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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.07.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-189907097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-18990709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-18990709
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-07
- Tag 1899-07-09
-
Monat
1899-07
-
Jahr
1899
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.07.1899
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WMAEllWer UM 1N Ihr »d. 19. Jahrgang. Nr. 157 ;rs. c. am »r- lds "g n S» scn rs n- Sonntag, den 9. Juli 1899 hr )ie ich ct- ikt mn or- -r) in- M. im le. ;in lle- >es. 99. n- im ich rs- eln rs- Murawjew, die Commission habe mit Ausnahme des Obersten Jilinski einstimmig die Schwierigkeit aner kannt, selbst für die Dauer von nur fünf Jahren die Höhe der Effectivbestände festzusetzen, ohne gleichzeitig andere wesentliche Bestandtheile der nationalen Ver- theidigung zu regeln. Ebenso habe die Commission anerkannt, wie schwierig es sei, auf dem Wege inter nationaler Uebereiukommen diese Elemente der natio nalen Vertheidigung zu regeln und in jedem einzelnen Lande nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten zu organisiren. Der Ausschuß bedauere daher, jenen russischen Antrag nicht annehmen zu können. Die Mehrheit der Commission war der Ansicht, daß ein gründlicheres Studium dieser Fragen durch die ver schiedenen Regierungen sehr wünschenswerth sei. Die Ablehnung des russischen Antrages, betreffend die Festsetzung des Evectivstandes der Armeen für fünf Jahre, seitens der ersten Commission der Haager Conferenz ersolgte unter dem Ausdruck lebhaftesten Bedauerns, woran sich eine Ovation für den Kaiser Nikolaus II. knüpfte. Der schwedische Bevollmächtigte fand allseits Zustimmung, als er erklärte, daß die Noth wendigkeit, den russischen Antrag abzulehnen, von sümmtlichen Delegirten peinlich empfunden werde. Man brauche — so fügte Baron Bildt hinzu — die Hoffnung nicht aufzugeben, daß dieser Antrag in einer späteren Conferenz von einem günstigeren Erfolge be- gleitet sein und die Ideen des hochherzigen, edlen Kaisers von Rußland schließlich durchdringen werden. Diese Kundgebung wurde von den Mitgliedern der ersten Kommission mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Das Blatt des Fürsten UchtomSky, „Petersburgskija Wjedomosti", sagt m einem Artikel über die Friedens- confereoz im Haag, obgleich man über keine der während der Conferenz vorgelegenen Fragen einig zu sein scheine, sei es gewiß, daß die Coniercnz eine wohl- thätigc und bedeutende Wirkung haben werde, selbst wenn sie keinerlei sofortiges Ergebniß zeitigen sollte, denn das Princip des Krieges sei gründlich erschüttert. Eine neue Idee brauchte Zeit zum Reifen, um einzu dringen ins menschliche Verständniß. Die Verhand lungen der Conferenz über die SchiedszcrichtSfrage seien höchst belehrend. Das Schiedsgericht sei moralisch, habe aber keine physische Macht. Daher habe man bisher behauptet, dasselbe habe gar keine Macht. Das werde jedoch dadurch widerleg«, daß die Mehrheit der Conferenz sich für das Schiedsgericht auSiprach. Dies zeige, daß die Ansicht überwiegend sei, daß die mora lischt Macht zu überwiegen beginne und über die physische Ma^t auch hier siegen werde, wie es bereits hinsichtlich der geschichtlichen Martern und Grausam keiten der Fall gewesen sei. Das Unmögliche sei schon öfter möglich geworden und das werde sich auch wieder bei der Schiedsgerichtsidee zeigen. Inserate nehmen außer der Expedit'on auch die Austräger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- Expeditionen solche zu Originalpreisen. Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1,40, durch die Post Mk. 1,50 frei in's Haus. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Hernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w für den Verwaltungsbezirk -es Stadtrathes zu Hohenstein-Ernstthal Organ aller Geineinöe-Verwaltirngen öer rrnrlregenöerr Ortschaften. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 8. Juli 1899. MtttheUungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent gegengenommen und eveotl. honvr'rt.) *— Ein Teichbruch war gestern Vormittag die Folge der endlosen Regengüße, die unsere Stadt in den letzten Tagen heimsuchten. Der unterhalb der Bahn gelegene, Herrn Steinsetzmeister Köhler gehörige, zur Fisch zucht benutzte Teich durchbrach seine Dämme und über schwemmte die anliegenden Felder und Wiesen, sodaß ganze Mengen der gezüchteten Karpfen, Schleien, Hechte rc. zu Grunde gingen. Der Schaden dürfte um so beträcht licher sein, als der Teich noch ziemlich neu und sehr gut angelegt war. Wie übrigens aus den vorliegenden Berichten zu ersehen ist, hat sich das heftige Regenwetter über fast ganz Centraleuropa erstreckt und an vielen Orten namentlich an den Feldfrüchten den größten Schaden verursacht. — Ueberfahren wurde gestern Abend gegen 8 Uhr beim Rangiren auf dem hiesigen Bahnhöfe, der Rangirer Meuschke. Derselbe wollte aus einen in der Fahrt begriffenen Wagen aufspriogen und rannte des halb erst neben demselben her. Hierbei mag er nun den: Trittbrett zu nahe gekommen sein, sodaß ihn dasselbe zu Fall brachte, wobei er mit einem Fuße unter die Räder gerieth. Dieselben quetschten den Fug dermaßen, daß an der inneren Seite das Fleisch her unterhing, während die äußere sofort vom Blut unter- laufen war und anfchwoll. Der Unglückliche wand sich vor Schmerz und bat, man möge ihm den Stiefel ausziehen. Leider fand sich auf dem Bahnhose auch keine Spur von einem Verbandkasten oder sonstig n Verminderung oder eines Stillstands in den Rüstungen schon aus praktischen Gründen undurchführbar wäre, ist wiederholt auseinander gesetzt worden. Die Mehrheit der Conferenz hat ein „gründliches Studium" dieser Frage für „wünschenswerth" erklärt und in demselben Sinne hat sie die Hoffnung ausge sprochen, daß die anderen wichtigen Fragen, welche die Conferenz nicht zu fördern vermochte, so die Reform der Genfer Konvention, die Ausgestaltungdes Seekriegsrechts und der Schutz des Privateigenthums zur See, von einer späteren Conferenz gelöst werden mögen. Die Aussichten hierauf sind allerdings noch mehr als gering und die Taktik der Conferenz erinnert an die jenes stark ver- schuldeten Studenten, der alljährlich auf dem Wege einer Ausloosung einen seiner zahlreichen Gläubiger befriedigte und der Masse der übrigen mitleidsvoll zurief: Sie haben diesmal Pech gehabt, meine Lieben, vielleicht das nächste Mal! * * ! * Den Londoner „Daily RewS" wird aus dem Haag gemeldet, daß in der Commission, welche über den russischen Entwaffnungs-Vorschlag verhandelte, der deutsche Delegirte Oberst v. Schwarzhoff eine Rede gegen denselben geholten habe. Die Rede habe eine halbe Stunde gedauert und einen starken Eindruck ge macht. Er habe mit überwältigender Offenheit ge sprochen und seine Rede werde für bewunderoSwerth gehalten. Der Oberst führte aus, daß eine Reduktion des FriedenSbcstandes gar nicht mit einer entsprechen den Reduktion der Wehrkraft identisch sei; der Friedens stand könne stationär bleiben und die Wehrkraft eines Landes könne doch wachsen. Die Länge der militäri- fchen Dienstzeit, der Dienst durch einen Ersatzmann, die Eisenbahnen, die Schnelligkeit der Mobilmachung und die ökonomischen Bedingungen — das Alles seien Faktoren, welche die militärische Stärke eines Landes ausmachen. Wenn man nur einen Theil deS Problems herausgreife und behaupte, daß durch Reduktion des Friedensbestandes allein die Wehrkraft jedes Landes allgemein und in gleicher Weise vermindert werde, so könne das einem Laien wohl plausibel erscheinen, dem militärischen Sachverständigen aber erscheine das als eine