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Mittwoch, ri. Mat ivZv 7L S«cheoans. 5K. rr« »eahtanickittst: Nachricht«» »rewe« Frrniprrcher-Lammrinummer: »L»ai Nur sür Nachigeiprltch«: N». «x»tt Gchriiaeilun, «. H,ur>Igeichitl>»V«ll«: rrrtden - n. t, Martcnstrat« »»/«» Gegründet 1SSS «e»ng»«e»»vr »»« 1». »U «1. «»> »»w »et tLgitch ,wet«alta«r Zugellu», frei Hanl U»» «t. N»ftbe»ug«preI1 für Monat Mai ».«» Mt. rtnfchl. S« Pfg. Postgebühr lohne V«st,ustellung»,ebührl. ain,«ln«mme» l0 Via-, »uherhalb Dreeden« Ib Pf,. «n,eigen»retle: »U «n««igen werde» »ach gfoldmart berechnet: dt« einfpaltig« »o NIM breite Zeile »d Pig.. für »ulwirta a» Pfg. Familie», »»»etge» nnb Stelle»,efuche ohne Rabatt tb Pfg., »uherhalb »5 Pf,„ die so »m breite Nellamezev« «0 Pf,., »uherhalb rso Pf,, lvffertengebühr «o Pf,. «iutwLrttge «uftrLge gegen vorauebetohiun. »ruck ». Perlag: Lievfch « bieichardt, »rreden. Popfcheck.»»,. WS« Dreede» Nachdruck nur mit deutt.Quellenangab« lDreldn. N»chr > iultlfig. Unverlangte Schriftstücke werden nicht »ufbewahrt ^äe/rs/se/re La/rr//ay arr^ye/öst Neuwahlen am 22. Auni In der gestrigen Sitzung des Sächsischen Landtages wurden nach reichlich dreistündiger Aus sprache die Auflösungsanträge der Linksparteien angenommen. Der Landtag war vollzählig zur Stelle. Für die Auflösung stimmten die 50 Abgeordneten der Kommunisten, der Sozialdemokraten und der Nationalsozialisten, dagegendie 46 Abgeordneten der übrigen Par teien. Die Neuwahlen finden am 22. Iuni statt. lBericht über die Landtagsdebatte anf Leite ») Auftakt zum Wahlkampf Nach der Festlegung einer aus den vereinigten Marxisten und den Nationalsozialisten zusammengesetzten Mehrheit für die Auflösung des Sächsischen Landtages hätte der gestrige Schlußakt eigentlich in einer halben Stunde erledigt werben können. Aber die Parteien hatten alle bas Bedürfnis, ihre Politik noch einmal vor der Ocsfentlichkeit zu rechtfertigen und sich gegenseitig in die für die Führung eines Wahl kampfes notwendige Gefechtshttze hinetnzureden. So diente der letzte Teil der Auflösungsdcbatte lediglich zur Ausgabe derWahlparolen, zum Aufmarsch der Parteien und zur Festlegung ihrer Ziele. Das hervorstechende Merkmal waren tadei scharfe, konzentrische Vorstöße gegen die Nationalsozta- Men, denen von allen Setten die Schuld an der jetzt ein- getretenen Beunruhigung des Landes aufgevürdet wurde. Schon die überaus heftigen Vorwürfe des VolkspartetlerS Dieckmann hatten wie ein Signal gewirkt: denn sie gaben der Vermutung Raum, baß die Deutsche Volkspartet auf Grund der letzten Ereignisse an der Möglichkeit einer prak tischen Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten verzwei felt. Als zweiter bürgerlicher Redner griff dann der wirt- schafiSparteillche Abgeordnete Dr. Wilhelm in die Debatte ein, der noch einmal Reminiszenzen aus der Krisengeschichte vorbrachte, um die Sinnlosigkeit der Landtagsauslösung nach- zuwctscn. Mit Recht wies er darauf hin, daß die Entscheidung anders auSfallen würde, wenn jeder Abgeordnete nach seinem Gewissen absttmmen dürfte und nicht an die Weisungen seiner Partei gebunden wäre. Es war tatsächlich die Ver kennung des Sinnes des parlamentarischen Systems, die gestern in Sachsen dem politischen Unsinn zum Stege verhalf. Für die Deutschnationalen sprach der Abgeordnete Dr. Eberle, der die Debatte mit verfassungöpolttischen AuS- sührungen aus der parteipolitischen Sphäre heranshob. In der Sache kam er auch auf diesem Weg zur Verurteilung des gegenwärtigen Ergebnisses der Sachsenpolttik, aber mit dem resignierten Unterton, daß eben von der Herrschaft dieses Systems nichts Besseres zu erwarten ist. Die Abwehr der Nationalsozialisten gegen die vielen Angriffe wegen ihrer Haltung war sehr kurz,- sie bestand in einer scharf formulierten Erklärung s ü r die LanbtagSauf- lösung. Je