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Die „GttenLorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. B ezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme o«a Inseraten bi, »»»mittag i» Uhr. Inserate werden mit,o Pf für di« Spaltzeil« berechnet Tabellarischer Satz nach besonderem Taris Druck un- Verlag von Hermann Rühle in Grsß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkilla Nr. 32. Mittwoch, den 14. Mär; 1906 5 Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, den ^z. März MS — Der erste diesjährige Bußtag fällt auf morgen Mittwoch. Dieser Bußtag wird bekanntlich nur im Königreich Sachsen gefeiert. Wie bis her alljährlich, so soll auch an diesem Buß tage in der PasfionSzeit eine Landeskollekte für die Innere Mission gesammelt werden. Zur Orientierung über die weitgezweigte Tätigkeit dieses großen LiebeSwerkeS in unserem engeren Vaterlande hat das Direktorium des Landcs- vereins wiederum „Flugblätter" herausgegeben, die an dem Bußtage in den Kirchen zur Ver teilung gelangen werden- Die Innere Mission will die Blicke auf die mannigfachen geistlichen und sittlichen Nöten und Schäden in unserem Volke hinlenken und zur Hebung und Heilung derselben ihr gut Teil beitragen. Auch die Versorgung und Pflege der Armen und Kranken läßt sie sich angelegen sein. Die „Flugblätter" enthalten auch einen kurzen Rechenschaftsbericht über die Verwendung der vorjährigen Bußtagskollekte. Im Jahre 1905 konnten als Ertrag dieser Kollekte 24 700 M. verteilt werden. 21 Prozent wurde dem Landesverein für Innere Mission, und zwar für seine allgemeine Zwecke, die übrigen 79 Prozent den verschiedenen gemeinnützigen Anstalten und Einrichtungen in allen Gegenden des Königreichs Sachsen, wie den drei Diakonissenanstalten, der Diakonenbildungsanstalt Kinderbewahr - Anstalten und Kinderheimen, Bethlehemslisten, Rettungshäuser, Gemeinde- diakonien, Mädchen- und Frauenheimen usw. überwiesen. Jedes Jahr sind die Aufgaben der Innern Mission größer geworden und sie ver langen zu ihrer Erfüllung immer mehr Mittel. Dresden. Eine ausgebreitete und äußerst heftige Explosion entstand am Sonnabend nachmittag in der 6. Stunde in den Schleusen der Grundstücke Hamburger Straße 56, 58 und 67, sowie in der Hauptschlcuse genannter Straße bis zur Weißeritzbrücke. In der 5. Stunde sind aus der chemischen Fabrik von Heuer Aetherrückstände in die Schleuse gelassen worden, deren Gase in die Nebenschleusen oben genannter Häuser drangen uud ans bisher un aufgeklärte Weise zur Entzündung kamen. Die Wirkung war außerordentlich und versetzte Straßenpasianten und Bewohner der Häuser in Schrecken. Sämtliche eisernen Schleusen deckel wurden mit Heftigkeit fortgeschleudert und richteten in den Gebäuden vielfachen Schaden an. An einer Stelle wurde sogar das Pflaster in der Umgebung der Schleusen öffnung zerrissen. Am schlimmsten wurde das Grundstück Nr. 67 betroffen, wo ein Backofen zertrümmert, sechs Türen eingedrückt und Fensterscheiben in drei Stockwerken zersprengt wurden. Die alarmierte Feuerwehr fand, daß in den Kellern kleine Brände entstanden waren die alsbald unterdrückt wurden. Mit drei Schlauchleitungen gab man tüchtig Wasser in die Schleusen, um alle Aetherteile wegzuspülen. Erst in der achten Abendstunde konnte die Feuerwehr die Unfallstelle verlassen Laußnitz. Einen archäologisch wertvollen Fund aus grauer Vorzeit machte der hiesige Forstsch. K. Hennig, indem er ein Steinbei fand. Interessant ist es noch insofern, daß derselbe vor vier Jahren im Forstrevier Langeöholz das Glück hatte, eine Lanzenspitze beim Kultivieren zu finden. Das betreffende Steinbeil ist zur Zeit noch in dessen Besitze. Königsbrück. Der preußische Kriegs minister v. Einem war am Donnerstag in Dresden