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25 pfg. pei- 5iück. Aüv erLrge ^Lefov. Der 1l>. Berbandstag des Landesverbandes der Gaalinhaber tm Königreich Sachsen wurde heute vor mittag in Dresden eröffnet. Der Wirtschaftliche Ausschuß wird — entgegen der Anregung von verschiedenen Seiten — nicht er weitert werden. Generaldirektor Rallin wird den Versuch machen, eine deutsche Ausstellung in San Francisco ohne Mitwirkung der Rcichsrcgierung zustande zu bringen. Die türkischen Truppen besetzten nach einem lebhaften Gefecht mit bulgarischen Truppen endgültig den Ort Kutschukavak. Die türkische Regierung ist, nach einer Meldung aus Rom, bereit, sich mit der Teilung Adrianopcls und der Grenzlinie Enos—Adrianopel—Kurnuburu zu begnügen. Die Pforte beabsichtigt^ in der gesamten Welt des Islams eine große Propaganda zur Schaffung einer Flotte zu entfalten. Rumäniens Politik läuft nach einer Erklärung des Ministers des Innern auf die Erhaltung des Valkanfricüens hinaus. Die Verhandlungen zwischen der Union und Mexiko schreiten fort, so daß die Spannung etwas nachgelassen hat. -> kntgegenkommen der Türkei i« der Adrianopelsrage. Der römische Korrespondent des „Verl. Lok.-Anz." erfährt von einem Diplomaten, daß die Pforte erklärt habe, sie wünsche dringend die Adrianopclfrage zu einem Abschluß zu bringen und sei eventuell bereit, aus den Vor schlag zurückzukommcn, welchen seinerzeit Kiamil- Pascha machte, d. h. den nördlichen Teil Adrianopels an Bulgarien abzutrctcn, wenn man ihr den Stadtteil mit den Sultansgräbcrn, Moscheen und anderen Nationalhcilig- tümern belasse. Die Türkei denke gar nicht daran, die ihr von den Griechen überlassenen Plätze zu behalten, sie sei bereit, sich mit der Grenze Enos — Adrianopel — Kurnuburu zu begnügen. Indessen sei den Türken gar nichts anderes übrig geblieben, als die Plätze proviso risch zu besetzen, die die Griechen verlassen wollten, da über haupt keine bulgarischen Truppen vorhanden gewesen seien, die jene Plätze hätten übernehmen und die Ordnung garan tieren können. Die Pforte beabsichtigt, eine große Propa ganda in der gesamten Welt des Islams zu entfalten, um die Mittel für eine Flotte zu erhalten. Sie habe aus Aegypten bereits große Zeichnungen erhalten. Man glaubt in Rom, daß sich diese Flotte nur gegen Griechenland richten kann. Vom ttirkisch.bulgarischeu Kriegsschauplatz. Die türkischen Truppen haben am Montag nach einem lebhaften Gefecht mit der kleinen bulgarischen Gar nison den Ort Autsch ukavak endgültig besetzt. Die muselmanische Bevölkerung der Gegend hat sich der türkischen Armee angcschlosscn. Rumäniens zukünftige Politik. Der rumänische Minister des Innern, Ion esc», hatte auf der Durchreise zu seiner Äur in Aix-les-Bains in Paris eine längere Unterredung mit dem französischen Minister des Aeußercn Pichon. Nach deren Beendigung er klärte er einem Journalisten, daß Rumäniens Politik daraus hinauölaufe, den unter so schwierigen Umständen geschaffenen Balkansricdcn zu erhalten. Seine Negierung hoffe, daß es den Großmächten gelingen werde, die Türkei zur Anerkennung der Londoner Bestim mungen zu zwingen. Rumänien sei bereit, die Bemühun gen der Großmächte zur Erreichung dieses Zieles zu unter stützen. Ionescu beklagte sich dann, das, in Bulgarien Revaiichcgclüstc genährt werden, hofft aber, daß diese mit der Zeit verschwinden werden und Bulgarien entsteht, das; ein dauernder Friede auf dem Balkan und ein Zusammen arbeiten mit den übrigen Balkanstaatcn nur zu seinem eigenen Vorteile dienen könne. Die bulgarischen Greuel. Die Pforte hat am Dienstag abend eine Zirkular- dcpcschc an ihre Botschafter gerichtet und sic beauftragt, demnächst eine neue Liste von bulgarischen Grcucltaten in Thrazien, und zwar besonders in den von den griechischen Truppen geräumten Gebieten, die vollständig verwüstet seien, zu unterbreiten und die Mächte um ernste Schritte in Sofia zwecks Abstellung eines solchen Zustandes zu ersuchen. Telegraphisch »irb »eiter gemeldet: Streit um das Verdienst au den griechische« Siegen. Köln. iPriv.