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Dresdner Journal : 28.12.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189712288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18971228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18971228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-12
- Tag 1897-12-28
-
Monat
1897-12
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 28.12.1897
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Ve»>««»ret»: Für Dre-Ven vietteljätzrlich: H Mark 50 Ps., bei den Naifer- ttch deutschen Poftanstalte» »»erteljährlich S Mark; außer halb de« Deutschen Reiche« Post- und Stempelzuschläg. Einzelne Nummern: »v Ps. Grschetnen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr -Anschluß: Nr 12»L Dresdner Immal. ««ktnht,» ««»»»tzrr, r Für den Raum einer gespal tenen Zeile deiner Gchnft »0 Ps Unter „Lingestmb»" die Zeile 50 Ps. Bei Labeüea- und Zisternsatz entsprechender Aufschlag Hera»«geber: SSniglich« Expedition de« Dresdner Journals Dresden, ZwUlgerstr 20. Fernspr -Anschluß: Nr. 12SL 1897 ^S301 Dienstag, den 28. Dezember abends. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnüdigst ge ruht, den nachgenannten Beamten der StaatSeisenbahn- verwaltung Ordensauszeichnungen zu verleihen: und zwar dem Fahrgeldkassirer Mißbach in Dresden das Verdienstkreuz, den Schaffnern Richter" und Stroh bach' in Dresden das Allgemeine Ehrenzeichen Nichtamtlicher Teil. Tie ostasiatische« Fragen beschäftigen jetzt fast ausschließlich die Diplomatie der Mächte. Wie feit langer Zeit kein Ereignis hat das Vorgehen Deutschlands und Rußlands in China die Politiker aller Länder auf die Beine gebracht und wird sie auch in Zukunft voraussichtlich noch längere Zeit in Atem erhalten. Denn Ereignisse von größter Wichtigkeit sind eS zweifellos, die sich im fernen Osten abgespielt haben und noch vorbereiten, Ereig nisse, die schneller, als es noch vor kurzcm den An schein hatte, eine klare Stellungnahme der Mächte zu einander bewirken werden. Bon allen aus Anlaß der jüngsten Vorgänge in den Vordergrund gerückten politischen Fragen berührt uns Deutsche wohl keine so sehr, als die nach unserm Verhältnisse zu Rußland. So mißlich zweifellos unsere Situation in Ostasien sein würde, wenn wir zu gewärtigen hätten, daß Rußland gegen die deutsche Besetzung Kiao-Tschau- Einwände erheben könnte, so ruhig können wir der Aufregung Eng lands und seinen gegen uns im Werke befindlichen Zntriguei. gegenüber verbleiben, wenn zwischen unS und Rußland eine Besprechung über die beider seitigen Pläne in Ostasien und eine Verständigung hierüber stattgefunden hat. Daß diese letztere erfreu liche Voraussetzung vorliege, ist bekanntlich von dem größten Teile der deutschen Presse von vornherein angenommen worden. Inzwischen ist nicht das geringste Ereignis eingetreten, das diese Annahme als eine falsche hätte erweisen können, wohl aber mancherlei, was sie bekräftigen muß. Zu den beachtenswerten Stimmen in dieser Frage ist erst jetzt wieder eine neue hinzugekommen. Die von offiziöser Seite notorisch gut bediente „Münchner Allgemeine Zeitung" veröffentlicht in einem St. Petersburger Briefe Einiges, was ihr nach Erkundigungen an absolut einwandfreier russischer Stelle mitgeteilt worden ist. Danach fehle für Rußland jeglichcr Vorwand, zu Gunsten Chinas gegen Deunchland zu intervenieren. Es sei Rußland viel sympathischer, Deutschland, das durch sein Zusammengehen mit Rußland und Frankreich während des chinesisch javanischen Streites die russische Politik