so offenbare Absurdität, daß er sich wundern müsse, wie man einen solchen Vorschlag überhaupt im Ernste habe vorbringen können. Die Russen bezeich neten Sibirien als eine Kolonie, aber im Falle eines europäischen Krieges werde Rußland jeocS sibirische Regiment per Eisenbahn nach Eur.pa bringen. Deutsch land sei durch feine HceresauSgaben nicht ruinirt, im Gcgentheile sein Reichthum, seine Zufriedenheit und seine Lebenshaltung wüchsen täglich. Oberft v. Gchwarzhoff erklärte weiter: Mit der Regrldetri habe die Abrüstung nichts zu schaffen. Redner wollte nicht einmal so weit gehen, auch nur einen Augenb'ick die Entwaffnung für möglich zu halten. Es müßte dann eine internationale Inspektion errichtet werden; bei den bestehenden politischen Zuständen sei hieran aber auch beim besten Willen nicht zu denken. Scharf ging Redner gegen die Russen vor. Er er klärte, nicht begreifen zu können, daß die auf oben ge nannter falschen Basis beruhenden Vorschläge durch Fachmänner aufgestellt worden feen. Punkt für Punkt zerpflückte Redner den Antrag. Der russische Oberst Jilinski war derartig unter dem Eindruck der über zeugenden BeweiSsütz ungen feines deutschen Kameraden, daß seine Vertheidigung diesen Ramen eigentlich nickt verdiente. Die Rede des Obersten Schwarzhoff giebt nun den Engländer Stead Anlaß zu einem Artikel im hies. „Dag- blad", welcher der Beziehungen des Verfassers zum Zaren wegen Beachtung verdiem und vielleicht nicht unzu- treffend als von russischer Seite inspirirt zu betrachten ist. Stead nennt Deutschlands Haltung zwischen den Zeilen illoyal. Erst habe es Rußland in seinem Glauben ermuchigt, es sympathisire mit seinem Be streben, die Culturwelt von der drückenden Last der immer fortschreitenden Kriegsrüstungen zu befreien, während es jetzt die Existenz dieses Druckes leugne und die Menschheit von einem bloß eingebildeten Uebel zu befreien, in Abrede stelle. Hätte Kaiser Wilhelm auf das Manifest des Zaren mit einer Er klärung von derselben Freimüthigkeit und Unzwei deutigkeit, wie die des Obersten Schwarzhoff vom letzten Montag, geantwortet, dann wäre die Conferenz überhaupt niemals zusammengetreten. Nach neueren Meldungen besagt der von der Ersten Commission der Friedensconferenz genehmigte Bericht über den Antrag des Obersten Jilinski zum ersten Punkte des Rundschreibens des Grafen ! Stoffen oder Medicamenten ,ur Leistung der ersten > Hilfe, sodaß sich der herbeigeholte Arzt vom Portier eine scharfschneidende Scheere leihen mußte, mit der er das Verbandzeug schneiden konnte. Der Verunglückte . wurde nach Anlegung des Verbandes in seine Wohn ung gefahren. Vielleicht aber nimmt man nunmehr an zuständiger Stelle daraaf Bedacht, für die Be- schaffunz eines gerade für den Betrieb eines Bahnhofes äußerst nöthigcn Verbandkastens Sorge zu tragen. - Die Bornaische Pferdekrankheit, die fast überall im westlichen Sachsen so viele Opfer gefordert hat, sucht, wie cs scheint, auch die Stallungen hiesiger Pferdebesitzer heim. Erst vor wenigen Tagen verendete ein prächtiges, einem hiesigen Fabrikanten gehöriges Thier an der tückischen Krankheit und heute Morgen ließ ein anderer FuhrwerkSbcsitzer eines seiner Pferde tödten, um den Qualen desselben ein Ende zu machen. Da gilt es denn für jeden Besitzer eines Pferdes, die peinlichste Aufmerksamkeit und Sorgfalt zu pflegen, und beim geringsten verdächtigen Anzeichen sogleich sach verständigen Rath herbeizuziehen. Ein Pferd stellt immer ein mehr oder minder hohes Kapital dar und sein Verlust bedeutet nicht zelten den Ruin des Be sitzers. Seitens des Staates wird in Fällen der Bor- uaischcn Krankheit bis jetzt auch noch keinerlei Ent schädigung gewährt, wie dies z. B. bei der Rotzkrank heit rc. der Fall ist. Aus diesem Grunde sind schon in vielen Orten die Pferdebesitzer zusammengetreten und haluo „PferdeversicherungSvereinc auf Gegenseitig keit" ins Leben gerufen. — Die in diesem Jahre zur zehnwöchigen Uebung eingezogenen Lehrer müßen dieselbe vom 29. Juli an ablegen. Die Uebung erfolgt in dieser Weise zum letzten Male, denn bekanntlich müßen die Lehrer vom nächsten Jahre ab ein Jahr dienen. ?