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I Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits lestimmte Blatt. Nr. 194. — 86. Jahrgang. Telegr.-Adr.: »Amtsblatt« für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzri,kNprrir: d>« 8 gespalten« Raumzeile 20 Rpfg., die t gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reicha- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachwetsnngsgebühr 2V Reichspsennige. Bor- gcschriebeneErsch-inuno-. - tage und Piaf,Vorschriften werden nach Möglichkeit ^epNlPLöchev: Amt Wilsdruff Ak. 6 berücksichtigt. Anzeigen» annahmebisvorm.ioUhr. — - — Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabattanspruch erlischt, wenn derBelrag durch Klage cingezogen weiden inuß odcrderAuftraggcbcrin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in ! «Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2«M. zuzüglich Abtrag- . gebühr. Einzelnummern Mpfg.AllePoftanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaekend Postboten und unsereAus- tragerund Geschäftsstellen - — nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 2V August 1927 Noch nicht... Ter erste Versuch. — Ain Stillen Ozean. — Gewinnende Redensarten. — Hintertürchen. — Hundert Tage. — Re- kordürccherei. Ein kühner Anlauf — der erste Versuch, von Deutsch land aus im Flugzeug eine unmittelbare Verbindung der f Alten mit der Neuen Welt hcrzustellen — und die tapfe- f ren Bahnbrecher eines himmclstürmendcn Unternehmens mußten vor der Wut der entfesselten Elemente unver richteter Sache umkehreu. Nur um eine interessante Erinnerung bereichert, wie Bismarck es dem jungen Dattenberger in Aussicht stellte, als er ihm die Annahme der bulgarischen Fürstenkrone nahelegte? O nein, die Köhl und Loose, die Edzard und Risticz denken nicht daran, auf den halben Lorbeeren auszuruhen, die ihnen zuerst der Dauerflug über Dessau und dann die orkanbewegte Rundfahrt um die großbritannischen Inseln eingetragen hat. Sie werden sich, wenn die Zeit gekommen ist, ungebrochenen Mutes wieder in die Lüfte erheben und als tapfere Männer dem Schicksal den Siegespreis ab trotzen, der ihnen diesmal noch versagt geblieben ist Und selbst wenn ihnen mittlerweile Gedanken darüber gekom men sein sollten, ob die Tat, die sie anstreben, für den Kulturfortschritt der Menschheit wirklich überragende Be deutung zu beanspruchen hätte, oder ob nicht andere, gleich falls in der Ausführung begriffene Versuche ähnlicher, aber ungefährlicherer Art ihnen den Rang ablaufen könnten, sie werden keine Ruhe geben, ehe nicht das Beispiel von Lind bergh und Chamberlin ein Gegenstück in umgekehrter Richtung gefunden hat — der menschliche Ehrgeiz ist nun einmal eine Triebkraft, die durch rein vernunftmäßige Er wägungen allein nicht auszuschalten ist. -i- Vorläufig dürfen wir uns damit trösten, daß von den s vier amerikanischen Flugzeugen, die in diesen Tagen auf stiegen, um den Stillen Ozean zu überqueren, zwei ihr Ziel erreicht haben, und daß diese beiden Masch men von deutschen Männern — Artur Göbel und Martin Jensen — geführt wurden. Der Luftrausch, der in diesen rekordbewegten Wochen auch sonst sehr nüchterne Zeit genossen einigermaßen gefangennahm» wird ja nun an gesichts der mehr und mehr sich neigenden Jahreszeit bald wieder kühleren Stimmungen Platz machen. Und wenn die nächsten Versuche unter wesentlich geringerer Lärment faltung vor sich gehen sollten, so würde der Erfolg der zu bewältigenden Aufgabe darunter gewiß nicht zu leiden haben. Jedenfalls aber hat die deutsche Fliegerei sich schon jetzt einen hohen Ehrenplatz unter den Völkern gesichert. Was ihr darüber hinaus bis heute noch nicht geglückt ist, das wird ihr als Siegespreis neuer, noch größerer An strengungen nicht vorenthalten bleiben. * Auch die Franzosen müssen sich gedulden, was ja sonst nicht ihre starke Seite ist; besonders, wenn sie bereits auf einen ausgesprochenen Mißerfolg zurückzublicken haben. Seit Wochen stehen mehrere ihrer besten Pilote» sozusagen sprungbereit an den Maschinen, und wenn der Wettergott so übelwollend bleibt, wie er sich bis jetzt ge- l zeigt hat, werden auch sie klug genug sein, für dieses Jahr auf allzusehr gewagte Experimente zu verzichten. Daß geduldiges Abwarten schließlich doch zum Ziele ' führt, haben soeben die Verhandlungen über eine deutsch-französische Wirtschaftsverstän- digung bewiesen. Auch sie haben zwar, trotz drei jähriger Dauer, doch nicht zu dem eigentlichen und wirk lichen Handelsvertrag geführt, wie er zwischen den mitten im Weltverkehr stehenden großen Völkern üblich, ja unum gänglich ist. Und während die Franzosen, wie sonst über all, auch auf diesem Gebiete die gewinnendste» Redens arten über gegenseitige Gleichberechtigung, über billigen Ausgleich der Interessen hüben und drüben im Munde führten, haben sie es doch nicht fertig gebracht, den Feind von gestern in politischer und