so kräftig unterstützt habe, als Nachbarn in Ostasien zu haben, wie etwa England. Man wisse sehr wohl, daß Rußland bei seiner Orient politik auf die Förderung und wohlwollende Unterstützung Deutschlands bestimmt rechnen könne. Dieser Punkt fei auch während der Pctcrhofer Tage zur Sprache gekommen, wobei sich eine völlige Uebereinstimmung der Anschau ungen der beiderseitigen Kabinette ergeben habe. Rußland werde, abgesehen hiervon, aber auch aus einem anderen Gesichtspunkte nichts gegen eine Kunst und Wissenschaft. Plaudereien über Kritik. Bon Adolf Bartels U. Wie beurteilt man einen Roman? Einen Roman beurteilt man in der Regel gar nicht, man genießt ihn bloß, nicht viel anders als wie man seinen Morgenkaffee oder sein MittaqSbrot genießt. Er schmeckt oder schmeckt nicht! Keine Gattung der Poesie hat im Leben der Völker je eine solche Rolle gespielt wie der Roman heutzutage, für zahllose Menschen, hoch und niedrig, reich und arm, ist er geradezu Lebensbedürf nis, in jedem Hause Gast — man sollte daher denken, daß sich jeder zur Befriedigung seines Bedürfnisse« das Beste aussuchte, daß man sich in jedem Hause den Gast genau ansähe, aber das ist keineswegs der Fall Die meisten Romane, und das sind die in den Tage«zeitungen und den illustrierten Blättern erscheinenden, werden etwa so hingenommen wie das Wetter: „Heul' ist's schön!" „Ach, nun regnet's!" Daß da«, was bloß zur Unter haltung da zu sein scheint, unmerklich einen großen geistigen Einfluß übt, bedenkt fast niemand; höchstens, daß man die weibliche Jugend vom Roman fernzuhalten versucht, natür lich mit zweifelhaftem Erfolge Da« Romanlesen zu bloßen Unterhaltungszwecken ist selbstverständlich ein Menschenrecht, man braucht sich besten ebensowenig zu schämen wie des Bier- oder Kaffeetrinkens Und weiter kann man ruhig den Satz ausstellen: Der Roman, der nicht unterhält, und wäre er von vem größten Dichter, hat seinen Zweck verfehlt. WaS auch die gestrengen Ästhe tiker dagegen sagen mögen, die Entstehung und die historische Entwickelung de« Roman«, der Grundcharakter der ganzen Gattung beweisen, daß er für da« Unterhaltung«bedürsni« der Menschheit geschaffen wurde, und er würde aufhören Niederlassung Deutschlands auf der Halbinsel Schantung unternehmen. Gründe Deutschland eine Kolonie in der Nähe der russischen Interessensphäre, so sei es selbst darauf angewiesen, im fernen Osten auch weiter hin mit Rußland Hand in Hand zu gehen, während es bei Errichtung einer Niederlassung inner halb der englischen Interessensphäre naturgemäß zu England Hinneigen würde, w.rs Rußland keineswegs erwünscht sein könne. In England hat man zweifellos auch die richtige Vorstellung vom wahren Zusai nenhangc der Dinge. Tas Gefühl der Vereinsamung bemächtigt sich daher auch immer weiterer britischer Kreise und nm diesen Gefühlen cntgegenzuarbeiten, ist man in London fort gesetzt an der Arbeit, allerhand große englische Aktionen in Ostasien zu erfinden. In Wahrheit hat England bisher noch irgend etwas Entscheidendes nicht gethan. Es hat der Japan und bei den Vereinigten Staaten sondiert, ob etwa die Aussicht auf ein Zu sammenschließen zu einem neuen Dreibunde vorhanden sei, die Antworten haben aber nach allen vorliegenden Nachrichten keineswegs ermutigend gelautet. Die einzige „That" Englands in Ostasien scheint bis jetzt eine Rekognoszierungsfahrt der Kriegsschaluppc „Daphne" gewesen zu sein. Uber dieses Unternehmen läßt sich heute die „Köln. Ztg." aus Paris tele graphisch melden: „Tie „Daphne" ist zuerst im ersten Drittel des