— Oberlungwitz, 8. Juli. Morgen und über morgen stehen uns nun die Tage des Noienfestes bevor. Die Ausschußmitglieder unseres Ro'envereins, die noch eifrig beschäftigt sind, im Lamm die letzre Hand an ihr Werk zu legen, athmen aus, nachdem sich der Himmel nun zu klären beginnt und das Detter schön zu werden verspricht. Hoffen sie doch, den zahlreichen Besuchern von hier und aus der Umgebung wieder etwas Auge erfreuendes und Herzerquickendes bieten zu können. Die Concerte spielt die Naumann'sche Capelle. -f— Gersdorf, 7. Jali. Ein geachtetes Glied unserer Gemeinde, Herr Steiger Günzel, konnte am gestrigen Donnerstag sein 25jährigeS Dienstjubiläum als Steiger beim Gersdorfer Steinkohlenbauvcrcin be gehen. Der Taz wurde dem Jubilar zu einem Hohm Freuden- und Ehrentage. Eine Begrüßungsdeputation der DerkSbeamten brachte als Widmung einen Ruhe stuhl Die Werksverwaltung bedachte Herrn Günzel mi» einem ansehnlichen Geldgeschenke. — Limbach. Wegen des trostlosen Welters hat d e Königl. AmtSyauptmannschast genehmigt, daß das mit dem Oberfrohnaer Haupt- und KönigSjchießen der hiesigen Schützengesellschast verbundene Volksfest bis zum 11. d. M. verlängert wird. — Am Dienstag Vormittag wurde in der kleinen Waldschlucht zwischen Kaufungen und Niederfrohna ein Mann todt aufgefunden. Der Kopf des Verun glückten lag in einem Schlammloch und der Leichnam war ganz mit Blut überströmt. In dem Verunglückten wurde der circa 50 Jahre alte Handarbeiter Ernst Stiegler aus Kaufungen erkannt. Derselbe hat am Montag einen Umzug seiner verheiratheten Tochter von Kaufungen nach Niederfrohna begleitet und ist die Nacht auf dem Nach hausewege verunglückt. — Glauchau, 7. Juli Die Mulde ist hier aus den Ufern getreten und hat die anliegenden Fluren über schwemmt. In Jerisau, Weidensdorf, Remse sind die Wiesen und Felder von den Wassermaßen vollständig überschwemmt und gleichen einem See. Das Getreide, auch in den nicht vom Hochwasser berührten Theilen liegt vollständig darnieder und macht einen trostlosen Eindruck. Heute Vormittag l l Uhr zeigte der Pegel einen Waßer stand von 2,65 und um >/,3 Uhr einen solchen von 2,74 Meter. Ueber den Hauseinsturz berichtet das Gl. Tagebl.: Schon seit einiger Zeit zeigte da der Hintere Gebäudetheil der Uhlig'schen Conditorei an der Nikolai- brücke gefahrdrohendeRiße, die infolge Bodensenkungen des Bergabhangs entstanden waren, so daß vor kurzem dieser Gebäudetheil polizeilich geschloßen wurde. Um den ge- ährdeten Theil des Grundstücks, den zweistöckigen Salon- iau, zu halten, hatte der Besitzer zunächst die Errichtung eines Stütz-Fundaments veranlaßt, mit dessen Aufbau bereits begonnen war. Sodann war beabsichtigt, den Hinteren Giebel abtragcn zu laßen, was ebenfalls bereits in Angriff genommen war. Inzwischen aber war der Vielleicht das nächste Mal! Die „Friedensconferenz", die früher Abrüstungs konferenz hieß, wird in kurzem ihre Berathungen be endet haben. Wenn man die Ergebnisse der Conferenz lediglich nach der Zeit abschätzeu wollte, welche die Diplomaten im Haag sich zu ihrem Werke genommen haben, dann müßte man zu der Ansicht kommen, daß die Friedenspalme demnächst in Europa wild wachsen wird. In Wahrheit sind die Ergebnisse der Conferenz aber so spärlich, daß, wenn man an den dramatischen Schwung und den gewaltigen Apparat, mit dem Ruß land den Gedanken der Conferenz in die Welt setzte, zurückdenkt, der Vergleich mit den Bergen, welche die MauS gebären, sich von selbst au-drängt. Rach den bisher vorliegenden Berichten über den Verlauf der Conferenz, die freilich infolge der auf der Conferenz betriebenen diplomatischen