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SllMniM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «ud Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Eolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 14. December 1882. ^290. Bekanntmachung. Herr Georg Ernst Robert Leunis zu Waldenburg ist heute als Tri- chiuenschaner für den Stadtbezirk Waldenburg verpflichtet und eingewiesen worden. Waldenburg, den 13. December 1882. Der Stadtrath. Cunrady. Bekanntmachung. Der diesjährige Advents-Abendgottesdienst findet am nächsten Freitag, den 15. December, Abends 6 Uhr statt. Er wird auch diesmal mit der Feier des heil. Abendmahles verbunden sein, weshalb gebeten wird, die vorderen Bänke im Schaff der Kirche für die Communikanten frei zu lassen. Waldenburg, den 11. December 1882. Der Kirchenvorstand daselbst. Oberpf. Schumann. *Waldenburg, 13. December 1882. Zur Tagesgeschichte. In der Sonnabendsitzung des Reichstages behaup tete der Abg. Richter-Hagen, nicht die neue Wirlh- fchaftspolitik habe die Situation gebessert, sondern die Nachwirkungen des Krachs von 1873 seien so weit überwunden, daß selbst die schlechte Wirth- fchafispolitik des Kanzlers die allmähliche Besserung nicht hindern könne. Mit solchen Phrasen glaubt der Abg. Eugen Richter die segensreiche Reform- Politik des Reichskanzlers abthun zu können. Das ist aber nicht Alles. Wie nicht anders zu erwarten, ist Eugen Richter auch gegen die Einführung einer procentualen Börsensteuer und das motivirl er fol gendermaßen: „Sie," sagt er zur Rechten gewandt, „geben dem zu Besteuernden ein Buch, worin er feine Geschäfte einzutragen hat, warum thun Sie das nicht bei jeder Steuer? Lassen Sie doch den Landwirth allein seine Ausgaben buchen, dann wer den Sie erst eine gerechte Einschätzung machen können. Ihre ganze Börsensteuer ist gerade eine Vexation des kleinen Mannes, der jetzt allein den Stempel zu tragen hat, nicht des Banquier, den Sie treffen wollen." Also wegen des kleinen Man nes setzen die Banquiers und Börsenbarone alle Hebel in Bewegung, um die Einführung der procen tualen Börsensteuer zu verhindern. Und das glaubt der Abg. Eugen Richter, der angebliche Mann der Freiheit, dem deutschen Volke weiß machen zu kön nen? Richter hat damit gezeigt, daß er weiter nichts ist, als ein Schleppträger der Börsenjobber. Der Telegraph übermittelt aus Washington eine Nachricht, die für die weitere Entwickelung der Währungsfrage von entscheidender Bedeutung wer den dürfte. Der Congreß der Vereinigten Staaten ist mit einer Botschaft eröffnet worden, in welcher die Suspension der Blandbill empfohlen wird. Die Blandbill bestimmt, daß monatlich 2 Mill. Dollars Silbercourant geprägt werden, hört diese Ausprägung auf, so kommen jährlich 100 Mill. M. Silberbarren mehr als bisher auf den Silbermarkl und die Folge kann nur sein, daß der Silberpreis wiederum er heblich sinkt. Der hochbegabte Führer der amerika nischen Bimetallisten S. Dana-Horton ist es, der an der Spitze derer steht, welche die Suspension der Blandbill empfehlen und die nunmehr die Re gierung für sich gewonnen haben. Leider bleibt es noch zweifelhaft, wie sich die Majorität des Con- greffes stellt. Gelingt es, diese für die Suspension zu gewinnen, so stehen wir unmittelbar vor eine: entscheidenden Wendung. Der Rückgang des Silber preises wird zunächst England treffen und dieses wird sich vor die Alternative gestellt sehen-, entweder vor dem Bimetallismus zu capituliren oder die Indischen Münzstätten dem Silber zu schließen. Geschieht das letztere, so muß der Goldmangel eine Intensität ge winnen, die Handel und Wandel aus's Schwerste gefährdet. Die Noth wird dann die Nothwendigkeit des Bimetallismus auch dem Kurzsichtigsten klar wachen. Interessant ist es, daß man sich inzwischen w Deutschland noch für Wiederaufnahme der Sil berverkäufe erwärmt. Wenn nicht so hohe wirth- ichaftliche Interessen auf dem Spiel stünden, müßte man diese Herren g,ä adsurckuia führen, indem man ihnen den Willen thäte. Dem deutschen Han delsstand, der sich zum Theil noch immer durch die abgebrauchten Phrasen der Goldpartei dupiren läßt, würden dann bald die Augen aufgehen. Angesichts der bevorstehenden Suspension der Blandbill sollten ernsthafte Männer nicht mehr an die Möglichkeit deutscher Silberverkäufe denken, vielmehr Alles da ran setzen, um durch Wiederherstellung des Silber werths das deutschen Geldwesen zu coysolidiren. *Waldenburg, 13. December 1882. Politische Rundschau. I Deutsches Reich. ! Der Kaiser hat zum Besten der durch die Wassers noth in der Rheinprovinz Heimgesuchten 15,000 Mk. ; bewilligt. § Ueber den Gesundheitszustand der Kaiserin ! circuliren allerhand beunruhigende Gerüchte, welche - durch die große Peinlichkeit, mit der bei Ankunft l der hohen Frau auf dem Potsdamer Bahnhofe in Berlin das