Monats Dezember trotz des aus drücklichen, zudem auch selbstverständlichen Wider spruchs des chinesi'chen Hasenkapitäns und nachdem sie sich gefechtberrit gemacht hatte, in den Hafen von Port Arthur eingelaufen, hat sich davon überzeugt, daß damals keine russischen Schiffe im Hafen weilten, und ist dann nach noch nicht 24stündigem Verweilen auS dem Hafen herausgefahren und wahrscheinlich zu dem englischen Geschwader gestoßen, das feit einiger Zeit in geheimnisvoller Weise in den dor tigen Gewässern kreuzt. Die chinesische Regierung hat bei den Vertretern der Mächte in Peking, insbesondere auch beim rufsrchen Geschäftsträger, über dieses das Völkerrecht verletzende Vorgehen der Daphne Beschwerde geführt, und darauf ist sofort dar russische Geschwader mit Genehmigung der chinesischen Regierung in den Hafen von Port Arthur eingeloufen, um dort Winterquartiere zu beziehen Neuerdings, und zwar am 21 Dezember, ist abermals die „Daphne", und zwar wiederum trotz de- ausdrück lichen Widerspruches des chinesischen Hafenkapitäns, in den Hafen von Port Arthur eingelauien; sie hat sich an diesem Tage davon überzeugen können, daß drei russische und vier chinesische Kriegsschiffe im Hafen lagen. Diese Thatsachen sind nicht zu be streiten." Ob aus diesem eigentümlichen Verhalten des englischen Schiffes sich noch weitere Folgerungen ergeben werden, steht dahin. Interessant ist auch eine Bemerkung de- einfluß reichen russischen Blattes „Nowoje Wremja". Zu den Absichten Englands, sich der Tschuan-Jn sein zu bemächtigen, meint nämlich diS russische Blatt, das sei gleichbedeutend mit einer Besitzergreifung von Shanghai. Diese Stadt aber — das müsse auch die englische Presse wissen — sei nicht irgend ein lokales chinesisches Verkehrszentrum, sondern ein Emporium des Welthandels, das wichtigste Ausfuhrthor des chinesischen Handels. Tie Schlüssel zu diesem Thore zu besitzen, könnte außer England wohl auch noch manchen anderen Mächten passen. Daß England sich diesen Platz aneigne, sei durch seine Isolierung in Ostasien aus geschlossen. — Im Anschlusse hieran sei noch der nach stehende, der „Köln. Ztg." zur Verfügung gestellte Privatbrief über die Besetzung von Kiao-Tschau durch deutsche Truppen mitge'eilt: er jeldn zu (cm, wenn er vielem nicht mehr vienen wollte. Als sich daö alte Epos in Prosa auflöste und zum Roman wurde, ein Vorgang, den die Literaturgeschichte jede« Volkes verzeichnet, da geschah das zu keinem anderen Zwecke, als daß der Stoff des Epos, da« nicht mehr vor versammeltem Volke erklingen konnte, dem einsamen Leser möglichst mundgerecht würde, und „mundgerecht" Hot denn auch der Roman späterer Zeiten stets zu bleiben gestrebt Das hat freilich nicht verhindert, daß er eine vollgiltige Kunstform geworden ist, Schillers Wort von dem Roman schreiber al« dem Halbbruder des Dichters paßt auf die größten Romanciers sicherlich nicht. E« wird gut sein, hier die historische Entwickelung deS Roman« ein wenig zu verfolgen; schon dabei dürften sich allerlei Gesichtspunkte für seine Beurteilung ergeben Der Roman also ist aus dem Epos entstanden, bei den neueren Kulturvölkern überall aus dem ritterlichen Epos, und so war er zunächst Ritterroman, stellte eine Folge von ritterlichen Abenteuern dar Und eine Vorliebe für Abenteuer hat er für alle Zeiten be halten, das Wunderbare und Außergewöhnliche war stets seine Domäne, daher denn auch die Begriffe romanhaft und romantisch. Doch nicht lange blieb er mittelalterliche« Phantasiespiel, die Neuzeit gab ihm sozusagen Boden unter die