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Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend Blatt Amts und des Stadtrathes des Königs. Amtsgerichts Wulsnrtz Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Als Beiblätter: 1. JllustrirteS Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. Landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Preis: Vierteljahr!. 1 M. 23 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- Puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. KescHästsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Kraufche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Mofsc und G. L Daube L Comp. «d MchsuudviMjiB-x Jahrgang. Sonnabend. Nr. 64. u MM 18S4. Sonnabend, den 11. Augnst 1894, Nachmittags 6 Uhr »»rt«t1«1vvr8tvLUvrai>S Versammlungsort bei Herrn Färbermeister Rammer, äußere Schießgaffe. Stadtrath Pulsnitz. Schubert. Nächsten Montag, den 13. Augnst 1894, Nachmittags 4 Uhr gelangen in Niedersteinaer Flur der auf 2 Scheffel Land anstehende Hafer, sowie die auf crrka 1 Scheffel Gartenland anstehende Grasnutzung gegen Baarzahlung zur Versteigerung. Sammelplatz: ^4 Uhr im OsWald'schen Gasthofe. Pulsnitz, den 10. August 1894. Sekr. Knnath, Gerlchtsvollz,eher. Parteiwesen. Die „Nordd. Allg. Ztg." brachte kürzlich eine Stati stik der antisemitischen Wahlen, die beweisen soll, daß überall da, wo Antesemiten als Waylcandidaten auftraten, die Zahl der socialdemokratischen Stimmen am Stärksten gewachsen sei. So sollen die socialdemokratischen Stimmen in 8 sächsischen Wahlkreisen, in denen Antisemiten candi- dirten, um 27 Procent, in allen übrigen sächsischen Kreisen dagegen nur um 7'/, Procent gewachsen sein. Aehnlich soll das Zahlenverhältniß in Hessen, Hannover und Thüringen liegen. Dem widerspricht die Leipziger Zeitung, Sachsens amtliches Organ in folgendem sehr beachtens- werthen Artikel: „Die beigefügten Zahlen, die wir im Augenblick nicht nachprüfen können, mögen ja richtig sein. Wer immer sich mit Statistik beschäftigt, weiß ja, wie im Wege der Statistik durch „Gruppirung" sich sehr Vieles beweisen läßt. Aber sachlich ist doch nicht abzu sehen, wie die Aufstellung der antisemitischen Candidatur die Wirkung gehabt haben soll, die Zahl der socialdemo kratischen Stimmen zu verstärken. Mit Recht wird sich nur behaupten lassen, die Methode der Agitation, wie sie namentlich von den sog. Reformern und Ahlwardtianern betrieben wurde, werde die Folge haben, daß ein Theil der Leute, die früher für Ordnungsparteien und bei der letzten Wahl für die Antisemiten stimmten, später einmal, Wenn die Verheißungen der antisemitischen Stimmführer nicht eintreffen und sich als eitel erwiesen haben werden, enttäuscht in das sozialdemokratische Lager übergehen. Namentlich bei einer großen Zahl der jetzt noch antisemi tischen Wähler in Handwerks-, Kleingewerbs- und Klein handelskreisen liegt diese Gefahr ziemlich nahe. Für sie Wird dann der Nur-Antisemitismus nur ein UebergangS- stadium auf dem Wege zur Socialdemokratie gewesen sein und dahin wird es voraussichtlich, wenn die Bewe gung mcht bald in andere Bahnen gelenkt wird, voraus- sichtlich schon bei den nächsten Wahlen kommen. Bei den vorjährigen Wahlen dagegen, den Reichstagswahlen, von denen die Nordd. Allg. Ztg." spricht, lag die Sache eher umgekehrt, umgekehrt deshalb, weil gerade damals die antise mitische Bewegung auf ihrem Höhepunkt, weil sie in dem jenigen Entwickelungstadium stand, in dem junge Secten die meiste werbende Kraft besitzen. Schon damals würde ein gar nicht ganz kleiner Theil der Wähler, die früher mit den Ordnungsparteien, Conservativen oder National liberalen gegangen, mit diesen aber unzufrieden geworden Waren, weil sie ihnen nicht schnell genug den Himmel auf Erden verschafften, namentlich aus den Kreisen der kleinen Gewerbtreibenden, zu den Socialdemokraten ge gangen sein, wenn sich ihnen in Gestalt der vielverspre chenden Antisemiten nicht ein Ersatz