-Tel.) Der „Köln. Ztg." wird aus Athen gemeldet: Zu der Behauptung einer hier erscheinenden sran- zösischcn Zeitung, daß die französische Militär mission in Griechenland unter General Eydoux wesent lich zu den Siegen der Griechen in den letzten Kriegen bei getragen hat, bemerkt die Zeitung „Athinai", die fran zösischen Instrukteure hätten zwar lobenswerten Eiser und große Arbeitslust bewiesen, auch während des Krieges manches für den Berpflegungsdicnst und die Zusammen stellung der irregulären Truppen geleistet, aber an der Organisation der Armee, den Feldzugsplänen und an der Heranbildung geeigneter Kommandeure hätten sie kein Verdienst. Zu den Erfolgen des Krieges hätten der gegenwärtige König und sein Stab, der größtenteils aus in Deutschland ausgebildeten Offizieren besteht, allein bcigetragcn. Neueste Drahtmelduugeu vom 20. August. Deutscher Katholikentag. Metz. Der Vormittag wurde mit einem Requiem für die verstorbenen Mitglieder der Generalversammlung in der Kathedrale eingeleitet, das Gencralvikar Dr. Pelt zelebrierte. Bischof Benz-ler hielt die Absolution. So dann fand in der Festhalle eine allgemeine Mis- sionsvcrsammlung statt. Um 1l Uhr begann im Hotel Terminus die vierte geschlossene Versammlung. Von Gotha nach Straßburg im Flugzeug. Straßburg i. E. Heute vormittag 0 Uhr 83 Min. ist hier aus dem Flugplätze Polygon der clsässischc Flugzeug führer Stöfsler mit einem Albatros-Doppeldecker mit Kapitänleutnant Berthold als Beobachter gelandet. Die Flieger waren um 6 Uhr 35 Min. in Gotha aus- gestiegen. Die Dauer der Fahrt von Gotha nach Straß- bnrg betrug also genau vier Stunden. Von Gotha bis zum Rhein orientierte man sich nach dem Kompaß und folgte dann dem Lause des Rheins aufwärts. Neue Strafanzeigen gegen die Prinzessin Louise von Koburg Wien. lPriv.-Tcl.) Die Strafanzeigen gegen die Prinzessin Louise von Koburg und ihrem Begleiter Mattachich haben in den letzten Tagen eine Ver mehrung erfahren. Ter srühcre Berliner Rechtsanwalt Dr. Walther Inhofsen und ein Ingenieur auS Hamburg legen in umfangreichen Anzeigen dar, daß sie um mehr als 5 Millionen Kronen geschädigt wurden. Beide verlangen, daß sowohl die Prinzessin Louise als auch Mattachich ver haftet werden. Dr. Inhofsen behauptet, an die Prinzessin Louise eine Forderung von 058 000 Mark zu haben. Er schreibt in der Strafanzeige: Er habe sein ganzes Ver mögen verloren und außerdem seine Karriere aufgebcn müssen, da er in materieller und sozialer Hinsicht ruiniert sei. Er wäre schon längst mit der Strafanzeige vorgc- gangcn, wenn Mattachich ihm nicht für diesen Fall gedroht hätte, er werde die Prinzessin Louise, Tr. Inhofsen und sich selbst erschießen. t Verhaftung einer sonderbaren „Heiligen". Nom. Hier wurde eine gewisse Maria Farfetti wegen Betrugs und Entwendung von Juwelen im Werte von 70 000 Lire verhaftet. Die Festnahme erregte großes Aussehen, da die Farfetti in Florenz und Toscana als wundertätige Heilige vom Volke verehrt wurde. Zukunftspläne des früheren Königs Manuell London. iPriv.-Tcl.s Ter frühere König Manuel von P o r t ug a I hat den Fulwellpark in Twickcnham an- gckauft und wird sich nach seiner Verheiratung mit d^r. Prinzessin Viktoria von Hohcnzollcrn dort nicdcrlasscn. Uebcrsall ans deutsche Ausflügler in Kleinasicn. ' Koustantinopel. iPriv.