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WWMOWerAlWr Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Rüsdorf, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. Der.Hohenstcin-Ernstthater Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.60, bei Abholung in den Geschäfts stellen Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen n-hmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanftalten und die Landbriefträger entgegen. A- Llage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengebühr für die 6gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im Reklameteil die Zeile 30 Pfg. Dir 2gespaltene Zeile im amtlichen Teil 50 Pfg. 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Etwaige Einwendungen gegen diese Liste sind zur Vermeidung des Ausschlusses während der Auslegungsfrist schriftlich beim Kirchenvorstande anzubringen. Oberlungwitz, den 2. Dezember 1913. Der Kirchenvorstand. Deutscher Reichstag. 181. Sitzung vom 3. Dezember. Haus und Tribünen sind voll besetzt. Aus der Tagesordnung' stehen die Interpellationen der VüTspartei, der Sozialdemokraten und der Elsässer über die Vorgänge in Zaber«. Nachdem sich der Reichskanzler auf Befra gen des Präsidenten- zur sofortigen Beantwvr- tung der Interpellationen bereit erklärt hat, be gründet die volksparteiliche Interpellation der Vertreter von Zabern. Abg. Röser (Vpt.): Wir wünschen von unserer Interpellation, die reichlich spät zur Verhandlung kommt, daß ähnliche Dinge, wie sie jetzt in unserem Lande passieren, in Zu kunft von ihm serngehabten werden. Wir ste en im Elsaß auf einem Trümmerfelde der Hoff nungen für die weitere Entwicklung unseres Landes. Tie Militärbehörden haben ihr be gangenes Unrecht noch nicht wieder gut ge macht. Weiler hat sich die -Ohnmacht der Zivilbehörden ergeben, die wegen der unvoll- lommenen Verfassung des Elsaß und dessen Abhängigkeit von Berlin außerstande waren, das Land vor derartigen Mißgriffen zu ichühcn. Der ganze Vorgang erinnert an den Ausspruch jenes früheren Abgeordneten, der von einem Leutnant und zehn Mann den Reichstag auseinander jagen lassen wollte. (Sehr richtig! links, Lärm rechts.) Der Vor- gang und seine Folgeerscheinungen sind eines Kulturstaates unwürdig. Aus allen Kreisen der elsaß-lothringischen Bevölkerung, von Ein heimischen wie Altdeutschen, sind Proteste ein gelaufen. Das Recht ist durch die Errichtung einer militärischen Willkürherrschaft mit Füßen getreten. Es wäre im Anfang leicht gewesen, durch geringes Entgegenkommen die ganze Affäre aus der Welt zu schaffen. Als die Nachricht von der Stechprämie zum ersten Male in der Zeitung stand, mußten sich die Elsaß-Lothringer verletzt fühlen. Man weiß genau, daß es in gewissen altdeutschen Krei sen Mode ist, die Elsaß-Lothringer als solche mit dem Worte „Wackes" zu bezeichnen. Das war auch dem Leutnant v. Forstner bekannt, denn im 99. Regiment besteht seit 1903 der Be ehl, d.n den Ausdruck Wackes als beleidi gend vci ieict, und der in den späteren Iah- rcn bei jedem LöhnungSappcll, also monatlich dreimaZ verlesen wurde. Der Kriegsminister weiß davon nichts. Der Regimentsbefehl wurde allen in das Regiment eintretenden Offizieren vorgelegt und trägt auch den Ver- merk „Zur Kenntnis genommen, v. Forstner." Trotzdem hat der Leutnant seine Rekruten täglich mit dem Worte Wackes traktiert. Leute mußten ihm sogar die Meldung machen: „Ich bin ein Wackes." (Pfui-Rusi.) Dieser uner hörte Mißbrauch der Dicnstgewalt, diese Her abwürdigung der militärischen Disziplin macht die Aufregung im Laude erklärlich, sodaß die Militärbehörde die Pflicht gehabt hätte, zu I beruhigen. Es zeigte sich hier aber die ganze I WeltTemdheit dieser Herren, die in der Er- llärung des Kriegsministers zum Ausdruck kam, er sei vier Ja're in den Rcichslanden tätig gewesen, ohne das Worc Wackes gehört zu haben. Das zeigt, wie fremd die Herren im Elsaß sind und wie wenig sie dorr lernen. Biel zu spät wurde die ab geschwächt Formel gefunden, daß Leutnant v. Forstner die Be deutung des Wortes Wackes nicht kannte und damit nur Radaubrüder geme nt hatte. Es leben viele Offiziere in Zabern im Vesten Einvernehmen mit der Bürgerschaft. An die ser ganzen Affäre sind nur der Oberst Reutter und vier seiner jüngsten Offiziere beteiligt. Ein früherer Oberst des Regiments erklärte, die Bevölkerung müßte nach ihrer Eigenart genommen werden, er bezeichnete die Erre gung in Zabern als begreiflich uud das Deutschtum schwer schädigend. Schon am Sonnabend, dem 8. November, machten die jungen Leutnants provozierende Spaziergänge durch die aufgeregte Vol'smenge. Das siud die Provokation-on, über die der Gemeinderat an den Statthalter, dsn Reichskanzler, den Reichstag und den Kriegsminister telegraphierte. Am Sonntag war Leutnant v. Forstner Offi zier vom Dienst und bekam auf den Straßen zu seiner Bedeckung eine Patrouille mit ge ladenen Gewehren. Es ist erklärlich, daß U m an diesem Tage einige Bemerkungen nachge rufen wurden. Ain Nachmittage wurden alle Offiziere und Mannschaften in die Kaserne beordert, nur die vier Leutnants, die am Tage vorher die Reibungen hevieiführten, blie ben auf der Straße. Damals konnte man noch- alles gutmachen, aber man wollte nicht. Die jungen Herren gingen mit gZockerem Säbel und mit einer großen Dogge durch die Straßen, als wenn sie nur einen Anlaß such ten. (Hört, hört! links.) Dann kam die De mission des Oberst v. Reutter, und alles at mete auf; aber nach zwei Tagen war er schon wieder da. Das konnte nicht beruhig-en. Die überwiegende Mehrheit der elsaß-lothringischen Bevöl eruug füllt deutsch, hält es aber nicht für unbedingt nötig, daß ewig ein Gegensatz zwischen Deutschland und Frankreich beste'-t, und begrüßt alles, was zur Annäherung fih- ren kann. (Beifall-) Nach weiteren Darlegun gen verliest Redner eine Protestresolution der Bürgermeister aller elsaß-lothringischen Mittel städte und schließt mit der Erklärung: In dem freiheitlichen Elsaß-Lotl ringen ist keine Politik der starken Hand am Platze, sondern eine Po litt* des Rechts und der Gerechtigkeit. Be seitigen Sie die wahren Ursachen der Beun ruhigung, dann wird Ruffe und Frieden wer- dsw! (Lebhafter Beifall links und im Zen trum.) Abg. Peirotes (Soz.): Wir Hofen, das; durch die Besprechung der vorliegenden Interpellationen wenigstens die Akte der Will kür, des säbeKasselnden Militarismus m den Retchslanden aufhören, und wieder gerechte Zustände eimreten werden. Um ein nationa listisches Komplott handelt es sich nicht. Das Dezember 1918. «-MM--- B°h«s,r°ß-». 