geboten hätte. Das Verhältniß ist also in der That wohl so, wie wir es aus Anlaß eines „Reichsboten" - Artikels für Sachsen erst kürzlich noch festzustellen versuchten: Wo die Antisemiten mit den Lrdnungsparteien zusammengingen, haben sie gute Dienste geleistet; auch wo sie der Socialdemokratie ohne wesentliche Concurrenz entgegentraten, wie bei der Chemnitzer Landtagswahl, haben sie Erfolge erzielt. Wo sie den Conservativen und Nationalliberalen entgegentraten, haben sie dagegen, wie in Plauen, nur den Erfolg ge habt, den Wahlkreis an die Socialdemokratie auszuliefern." (Auf Unsern 3. sächs. Wahlkreis paßt zunächst diese Regel gar nicht, hoffentlich auch später nicht. D. Red.) Wird diese Taktik häufiger, so werden auch die Erfolge L la Plauen und Pinneberg häufiger werden. Der Schluß, den die „Nordd. Allg. Ztg." aus ihren Zahlen zieht, ist daher unsers Erachtens für die letzten Wahlen nicht rich tig, wird aber voraussichtlich für die Wahlen späterer Jahre wohl zutreffen, wenn es den antisemitischen Führern nicht gelingt, ihre Wählermassen davon zu überzeugen, daß der berechtigte Kern des antisemitischen Programms nur ein kleiner Theil der großen Reformarbeit sein kann, zu der alle Wohlgesinnten in dieser Zeit der Gährung sich die Hand reichen müssen, daß dieses antisemitische Programm dagegen niemals das werden kann, wofür es ausgegeben wird; das Universalmittel für alle wicth- schaftlichen und sittlichen Schäden. Dafür ist es viel zu einseitig, eng und beschränkt." Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. — Der in Leipzig stattgefundene Verbandstag sächsi scher Creditgenossenschasten hat am 3. Aug. Pulsnitz als nächstjährigen Verbandsort bestimmt. — Am Mittwoch, den 8. August, Abends 11 Uhr wie derholte sich bei dem dem Bäckermeister Julius Mütze, Brand- Cataster-Nummer 37 in Weißbach bei Pulsnitz gehörigen Wohnhause die im April d. I. versuchte Brandstiftung und zwar leider mit dem Erfolg, daß diesmal das Wohnhaus mit eingebautem Schuppen bis auf die Umfassungsmauern niederbrannte. Das Mobiliar ist zum größten Theil mit verbrannt, der Calamitose ist versichert. — Ende voriger Woche wurden in Möhrsdorf der Bandweber Gretschel und dessen erwachsene Tochter gefänglich eingezogen, die beschuldigt sind, nacheinander drei infolge unerlaubten Umganges geborene Kinder getöd- tet und beseitigt zu haben. Eine Kindesleiche, die des zuletzt geborenen KmdeS, fand man auf dem Boden des Hauses in stark verwestem Zustande, zwei früher geborene Kinder auf einem nahegelegenen Felde vergraben, vor. Das nähere über diese, den Ort und die Umgegend sehr aufregende Angelegenheit wird die Untersuchung ergeben. — Beim Herannahen der militärischen Herbstübungen wird darauf aufmerksam gemacht, daß es sich empfiehlt, Postsendungen für die an den Uebungen theiluehmenden Offiziere und Mannschaften nicht nach den in kurzen Zeiträumen wechselnden Marschquartieren, sondern stets nur nach dem Garmsonorte zu richten. Für die richtige und schleunige Weilersendung dieser Briefe u. s. w. Wird dann postseitig gesorgt. Ferner ist es dringend noihwen- dig, in den Aufschriften der Sendungen an Unteroffiziere und Mannschaften außer dem Familiennamen, dem nach Umständen auch Vornamen und Ordnungsnummer zuzu setzen sind, den Dienstgrad und Truppentheil (Regiment, Bataillon, Compagnie, Schwadron, Batterie, Colonne u. s. w.) genau anzugeben. Ebenso bedarf es auch bei Sendungen an Offiziere und einjährig Freiwillige der genauen Angabe des Truppentheils, da die Regimenter, Bataillone u. s. w. oft auch auseinander gezogen werden. Mangelhafte Aufschriften der Manöver-Postsendungen können leicht eine Verzögerung in der Beförderung und Bestellung derselben zur Folge haben. Für die Nach oder Rücksendung der Briefe und Postanweisungen, sowie der gegen ermäßigtes Porto beförderten Soldatenpackete ohne Welthangabe bis zum Gewichte von 3 Kg einschließ lich wird kein Porto erhoben. — Während der Getreide - Ernte