Füße, und in Cervantes' „Don Ouixote" (ich erwähne natürlich nur die Hauptstadien), der sich ja auch al« Bekämpfung der Ritterromane dar stellt, finden wir un« statt in nebelhafte Heidenländer in die konkrete spanische Wirklichkeit versetzt und treffen wir statt aus schemenhafte Helden ans menschliche Charaktere Damit sind die Elemente des Roman« ein für allemal zusammen: das Geschehen, die Zustände, die Charaktere In dem spanischen Schelmenroman, so sehr er auch Abenteuerroman bleibt, liegt, für un» weniastenS, die Hauptbedeutung schon in der Schilderung der Wirklichkeit Dieser Schelmenroman wird dann international, er kommt nach Deutschland und giebt uns den Simpliciflimu«, er kommt Wir baden heute hier ein ganze- Kapitel Geschichte ge macht Während ich diese Zeilen schreibe, arbeite« der Tele graph schon nach allen Weltgegenden, um der staunenden Welt unsere „Heldenthaten" zu verkünden Toch, um dich nicht länger aus die Folter zu spannen, höre: Wir lagen anfangs dieser Woche — S M Schiffe „Kaiser", „Prinzeß Wilhelm" und , Cormoran" — ganz friedlich in Schanghai und dachten nächsten- nach Hongkong zu gehen, da kam am Dienstag iS. November) der Befehl, am nächsten Tage in See zu gehen Borher wurden allerlei geheimm-volle Vorbereitungen getroffen. Wir beschafften eine Menge Geld, nahmen Dauerprooiant für 25 bis 3» Tage an Bord re. Da- Ziel der Reise war nie mand bekannt Wir gingen am Mittwoch in See und nahmen nach einigen Winkelzügen, die wohl d.e un- beobachtenden Engländer täuschen sollten autg pragten Kur- nach Norden. Während der Fahrt wurde fieberhast gearbeitet. Sämtliche Seitengewehre wurden geschärft, schärft Patronen gesellet, die Boote mit allem zur Landung Nötigen versehen — der Zweck blieb noch immer unbekannt Da gestern — Sonnabend, 13. November — früh ließ der Kommandant die ganze Besatzung aus dem Achterdeck antretrn und las unS einen Tivisionsdesehl vor, der etwa lautete: Aus Befehl Sr. Majestät des Kaisers habe ich den mir unterstellten Schiffen der Kreuzerdivision den Auftrag zu über mitteln, für die jüngst erfolgte schändliche Ermordung deutscher Missionare zu Schantung von China die noch ausstehende Ge- nuzthuung zu erzwingen Zu diesem Zwecke haben Sie die Kiao-Tschau Bai zu besitz n und die Ausgabe der Unter nehmung mit allen Ihnen zu Gebote stehenden Mitteln durch zufetzen. Unser Kommandant wie« aus die Bedeutung diese« Befehl- hin, und eS war ein feierlicher Augenblick, als das brausende Hinra aus Hunderten von Kehlen das Gelöbni- der Treue zu Kaiser und Reich bis zum Tode über da- Meer dahinscholl Du hättest die Begeisterung unserer Leute sehen sollen, du hättest sehen sollen, wie sie nachher von den an Bord als not wendige Bemannung des Schiffes zurückblridende» Kameraden Abschied nahmen — z. B mit den Worten: „Du, Karl, hier sind die Schlüssel, du weißt ja, das Bild unten in der Kjeider- kiste, das schick meiner Mutter, wenn ich dort bleibe" — und du müßtest zeitlebens diese goldenen Kerls gern haben Nun, so schlimm, wie viele dachten, ist es nicht geworden Aber das konnte ja niemand im voraus wissen, und die Mittel waren da. um manchem von unS da- Leben-licht auszublasen, Freilich, diese Mittel waren eben in den Händen von Chinesen. Bon hier ob nimmt nämlich die Sache einen etwas komödien haften Verlaus. Als heute (Sonntag, l« November) unsere kombinierten Landungsabteilui'gen mit ooranschreitender Musik im Sektioasmarsch von der Landungsstelle aus abrückten, da marschierten die Bewohner des Landes, offenbar froh über die hübsche