40. Jahrgang reichslwndische Volk liebt aber ein System nicht, das Blüten zeitigt, wie die Geschichte mit dem Hauptmann von Köpenick und die Alarmierung eines ganzen Armeekorps ohne Grund. Zabern ist die deutschfreundlichste Stadt in gang Elsaß-Lothringen und hat ihre Teutschfreundlichkeit schon unter französischer Herrschaft bekundet. Werden unsere Söhne Soldaten, daß sie im eigenen Hause beschimpft werden können, zahlen wir darum Steuern, um uns blaue Bohnen in den Leib jagen zu lassen? Redner nennt die Auslobung von 10 Mark durch den Leutnant v. Forstner eine Prämie auf den Totschlag. Das Militär hat der Zivilbehörde die Polizeigewalt genommen und sie sich angemaßr. Das ist ein Bild für den Simplicissimus: Wenn der Leutnant von Forstner Zuruke, wie Bettbeschmutzer, von Fortbildungsschülern erhielt und ihn, Dinge passierten, die er selbst in der Jnstruktions- stunde sagte, nur daß sie sich auf die franzö sische Fahne bezogen, so gibt es kein Gesetz, das ihm das Recht verleiht, den Belagerungs zustand mit Flinte und Bajonett zu verhängen In Zabern herrscht die Säbeldiktatur. Als die Militärbehörde so eingriff, beging sie Hochver rat. Es herrscht Anarchie innerhalb dieses Reiches der Ordnung. Es ist sonderbar, daß ein Mann, der vier Jahre lang im Elsaß' nichts gelernt bat, zum Kriegsminister ge macht wird. (Präsident Kämpf unterbricht den Redner, als dieser bemerkt, schnodderige Redensarten eines jungen Burschen ließen sich nicht durch das Dienstgeheimnis und den Fah neneid decken.) Die Hauptschuld trägt neben dem Kriegsminister der kommandierende Ge neral v. Deimling, der Feldherr im Herero- lande. Diesen Typus einer übermütigen Sol dateska mußte man ausgerechnet in die Reichs lande schicken Damit die Judikatur des Sä bels nicht weiter herrscht, muß der Reichs kanzler scharf zugreifen. Unter allen Umstän den muß Genugtuung für die Schmach ge- wähn werden, die dem elsässischen Volte zu- gesügt wurde. Redner wird von der Rechten häufig unterbrochen, namentlich, als er sich in heftigen Angriffen gegen den Reichskanzler und den Kriegsminister ergeht. Er verlangt weiter die Versetzung des Regiments aus Za bern und strengste Bestrafung der Schuldigen. Unter Anlehnung an den Ausspruch des Kai sers: „Civis germanus sum" bezweifelt er, daß die elsaß-lothringische Bevölkerung Veran lassung habe, dieses stolze Wort für sich in Anspruch zu nehmen- Die Aeußerung, daß Deutschland hinter Venezuela und Mexiko marschiere, wenn der Reichskanzler nicht ener gisch singreiff, bringt ihm einen Ordnungsruf des Präsidenten- ein, der darin eine bedingte Beleidigung des Kanzlers und des deutschen Volkes erblickt. Redner erklärt, er wolle das deutsche V sik nicht beleidigen, sondern vor Beleidigungen schützen, und fordert den Reichs kanzler auf, die Hochverräter göbührend zu be strafen und dem elsässischen Volke Genüge tuung zu gewähren. Abg. Hauß (Els.): In dem herrlichen Vogcsinstädtchen l;at man wider Gesetz und Recht die Militärdiktatur erklärt, würdige Bür ger verhaftet, Frauen uud Kinder mißhandelt und sich gebärdet wie eine wilde Houde. Der Oberst des Regiments war der Anführer, uud der kommandierende General v. Deimling hat i'M gedeckt. Die einzige Entschuldigung des Kriegsministevs war die Jugend des Leut nants v. Forstner, dem Einsicht, Ruhe und Selbstzucht völlig fremd sind. Als der dama lige Oberst v. Deimling 1906 hier sprach, sagte von ihm der Abg. Müller-Meiningen, so spreche die Soldateska. Inzwischen hat von I Deimling nichts gelernt und nichts vergessen. In die Begleitung Forstners gehören nicht Soldaten, sondern eine Amnre zum Trocken legen. Ein