Gehrimnißkrämerei recht mangelhaft sind, sind im ganzen drei positive Leistungen zu verzeichnen. Einmal hat die Conferenz die Bestimmungen des LaudkriegSrechteS codificirt und zugleich nach einigen Richtungen hin verbessert. Ein besonderer Forts yritt ist hiermit keineswegs erzielt worden, denn in die Codifikation sind nur solche Be stimmungen ausgenommen worden, welche den schon jetzt bei den meisten civilisirten Staaten üblichen Ge bräuchen entsprechen. Zweitens hat die Conferenz die Anwendung der Genfer Convention auf den Seekrieg formell statuirt und codificirt. Einen „rapiden Fort schritt" bedeutet auch dieser Beschluß nicht, denn schon auf der Conferenz von 1866 ist die „sinngemäße An wendung" der Genfer Convention auf den Seekrieg beschlossen worden. Immerhin darf es mit Befriedig ung begrüßt werden, daß jene sinngemäße Anwendung nunmehr in unzweideutiger Weise regulirt werden wird. Km übrigen hat aber die Conferenz vor der durchaus nothwendigen Reform der Genfer Convention ebenfo wie vor der Ausbildung des Seekriegsrechts beschcident- lich Halt gemacht und die Lösung dieser weit wichtigeren Fragen einer besseren Zukunft anvertraut. Die dritte Leistung der Conferenz endlich ist die Be gründung eines internationalen Schiedsgerichts zur Austragung von Streitigkeiten zwischen den Mächten. Die von einigen Seiten, nämlich von den kleineren Staaten, befürwortete Constituirung eines obligatorischen Schiedsgerichts, dem also jeder Staat in jeder Frage sich unterwerfen sollte, konnte selbstverständlich ernstlich garnicht in Frage kommen und ist auch, anlckeinend von keiner einzigen Großmacht befürwortet morden. Ein ernsthafterer Streit hat sich auf der Conferenz darüber erhoben, ob diefcs facultative Schiedsgericht ein ständiges oder ein unständiges sein soll. Gegen die Ständigkeit des Gerichts hat sich aus mehrfachen Gründen Deutfchland mit Unterstützung der beiden anderen Dreibundmächte gewendet und den von deutscher Seite vorgebrachten Einwendungen, welche vorwiegend die rein praktischen B edenken gegen die Errichtung eines solchen internationalen Areopags betrafen, haben in der Folge noch andere Staaten beigepflichtet. Was die praktischen Wirkungen des facultative» Schieds gerichts, welches als das Hauptergebniß der Conferenz zu betrachten ist, betrifft, fo haben wir uns darüber schon wiederholt eingehend ausgesprochen. Wer glauben nicht, daß die schiedsgerichtliche Vermittlung, soweit es sich um Streitfragen erster Ordnung handelt, sonderliche Erfolge erzielen wird. Die Streitfragen zweiter Ordnung aber, in denen die schiedsgerichtliche Vermittlung leichter einsetzen wird, pflegten auch bisher für gewöhnlich nicht zum Kriege zu führen. Die Einigung über das facultative Schiedsgericht stellt sich somit nur als ein Achtungserfolg dar, über deßen praktische Wirkungen man sich keinen Illusionen hingeben darf, aber nach Lage der Sache war ein anderer Erfolg nicht zu erwarten. Mit den vorstehend aufgezählten sind die Erfolge der Conferenz erschöpft, welche im übrigen nur Miß- erfolge zu verzeichnen hat. Die gegen die Erfindung ne. er Kricgswaffen und die Verbesserung schon vor handener gerichteten Vorlchläge sind verworfen worden mit der einen Ausnahme, daß die Benutzung von mit Explosivstoffen gefüllten Ballons verboten sein soll. Die Agitation gegen daS berüchtigte Dum-Dum Ge schoß blieb fruchtlos, da England, welcher diese Kugeln vielleick t in Transvaal mit Erfolg zu verwenden ge denkt, gegen das Verbot protestirte. Eine runde Ablehnug erfuhr auch der russische Ab rüstungsvorschlag, dem zu Liebe die Conferenz überhaupt berufen worden ist. Weshalb diese aus sichtslose AbrüstungS-Komödie von Rußland ins Werk gesetzt wurde, ist auch im Verlaut der Verhand ungen nicht völlig llar geworden. Daß die Tckrctirung einer Anzeiger Mr
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