eingetroffen. Bei dieser Gelegenheit besichtigte er mit dem sächsischen Kriegsminister v. Hausen und dem Generalstab den neuen Truppenübungsplatz für das 19. Armeekorps in der Nähe von Königsbrück. und ging durch. Der Wagen stürzte um und die Insassen wurden herausgeschleudert Während Müller und dessen Frau erhebliche Verletzungen an Kopf und Gesicht davon trugen, erlitt die Mutter der letzteren einen Schädelbruch. An ihrem Wiederaufkommen wird gezweifelt. Schandau. Eine Schiffshaverie ereignete sich Freitag nachmittag vor Krippen. Der orkanähnliche Sturm erfaßte das talwärtS- 'ommende mit Braunkohlen beladene Elbfahr- zeug der Gebrüder Schmidt in Schandau so daß es umschlug, die Ladung in den Strom rollte, und die Mannschaft sich mühsam auf den Schiffsboden rettete. Deuben, Der orkanartige Sturm am Freitag warf eine etwa 10 Meter lange Ziegel mauer eines Grundstückes an der Weißeritz um. Die Mauer fiel direkt auf das Weißeritz geländer, daß durch den Druck des Einsturzes umgelegt wurde. Meißen. Innerhalb 24 Stunden hat die Familie des Maurers Walther in Pinnewitz >ei Ziegenhain fünf Kinder am Diphtheritis verloren. Die Kinder starben im Alter von 1*/« Jahren bis 11 Jahren. Die zwei etzten Kinder der Familie liegen schwer krank )arnieder. Weißig. Durch den organartigen Sturm wurde das Dach eines Gärtnereihauses ab gehoben und heruntergeschleudert, desgleichen vurde das Ziegeldach einer Scheune teilweise abgedeckt. Hofeinfriedigungen wurden ein- gerisien und die Strohfeimen auf den Feldern zerstreut. Großenhain. Tödlich überfahren wurde in vergangener Nacht von einem Personenzuge der Dresdner Leipziger Eisenbahnstrecke der aus dem Remontedepot Naundörfchen bedienstete Knecht Moritz Fischer aus Göltzscha. Es liegt Selbstmord vor. Eifersucht soll der Grund zu der bedauerlichen Tat sein. Der sofort Ge tötete ist 22 Jahre alt und war vorige Woche zum Militär ausgehoben worden. Die Leiche wurde bei der Haltestelle Weißig gefunden. Oschatz. Die Meldung, daß in Oschatz ein Rekrut infolge eines Schlages auf den Kopf, von einem Gefreiten mit einem Schemel aus- geführt, gestorben ist, beruht auf Unwahrheit. Die Obduktion des verstorbenen Ulanen hat unzweifelhaft ergeben, daß der Rekrut an eitrigen Hirn- und Rückenmarkshautentzündung — hervorgerufen durch einen Krankheitserreger pnauvaoeovous — gestorben ist. Dies ärztliche Gutachten hat seine volle Bestätigung durch die bakteriologische Untersuchung gefunden. Es ist demnach ganz ausgeschlossen, daß die Todes ursache in einem Schlage, deu der Rekrut von einem Gefreiten nur mit der Hand auf Kopf oder Schulter erhalten haben soll, zu suchen sein könnte/ ganz abgesehen davon, daß der Rekrut in dieser Zeit schon krank auf dem Eskadrons-Schlafsaale zu Bette lag. Gegen den Gefreiten, der in Unkenntnis über das Kranksein des Rekruten diesen durch den Schlag hat wecken wollen ist die gerichtliche Unter suchung eingeleitet. Leipzig. Am Neumarkt rief gestern Abend kurz nach 10 Uhr Feuer großes Aussehen her vor. Vor der „Kleinen Feuerkugel" war durch Kurzschluß an der elektrischen Lichtanlage das Kabel in Brand geraten, mehrere Trottoir platten waren durch die elementare Gewalt emporgeschleudert worden und Riesenfla.mmen schlugeu von dem Erdboden aus bis zu halber Etagenhöhe, gewaltigen Rauch entwickelnd. Die alarmierte Feuerwehr traf alsbald die notwendigen Sicherhettsmaßregeln, konnte jedoc erst nach anderthalbstündiger angestrengter Tätigkeit die Gefahr einer Weiterverbreitung des Feuers beseitigen. Zwickau. Das energische Vorgehen der Verwaltung hat, wie gemeldet, den Streik au dem Kohlenbergwerk Altgemeinde Bockwa bs Zwickau, der seine Ursache darin hatte, da rasches Ende bereitet. Es war den Arbeitern aS Ultimatum gestellt worden, entweder