und unmittelbar nach dem Einbringen derselben in die Scheunen bez. Feimen, die dieses Jahr besonders zahlreich erstehen, wächst erfahrungsmäßig die Zrhl der Brände und es wird auf's Neue die Mahnung laut: „Versichert Euer Hab und Gut gegen Feuersgefahr!" Wie viele Schweißtropfen kostet dem Landmann die Ernte eines Jahres, und wie bald kann dieselbe in Schutt und Asche vor ihm liegen und damit der Besitzer an den Bettelstab gebracht sem. Die häufigen schweren Verluste, welche durch Blitzschlag, Brandunglück Brandstiftung entstehen, sie könnten durch Zahlung der verhältnißmäßig kleinen Versicherungsprämie vermieden werden. — Um Raum für die Truppen während des Manö vers zu gewinnen und vorzubeugen, daß dieselben körper lich Schaden leiden, sind die Besitzer von Feldern im Manöverterrain angewiesen worden, sämmtliche auf Fel dern befindliche Drahtzäune fortzuschaffen. Für Vas Abreißen und Wiederaufstellen erhalten die Besitzer für jedes laufende Meter 4 Pf. Auch die Kühe müssen von dem Felde in den Stall gebracht werden; der Besitzer erhält für jede Kuh, die er im Stalle füttern muß, für den Tag 1 und für dadurch verloren gehende Milch 80 für den Tag. — Es sei darauf aufmerksam gemacht, daß das Aehrenlesen ohne die Erlaubniß oder wider den erklärten Willen des betreffenden Feldbesitzers in allen Fällen als ein strafbares Eigenthumsvergehen zu betrachten ist, und daß die Ernte erst dann als beendet angesehen werden kann, nachdem die Stoppeln nachgerecht oder geschleppt worden sind. Das Betreten noch nicht nachgerechter oder geschleppter Felder ohne Genehmigung des betreffenden Besitzers kann außerdem mit Geldstrafe event. Haft bestraft werden. — Die „Kamenzer Wochenschrift" schreibt: Kamenz, 7. August. In der Nacht vom Sonntag zum Montag in der 1. Stunde wurde in der Zwingergasse ein junger Mann in bewußtlosem Zustande und aus einer schweren Stichwunde am Kopfe über den linken Schläfen blutend aufgefunden und in das Barmherzigkeits - Stift geschafft. Dem Vernehmen nach hat den ersten Anlaß zu der That eine Streiterei in einem Tanzlokale auf der Weststraße gebildet und der Schwerverletzte ist auf dem Nachhause wege das Opfer eines wütyenden Angriffes geworden. Die Polizeibehörde hat sofort die sorgfältigsten Recherchen angestellt und ist die Ermittelung des Thälers zu erhoffen. In dem Betroffenen, welcher bis zum heutigen Tage noch nicht zum Bewußtsein gelangt war, ist nunmehr der hierselbst in Arbeit stehende Töpfergeselle Zschieschack aus Hohenbocka ermittelt worden, während drei, dem Anscheine nach mit der That in Verbindung stehende, gleich dem Schwerverletzten in stark angetruukenen Zu stande befindlich gewesene Personen, welche dem Arbeiter- stände angehören, zu ihrer Vernehmung in polizeilichen Gewahrsam gebracht wurden. Wir haben es leider hier wieder mit einer jener rohen Gewaltthätigkeiten zu thun, die bisher bei uns höchst selten vorgekommen, weil in unserem Kreise immer noch der Sittlichkeitszustand auf einer guten Stufe stand. Allein es ist ein trauriges Zeichen der Zeit, daß Ausschreitungen in dieser wie in anderer unmoralischer Art mehr und mehr Platz greifen. Strenge Pokizeimaßnahmen allein vermögen dieser Cor- ruption nicht Einhalt zu thun. Tas alleinige Heilmittel ist eine geistig gesunde Erziehung, ein Fernhalten der jungen Leute von verderblichem Umgänge und den giftigen Einwirkungen jener Lehren, welche Nichtachtung alles göttlichen und menschlichen Rechtes, Niedertretung alles Edlen und Schönen verkünden und in das junge Ge- müth den Samen der Verderbniß und Verkomnienheit streuen, zum eigenen Verderben und zum Unheil für Staat und christliches und edles Familienleben. — (Wie wir hören, hat auch in derselben Nacht in der Nähe der Gasanstalt eine bedeutende Schlägerei roher Elemente stattgefunden.) — Se. Majestät der König nahm an der gestern, Mittwoch Nachmittag 4 Uhr bei Er. königl. Hoheit dem Prinzen Georg aus Anlaß dessen Geburtstages in Hoster«