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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.09.1920
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200920024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920092002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-09
- Tag 1920-09-20
-
Monat
1920-09
-
Jahr
1920
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r 1S20 d ihre edlungswesen jur. Glatze ui gegenüber. etwa nach- ;de Umstände ganz erheb- nach der eukschen oder r Reich vor- Mehrung des d namentlich iele im Ver- Ile spielt wie rrtei bis ein dis ein Fünf- Abend-Ausgabe Bezugspreis: nwnall. 4ii.ro.—, viertel illdri. : für Abholer mouatl. M. UA) Moiaen-Aulgod« allein M. 7.A> monatlich, Adend-AuSgad« allein M L— monatlich. Such »vier, -»«mLritgen gillalen ln» Haue a*. dracht monatlich M. 1l>—, viertelllldrlich M. SN.—; »orch »I« Poft »nnerhald Deallchlanbt lveiamt-Aatpab« monatilch M. 7.SO, viert,iiLdr- Nch M. 22.W <an«lchli,tzlich Postb«st«llgedlldr>. Antion»«ver!anbr monatlich M. lll.— and Vrucklachen-Pvrtv, Linzelnammern: Morgen. AaSgad, SN Pf, Adend-AuSgab, 20 Ps. Sonntagg-Aaggad« 40 Pf. Das Leipziger Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des blake» und des Polizetanitrs der Ttad« Leipzig, des AmtSgerichis Leipzig und der Sächsischen StaaiSminiilerieu Dresden sowie vrrschi.drner anderer Behörden. 114. Jahrgang Anzeigenpreis: M. 2.24; Anzeigen von Behörden Im amtlichen Teil dl« Nonpareillezeil« M.S.LO, v.aulw. M. S.—: blelne Anzeigen di« Aonparetllezeti» Al 1.40. oon aulwSrt« Mk. 1LÜ,DelchLstlanzetgen mit Piattvorlchrlsten im Prell« «rhihi. Platz nnd Datenvorlchrist ohne Perdindltchbeit. Bellagenpreis» sllr dl, Gesamtauflage Mk. >2.— neito» sür Tellanslag, Mk 1L.— neu» proM.lle, Postaaslage Poltgedihr «rtra. ;s«rnivr«q»-AalchtnliAr.>4o»L 14»sz, l4UU4. — Posttch«a<bo»to7Ä, . Schristleiiaag an» «elchLstsllele: Leipzig, Zohanaiggass« Re. S, «Verlag Dr. Aeinhold ch La, Leipzig. Nr. 4SS 182V Montag, den LS. September hr und hörte )nungsbaulen )e Hebung >a folgendes: gsnot heran- tkel dazu er- u keine Vor th, wenn der Man ver- Wohnungen «n muhten, rieg verloren -er Venneh- auf 150 000 ret bis vier lrosten vcrur- ja in einzel- wendig sein. DO Mark pro r jährlich/ illenfalls l^s önnen, wäh- mühte. Dah sen ist, etwa er Baukätig- — bereit zu r einzig und kwendigste zu nit der Be- vität erreicht von Woh- Vermehrung rn wird, zwm !N, die dem r und damit ichtigen, dah ungewiß ist. hr schwer in beitslosigkeil üter ansässig :lbst behoben nit der B e- j lng für die eine Aktkon ' en gerichtet ng uud Be- leistung. Es UrsprungS- gairisativnen nkosleu mög- rg ansässige estor Brief- mg in Höhe est z-chaltener L.es den angeholten: > Granaten, i, 1 Wagen ne Ausfuhr gebrauchte ke, 4 Wagen uchle Reis- ; wurde in ründek. In Sorgen und Hoffnungen Unlängst wurde an dieser Stelle von .Steuersorgen" ge sprochen. Dabei wurde namentlich beklagt, dah scheinbar die Sieuermaschine des Reiches nicht in Gang kommen wolle. Wider spruch gegen unsere Ausführungen haben wir nicht gehört. Wohl aber sind uns viele Zustimmungen und Ergänzungen zugegangen. So morden wir darauf hingewiesen: hie und da fehle es wohl auch an dem rechten guten Willen, die von einer gehakten Regierung ausgehenden Steuergeiehe ins Leben treten zu lasten. Also eine Art von passivem