kaiser auf den Wagen zu schritt, ertönten aus dem Innern kindliche Stimmen mit dem Frcudenrufe: „Papa—Papa!" Aus dem Salonwagen erschiene» nun die drei jüngsten Prinzen August Wilhelm, Oskar und Joachim. Die zwei älteren trugen Blumen sträuße in den Händen und Matrosentracht, während der jüngste Prinz, in einen langen, weißen Mantel gehüllt, von einer Wärterin getragen wurde. Und nun strecken sich sechs Kinderarme dem Kaiser entgegen, auf dessen Zügen die Freude sich ausprägte, seine drei Jüngsten so wohlbehalten wieder zu sehen. In der That erschienen die kleine» Prinzen als Bilder blühenden Lebens. Der Kaiser herzte und küßte seine Kinder und überwachte sie, bis sie in einem geschlossenen Hofwagcn untergebracht waren. Dann fuhr er ihnen in offenen» Wagen vorauf, um sie nach dem Marmor palais zu ihrer sie wohl sehnsüchtig erwartenden Mutter zu bringen. Der Magistrath von Berlin hat an den Minister des Innern Graf Eulenburg das dringende Ersuchen gerichtet, der Stadtgemeinde Berlin aus Anlaß der Cholcragefahr bezüglich der von ihr zu bestattenden Personen das Recht der Feuerbestattung sofort zu gewähren. Es soll sich zunächst nur um die Leichen nicht rekognoszirter und solcher Personen handeln, bei denen die Angehörigen die Feuerbe stattung wünschen oder derselben nicht widersprechen. Voraus, gesetzt ist daß bei diesen Leichen entweder auf Requisition der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder des Untersuchungs richters die amtliche Todesesermirtlung stattgesunden hat oder daß die leylere laut amtlicher Sektion in einem könig lichen bcz. städtischen Krankenhause oder in der königlichen Anatomie bewirkt worden ist. Die Zahl dieser zu ver brennenden Leichen wird in gewöhnlichen Verhältnissen, d. h. ohne schwere Epidemien, auf etwa 1500 jährlich zur Zeit - geschätzt. Motivirt ist die bei aller pflichtmäßigen Ehrer bietung ganz entschieden und bestimmt abgefaßte Forderung u. A. auch damit, daß die Feuerbestattung von der Kommune Paris seit fünf Jahren mit polizeilicher Zustimmung zur vollsten Zufriedenheit aller Betheiligten auf dem Kirchhof Psre Lachaise gehandhabt wird, daß dort insbesondere sämmtliche von der Stadt zu beerdigenden Choleraleichen verbrannt werden. Auch wird betont, daß auf Anordnung der englischen Polizeibehörden sämmtliche Choleraleichen in England während der jetzigen Choleraepidemie bis jetzt sofort ausnahmslos verbrannt morden sind. Die „Deutsche Warte' veröffentlicht einen Brief von Kardorffs über den russischen Handelsvertrag. Die Aufrecht erhaltung des Differentialzolles gegen Rußland würde die ostpreußischeu Provinzen ruiniren. Aus China kommen Nachrichten von neuen Christenhetzen. Ein in London eingetroffenes Telegramm aus Schanghai meldet, nach einer dort cingetroffenen Depesche aus Singan vom Dienstag seien der Missionar und die zum Christenthum übergetretenen Eingeborenen in Schcnsi schwer mißhandelt und verstümmelt worden. Frankreich. Der bei Seite geschobene ehemalige Minister des Innern Constans, der Besieger des Boulangis- mus, geht nun auch unter die „Zeitungsschreiber", um auf diesem Wege vielleicht wieder zur Macht zu gelangen; er wird demnächst ein neues Blatt „Le Gouvernement" 'herausgeben. Den großen Manövcrn, die in diesem Jahre zwischen Tours und Limoges stattfinden, werden, wie auch in den letzten Jahren der Fall gewesen ist, nur die Militär-Attaches der fremden Mächte und keine besonderen Missionen bei wohnen; es verdient daher eine gewisse Beachtung, daß die russische Regierung eine besondere militärische Mission, be- ! stehend aus drei höheren Offizieren, darunter den Sohn des I russischen Kriegsministers, geschickt hat, um speciell den Ma növcrn des 6. Armeecorps an der deutschen Grenze beizu- wohnen. Diese Offiziere sind in das Manöver-Terrain abgereist. Holland. Der Ausschuß für die Einführung de» allgemeinen Stimmrechts hat einen Aufruf erlassen, in dem er bemerkt, daß große Manifestationen am 18. d. trotz des Verbotes statt finden werden. Er macht die Negierung für alle Folgen einer gewaltsamen Verhinderung der Manifesta- tionen