bis Donnerstag einzufahren oder ausgesperrt zu werden. Da die Ausständigen durch die Äus- perrung auch ihrer eingezahlten Kasiengelder erlustig gegangen wären, hielten sie es für ersten, einzulenken und bedingungslos 'die rbeit wieder auszunehmen, Damit ist nun auch der Gesamtstreik im Zwickau-Lugau-Ocls- nitzer Revier abgewandt. — Die hiesige Handelsschule hat vor zwei Jahren eine Abteiluug für erwachsene Töchter angegliedert erhalten. Diese wies im ersten Schuljahre 56, im jetzigen Schuljahr nur 28 Besucherinnen auf. Zwickau. Die Veruntreuungen, die der verstorbene Bankdirekter Stohn im Einver- tändvis mit dem Kassierer der Zwickauer Bank verübte, betragen bis jetzt 300000 Mk Es wird auf eine noch höhere Summe gerechnet. )cr Reservefonds gilt infolgedessen als völlig verloren, auch die diesjährige Dividende in Höhe von etwa 90 000 M. Neustädiel. Der Gürtler Uhlig aus Neustädtel ist vom Zwickauer Landgericht wegen HückfalldiebstahlS zu drei Jahren zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Während der Verhandlung beschimpfte der Angeklagte gröblich den Staatsanwalt. Bei der Urteilsverkündigung wiederholte er diese Beschimpfungen und sprang aus der Anklagebank, um auf den Staats anwalt einzudringen. Ein GsrichtSdiever und ein als Zeuge anwesender Gendarm fesselten nach harter Wehr den Tobsüchtigen. Plauen i. V. Der angebliche Ueberfall eines Reisenden im Eisenbahnzuge zwischen Plauen und Hof hat sich als eitel Flunkerei erwiesen. Wie der junge Mann dazu ge kommen ist, seine von vornherein wenig laublich erschienenen Behauptungen aufzustellen >at sich noch nicht ermitteln lassen, jedenfalls aber haben die polizeilichen Nachforschungen er geben, daß die durch jene Erzählung entstandene Beunruhigung völlig grundlos gewesen ist. Aus der Woche. Alle Berichte aus Algeciras reden um die Tatsache herum, das Deutschlands Stellung auf der Marokko-Konferenz keine beneidens werte ist. Bisher ist Frankreich von seinen Forderungen in der Polizeifrage noch um kein Titelchen abgewichen und selbst der ver mittelnde Vorschlag Rußlands und Spaniens ist kaum etwas anders wie eine Umschreibung der französischen Vorschläge. Im wesentlichen geht der russisch-spanische Antrag dahin, die Polizei des Westens von Marokko den Franzosen, die der Nordküste den Spaniern zu übertragen. In letzter Stunde hat nun noch Oesterreich einen Vorschlag zur Polizeifrage vorgelegt dahingehend daß die Polizei in sieben Häfen von spanischen und französischen Offizieren dagegen im achten Hasen von schweizerischen und niederländischen Offizieren befehligt werden soll. Dieser neue Vorschlag wird ohne Zueifel von der Konferenz angenommen werden und es bleiben dann nur noch unwesentliche Punkte zur Beratung. Inzwischen ist am Mittwoch das schon lange bröckliche Ministerium Rouvier zusammengestürzt, das seit Januar v. am Ruder ist. Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Unzufriedenheit der Mehrheit mit der Durchführung der Inventar aufnahme, und das Vertrauensvotum, das Rouvier für sich und seine Kollegen forderte, war um 33 Stimmen zu kurz. Jndefle glaubt man nicht, daß die Krisis tiefergehen und ernst werden wird. Präsident Fallieres soll die neue Ministerliste fix und fertig im Portefeuille haben, Sarnen wird wahrscheinlic leitender Minister und der bekannte früher Sozialistenführer Millerand tritt in das kabinet ein. Auch mit Clemenceau, dem alten Führer der sozialdemokratischen Partei, hat Fallieres unterhandelt. Rouvier wird durch die Marokko- Frage gehalten. Im übrigen da» alte Lied: Rüstung. In Frankreich hat in der Kammer der frühere Marineminister Lockroy das Wort n die Debatte geworfen: Frankreichs See rüstung müsse immer noch einmal so stark sein als die Deutschlands. Rußland