Abwechslung, nach dem Takte der Musik vergnügt neben den Unsrigen her. Die zwei- b,S dreitausend Mann starke chinesiiche Besatzung, die gerade militärische Übungen machte, räumte unterwürfig den Exerzierplatz, weil sie glaubte, wir wollten auch ein wenig exerzieren Und ehe die Chinesen überhaupt eine Ahnung davon bekamen, waS wir Vorhalten, waren die wichtigsten Punkte de- ganzen Gebietes besetzt Der Oberbefehlshaber wurde herungeschleppt, und die Kaiserliche Kersügung wurde ihm durch Dolmeticher vorgelesen. Der arme Keri wurde kreidebleich Wir stellten ihn vor die Wahl, entweder frei mit seinen Leuten abzuziehrn und unS die vaar Fort- einzuräumen oder eS aus einen Kamps mit unserer gelandeten Division und unse ren Panzerschiffen, von denen die schweren Geschütze klar zum Feuern drohend herüberschauten, ankommen zu lassen. Bedenkzeit drei Stunden Na, der Mann thai, was vom Standpunkte der Bernunft und der Menschlichkeit aus da- einzig Richtige war. waS er freilich, vom Standpunkte unseres militärischen Ehrgefühls betrachte», nie und nimmer «Hun durfte: er holte schließlich seine Flagge nieder, gab seinen Osfi- zieren und Mannschaften den Beseh! zum Abrückeu und ging den dornenvollen Weg, der ihn eigentlich zur Rechtsettigung vor seinen Kaiser sühren sollte meistens aber zur Hinricktung führt. Der arme Mensch kann einem wirklich leid ihun. Nun, vielleicht thut er doch noch, was er angeblich auS Rücksicht aus seine Familie nicht thun dars, nämlich er stellt sich unter unsern Schutz und wird deutscher Unterthan Noch schlimmer daran sind übrigens die armen chinesischen Soldaten, die heute nackt unter freiem Himmel schlafen müssen. Tie armen Kerls sind mit dem Bündel unter dem Arm lump g nnd ohne Nahrung ausgezogen. Wo sollen sie hin / fragen wir »vs, wenn wir selbst nicht Rat schaffen. Freilich, nock schlechter wäre es ihnen ergangen, wenn eS znm wirtlichen Kampfe ge kommen wäre. Um 3 Uhr nachmittag- stieg unter den Klängen der Nationalhumne, den Ehrenbezeigungen der Fahnenwache und dem Tonner d:r Salutgeschütze unserer Schiffe die deutsche Kriegsflagge an demselben Flaggenmastc empor, an dem zuvor der weiße Tracke im blauen Felde niedcrgcgangen war. liniere Landungsdivifion hält die Fort- besetzt, wo man übrigen- eine Unmenge Granaten und Pulver, indes ungehütet und verwahrlost, gesunden hat, und wir an Bord sind gerüstet um nötigenfalls jeden Augenblick unsere Geschütze spielen zu lassen. Taß w'r so aanz unangefockten unS des neuen Landes, der nach Frankreich uno erweckt Lejage« spanisches Ge sund tragende Romane, die schon bewußt auf Schilverung der Gesellschaft ausgehen, satirische Sittenromane sind, er kommt nach England und wird unter den Händen Fiel ding« und Smoletts zum humoristischen, also frei geschaffenen GesellschastSroman. Abenteuerroman bleibt er dabei immer. Eme neue Entwickelung fetzt dann mit Richardson ein Er macht mit dem bürgerlichen Roman ernst, stellt die Erlebnisse des Alltag« vor und giebt für die verschwunde nen Abenteuer durch Seelenmalerei Ersatz So ist er der Vater einerseits des (modern-) naturalistischen, andeifeits des psychologischen Romans, vor allem aber des letzteren Rousseau, dann Goethe sühren sein Werk fort und setzen zugleich die Poesie im Roman endgiltig in ihr Recht ein Ter „Werther" ist zweifellos zunächst psycho logischer Roman, aber er ist doch viel mehr, er ist, da er seinen Helden auf Grund der Zeitstimmungen darstellt, auch der erste Zeitroman und, wenn auch nicht naturalistisch in unserem Sinne, doch unzweifelhaft