schneller, desto ltcberh Auch die noch folgenden Redner der kleinen Parteien drängten auf baldigen Abschluß der nutzlos gewordenen Redeschlacht. Der Demokrat Dr. Dehne ging wieder scharf gegen die Nationalsozialisten vor und ließ als Parole seiner Partei den Ruf nach der Großen Koalition im nächsten Landtag burchkltngen. Noch kurze Er klärungen der Volksrechtpartei, der Landvolkfraktion und der Altsoztalisten gegen die Auflösung, dann kam die Abstim mung und damit das Ende. Mit einem besonders kräftigen Hammerschlag verkündete der Präsident das Ergebnis, und die „aufgelösten"' Abgeordneten verließen in Scharen eilig Las Haus zu neuem Kampf, zu Steg oder Niederlage, wie es das Schicksal will. Wer von ihnen wiederkehren wird, welches Gesicht der Landtag von 1030 haben soll, die ganze Schwere der Entscheidung über die Zukunft Sachsens liegt nun in der Hand der Wähler. * Im Alter von nur einem Jahr und einer Woche ist also dieses Parlament seiner angeborenen inneren Schwäche erlegen, als ein Opfer der Bedürfnisse jener Parteien, die einen neuen Wahlgang gerade setzt für zweckdienlich erachten. Neben dieser Todesursache verblaßen alle sonstigen Begründungen, die vor geschoben wurden, um die Auslösung zu rechtfertigen. Nach- dem dieser Landtag nach einer fast drei Monate währenden Krise doch noch eine arbeitsfähige Regierung znstandcgebracht hatte, die baS Beste versprach, war der unbesetzte Posten des ArbcitSministerS wirklich kein Grund, um alles Erreicht« in Frage zu stellen und den Appell ans Volk herauSzufordern. ES bleibt also bet der eiusachen Erklärung, daß die Linke als Opposition die Auflösung wollen mußte, weil sie nur auf diesem Wege die Möglichkeit hat, aus einer Minderheit zur Mehrheit zu werben, und daß die Nationalsozialisten die Nus Es ist ein sonderbares Mißgeschick, das über dem säch sischen Landesparlament schwebt. Im vorigen Jahre hat ihm der sehr formaljurtstische Spruch des Staatögerichtshoses ein vorzeitiges Ende bereitet, jetzt wieder der Machtspruch der Parteien. Es scheint, baß es eine normal verlausende Land tagsperiode in Sachsen überhaupt nicht mehr geben kann und daß wir alle Jahre wieder den Gang zur Urne machen sollen, weil die Volksvertreter den Volkswillen nicht auszuwerten wissen. Wieder hat sich ein schwerer Mangel der sächsischen Verfassung offenbart, die in Uebertrei- bung des demokratischen Gedankens alle Machtvollkommen heit in die Hände des Landtags legt und keine überparteiliche Instanz vorsieht, die bet den wichtigsten Staatsakten, wie bei der Regierungsbildung oder der Parlamcntoauflösung, ein gewichtiges Wort mitzusprechen hätte. Im Reich entscheidet in solchen Fällen der Reichspräsident, und es gibt Länder in Deutschland, die kleiner sind als Sachsen, aber trotzdem aus ähnlichen Erwägungen die Einrichtung eine» StaatSpräsiden- ten in Verbindung mit der Ministerprästdentschaft geschaffen haben. In Preußen entscheidet wenigstens über die Land tagsauflösung ein unparlamentarisches Grentium von drei Männern: der Ministerpräsident, der Landtagspräsident und der Präsident des StaatSrates. In Sachsen sind -wir aber vollständig der Willkür der Parteien ausgeltefert. Und daß dabet die Partetbcdürfntsse schwerer wiegen als die Lanbes- interessen, diese auch jetzt wieder bestätigte Erfahrungstatsache ist eben eine Begleiterscheinung des herrschenden Systems. Doch setzt, wo die Entscheidung im Sinne der Auflösung gefallen ist, bleibt keine Zeit zum Klagen. Es hat auch wenig Wert, sich über die Schulbfrage, warum es so gekommen ist und ob es nicht anders kommen konnte, im neuen Partet- streit zu verlieren. Denn mit der Auflösung ist eine neue Lage geschaffen. Diese gilt es beherzt ins Auge zu fassen, den Blick nach vorwärts zu richten und alle Kräfte anzuspannen, um am 22. Juni dem Lande einen besseren