Widerstand? Oder noch Schlimmeres? Nun, das eine ist gewiß: zu jedwedem grohen Werke gehört die volle innere Hingabe aller Mitarbeiter. Wo sie fehlt, kann kein Er folg erblühen. Wie es denn überhaupt nicht die geringste Sorge dieser Tage ist, dah an den Stellen, bei denen die eigentliche Aus führung der Reichsgesetze liegt, so gar viele Leute sitzen, die das Reich in seiner neuen Gestalt und damit auch jene Gesetze inner lich ablehnen. Manche wunderbare Erscheinung erklärt sich io höchst einfach. Menschlich, allzu menschlich! Nur die Zeit und eine Versöhnung der Gemüter kann und wird da Helsen. Leider ist es in erster Linie immer das Reich, das unter solch ablehnender Stellung vieler seiner Organe leidet. Allerdings hat sich das Reich .angemaßt", die bisherige Finanzhoheit der Länder auf seine eigenen Schultern zu nehmen. Ist etwa gerade diese Tatsache, die r'elen nicht paht, der Anlaß und Sitz jenes Ilebels? Aber das Reich muß uns doch bleiben. ^Und es wäre ein schweres Verhängnis, wenn dem Reiche gerade in dem Punkte die Kräfte versagen sollten, der für sein inneres und äußeres Dasein wohl der wichtigste ist: Lies ist nun einmal die Finanzwirtschaft. Leider kommen heute noch mehr Sorgen hinzu: die Amtsmüdigkeit des Reichsfinanzministers und das abermalige Versagen der deutschen Valuta. Beides bedenk liche Wetterzeichen. Auch die dunklen Wolken, die vom Westen und Süden her den Reichsgedankcn bedrohen, wollen, nicht weichen. Für öie Zersplitterung des Reiches arbeitet in Paris eine eigene Ab teilung des Ministerratpräsidiums, die ^oion ä'Lxpansion imtiouaie 'ihr Außenpostcn ist die berüchtigte, weder mit der Reichsver- s,"stung noch mit dem Völkerrecht vereinbare französische Gesandt schaft in München unter Führung des Herrn Dard. Seltsam, dah gerade vorgestern die Bayrische Volkspartei, ganz im Sinne ihres Dr. Heim, auch für die deutschen Gliedstaaten — also namentlich sür Bayern — das Recht in Anspruch nahm, Ver träge mit auswärtigen Staaten abzuschließen und Vertreter bei ihnen zu bestellen. Man kennt den französischen Plan: aus Bayern, Franken, Pfalz, den Rheinlanden und Luxemburg einen Föderativstaat herzustellen, unabhängig vom Reiche, abhängig von Frankreich! Wir hoben volles Vertrauen zur Treue und — Vernunft der bayrischen Volksgenossen, dah sie gegen solche Versuche gefeit sind. Aber es gibt dort gar dunkle Ge stalten. Und den unseligen Gedanken, als vermöge Bayern ein eigenes Staalsleben für sich zu führen, trifft man wunderbarer weise gar nicht festen und.auch bei sonst verständigen Leuten. Darum nochmals: Machet, dah ihr nicht in Anfechtung falle!! Auch das wiederholte Anklingen des monarchischen Gedankens, der doch mit dem jetzigen Bestände des Reiches schlechthin unver träglich ist, darf nicht so ganz harmlos hingenommen werden. Wobei wir freilich weniger an das Gerügt denken: man wolle das bevorstehende Landesschießen in München benutzen, um einen «König' auszurufen. Bei Schützenfesten ist so etwas weder neu noch gefährlich. Doch mit ernsten Dingen soll man nicht spielen. kerei 6t1 IUM. 8tr. 17. en, wurden Wohnungsnot ihlt, der auf istvak heran- 6N t8- ong L eo. 14692-94 IN, Pfoten Normte. Aufent- belohnt. riftr. Zt. stnaung, Ver- lasscnartikeln ,. GokiliS. rel. 110^8. Trotz alledem wäre es ungerecht, die Augen davor zu ver schließen, daß es Lichtblicke