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Nr. 12. XXXIV. Jahrgang. LEIPZIGER Leipzig, 15. Dezember 1919. Jttonatschrift für Jextil-Industrie Illustrierte Fachzeitschrift für die Woll*, Baumwoll-, Seiden-, Leinen-, Hanf- und Jufe-Industrie sowie für den Textil-Maschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. S ° hr ^LEIPZIG, Dörrienstraße’ 9 Ve " aa: ||| Herausgegeben von Theodor Martins Textilverlag in Leipzig. | Telegramm-Adresse: Textilschrift Leipzig. Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. Organ der Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Jährlich 16 Hefte (einschl. 4 Sondernummern). Bezugspreis bei den Postämtern u. Buchhandlungen pro Halbjahr (einschl. 2 Beiblättern): für Deutschland, Öster- reich,Ungarn u. dieTschechoslowakei 8 ./Z, für alle übrigen Länder 25..^. Bei di rekter Zusendung unter Streifband erhöht sich der Preis um die Portospesen. Anzeigenpreise: »/j Seite 200 .41, l | s Seite 100 Jt, 1 I 3 Seite 75 Jt, >/ 4 Seite 50 Jt */, Seite 40 Jl, */ 8 Seite 30 Jt, */ 12 Seite 20 Jl, 1 Seite 15 Jl. Bei Jahres aufträgen (16 Einschaltungen) werden 20°/ () Rabatt gewährt. Nachdruck, soweit nicht untersagt, nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Adresse für sämtliche Zuschriften und Geldsendungen: Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie, Leipzig, Dörrienstr. 9. Wärme Wirtschaftlichkeit neuzeitlicher Dampfkesselanlagen. Von Professor Nebst technischer Vollendung zeichnen sich gegenwärtig Danipf- kesselanlagen durch eine hohe Wärmewirtschaftlichkeit aus; indem in ihnen einerseits der Brennstoff zu möglichst vollständiger Verbrennung gebracht werden kann und andererseits Einrichtungen erdacht worden sind, durch die die Abwärme der Verbrennungsgase in weitgehendem Ausmaße zur Verwertung gelangt. Um den Brennstoff, der meist Steinkohle ist, auf den Kessel rosten zweckmäßig zu verbrennen, ist im Feuerungsraum der Kessel eine tunlichst hohe und dabei gleichbleibende Temperatur erforderlich, die dadurch zustande gebracht und erhalten wird, daß die nötige und zuweilen auch vorgewärmte Verbrennungsluft durch den Rost gesaugt oder gedrückt und die Beschickung des letzteren mechanisch bewerk stelligt wird. Hierdurch ergibt sich die Verbrennung nicht nur ruß frei, sondern auch rauchlos. Derzeit besitzen viele Anlagen bereits derartige Feuerungen, die nebst den oben angeführten Vorzügen noch den nicht zu unterschätzenden Vorteil bieten, daß sie den Heizer außer ordentlich entlasten. Die große Reihe der bisher ersonnenen mechanisch beschickten Dampfkesselfeuerungen läßt sich in drei Systeme zusammenfassen, nämlich in Wurffeuerungen, Wanderfeuerungen und Unterschub feuerungen. Bei den Wurffeuerungen wird der Brennstoff durch ein rasch umlaufendes Wurfrad oder durch eine von Federn gespannte, schwin gende Wurfschaufel auf den Rost geschleudert. Die Feuerungen ar beiten wohl sehr günstig, doch muß Oberluft in den Verbrennungsraum eingeführt werden, damit keine Rauchbildung eintritt. Die Brennstoff- wie die Luftzuführung wird je nach der benötigten Maschinenleistung geregelt. Was den Kraftbedarf der Wurfbeschickungen anlangt, so rechnet man für sie bis 2 / 8 PS, in welchen Angaben jedoch der Kraft- • bedarf für das Brechen grobstückiger Kohle oder Kohlenbriketts un berücksichtigt ist. Es steht aber fest, daß der Kraftbedarf bei diesen Feuerungen geringer ist als bei den Wander- und Unterschubfeuerungen. Die ersten Feuerungen mit Wurfrad bezw. Wurfschaufel sind die von Leach und Proctor gewesen. Verbesserungen der alten Wurffeuerungen sind die von Seiffert-Berlin, Seyboth-Zwickau, Thost-Zwickau, Münckner- Bautzen u. a. m. Bei den Wanderfeuerungen wird der Brennstoff auf einem endlosen, sich langsam bewegenden Rost, einem sogenannten Kettenrost, vorne aufgegeben und gelangt allmählich durch den Verbrennungsraum hindurch nach dessen hinterem Ende, wobei seine relative Lage gegen über dem Roste stets die gleiche bleibt. Allerdings ist die Verwendung derartiger Roste