Landtag zu geben. Der jetzt ausgelöste war schon ein Fortschritt, aber noch kein genügender. Und daran ist er schließlich zugrunde gegangen. Er hatte eine anttmarxtsttsche Mehrheit, die das Aufkommen der roten Herrschaft verhin derte, aber sic war doch wieder zu schwach, um die reibungs lose Arbeit einer bürgerlichen Regierung zu gewährleisten. Zu leicht war es der Opposition gemacht, dem Kabinett Prügel zwischen die Beine zu werfen. Ueber eine» Fehler, wie er seinerzeit bet der verhängnisvollen ?1onngplanabstim- mung im Reichstag gemacht wurde, konnte in einer Kette von Verwicklungen die Regierung und zuletzt der Landtag stolpern. In dem aufgezwungenen Wahlkampf, der nun anhebt, müssen aus diesen Lehren die Folgerungen gezogen werden. Die Linke, Sozialisten und Kommunisten, glauben eine Zeit gewählt zu haben, in der ihr Wetzen blüht. Die wachsende Wirtschaftsnot, das Erwerbslosenelenb. alles was uns be drückt, soll agitatorisch ausgentttzt werden, um die Ställe deS Radikalismus auszufüllen. Sachsen soll wieder rot gemacht werden. Die Notwendigkeit der Abwehr ist für das Bürger tum also die gleiche, nur vielleicht noch dringlicher, als tm vorigen Mat. Wieder gilt «S zusammenzustrhen, die Ver gangenheit zu vergehen, die Lauen anszurütteln und den eingerisienen Damm noch stärker aufzubauen gegen die an prallende rote Flut. Das sächsische Volk muß aufgefordert werben, sich zu der Negierung der Sachlichkeit zu bekennen, die der aufgelöste Landtag noch zur Macht erhoben hat, und ein neues Urteil gegen die zerstörenden Tendenzen zu fällen, die mit einer sozialistischen Herrschaft in Sachsen wieder Einzug halten würden. Darum weg mit allen Bedenken, mit Kleinmut und Zaghaftigkeit! Ein neuer Kampf um Sachsen hat begonnen. Er muß zum siegreichen Ende geführt werden. «ein neuer «onsiikl Berlin-Weimar Die Reichsverfaffurrv bietet Dr. Wirth keine Han-Habe zum Vorgehen Berlin, 2ll. Mat. sEig. Drahtmelb.j In Berliner poli tischen Kreisen wird lebhaft die Frage erörtert, ob nunmehr nach Bekanntgabe des Brieses des Retchsministers Dr Wtrth an den thüringischen Ministerpräsidenten Baum ein neuer ernsthafter Konflikt Berlin-Weimar ausbrcchen wird. Der Inhalt des Briefes bestätigt die Auf fassung, daß es sich nicht nur um ein rein freundschaftlich ge haltenes Schreiben handelt, sondern daß, wenn auch in mit freundlichen Ausdrücken nicht sparender Form, mit den Paragraphen der Neichsverfassung unmittelbar gedroht wor den ist. Wie wir aus Kreisen des Reichsmintsteriums des Innern hören, ist man dort bemüht, die ganze Angelegenheit auch weiterhin mit größter Vorsicht zu behandeln. Der Scherbenhaufen, den der frühere Reichstnnenmtnister Severing htnterlasscn hat, mahnt zu sehr bedachtsamem Vorgehen. Borausstchtlich wirb in -er Frage der Ernennung der Polizeidtrektoren von» Reichsinnenminister nichts «nternommen werde«, da er sich dabei kaum auf hieb- «nd stichfeste Berfafsungsbestimmungen stützen könnte. Wenn es nun einmal die Auffassung einer Länberrcgicrung ist. daß jeder Staatsbürger, gleichgültig welcher Parteisär- bung er sei, bas Recht bat. einen Beamtenpostcn zu beklei den, dann kann gegen diese Auffassung schlechterdings nichts vorgebracht werden. Die thüringische Regierung steht nun auf dem Standpunkte, daß ein Nationalsozialist, der den Be- amtenetd auf die Verfassung leistet, damit ohne weiteres, so fern er die sachliche Eignung besitzt, Beamter werben kann. Diese Praxis unterscheidet sich allerdings sehr erheblich von der, die bisher im Reiche und vor allem in Preußen ge übt worden ist. Der Retchswehrmtntster Gröner hat be kanntlich die Nationalsozialistische Partei als „staatsfeindlich"' erklärt und ist gegen sie besonders dort, wo er auf national sozialistische Anschauungen in Wehrmachtkreisen traf. Icharf vorgcgangen. In Preußen liegt der