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Nr. 75 — LI). Jahrgang MchlWUMs Sonnabend den L. April LVL L Erscheint täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Ausgabe L mit „Die Zeit in Wort und Bild' vierteljährlich »,10 In Dresden durch Boten 8,40 In ganz ) frei Haus S.8S in Oesterreich 4,4» K. Deutschland Haus ii.Kir in Oesterreich 4,- Ausgabe N ohne illultrierle Beilage vierteljährlich 1,80 " i Dresden durch Boten 8,10 ^>> gan^Deutschland srei aus 8,88 in Oesterreich 4,07 Linzel-Nr. 10 4 Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die ligeipnltene Belitzeile oder deren Raum mir 15 4. Rctlamcn mit S<» 4 die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechende» Rabatt, Buchdruikrret, Redaktion und Geschäftsstelle: Dresden, Pillnitzrr Strafte 4». — Fernlprechcr IltOO FürRülkgabe unverlangt. EchriftstüttckeinePerbindlichkett Redaktions-Sprechslnnde: 11 bis IS Uhr, gokobalaävn, dlarripan, Fooäant, lZolov oto, sie. Lvbolrolaclon, dlareipan, !U Lttrnppoa vt-o. vre, :u «i» « ««V«« tteltvr-I'rLMeiitltii^detlivn, »on>»onni«^on vte. ^unllr-^ik!i)i-utl.z.cii-uv vc>dl L LLO^iL^nr«» I4bi Wsscberei scne s.cb.«° l)r' itiiastkS''de^. or«,s°n, -rer k«rn»pr«llk»r Kr. 2641, — »»32. 4S20, 2458, S87S, 4783. «88. Die gefährlichsten Feinde für das Wohl unseres deutschen ValerlaudcS sind nicht nur die sozialistischen Propheten eines irdischen Para dieses auf Erden, sondern auch die Siifter des konfessio nellen Unfriedens. Wir möchten fall behaupten, daß die zweite Gefahr gröber ill; die Hetzarbeit hat leider nur zu viel Erfolge aufzuweisen, so daß eine geringe Veranlassung genügen kann, das traurige Elend eines Kulturkampfes von neuem herbeizuführen. Und wenn man gesehen hat, wie Verfügungen streng kirchlicher Natur, wie der Antt- modernisteneid. die Veranlassung von politischen Debatten wurden, so mutz mit tiefem Bedauern anerkannt werden, welche Früchte die Hetzarbeit der liberalen Blätter bereits trägt. Wenn die sozialdemokratische Gefahr sich auch da.ch die Massen der Wählerschaft vordrängt, so stehen ihr doch geschlossen viel imposantere Zahlen gegenüber und auch ein weiteres Anwachsen dieser Partei vermag die Erreichung ihrer Ziele nicht in eine absehbare Nähe zu rücken. Die „Sächs. Volksztg." nimmt energisch Stellung gegen beide höchst gefährliche Strömungen. Sie fordert vor allem die christlichen Grundlagen für das Staatswesen und bekämpft daher den Liberalismus, der den modernen Staat zum allmächtigen Gott machen möchte — auf Kosten der Volksrechte. Die „Sächs. Volksztg." bekämpft aber auch die verzopfte Richtung jener StaalScetter, welche gegen die gerechten Forderungen der arbeitenden und produktiven Stände zähen Widerstand entgegensttzen. Das Programm unserer Zeitung, wie es sich seit fast neun Jahren bewährt hat, ist die soziale und religiöse Gerechtigkeit gegen alle Stände und alle Konfessionen. Wegen dieses nicht exklusiven Standpunktes zählen wir unsere Freunde in allen Kreisen, aber auch in beiden christ lichen Konfessionen! Da die „Sächsisch; Volkszeitung" das einzige Tagesblatt im Königreiche Sachsen ist, welches die Interessen der Katholiken vertritt, so sollte eS keinen katholischen Mann geben, der nicht ihr Abonnent ist. Besonders ist für die nächsten Monate dasLksen unsererZeitung unbedingt als beste Vorbereitung zu der bevorstehenden Reichstagswahl notwendig. Pflicht eines jeden, der die Wahrheit sucht oder bisher der Zentrnmspolitik Anerkennung gezollt hat, ist daher das Abonnement auf unsere Zeitung. Der Bezugspreis für das 2. Quartal mit der täglichen Romanbeilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" ist 1.80 Mk. (ohne Bestellgeld), durch den Boten ins Haus S.1V Mk. Der Preis auf die Aus gabe ^ mit der illustrierten Unterhaltungsbeilage „Die Zeit in Wort und Bild" erhöht sich monatlich um 10 