scheidet für die nächsten Jahre aus der Flottenpolitik au», Seine Seemacht spricht einstweilen nicht mehr mit. Da es aber in England als politischer Grundsatz gilt, daß die Flotte dieses Landes o stark sein müsse, wie die der beiden nächsten Seegroßmächte zusammengenommen, so erblühen ür Marinetechnik und Schiffsbau die herrlichsten Aussichten. Für jedes neue deutsche Schiff werden zwei französische und drei englische auf Stapel gelegt. — Der kranke König Eduard war in Paris und hat sich dort mit Falliere« angefreundet. Dann ist er nach Biarritz ins Seebad gegangen, wo er mit dem großmächtigen Herrscher des Reiches Spanien zusammentrifft. )ort sollen die letzten Verabredungen wegen der Hochzeit der Prinzessin Ena statifinden, die dieser Tage zum KatholiSmuS übergetreten ist. — Abgesehen von den üblichen Mastendieb- tählen und den Bombenwürfen, die ja selbst zie normale Zeit Rußlands zu beleben pflegen scheint dort die allgemeine Ruhe, wenn auch nicht die Zufriedenheit zurückgekehrt zu sein, Wiederum hat der Zar Proklamationen erlassen über die Duma, ihre Zusammensetzung und ihre Rechte. Und wenn das alles ehrlich durchgeführt wird, dann darf man wirklich hoffen, daß das russische Riesenreich sich den Zielen politischer Entwickelung nähert, auf dem alle übrigen Staaten ausgenommen die mohammedanischen schon stehen. — Die etwa« schüchterne zweite Hager Konferenz dürfte im Juni zusammentreten. ES ist die Idee auf getaucht, ihr den Rest der Algeciras - Ver handlungen zu übertragen. Jedenfalls wäre das einfacher, billiger und mit weniger Auf regung verbunden, als die Verhandlungen da unten im Süden Spaniens, — Der kranke Mann am Bosporus leidet wieder einmal an empfindlichen Geldmangel. Zu seinem Schmerz war es ihm unmöglich, den mazedonischen Finanzdelegierten die versprochenen Gehältez zu zahlen. Die Mächte, die nun nachgerade daran gewöhnt sind, alles gemeinsam mit dem Groß-Sultan zu besprechen, damit er nicht in die Verlegenheit kommt, irgend einen Rat zu vermissen, haben auch in diesem Falle eine Note an ihn gerichtet. Auf diese sanfte Mahnung hat er denn auch versprochen, im Laufe des März seinen Verpflichtungen nach zukommen. Wie ost versprach er nicht schon! — In Oesterreich wird eifrig an der neuen Wahlrechtövorlage beraten. Wie vorauszusehen war, wirbelt die Debatte viel Staub auf. Indessen ist der Freiherr von Gautsch sehr stolz auf seine Arbeit und wird mit allen Mitteln seine Vorlage durchdrücken. Zum Glück macht Ungarn wenigstens augenblicklich keine Bocksprünge mehr. An mehreren Stellen u. a, auch in Budapest, wurde bis auf weiteres die Selbstverwaltnng aufgehoben, und ein Teil der störrischen Beamten kurzerhand entlasten. Der Rest entschloß sich, die Arbeit wieder ordnungsgemäß aufzunehmen und so kehrt langsam die fjRuhe wieder. Allerdinds sieht sich die ungarische Regierung genötigt, um den kolossalen SleuerauSfall zu decken, eine Anleihe aufzunehmen aber in unsrer Zeit, da nicht nur Staaten, sondern auch viele Menschen au»- schließlich vom Kredit .leben, kann man dem ungarischen Geldmangel und seinen Ttlgungs- versuch keine ernste Bedeutung beilegen. — Damit aber auch der Humor in der Welt politik zu seinem Recht komme, hat der Kaiser von China in einem Erlaß die europäischen Mächte versichert, die Chinesen seien durchaus fremdenfreundlich. Man sieht sich beinahe ge nötigt zu glauben, die neuerlichen Fremden- Metzeleien stellen nur Versuche dar, die Fremden gewaltsam im Lande zu behalteu. So wird man oft in seinen besten Absichten verkannt. Kamenz. Ein schwerer Unglücksfall betraf am Sonntag nachmittag die Familie des Tuchfabrikanten Georg Müller. Von einer Spazierfahrt zurückkehrend, scheute da» Pferd i zwölf Streikhetzer entlasten worden waren, ein