WiiklichkeitSroman Mit dem „Wilhelm Meister" kehrt Goethe zu der Form de« Abenteuerromans zurück, aber nun werden die Abenteuer B:ldungSideen untergeordnet, und zugleich wird ein allseitige« GesellschastSbild erstrebt. Die Entwickelung de« Roman« ist mit Goethe im Grunde vollendet, von jetzt an können nur noch einseitige Au«bildungen der Gattung nach der einen oder der anderen Richtung vorkommen Und der historische Roman Walter Scotts? Goethe selber hat doch von „Waverley" eine neue Epoche datiert Ich schwöre nicht zu denen, die den historischen Roman für ein Zwitterding von Geschichte und Poesie halten, aber er ist mir zunächst nur eine neue Form des Abenteuer roman« Ta das Helle Tageslicht der Gegenwart da« Abenteuer de« Roman« nicht mehr recht zu dulden schien, flüchtete er in die Vergangenheit, und nun konnte der Dichter dem Spiel seiner Phantasie, der Freude an der Fülle der Erscheinungen de« Leben« wieder genugthun eisten deutschen B.sitzung in Ostasien, freuen sollen, will imS noch nicht so recht in den Kopf, denn eS scheint rin fruchtbare«, gesegnetes Fleckchen Erde zu sein Aber ehe sie unS die deutsche KriegSflagge dort an Land niedrrholen, muffen sie manchen Blutstropfen opfern, denn wir geben das Errungene nicht so leickien Kaufe- auf wie die Chinesen TaS ist die einmütige Gesinnung bei uns allen. Tage-geschichte. TrtSöeu, 28. Dezember. Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg besuchte heute in Begleitung de« persönlichen Adjutanten P«em:rrlieutenant v. Nostitz- Wallwitz das neue Kriegsarchiv an der Manen- Allee. Te«tfcheS «eich. * Berlin. Se Majestät der Kaiser hörten im Neuen Palai« gestern den Vortrag de« Chefs dr« Zivil» kabinett«, Wirkt. Geh Rats vr v. Lucanus — Die deutschen Kriegsschiffe „Deutschland" und „Gefion" sind gestern früh in Gibraltar eingetroffen. Se. Königl. Hoheit Prinz Heinrich von Preußen landete nachmittags und wurde von einer Ehrenwache der Garde- Grenadiere empfangen Prinz Heinrich stattete dem Gouverneur Sir Robert Biddulph einen Besuch ab. Der Gouverneur gedachte gestern abend zu Ehren des Prinzen ein Diner zu geben — Al« zuerst von der Absicht verlautete, eine Kund gebung für die Flottenverstärkung auS den Handels- und industriellen Kreisen zu veranstalten, spottete die „Freis Ztg" über die „zwei Dutzend Kommerzienräte", welche sich dazu zusammengethan hätten. Die Aufforderung zu einer am 13. Januar in Berlin abzuhaltenden Versammlung ist nun aber, wie die „Nat« Ztg." mitteilt, von 250 Leitern großer geschäftlicher Unternehmungen aus allen Teilen Deutschlands unter zeichnet, von Leitern großer Fabriken, Reedereien, Bank- und sonstiger Handelshäuser, die nach ihrer Stellung im deutschen Wirtschaftsleben berufen sind, ein gewichtige« Urteil über die Bedrutvng einer staatlichen Maßregel für die wirtfchaftlichen Jntereffen de« deutschen Volke« abzu- geben So weit die politische Parteistelluag dieser Herren zu übersehen ist, reicht sie von den Konservativen bi« zu« freisinnigen Vereinigung; ob auch da« Zentrum und die freisinnige Volkspartei vertreten ist, steht noch dahin; aber nachdem in Württemberg sogar ein Mitglied der schwäbischen VolkSpartei öffentlich für die Flottenverstärkuna eingetreren ist, ist nicht zu bezweifeln, daß in den industriellen und Handeltkreisen die Zustimmung bi» in die äußerste Linkehineinreicht Da» betreffende Mitglied der schwäbifchen Volk«partei,Hr Leopold Gutmann, richtet an ein demokratische« Blatt seiner engeren Heimat ein Schreiben, in dem er sagt: „Ich bedauere selbst, daß ich