Pfennig. Die Vorlage des Gemeindesteuergesehes. Dresden» den 31. März 1911. Das Königl. Sächs. Ministerium des Innern hat einer Anzahl von Praktikern, Vertretern von Gemeinden und sonstigen sachkundigen Beteiligten soeben die Grundziig? eines Gcmeindestenergesetzes mitgetcilt und sie eingeladcn, ihre Bedenken und Wünsche dazu in einer mündlichen Be sprechung geltend zu machen. Es hofft durch diese Be sprechung eine möglichst vage Fühlung mit den Erfahrungen des täglichen Lebens ans dem Gebiete des Stenerwesens zu gewinnen. Ans den Grundzügcn ist folgendes besonders hervorznheben: Das Steuergesetz für die politischen Gemeinden soll gleichzeitig mit einem Schul- und einem Kirchensteuergesetze ringebracht werden, die sich ihm eng anschlicsien, so dasi die Gemeinde-, Schul- und Kirchensteuern im allgemeinen ein heitlich erhoben werden. Zwingende, die Selbstverwaltung der Gemeinden einschränkende Bestimmungen sind in viel geringerem Umfange als in dem Entwürfe des Jahres 1901 in Aussicht genommen; sie betreffen lediglich diejenigen Punkte, in denen eine Durchführung der als notwendig er kannten Reform sonst nicht wohl denkbar ist. Diese Reform verfolgt ini wesentlichen vier verschiedene Zwecke. Einmal die einheitliche Regelung des sogenannten formalen Stenerrechtcs, d. h. der Bestimmungen über Ver anlagung, Rechtsmittel, Nachzahlungsverfahren, Strafen, über Anfang und Ende der Steuerpflicht. Die willkürlich; Verschiedenheit der Vorschriften hierüber in den einzelnen Gemeinden hat heute, wo zahlreiche Personen in mehreren Orten steuerpflichtig sind, für die Steuerzahler große Un- bequemlickffeiten und häufig auch Rechtsverluste im Gefolge. Man denke z. B. daran, daß die Reklamationsfristen in Einkommensteuersachen in den Gemeinden zwischen acht Tagen und vier Wochen schwanken, und daß viele Ge meinden überhaupt kein Neklamationsverfahren kennen. Ferner sollen die Besteucrnngsrechte der Gemeinden gegeneinander abgegrenzt werden. Das ist insbesondere znm Schutze von Personen nötig, die mehrere Wohnsitze haben oder an einem Orte wohnen, am anderen ihrer Er werbstätigkeit nachgehen, weiter für gewerbliche Unter nehmungen, die sich über mehrere Gemeinden erstrecken. Hier wird erstrebt, daß jede Gemeinde den ihr gebührenden Anteil an der Bestenernng erhält, daß aber ans der anderen Seite die oft recht drückend von den Betroffenen empfundenen Fälle einer ungerechten Doppelbesteuerung für die Zukunft ausgeschlossen werden. Soweit es sich dabei um die Abgrenzung der Stenerrechte zwischen sächsischen und anßersächsischcn Gemeinden handelt, wird, wie in Preußen und Bayern in jüngster Zeit, der Weg des Staats- Vertrages in Aussicht genommen. In dritter Linie soll das Gesetz eine gerechte Ausge staltung der Gemeindeeiukommensteuer herbeiführen. Die jetzigen Einkommensteucrtarife vieler Gemeinden lassen in dieser Beziehung viel zu wünschen übrig, sei es, daß sic die kleinen Einkommen unverhältnismäßig belasten, sei es, daß sie die großen Einkommen, zuweilen auch schon die mitt leren, ungenügend heranziehen. Dem soll künftig ein Riegel vorgeschoben werden. Es ist deshalb grundsätzlich künftig hin auch der Genicindeeiiikommenstener der Staatstarif mit seinen Klassen und Sätzen zugrunde zu legen. Ta aber dieser Tarif nicht überall ohne Schwierig keiten anwendbar sein würde, so können die Gemeinden ihn innerhalb gewisser genau vorgeschriebener Grenzen ab ändern. Nicht gestattet ist die Abschwächung des Tarife:- für die größeren Einkommen; dagegen können sie die Sätze für die mittleren und unteren Einkommen (bis zur Klasse 20) ermäßigen oder erhöhen. Die Erhöhung, die den Steuersatz bei 000 Mark Einkommen höchstens bis auf das 2Vttsiiche, bei llOO Mark Einkommen höchstens bis auf das Doppelte des staatlichen Steuersatzes steigern kann, daif jedoch die folgerichtige Enlivicklung