verantwortlich. Italien. In Genua ist am Mittwoch das französische Geschwader, bestehend aus drei Panzern und einem Aviso, unter Admiral Ricnnier eingetroffen. Eine große Menschen menge war zu der Ankunft im Hafen anwesend; es fand jedoch keine Kundgebung statt. Die Radikalen wollten dem Admiral einen Blumenstrauß überbringen, der Präfect ricth edoch von jeder besonderen Auszeichnung ab, da alle übrigen Gäste verletzt werden könnten. Die Ueberreichung sand darauf nicht statt. Bulgarien. Die Stambulow'sche „Swoboda" hält natürlich die Echtheit der von ihr veröffentlichten geheimen russischen Schriftstücke gegenüber allen officiellen Petersburger Ableugnungen aufrecht. In Sofia erwartet man neue Ver öffentlichungen, da der Vorrath durchaus nicht erschöpft sein !vll. Jacobsohn, der Dieb und Auslieferer der Dokumente, befindet sich in London; angeblich sollen sämmtliche Akten tücke einer unparteiischen Commission zur Bestätigung ihrer Echtheit unterbreitet werden. Aegypten. Die Gerüchte über eine bevorstehende Räumung Aegyptens entbehren Londoner Meldungen zufolge gänzlich der Begründung und sind in der That auf Pariser Börscnmanöver zurückzuführen. Gewisse Bewegungen der britischen Truppen in Aegypten stehen zwar bevor, haben aber keine politische Bedeutung. Aste». Die Nachrichten über den Fortschritt des Aufstandes der Hazaras in Afghanistan sind widersprechend. Die afghanischen Truppen scheitle» endlich einmal einige Er dige gehabt zu haben, obgleich ihre Verluste groß gewesen sind. Das Gerücht geht, daß sie in Scharen desertiren, weil der Feldzug zu hart ist und sic kaum etwas zu essen haben. Zum Handelsvertrag mit Rußland. Der Landesculturrath des Königreichs Sachsen hat an die königlich sächsische Regierung das dringende Ansuchen gestellt, bei dem BundeSrathe dahin wirken zu wollen, daß von dem Abschlüsse eines Handelsvertrages mit Rußland abgesehen werde. — „Der Abschluß eines Handelsvertrages mit Rußland könnte," — so heißt es in einem längeren, den obigen Beschluß begründenden Artikel, der der „Leipziger Zeitung" aus dem sächsischen Landesculturrathe zugegangen ist — „was von keiner Seite bestritten wird, nur auf Kosten der heimischen Landwirthschaft geschehen rind würde daher durch Verringerung ihrer Kaufkraft auch auf Handel und Industrie ungünstig zurückwirkcn; er könnte und würde unzweifelhaft Rußland große Bortheile, Deutschland aber nur Nachtheile bringen. Solches würde selbst auf solchen Gebieten der Fall sein, wo zunächst Vortheil für deutsche Industrien in Aussicht zu stehen scheint; vermehrte Einfuhr von Maschinen, auch landwirthschaftlichen Maschinen, nach Rußland und Vervollkommnung der Verkehrsmittel würden die dortige Production steigern und hierdurch die Concurrenz- fähigkeit Rußlands auf dem Weltmärkte erhöhen. Da par lamentarische Vertretung in Rußland nicht vorhanden ist, so hängt es lediglich von dem persönlichen Ermessen des Staatsoberhauptes ab, bestehende Verträge unter dem Ein drücke der augenblicben Lage oder aus lediglich politischen Erwägungen, die zuweilen in kurzer Zeit recht sonderbare Wandlungen durchlaufen, in kurzer Frist wieder abzuändern oder durch anderweite Maßnahmen wirkungslos zu machen (es sei in dieser Beziehung an den Ukas erinnert, der die Zahlung der Zölle in Gold anordnete, und an die Wandlungen, welche seit Jahresfrist die Bestimmungen über Getreideaus fuhr erfahren haben). So würde selbst bei Abschluß eines Handelsvertrages durch diesen ein dauernder Zustand nicht geschaffen, fortgesetzte Beunruhigungen von Landwirthschaft, Handel und Industrie nicht ausgeschlossen sein. Von wesentlicher Mitwirkung müßten hierbei die schwankenden russischen Valutaverhältnisse sein, deren Ordnung nicht ab zusehen ist, deren spekulative Benutzung aber auch jetzt schon die Schutzzölle Deutschlands, ungeachtet ihrer derzeitigen Höhe, zeitweise vollständig wirkungslos macht, sowie die Abhängig keit der Eisenbahnfrachttarife von der Willkür der russischen Staatsregierung und die dadurch bedingte Wandelbarkeit derselben. Ganz abgesehen von politischen Erwägungen,