-Tcl.s Zehn Ausflügler aus Konstantinopcl, darunter acht Deutsche, wurden am Sonn tag am Sab a n d s ch a- S c e in Kleinasicn von acht mit Revolvern und Krummschwertcrn bewassneten Lasen vn- gchalten. Tie Banditen, wahrscheinlich Schmuggler, be drohten die Ausflügler mit dem Tode, mißhandelten sic und gaben sie erst nach vierstündigen Verhandlungen frei. Unter den Deutschen befanden sich Assistenzarzt Dr. Seiler, Ingenieur Richter. Postbeamter Sims und mehrere deutsche Beamte der amerikanischen Singer-Compagnie, sowie ein Fräulein Müller: ferner gehörte zu den Ausflügler« ein französischer Untertan. Das deutsche, französische und amerikanische Konsulat haben bei der Pforte Beschwerde erhoben. , Berlin. sPriv.-Tel.s Prinz OSkar, der fünfte Sohn des Kaiscrpaares, ist heute mit der Führung der 4. Kompagnie des 1. Garde-Regiments als Kompagnic- ch e f beauftragt worden. Knust «ad Wissenschaft. f* Das Mustkdrama „Wielau- der Schmied" von Kurt Hösel (nach dem gleichnamigen szenischen Entwurf Richard Wagners) ist soeben vom Stadttheatcr in Barmen für die kommende Saison zur Ausführung erworben worden. Im Deutschen Opernhaus zu Eharlottenburg wird das Werk Anfang Oktober mit Kammersänger AdolfLöltgen als Wieland wieder in Szene gehen. f* Mesothorium-Konzert. In München wird am 20. August zwecks Beschaffung von Beiträgen zu den Kosten des neuen Krebshcilmittcls für die König!. Frauen- und Chirurgische Klinik eil großes Konzert veranstaltet, bei dem bedeutende Gcsangsgrößcn Mitwirken werden. Auch Ernst von Possart wird bei dieser Gelegenheit noch einmal seine Kunst als Rezitator der guten Sache zur Verfügung stellen und einen Prolog Fritz v. Ostinis sowie Schillcrsche, Goetbcsche und Heinriche Dichtungen vortragen. Die Höhe . der Eintrittspreise soll sich zwischen 100 und 200 Mark be wegen. , f* Verschollene Freiheitölieder Max v. Schenkcudorfs. Interessante Beiträge zu Max v. Schcnkendorfs Leben, Denken und Dichten veröffentlicht Paul Czygan im „Euphorton", die u. a. mehrere Aktenstücke zur Geschichte des folgenschweren Duells Schenkendorss mit dem General Rouquette bringen, dem seine Übel angebrachte Fabius- Lunctator-Strategie den. Spitznamen „General Rückweg" eingetragen hatte. Merkwürdiger aber fast als diese dem Geheimen Staatsarchiv zu Berlin entnommenen Urkunde» ist die Nachricht über eine gänzlich verschollene Freiheitsltedersammlung Schenkendorss. Im 142. Stück der „Königsberger Hartungschcn Zeitung" vom 28. November 1810 findet sich die Anzeige: „Freihcitsgesänge von Max v. Schcnkendorf. Sic sind morgen, Dienstag, den 27. November, in der Hartungschcn Zeitungöexpedition für 10 Gr. abzuholen." Weder die Königsberger Bibliotheken noch daS Berliner Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken konnten das Merkchen Nachweisen. Bei einem Besuche des Körner-Muse umS in Dresden aber entdeckte Czygan das Titelblatt, aus dem Schenkendorss eigenhändige Widmung steht: „Herrn Geheimen Staatsrath Stägcmann Hochachtungsvoll der Verfasser." Tie Schrift selbst ist abgetrennt und verschollen — vielleicht trägt diese Notiz noch zu ihrer Auffindung bei. Was den Inhalt an langt, so glairbt Czygan schließen zu dürfen, „daß Schenken- dorf allein oder mit einigen seiner Freunde in der trau rigen Zeit wagte, seiner Zuversicht auf bessere Zeiten durch solche Gedichte wie: „Freiheit, die ich meine", „Schill" und andere Ausdruck zu geben. Erstgenanntes Gedicht ist nicht erst 1813 versaßt. Jedenfalls ist die Feststellung, daß Schcn- kcndorf 1810 die Herausgabe einer so gearteten Lieder sammlung wagte — bisher kannte mau nur die 1815 er schienenen „Gedichte" und den „Poetischen Nachlaß" von 1832 — sehr charakteristisch für den Dichter, den Rückert als „Kaiser-Herold" begrüßte und der vor anderen Dichtern der Freiheitskriege ausgezeichnet ist durch die Entschiedenheit, mit der er auf die Ziele hinwicS, die nach der Be freiung erreicht werden müßten. 