der Progression nichi stören, d. h. eine wesentliche Erhöhung der Sätze für die unteren Einkommen ist nur angängig, wenn auch die Sätze für die mittleren Einkommen gesteigert werden. Weiter behalten die Gemeinden die Füglichkeit, die untersten Ein- kommeustenerklassen ganz wegfallen zu lassen. Freilich mußte ihnen anderseits auch freigestellt werden, Personen mit einem Einkommen zwischen 200 und 100 Mark zur Steuer heranzuziehen, nne zwar schon deshalb, weil zahl reiche kleine Gemeinden ohne deren Besteuerung nicht ans- zukommen vermögen. Gibt es doch Gemeinden, in denen 00 Prozent aller Steuerzahler unter 100 Mark Einkommen versteuern. Aber für den Fall, daß diese kleinsten Ein kommen besteuert werden, ist wenigstens dahin Vorsorge ge troffen, daß sie nur mit ganz geringen Sätzen getroffen werden dürfen. Endlich möchte das Gesetz der einseitigen Inanspruch nahme und der Ueberlastuug der Einkommensteuer ent gegentreten. Daß die Aufbringung aller Gemeindelasten lediglich mit Hilfe der Einkommensteuer den Forderungen der Steuergerechtigkeit nicht entspricht, ist heute in der Wissenschaft einmütig anerkannt. Immerhin gibt cs Ge meinden, die in dieser Weise verfahren. Um das Stencr- wesen der Gemeinden auf eine breitere Grundlage zn stellen, will nun zwar das künftige Gesetz nicht den Weg des Entwurfes von 1901 eiuschlagcn, der eine verhältnismäßig hohe Grundsteuer, eine allgemeine Gewerbesteuer und ver schiedene kleinere Stenern den Gemeinden schlechthin vor schrieb. Vielmehr soll zunächst lediglich eine Grundsteuer in ganz geringem Ausmaße und eine ebensolche Besitz- wcchselabgabe überall erhoben werden müssen. Da die Grundstcucr nur 5 Prozent des Bedarfes, der durch Ein kommensteuer und Grundsteuer zu decken ist, betragen muß, nud da bereits jetzt 96 Prozent aller Gemeinde» Grund stener erheben, so ist diese Neuerung praktisch ohne ein schneidende Wirkung. Wohl aber mehren sich die Anforde rungen des Gesetzes, wenn die Einkommensteuer eine ge wisse Höhe erreicht. So setzt die Erhebung einer Einkommensteuer in Höh" von mehr als 60 Prozent des in der Gemeinde für das Vorjahr ermittelten Staatseinkommenstenersolls für die politische Gemeinde voraus, daß neben einer Grundsteuer in Höhe von 10 Prozent des Gesamtbedarfes, der durch Ein kommen- und Grundsteuer zu decken ist. eine Bicrsteuer in der nach Rcichsrecht zulässigen Höhe, eine angemessene Lust- barkeitsstener und eine Bcsitzwcchselabgabc in Höhe von mindestens Prozent des Kaufwcrtes erhoben werden. Be: 63 Prozent Einkommensteuer steigt die Grundsteuer auf 16 Prozent des gesamten Bedarfes — ein Satz, der im all gemeinen ohne Beschwernis getragen wird und über den hinaus eine Erhöhung im Gesetze nicht weiter vorgeschrieben ist. Die Besitzwechselabgabe ist, und zwar für politische. Schul- und Kirchgemeinden zusammen, auf den Höchstsatz von 2 Prozent des Kaufwertes beschränkt. Aus die Forde rung einer allgemeinen Gewerbesteuer haben die Grund züge verzichtet: ebenso bleibt die Erhebung der übrigen kleineren Steuern zunächst dem Ermessen der Gemeinden überlassen. Betragen jedoch die Einkommensteuern, welche für die politische Gemeinde, die Schulgemeinde und die Kirchgemeinde erhoben werden, in der Gemeinde oder einem Teile von ihr mehr als 160 Prozent des für das Vorjahr er mittelten Staatseinkommensteuersolls, so ist die Erhebung! einer Einkommensteuer für die politische Gemeinde in Höhe von mehr als 66 Prozent nur mit Genehmigung des Ministeriums des Innern, dem der Nachweis der Not wendigkeit einer solchen Belastung der Einkommensteuer zu erbringen ist. zulässig. Für die Schul- nud Kirchgemeinde sind natürlich entsprechende Bestimmungen vorzusehcn. Im übrigen bringen die Grundzüge noch zahlreiche einzelne Bestimmungen, deren Beleuchtung hier zu weit führen würde. So ist z. B. die Kopfsteuer ans den Aus