auf die Unterfeuerungen bei Wasserrohrkesseln be schränkt. Grundsätzlich besteht ein Kettenrost aus kurzen, gußeisernen, nach Art der Gälischen Kette zusammengesetzten Gliedern. Die auf diese Weise gebildete Kette ist in kleinen Zwischenräumen von Walzen unterstützt und läuft über zwei Kettenrollen, von denen die vordere von einer am Kessel verlagerten Welle aus mittels eines Gestänges angetrieben wird. Die seitlichen Rahmen des Rostes laufen mit Rädern auf einem Gleis, sodaß der ganze Rost zwecks Reinigung und Aus besserung nach Entriegelung vollständig aus dem Kessel herausgezogen werden kann. Die Kohle fällt aus einem vor diesem angebrachten Errst Blau. [Nachdruck verboten.] Trichter ununterbrochen auf den Rost. Der besprochene Rost ist von Babcok und Wilcox in England eingeführt worden, wird aber gegen wärtig auch in Deutschland gebaut. Ähnliche Kettenroste sind die von Petry-Dereux (Düren), von Steinmüller (Gummersbach, Rheinland), von der Bamag (Dessau) und von Borsig (Berlin). Die Kettenroste bewähren sich bei annähernd gleichmäßiger Dampfentnahme aus den Kesseln und gut sortierter Kohle auf das beste. Erwähnt seien noch die Feuerungen mit Wanderrost, auf dem die Kohle ihre Lage ändert und die sich im großen und ganzen bei Vorhandensein eines gasreichen und leicht entzündlichen Brennstoffes eignen. In diese Gruppe gehört die Düsseldorfer Sparfeuerung, die aus der Hodgkinsonschen Feuerung hervorgegangen ist. Letztere wird heute in Deutschland von Siede in Danzig ausgeführt. Der Hodgkinsonschen Feuerung ist auch der Pluto stoker, eine Unterwind-Wanderrostfeuerung, nachgebildet. Bei dem dritten System der mechanisch beschickten Dampfkessel feuerungen, den Unterschubfeuerungen, wird die Kohle von unten her in den Feuerungsraum geschoben. Unter der Rostlängsmitte be findet sich eine Mulde, durch die die Kohle mittels einer Förderein richtung nach rückwärts gebracht wird, wobei der nachkommende Brenn stoff den bereits in der Mulde befindlichen nach oben und über die Muldenränder nach beiden Seitenteilen der meist aus übereinander liegenden Roststäben bestehenden Rostflächen schafft. Die zwei Haupt gattungen von Unterschubfeuerungen sind je nach ihrer Verwendung für Flammrohr- und Wasserrohrkessel als Innen- und Unterfeuerung ausgebildet worden. Die unterscheidenden Merkmale beider Ausfüh rungen liegen in der Konstruktion der Fördereinrichtung für die Mulde, in der Bauart des Rostes sowie dem Antrieb der Fördereinrichtung. In Deutschland sind bekannt geworden die Feuerung von Nyboe-Nissen (Mannheim) und die amerikanische Jonesfeuerung. Einrichtungen zur Verwertung der Abfallwärme von Kesselfeue rungen bedingen nicht einmal große Anschaffungskosten und bewähren sich im übrigen bei zweckmäßiger Betriebsführung recht gut, weshalb es wünschenswert erscheint, sie tunlichst anzuwenden. Infolge Benutzung mechanischen Zuges bei Kesseln wurden die Abgastemperaturen weiter herabgesetzt und konnte somit wieder ein nennenswerter Wärmegewinn erzielt werden. Die stetig wachsenden Kohlenpreise sowie die Kohlen knappheit zwangen endlich zur Realisierung der Bestrebungen, die in den Abgasen enthaltenen Wärmemengen in einem noch höheren Aus maße als bisher wirtschaftlich zu verwerten. In manchen Fällen ist es möglich, eine direkte Ausnutzung der Abhitze von Feuerungsanlagen zu erwirken. So kann ein Teil der Rauchgase aus dem Fuchskanal zurückgesaugt und zur Verdamp fung von dem Kessel entnommenen Heißwasser verwertet werden, wo rauf das Rauchgasdampfgemisch in Verbindung mit Luft, die hierbei eine entsprechende Vorwärmung erfährt, mittels eines Ventilators unter den Rost gedrückt wird. Diese Art von Feuerung eignet sich bei Vorhandensein von minderwertigem Brennstoff, um die Schlacken zu lockern, und hat einen geringeren Dampfverbrauch als eine Unterwind feuerung, da die Dampferzeugung durch die Abgase, also ohne Auf wand von eigenem Brennstoff erfolgt. Die Ausnutzung der Abhitze wird in diesem Falle demnach außerordentlich einfach erzielt.