Leutnant, der in Oldenburg die Rekruten Oldenburger Ochsen genannt hatte, mußte seinerzeit sofort seinen Abschied neh men. Redner schließt, wir hoffen, es gibt noch Richter in Deutschland. Reichskanzler voa Bethmann-Hollweg: Nach den Ermittlungen stellen sich die Vor gänge wie chlgt: Der Leutnant v. Forstner gab in einer Jnstruktionsstunde einem Rekru ten Anweisung, wie er sich verbal:«n solle, wenn er angegriffen werde und setzle dabei für den Eintritt einer bestimmten Eventuali tät eine Geldprämie aus, die der gleichfalls anwesende Unteroffizier noch erhob:«. Tie Aussetzung der Geldprämie war selblwerttänd- lich eine Ungehörigkeit. Bei dieser Gelegenheit hat der Leutnant denjenigen, der sich an dem Rekruten vergreifen sollte, einen Wackes ge nannt, und überdies die Rekruten vor dem Eintritt in die Fremdenlegion gewarnt. Da bei hat er bezüglich des Dienstes in der Frem denlegion einen ungehörigen Ausdruck ge braucht. Die Meldung, daß er dabei die fran zösische Fahne beschimpft habe, ist nach der Untersuchung unrichtig. Da diesem Ergebnis von gewisser Seite widersprochen wurde, ist aber die Untersuchung wieder ausgenommen worden. Sie ist noch nicht abgeschlossen. Be leidigungen einer Armee, mit der wir vor 40 Jahren in ehrenvoller Weise die Waffen- ge kreuzt habeip würden selbstverständlich in der deuffcksen Armee nicht geduldet werden (Leb hafte Zustimmung.) Endlich hat der Leut- naut in der Jnstruktionsstunde dreimal Elsäs ser als Wackes tituliert, und ein Rekrut hat sich auf Befehl des Unteroffiziers beim Offi zier melden müssen mit der Bemerkung: Ich bin ein Wackes. (Hört, hört!) Der Offizier ist rektifiziert und bestraft worden, ebonso der Unteroffizier. (Zuruß Aber wie!) Die Vor gänge in der Jnstruktionsstunde sind von be teiligten Militärpersonen in die Oeffsntlichkcit getragen worden, und zwar rücksichtlich der Fremdenlegion durch ein unterzeichnetes Schriftstück an die Presse. Wegen dieses mit der militärischen Disziplin absolut mwerein- baren Vorgehens sehen die Schuldigen ihrer Bestrafung entgegen. (Zustimmung rechts.) Die geschilderten Vorgänge waren die Quelle aller folgenden. Auch ich will nichts desck>öni- gen oder verheimlichen. Aber was lag denn bei den ersten. Vorgängen vor? Ungehövigkei- ten eines jungen -Offiziers, unerfreulich, aber nicht weltbewegend. Damit steht die spätere Entwicklung in keinem Verhältnis. (Zustim mung.) Bezeichnend ist, daß der Pariser „Ma- tin" unter den ersten war, der die Sache in seinem Sinne verwertete. Durch Artikel in der Lokalpresse ist dann die Erregung weiter ge schürt worden. Man hat von einem gewoll ten- öffentlichen Affront der Bevölkerung ge sprochen. Davon kann keine Rede sein. Aber schließlich, das Wort Wackes ist gefallen. Der Ausdruck wird bald gebraucht zur Bezeichnung eines Herumtreibers, bald als Spitzname für den Elsässer. (Zurufe der Elsässer: Niemals!) Das hat mir Herr v. Ealker gesägt. (Lachen der Els.) Der Elsässer soll das Wort selbst in gutmütigem Sinne seinen Landsleuten gegenüber gebrauchen. Versitzend wird es erst im Munde eines Nichtetsässers. Ich erwarte mit dem Kriegsminister, daß das Wort nach den jetzigen Erfahrungen nicht mehr vorkommt. (Beifall.) Aber d-ie Elfäffer sollten doch nicht empfindlicher sein als andere. Der Elsässer nennt den Deutschen mit Vorliebe einen Schwa ben. (Abg. Ledebour, Soz.: In einer so Nur Luk ein 8i° d°(°> .0^ „„