Schnitt sehr viel weiter links, denn in diesem größten deutschcn Lande kann kaum ein Linksvolksparteiler mehr Beamter in einer expo nierten Stellung werden. Es ist, wie man hört, nunmehr anzunehmen, daß Dr. Wtrth das heiße Eisen der Beamtensraae nicht anfassen, sich aber mit um so größerer Aktivität der SchulgebctS- frage zuwenden wird. Die Erklärungen, die der Retchs- tnnenmtntster heute abend tm HauShaltausschub des Reichs tages abaad, bestätigen diese Anschauungen. Dr. Wtrth kann sich bet brr SchulacbetSsrage darauf berufen, baß gewisse Stellen der vom Minister Dr. Frtck empfohlenen Schnlgcbete und vor allem ihre Interpretation durch den thürtn- gischen Innenminister bis in die christlich - natto- nalen Kreis« hinein Anstoß erregt haben, was in den »ceyryen zu wrrorn, uno van oie vcai,ona,,ozilili,rrn oir mu,- ^-7-. - I, k k e - „ ^,-ic a- Sitzungen des HaushaltausschusteS deutlich zum Ausdruck ge* lösung wirklich wollten, weil sie sich goldene Berge davon bracht wurde. Hier hat Dr. Wtrth eine wenn auch schwache verspreche», t Möglichkeit deS Einschreitens aus Grund -er ReichSver- fassung. Die Frage wird jedoch für bas thüringische Kabi- nett kaum eine kritische Wendung nehmen können, da sie von untergeordneter Bedeutung ist und man in Weimar sicherlich nicht daran denkt, darüber einen ernsthaften Konflikt aus brechen zu lassen. Das Zentrum veyen -ie Schulsebete Die thüringische Frage vorm HauShaltausschub des Reichs tages Berlin, 20. Mai. sEig. Drahtmelbung.) Der Haushalt- ausschuß des Reichstages beriet in einer Abendsitzung den Etat des R eichst »nenmini st eriumS weiter. Abg. Tr. Schreiber sZ.j behandelte die Verhältnisse in Thüringen. Er sprach der thüringischen StaatSregicrung das Recht ab, ohne Einwilligung der interessierten Kirchen die bekannten Gebete in den Schulen vorzufchretben, die, soweit sie von Be trug und Verrat sprechen, gemetnschastsstörend wirken und die Empfindung Andersdenkender verletzen und der ReichS- vcrsassung widersprechen. Die Reichsregierung dürfe der thüringischen Staatöregterung gegenüber keinen Standpunkt etnnehmen, der dem republikanischen Gedanken abträglich wer den könnte. Abg. Dr. Leicht lB Vp.s besprach ebenfalls den Konflikt mit Thüringen. Man könne die thüringische StaatS- regterung nicht für die in öffentlichen Versammlungen ge tanen Aeußerungen des Ministers Frtck verantwortlich machen. WaS die Vorschrift der Gebete anlangt, so sei zu be zweifeln, ob Frick auch nur den kleinen Befähigungsnachweis habe. (Heiterkeit.) Reichsinnenminister Dr. Wirth gab folgende Erklärung ab: Wenn der Vertreter der thürin gischen Regierung seine Erklärung, daß Angehörige der Nationalsozialistischen Partei Beamte sein können, mit der Aenderung des 8 8 -es thüringischen Staatsbeamtengesetzes durch die Novelle vom Jahre 1026 hat begründen wollen, so ist diese Auffassung rechtlich nicht haltbar. Diese Gesetzes änderung hat die Pflichten der Beamten nicht nur nicht ein geschränkt. sondern im Gegenteil eine Erweiterung insofern gebracht, als sie den Beamten, waö vorher nicht der Fall war, ein Wohlverhalte« außer Dienst ausdrücklich anfcrlegt. Die Streichung -er Absätze 2 und 4 des Staatsbeamten gesetzes in der Fassung vom März 1023 bedeutet keinerlei materielle Aenderung der Beamtenpfltchten. da die dort ledig lich beispielsweise aufgeführten Pflichten durch die Neufassung von 8 8 de» Gtaatsbeamtengesetzcs und die allgemeinen ve- amtenpfltchten bereits gedeckt sind und ihre ausdrückliche An führung daher überflüssig ist. Wenn thürina'kche Polizei» beamten während ihrer Dienstzeit znr Rationalsoziaktstischen Partei übertrete«, so besteht »«nächst für das Reich keine Mög» lichkeit. et««» z« tu«. E» muß erst abgewartet «erden, ob dies« Beamten Handlungen begehe«, die mit ihre« Diensteid nicht 1« Einklang r» dringe« find.