gibt. Wer auf Sorgen aufmerksam macht, braucht darum noch lange nicht ein grundsätzlicher Schwarz seher zu sein. Eo war es gewiß erfreulich, daß jüngst gerade ein Glied des Wittelsbacher Hauses — immerhin hatte er Anlaß dazu! — erklärt hat: niemals^werde er etwas tun, was dem Reichsgedanken widerstrebe. Wofür diesem Edelmanne gedankt sei. Auch wirtschaftlich regt es sich hier und da wie leise Früh lingskeime. Wir nMnen die Wiederbelebung des Hamburger und Bremer Schiffsverkehrs, die emsige Aufbautäkigkeit einer sich selbst wiedergegebenen Stadt wie des schönen Kiel, worüber gerade in diesen Tagen berichtet werden konnte. Ferner. In einem Punkte wenigstens scheint das Reich glücklicher zu sein: auf dem Gebiete der ersehnten Reichseisenbahnen. Wenn es wahr ist, daß schon heute bereits 2500 Lokomotiven mehr als im Vorjahre Dienst tun, so ist dies eine hochwillkommene Tatsache. Sie stimmt mit der Beobachtung, die viele von. uns in der Reisezeit gemacht haben dürften, überein: es geht wieder aufwärts mit den deutschen Eisenbahnen. Vor allem aber ist uns heute an folgender Feststellung gelegen. Man gewinnt den Eindruck, als wolle 'die gegenseitige Ver femung im inneren Volksleben etwas nachlassen. Bisher ging es wie eine scharfe Trennungslinie durch das Bürgertum, ja, stellenweise mitten durch die Familie und den engsten Freundes kreis. Namentlich der so kränkende Verdacht des Mangels an nationaler Gesinnung war es, der die Herzen vergiftete. Täuschen wir uns darin, daß das Bürgertum im Begriffe ist, zu reineren Sitten zurückzukehren? lieber nationale Fragen kann man doch jetzt wieder miteinander reden. Eine Zeitlang war dies wirklich nicht ungefährlich. Dabei sprach man meist aneinander vorbei. Mindestens sehr oft waren es weniger die nationalen Hoffnungen selber, die doch jeder von uns im Busen trägt, als vielmehr der Zwiespalt über die Form ihrer Aeußerung und über das Tempo ihrer Verwirklichung, was die Gemüter entfremdete. Mit Fleiß beschränken wir uns auf diese Andeutung. Von heilsamer Wirkung ist zweifellos die Lehre gewesen, die eine große und im Wat'...ampfe besonders erfolgreiche Partei erhalten und dann seiber gezogen hat: daß man von .Wiederaufbau' nicht nm sprechen dürfe, sondern an ihm Mitarbeiten müsse, und daß sie, wie die Lage des gemeinsamen Vaterlandes nun einmal ist, gar nicht anders konnte, als mit den einst viel Geschmähten in eine Reihe zu treten. Auch hierüber sei vorsichtigerweise nichts weiter gesagt. Hinzu kam zu dieser Lehre die immer stärker werdende nationale Gefahr und die vorbildliche Einigkeit der Volksgenossen in echter Not. (wozu Wahlbewegungen eben nicht gehören.) Daß wir hiermit nicht jener gedankenlosen .Sammlungspolitik' das Wort reden wollen, die ja im Grunde nicht sammeln, sondern im Gegenteil trennen will, braucht an dieser Stelle wohl nicht besonders betont zu werden. Vielleicht ist manchem der schöne Aufruf entgangen, den soeben der .Bund wirtschaftlicher Sitte und Verantwor ¬ tung' erlassen hak. Unter ihm liest man Namen, die früher unmöglich auf einem und demselben Blatt stehen Konnten. Gewiß ist es im allgemeinen nicht schwer, für eine gute Sache Unterschriften aus allen Ecken zu bekommen, und nicht jeder nimmt es ernst damit. Wenn aber Männer und Frauen ihren Namen heraeben zu einem Aufrufe, der mit den Worten beginnt: «Deutschlands Erneuerung', und sich recht eigentlich an die nationale Würde aller Volksgenossen wendet, so ist dies doch wohl anders zu bewerten und bestätigt die erfreuliche Beobachtung, der wir oben Ausdruck gaben. Was aber jenen Aufruf selber an langt, so ist seln Inhalt so ernst und bedeutend, daß wir uns Vor behalten müssen, ihn gesondert zu besprechen. .s. Rücktritt des Reichsjustizministers? Ernennung Dr. Heinzes zum Gesandten in Bukarest? Dr. Scholz wahrscheinlich Nachfolger. sEigener Drahtbericht.) Berlin, 20. September. Wie gerüchtweise verlautet, wird der Vizekanzler und Reichsjustizminister Dr. Heinze aus dem Kabinett aus - scheiden. Er soll zum gesandten in Bukarest ernannt und in der Vize kanzlerschaft durch Reichswirlschaflsminister Dr. Scholz erseht werden. Dr. Heinze befindet sich seit Anfang dieses Monats auf Urlaub und fährt Ende dieser Woche nach Berlin zurück. In Kreisen seiner politischen Freunde ist von seiner Rücktrittsabsicht bisher nichts bekannt. Man be spricht die Rücktrittsgerüchle als Folge der Kombinationen, die über die Verengerung der Regierung angestellt werden. Das Gerücht von der Rücktrittsabsicht Dr. Heinzes klingt nicht unwahrscheinlich. Schon seit längerer Zeit wurde behauptet, Laß der Reichsjustizminister mehr Neigung verspüre, ln den diplomatischen Dienst zu treten als die Bürde seines Amtes wei ter zu tragen. Giolittis Dermittelungsaktion im -ombardischen Arbeitsstreit sDrahtber icht.) - Rom, 20. September. Im Ministerium des Innern hatte Giolitti eine Besprechung mit Vertretern der Industriellen und der Arbeiter unter Teilnahme der Präfekten von Mailand and Turin. Giolitti betonte in seiner ein leitenden Rede, der Geist der Mäßigung sei notwendg, um die schwere Krise zu lösen. Alle in Frage kommenden Punkte wurden erörtert. Be züglich der von den Industriellen für notwendig erachteten Arbeiterent lassungen, schlug Giolitti :'e versöhnlichere Lösung vor, worauf die Ver treter der Arbeiter und der Industriellen getrennt berieten. Rach Wieder aufnahme der gemeinsamen Besprechung erklärten die Industriellen, die Formulierung Giolittis nicht annehmen zu können: sie müßten sie aber wohl über sich ergehen lassen. Giolitti erklärte, er übernehme die Verantwortung mit. Nach Schluß der Sitzung wurde eine Erklä rung veröffentlicht, in der es heißt: Da die gewerkschaftlichen Ver bände die Kontrolle der Betriebe zum Zwecke der Steige rung der Produkt on und der Wiederaufnahme des Wirtschaftslebens für notwendig erachten und sich der Einführung der Kontrolle nicht widersetzen, wird ein paritätischer Ausschuß gebildet, der Vor schläge unterbreiten soll für ein von der Regierung auszuaroeitcndes Gesetz. Die industriellen Organisationen sollen auf der Grundlage der Beteiligung der Arbeiter bei der technischen und finanziellen Kontrolle sowie in Len Verwaltungen der industriellen Unternehmungen aufgebaut werden. Diese Vorschläge sollen sich auch erstrecken auf die Ein stellung und Entlassung der Arbeiter. Die Arbeiter werden die Arbeit wieder ausnehmen. Aber wenn das Zusammen arbeiten in demselben Betriebe oder in derselben Betriebsabteilung zwischen den Arbeitern und ihren Vorgesetzten unerträglich wird, so wird ein Ausschuß von je zwei Vertretern der Arbeitgeber und Arbeit nehmer die nötigen Maßnahmen treffen. , Bestand jemals die Möglichkeit