in dieser Frage nicht parallel mit dem RcichrtagSabgeordneten, dem ich meine Stimme gegeben habe, und seinen Fraktionsgenossen gehen konnte, aber eS bleibt jedem anständigen Menschen nur übrig, frei nach seiner eigenen Überzeugung zu wirken, und wird mir wohl niemand den Vorwurs machen wollen, anders gehandelt zu haben. Ich mußte mich in der Handels- und Gewerbekammer lediglich von industriellen und kommerziellen Erwägungen, frei von politischen, leiten lassen und stehe ich mit meiner Ansicht doch nicht ver einzelt da. Ohne daß ich mich weiter darum bemüht hätte, könnte ich dennoch sofort mit den Namen einiger, sonst mit der VolkSpartei gehender Industriellen dienen, welche meinen Standpunkt teilen." Die Versammlung am 13. Januar wird sich ohne Zweifel zu einer bedeutungsvollen Kundgebung ge stalten. Recht unterhaltend ist auch da« nachstehende Stimmungsbild, welches au« Berlin dem Hauptorgan der schwäbischen Demokratie, dem „Stuttgarter Beobachter", berichtet wird: „Da haben wir schon wieder die ganze Bescherung: seit der Generalmarsch geschlagen wurde und auf den Erdwällcn von Kiaotschau die deutsche Flagge weht, ist über weite Kreise der Norddeutschen da« Kriegs fieber wieder gekommen Selbst solche Bierphilister, die seit langen Jahren gewöhnt sind, freisinnige Stimmzettel zur Wahlurne zu tragen, sind von dem stolzen, frohgemuten Soldatengeist ergriffen und vom Länder- Hunger angekränkelt. China ist Trumpf! Die afrikanische . ' —- —' - — « « W und ward zugleich einer der Entdecker de« Volk-tum«. TaS Volkstum darzuftellen ist denn auch die höchste Auf gabe des historischen Romans geblieben, wie es die Aufgabe des modernen Romans ist, die Zeit var zustellen. Freilich, wo sich schwächere Talente des historischen Romans bemächtigten, da ist er zum reinen Abenteuerroman herabaesunkcn, und die Entrüstung Zolas und Genoffen über die Werke de» älteren Dumas ist begreiflich genug Im übrigen wurde die Entwickelung des Zeitromans durch den historischen Roman nicht auf gehalten, er ergriff das Leben in immer weiterem Um fange und ward zum Gesäß alle» dessen, was die Zeit bewegte. Die ununterbrochenste Entwickelung hatte er in England, wo er an Fielding und Smolett unmittelbar anknüpfte, allo auch wieder Abenteuerroman war, aber mit immer stärkerer Hervorkehrung der sozialen Seite Dicken» Romane z. B sind eigentlich alle Abenteuer romane In Frankreich grhen verschiedene Richtungen nebeneinander her: Stendhal bildet den psychologischen Roman aus, George Sand schreibt Jdeenrcmane, die man recht gut von Goethe» „Wilhelm Meister" ableiten kann, Balzac begründet den sozialen Roman im enxeren Sinne, der da» Bild der Gesellschaft, wie sie ist, zu geben strebt und von dichterischer Freiheit abstrahiert. Hier stecken denn auch die Wurzeln de« französischen Natura lismus, den Flaubert mehr nach der psychologischen, Zola mehr nach der Seite der WirklickkeitSschijderung begründet In Deutschland schafft Jeremias Gotthelf den Naturalismus, von dem die Mode der Dorfgeschichten den Rahm abzu« schöpfen strebt, Gutzkow wird, unter ftanzösilckem Einfluß, der Begründer de» deutschen Zeitromans. Seine uralte Neigung zum Abenteuer behält der Roman trotz alledem bei, e» entsteht sogar eine eigene Gattung de« SensationS- roman«. Doch ist er sich auch seiner geistigen Bedeutung bewußt geworden, und so haben wir als Gegenpol des Sensation»- den Trndenzroman Wie vielseitig aber auch der Roman in neuerer Zeit geworden ist, da« alte Prinzip,
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