sterbeetat gesetzt, dergestalt, daß sie nicht mehr neu einge- führt und dort, wo sie besteht, von der Aufsichtsbehörde beanstandet werden darf, falls sie zu Härten führt. Ferner soll die Gemeinde die Füglichkeit haben, Arbeiterversichc- rungsrenten entweder ganz steuerfrei zu lassen, oder doch nur vier Fünftel zur Einkommensteuer heranzuziehen. Wichtig ist cs z. B. noch, daß auch für die Besteuerung der Grundstücksforenser Bestimmungen vorgesehen sind, die von den Gemeinden wie von den Forensern selbst empfundene Mängel beheben sollen. Tic Grundzüge suchen einen Mittelweg zwischen dem geschichtlich Gewordenen und Eingelevten und dem theo retisch Wünschenswerten einznschlagen. Es soll vermieden werden, ohne Not die Steuerverfassung der Gemeinden von Grund auf zu erschüttern. Tiefem Streben entspricht es auch, daß den Gemeinden geraume Zeit für die Anpassung an die neuen Vorschriften gegeben werden soll. Von dem, was die Regierung in der Denkschrift zum Entwürfe des Jahres 1901 als besonders im Staatsinteresse liegend for derte, hat sie einen wesentlichen Teil zugunsten der Ge meinden beiseite gestellt. Die sächsischen Gemeinden werden getreu der historischen Entwicklung auch nach diesen Grund züge» eine größere Steuerantonomie behalten, als sie in irgend einem deutschen Staate zu finden ist. VoMsche Rundschau. Dresden, den 31. März 1ml. Dcr Reichstag zeigte am Donnerstag ein lebhaftes Bild; er war gut besetzt; sowohl die Tribünen wie dw Bundec-ratotische wiesen keine Lücken ans. Auch der Reichs kanzler war anwesend. Tr. Spahn-Bonn (Ztr.) leitete die Debatte zum Reichskanzleretat ein. Er sprach zunächst sein Bedauern darüber aus, daß Freiherr v. Hertling nicht in der Lage ist, an seiner Stelle zu sprechen. Redner streifte leicht das Verhältnis Deutschlands zn den andere» Mächten nud verbreitete sich eingehender über die Abrüstungsfrage. Ter Abgeordnete Kanitz «Kons.) besprach die Schieds gerichtsfrage. Ter Sozialdemokrat Scheidemann hielt eins der bekannten Rede», und Abgeordneter Bassermann (Natl.) sprach zum Fenster hinaus. Nichts wie Wahlagitation war der Inhalt s»i»er Ausführungen. Tr. Wiemer lVp.) ist traurig, daß die Wahlen im Januar 1912 stattfinden solle». Auch er wandelte etwas in den Bahnen Bassermanns. v. Bethmann Hollweg rief teilweise durch seine Aus führungen Beifall und Heiterkeit hervor und verbreitete sich des weiteren über die Abrüstnngsfrage, die er als Ideal auffaßt, aber nicht als durchführbar ansieht. — Nach kurzen Ausführungen der Abgeordneten Morawski und Eickhoff vertagt sich das Hans ans Freitag. Das preußische Abgeordnetenhaus führte die erste Beratung des Gesetzentwurfes betr. obligatorische Fort bildungsschulen zn Ende und verwies den Entwurf an eine Kominissio» von 2l Mitgliedern. — Da« Befinden de« Freiherr« v. Hertling in un verändert. Der Kranke sand zeitweise Schlas und «ein Krästezustand soll noch ein relativ befriedigender sein. Da« Fieber ist noch vorhanden, doch blieb es in mäßigen Grenzen. Der Reichstagsabgeordnete Dr. Heim, der kürz lich mit dem Frhrn. v. Hertling in dessen Eigenschaft als Vorsitzender der ZentrnmSfraktion des Reichstages Diffe renzen batte, hat an diesen ein Telegramm gerichtet mit den herzlichen Wünschen für dessen Genesung. — Abg. Rorre« ist in seinem Wahlkreise mieterum als Kandidat ausgestellt worden. Die Leichenvcrbrennungsvorlagc ist in der Kom mission des preußischen Abgeordnetenhauses in der ersten Lesung gefallen, indem der grundlegende 8 1: „Die Feuer bestattung darf nur in landespolizcilich genehmigten An stalten erfolgen" mit Stimmengleichheit abgelehnt wurde. Die Stimmengleichheit zeigt, daß das Schicksal dieser Leichenverbrennungsvorlage ans des Messers Schneide liegt. Wenn auch die zweite Lesung in der Kommission wieder zu einer Ablehnung des Gesetzentwurfes führen sollte, so ist