eines Sonderfriedens mit Rußland? Stockholm, 20. September. ..Stockholms Dagblad' veröffentlicht folgendes Telegramm seikes Berliner Korrespondenten über ein Gespräch mit dem russischen General Mossoloff, dem langjährigen Gehilfen des Hofmeisters Grafen Frederiks, zuletzt russischen Gesandten am rumänischen Hose, der zurzeit >n Berlin weilt: Da General Mossoloff in seine'- früheren Stellung mit allen politi schen Vorgängen am Hofe des Zaren genau vertraut war, gilt er in eingeweihten Kreisen als besonderer Kenner der zaristischen Politik. Ich stellte ihm daher die Frage, ob es während des Krieges, solange der Zar noch auf dem Throne sah, zu irgendeinem Zeitpunkte die Möglich keit zu einem deutsch-russischen Sonderfrieden gegeben habe. General Mossoloff beantwortete diese Frage wie folgt: Diese Möglichkeit hat n i e m a l s bestanden. Der Zar stand vom ersten Tage des Krieges bis zu seiner Abdankung auf dem unerschütterlichen Stand punkt, den Krieg an der Seite seiner Alliierten biS zum Ende zu führen. Er wollte von Frieden nichts hören. Als Beispiel für dies« Haltung mag Ihnen folgende Begebenheit dienen: Beim Grafen Frederiks lief, wenn ich nicht irre, Ende 1915, «in Brief einer sehr promi nenten deutschen Persönlichkeit ein, der Grundlagen zu einem Sonderfrieden ln der Art erörterte, daß Frederiks der Ansicht war, auf diesen Brief müsse, wenn ihm nicht direkt Folge gegeben würde, jedenfalls geantwortet werden. Der Zar aber lehnte alles schloss a b und verbot Frederiks ausdrücklich, auf den Brief überhaupt zu ant worten. Auch die vielfach vertr«tene Ansicht, daß die deutsche Prokla mation der Unabhängigkeit Polens eine vorher vorhanden gewesene Neigung des Zaren zum Sonderfrieden zerstört hab«, ist vollkommen irrig. Millerands Kandidatur im Vordergrund Wer wird Ministerpräsident? Genf, 20. September. Die Kandidatur Millerands für die Präsidentschaft rückt immer mehr in den Vordergrund. Alle nationalistischen Kreise drängen ihn zur Annahme der Kandidatur. Morgen, Dienstag, wird eine große parlamentarische Abordnung Millerand die dringende Bitte vortragen, dem Wunsche des Landes zu folgen. Bei der Eröffnung der Kammer soll dem Ministerpräsidenten eine Ovation dargebracht werden. Eine Ab lehnung Mill«rands erscheint nicht mehr wahrscheinlich und wäre höch stens möglich, wenn dec Senat sich gegen Millerand wenden würde. Das ist aber nach einer Meldung der Agence Havas nicht wahrscheinlich. Danach scheint man ln den Wandelgängen des Senats Einstimmig den Wunsch zu hegen, an Millerand noch einmal heranzukreken, daß «r die Kandidatur annimmt. 5m gegenteiligen Falle scheint sicher zu sein, daß die Senatoren eine Kundgebung zugunsten Löon Bourgeois ver unstalten werden. Auch in der» Wandelgängen der Kammer hält man <s Havas zufolge für wünschenswert, dah die Kandidatur Millerands aufgestellt werde, da es die einzige zu sein scheine, die fast sämtliche Stimmen auf sich vereinigen werde. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bis Dienstag unter den maßgebenden Persönlichkeiten der französischen Kammer und des Senats Verhandlun gen geführt werden, um die Fassung eines Beschlußantrages auszuar- beiten, der mit dem Ausdruck "des Bedauerns über den Rücktritt Des- chanels den Wunsch verbinden würde, daß die Politik der gegen- wärtigen Regierung keine Unterbrechung erleide: im Sinne der Antragsteller würde das bedeuten, daß Herr Millerand wäh rend der sieben Jahre seiner Präsidentschaft darüber wachen soll, daß keine Regierung sich in eine etwaige Annäherung an Deutschland und auf eine Rücksichtnahme auf den internationalen Sozialismus einlasse. Natürlich kann dec künftige Präsident eine derartige Verpflichtung nur moralisch übernehmen. Denn in den sieben Jahren, die seiner Wohl folgen, wird die Stimmung des Parlaments Schwankungen aufweisen und Kammer und Senat werden sich Neuwahlen unterziehen müßen, die auf die Zusammensetzung der Regierung nicht ohne Einfluß sein werden. .I n k r a n s ig e a n t' beschäftigt sich bereits mit der Möglichkeit, dah Millerand doch zum Präsidenten gewählt wird, und mit der Frage, wer dann Ministerpräsident werden würde. Er meint, dah der Name Briand viel genannt werde. Im Zusammenhang damit ist eine Aeußerung des .Bon S o i r' interessant, der dos Gerücht verzeichnet, dah Viviant, der sich zurzeit auf der Rückreise von Argentinien be- findet, von NUllerand gebeten worden sei, sich zu beeilen, da er das Portefeuille des Auswärtigen übernehmen solle, falls Millccand Präsi dent wird. Die Kartoffeloersorqunff (Drahtbericht unserer Dresdner Schriflleitung.) /V Dresden, 20. September. In den Kreisen der Landwirte und Verbraucher gewinnt die lieber- zeugung allmählich immer mehr Raum, dah man nur durch gemein sames Arbeiten über die schwere Not der Zeit Hinwegkommen könne. Gestern ist damit in Klotzsche bei -Dresden der Anfang gemacht worden Vertreter der Ernährungs- und Ueberwachungsansschüsse und der Land wirte aus den Ortschaften zwischen Dresden, Königsbrück und Moritz burg kamen zusammen, um über Ernährungsfragen zu beraten. Man kam einstimmig zu der Ueberzeugnng, dah nicht nur den Er- werbslosen, Pensionären, Kleinrentnern, sondern auch den Minderbemittelten mit einem Einkommen oon 0—7000 ltt Kartoffeln bis zum Höchstpreise von 20 .ll zur Verfügung gestellt werden mühten. In den nächsten Tagen werden weitere Verhandlungen mit den Landwirten über diese Fragen statt finden. Die Versammlung, die sich aus Sozialdemokraten, Vertretern der bürgerlichen Parteien und der Landwirtschaft zusammensetzte, ver langte in einem Beschluß, daß dort, wo Kartoffeln von den Landwirken zu verbilligten Preisen abgegeben werden, die landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaften keine Gebühr mehr erhalten dürften, und daß die zum verbilligten Preise gelieferten Kartoffeln ihnen auf die Ver- tragsmenge angerechnet werden mühten. Ferner äußerte man die Ueberzcugung, daß Kartoffeln nur dort ausgeführt werden dürften, wo der Bedarf bereits gedeckt sei. Man war sich dar über klar, daß diese letzte Maßregel der Verhinderung der Aussuhl zwar ungesetzlich sei, daß man aber solche Unzuträglichkelten verhindern müsse, wie sie bisher durch die Unfähigkeit der Behörden entstanden seien. Beispielsweise hat man aus der Umgegend von Dresden Kar- toffeln nach Berlin geliefert, während Dresden außerordentlichen Mangel litt und seine Kartoffeln aus Posen und Ostpreußen beziehen mußte. Diesem Unwesen soll gesteuert werden. Wie es den Anschein hat, dehnt sich diese Bewegung, durch direkte Fühlungnahme zwischen Verbrauchern und Landwirten sich zu verständigen, immer w«iter aus.
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