Publikum entfernt und ferngehalten wurde, noch mehr Nahrung finden. Genaueres über das Befinden der Kaiserin zu ermitteln, ist leider nicht möglich, da sowohl die behandelnden Aerzte der Kaiserin, wie die zur Consultation hinzugezogenen darüber das strengste Geheimniß bewahren. Soviel ist indeß bekannt geworden, daß eine Lähmung der unteren Extremitäten, von der die Gerüchte sprechen, durchaus nicht vorliegt. Dagegen wurde von den Aerzten die Befürchtung gehegt, daß bei dem hohen Alter der Kaiserin in Folge des langen Kranken lagers ein sog. „Oooubitus", d. Durchliegen auf dem Rücken eintreten könnte. Erfreulicherweise hat auch diese Besorgniß, drnk der ungemein sorgsälltigen und liebevollen Pflege, welche der hohen Patientin von ihrer Umgebung zu Theil wird, bisher keine Bestätigung gefunden. Dem Reichskanzler geht es noch nicht besser; die Zahnnerven sollen die Hauptursache des Leidens sein. Am Dienstag erhielt Bismarck den Besuch des Prinzen Wilhelm. Betreffs der jetzt auf der Tagesordnung stehenden Frage wegen einer an die unschuldig Verur- theilten zu zahlenden Entschädigung wird bekannt, daß seitens des Reichsjustizamtes sämmtliche Bundes regierungen ersucht worden sind, das Material über die Untersuchungen, die in den letzten zehn Jahren stattgefunden haben, zu sammeln. Das Aeltesten-Collegium der Berliner Kaufmann schaft hat am Montag beschloflen, eine Delegirten- Conferenz sämmtlicher Handelskammern auf Don- nestag zusammenzuberufen, um über Schritte zu berathen, die gegen den Börsensteuerantrag des Abg. v. Wedell gethan werden sollen. Zu gleich wurden Fonds- und Productenbörse zur Niedersetzung von Commissionen aufgefordert, welche das erforderliche Material sammeln sollen. Endlich wird der am 15. d. M. in Berlin zusammentretende deutsche Handelstag zu gutachtlicher Aeußerung auf gefordert werden. Das preußische Abgeordnetenhaus beriech am 12. d. die Hundesteuervorlage. Durch dieselbe soll die Hundesteuer in ganz Preußen als Kreis steuer obligatorisch eingeführt werden. Der Ent wurf lag schon dem vorigen Landtage vor, kam aber nicht über die zweite Lesung hinaus. Damals beschloß das Abgeordnetenhaus, die Steuer als Communalsteuer zu erheben; die Regierung hat aber trotzdem ihren alten Entwurf wieder eingebrachl. Nach demselben ist an Steuer für jeden nicht mehr an der Mutter saugenden Hund zu entrichten a) für Hunde, welche zur Bewachung, zum Gewerbebe triebe u. s. w. nochwendig gebraucht werden, 50 Pfg. bis 1 M. jährlich; d) für alle anderen Hunde 3—15 Mk. jährlich. In den Stadtkreisen oder ein zelnen Gemeinden zusammengesetzter Stadtkreise kann der Höchstbetrag bis auf 20 Mk. jährlich er höht werden. Die Vorlage ging an die Commission. Dann wurde die Elaisberathung fortgesetzt. Die Fortschrittspartei des preußischen Landtags hat eine Interpellation eingebracht über die körper liche Züchtigung eines Mäochens auf Anord nung des Landraths Roienhan. Dieselbe lautet: 1. Sind derselben Vie Vorgänge in Buchwald bei Schmiedeberg, welche die körperliche Züchtigung eines Mädchens durch den Amlsvorsteher resp. den Amts boten, betreffen, insbesondere aber den auf den Strafantrag des Onkels des gezüchtigten Mädchens, Joseph Hartrampf und der von dem ersten Staats anwalt zu Hirschberg am 8. August 1882 ergangene ablehnende Bescheid bekannt? 2. Hal dieselbe Ver anlassung genommen, in dieser Angelegenheit amtliche Schritte zu thun? Die Socialdemokraten haben zur Denkschrift des Bundesralhs über die Ausführung des Socia- listengesetzes folgenden Antrag im Reichstage einge bracht: Der Reichstag wolle beschließen, zu erklären, daß er die angeführten Motive zu der vom Bundes- rath beschlossenen Verhängung des sogenannten kleinen Belagerungszustandes über Berlin, Leipzig und Hamburg-Altona, nebst dazu gehörigen Gebie ten als eine ausreichende Begründung der erwähnten Maßregel nicht erkennen kann. Der Antrag trägt die Unterschriften sämmtlicher socialdemokratischen Abg. und ist unterstützt durch die Abgg. Köhl, Sonnemann, Härle und Mayer (Württemberg), welche sämmtlich der Volkspartei angehören. Die Beralhung der erwähnten Denkschrift findet heute Mittwoch statt. Oesterreich. Die Gegensätze zwischen Tschechen und Deutschen verschärfen sich. Die in Brünn erscheinende „Mo- rowska Orlice", der nahe Beziehungen zu dem Minister Prazak nachgesagt werden, meldet trium- phirend, daß „anläßlich der bevorstehenden Gemein dewahlen in Probnitz 13 Gemeinden der dortigen Umgebung sich mit Ehrenwort verpflichtet haben, bei jenen Proßnitzer Geschäftsleuten, welche deutsch wählen, nicht mehr zu kaufen." Das Blalt hofft, daß dieses „vaterländische" Vorgehen allent halben Nachahmung finden werde. Ungarn. Der über Preßburg verhängte Ausnahmezu stand ist nach mehr als zweimonatlicher Dauer zu Ende, da Obergespan Graf Esterhazy vom Mini-