's* Hauptmanus Iahrhundcrtfcstspicl und Sozialdemo kratie. Tic Sozialdemokraten Breslaus beab sichtigen mährend der Kaiscrtage am 28. d. M. im dortigen Gewcrkschaftshausc eine öffentliche Vorlesung des Hauptmann-Fcstspiels zu veranstalten. Sehr treffend be merkt hierzu die „Schles. Ztg.": Unter sozialdemokratischer Schutzhcrrschaft wird sich die Hauptmannsche Ausfassung von den Befreiungskriegen gewiß ganz gut machen, wenn auch die deutsche Pallas Athene selbst diesem HürerkrciS etwas spanisch Vorkommen dürfte. s Die Literatur i« Auerbachs Keller. Aus Leipzig wird uns geschrieben: Als der Deutsche Wcrkbund vor einigen Monaten in Leipzig tagte, nahm ein Leipziger Red ner, der Stabtrat Hofmann, Veranlassung, die Bezeichnung Mädlcr-Passage, die Auerbachs Hof nach seinem neuen Besitzer erhalten hat, sowohl aus sprachlichen Gründen wie vom Standpunkte des Hcimatschutzcö aus zu bemängeln und seine Sehnsucht nach der alten, historischen Bezeichnung des Durchgangs von der Grlmmaischen Straße nach dem Ncu- markt in deutliche Worte zu kleiden. Weit schärfer noch hätte der Redner sich vermutlich geäußert, wenn er einmal durch die alten und neuen Räume von Auerbachs IKeller gewandelt und bis in den Faßkcller gelangt wäre, ! der uns glücklicherweise so erhallen geblieben ist, wie er schon zu Zeiten des jungen Studiosus Wolsgang Goethe aus- gesehen hat. Tort hätte der Redner eine neue „Akquisition" der berühmten historischen Stätte kennen gelernt, von der er niemals vorher gehört haben wird. Born Faßkcller aus itzirü man jetzt in einen Raum geführt, der früher nicht zu gänglich war, aber nunmehr geössnct ist und als Hexen küche bezeichnet wird. Ein Kellner übernimmt die Er klärung. Während man cs im Faßkcller noch hingehcn läßt, daß uns erzählt wird: „Auf diesem Faß ist der Doktor Faust aus dem Keller geritten", wird in der sogenannten Hexen küche ein geradezu haarsträubender Blödsinn verzapft. Der Kellner hat ein Streichholz entzündet und führt »ns durch einen kurzen dunklen Gang. An dessen Ende scheu wir einen niedrigen Herd, der mit allerlei Gestein und Gerümpel be deckt ist. Darüber hängt ein Kessel. Am Herde lehne» ein abgebrochener Besen und eine Knute. Nun beginnt die Er kläruug des literaturkundigen Führers. Biel gibt cS da zu lernen. „Hier ist die Hexenküche. In diesem Kessel hat die Hexe den Liebestrank für Doktor Faust gebraut. Durch den Kamin fuhren die Hexen fort. Sic waren sehr dünne, sonst hätten sic nicht durchgckonnt. Auf diesem Besen ist Doktor Faust fortgeslogcn. Ans dem Herd wurden die Hexen verbrannt. In diesem Raum hat Goethe den ersten Teil des „Faust" geschrieben <!). Bon hier aus führten unterirdische Gänge zur Plcißeuburg und zum Augustus- platz: hier hat der Doktor Faust die Nonne Margarethe cin- gcmauert." Man kennt ja den Typus des FrcmdensührerS und muß cs sich in Schlöffen,, Kirchen, Gcburts- und Wohn häusern berühmter Männer oft gefallen lassen, daß uns in dem bekannten plärrenden Ton allerlei mißverstandene Ncminifzcilzcn und Anekdoten erzählt werden. Dies gebt aber doch über das Erlaubte weit hinaus. Von einer Hexen küche mar früher nichts bekannt. Sie ist erst entdeckt wor den, als Auerbachs Keller erneuert wurde. Und nun dient sie als „Attraktion", die ein harmloses Frcmdcnpnblikum anziehen soll und ihm die sonderbarsten Äegrifse beibringt. Es lieg, hier eine Herabwürdigung der berühmten, durch die Erinnerungen an Luther und Goethe geweihten Stätte vor, die man sich energisch verbitten muß.