persönlicher Beziehung schon jetzt als den guten Nachbarn von heute oder auch nur als den nüchternen Geschäftsfreund von morgen zu behandeln, der durch den Abschluß eines echten Handelsvertrages aus gezeichnet werden darf. Nein, nur für anderthalb oder eindreiviertel Jahre haben sie sich zu binden geruht, haben uns für Elsaß-Lothringen und für Marokko die Gleichberechtigung ganz offen vorenthalten und auch sonst noch, wo sie nur konnten, allerlei Hintertürchen eingeschmuggelt, aus denen der gute Wille zu ehrlichem Wirtschaftsspiel leicht entschlüpfen kann, wenn diese oder jene Konjunktur es den Hochmögenden in Paris je ge raten erscheinen lassen sollte. Es ist ein Handelsvertrag mit Einschränkungen, mit Hindernissen, den unsere Unter händler nach Hause bringen. Nun gut, bis zum Sommer 1929 ist für eine endgültige Regelung immerhin Zeit ge wonnen. * Ob bis dahin auch der Barmal-Prozeß noch fortdauern wird, der in dieser Woche auf seinen Hun- dertsten Sitzungstag zurückblicken konnte? Hun dert Tage bedeuten sonst reichlich drei Monate. Hier aber muß man diese Rechnung zum mindesten verdoppeln, weil la nur zwei- oder dreimal in der Woche verhandelt wird, um die beteiligten Personen auf der Gerichts-, der An- «age- und der Verteidigerbank nicht allzu früh ins Grab Lum Llnäenken an Tannenberg Sie Einweihung des Tanneobergdenkmals. Teilnahme Hindenburgs. Am 18. September soll das zum Gedächtnis an die Schlacht bei Tannenberg im ersten Monat des Weltkrieges im Jahre 1914 errichtete Nationaldenkmal feierlich ein geweiht werden. Damit wird die Erinnerung lebendig an jenes gewaltige Ringen, bet dem der jetzige Reichs präsident, Generalfeldmarschall von Hindenburg, die vor drängende Russenmacht aufhielt, zurückwarf und so das Vaterland vor den Schrecken der Überflutung durch fremde Kriegsvölker bewahrte. In den Tagen vom 25. bis 27. August 1914 zerbarst die Heeresmacht des Zaren unter den gewaltigen Schlägen der deutschen Armeen und vor der Kriegskunst ihres genialen Feldherrn. Reichspräsident v. Hindenburg wird selbst an der Einweihungsfeier tcilnchmen. Er trifft am 16. September an Bord eines Kreuzers im Königsberger Hafen ein und wird in den nächsten beiden Tagen Gast des Herrn von Berg in Markienen und des Herrn von Stein aus Gratznitz sein. Am 18. September ist die Ankunft des Präsidenten auf dem Festplatz bei dem Denkmal für 11 Uhr vorgesehen. Dort fährt er zunächst die Front der Ehrenkompagnie, der Vereine und Ver bände ab. Diese Besichtigung wird voraussichtlich 1^ Stunden dauern, da die gesamte Front eine Länge von über 5^4 Kilometern haben wird. Nach Ansprachen je eines evangelischen, katholischen und jüdischen Geistlichen erfolgt die Übergabe des Schlüssels an Hindenburg. Der Reichspräsident wird persönlich das Eingangstor zum Denkmal öffnen. Im Innern des Ehrenhofes des Denkmals, das bekanntlich aus einem Mauerwall von acht Türmen besteht, folgen sodann musi kalische Darbietungen. Anschließend marschieren die Ver bände und Vereine an dem Reichspräsidenten und den Ehrengästen vorbei. Die Veranstalter werden in jeder Hinsicht dafür Sorge tragen, daß das Publikum an der Einweihungsfeier un mittelbaren Anteil nehmen kann. Auch nehmen au der Feier eine Reihe hervorragender ehemaliger Heerführer teil. Durch das Entgegenkommen der Militärbehörden werden voraussichtlich alle Fahnen der Regimenter, die den Sieg von Tannenberg errungen haben, bei der Ehren kompagnie aufgestellt werden. Strengste Ltnparteilichkeit. Es soll vor allem peinlich darauf geachtet werden, die Einweihungsfeier in jeder Beziehung in religiöser, par teilicher und politischer Beziehung vollständig neutral zu halten. Das soll auch bei allen Ansprachen festgehalten wie durch die Beteiligung der Geistlichen aller Konfessionen gezeigt werden. Bei der Kahnenfrage ------ hat man beschlossen, sowohl die schwarz-rot- goldene Reichsflagge wie auch die schwarz weiß-rote Fahne aufzuziehen, ebenso wird die Reichskriegsflagge wegen der Teilnahme zahlreicher An gehöriger der Wehrmacht gehißt. Ferner werden auf den Vorplätzen des Denkmals sämtliche Länderflaggen wehen. Zur Teilnahme sind bis jetzt bereits über 30 000 Per sonen angemeldet. Das Denkmal wird bis zum Tage der Feier im Rohbau fertiggestellt sein, während di« übrige Ausschmückung zum Teil provisorisch hergestelll wird. Der Vorstand des Tannenberg-Nationaldenkmal- Vereins wendet sich nochmals an die gesamte Öffentlich keit mit der Bitte um Spenden, um den Denkmals bau sobald als möglich beenden zu können. Seine An schrift ist: Königsberg, Henschestraße 10. An diese Stelle können sich auch alle Vereine und Privatpersonen wenden, die an der Feier teilnehmen wollen. -K Oer S0. Geburisiag Hindenburgs. Aufruf der preußischen Staatsregierung. Das preußische Staatsministerium hat folgenden Auf ruf beschlossen: „Am 2. Oktober begeht Reichspräsident vor Hindenburg seinen 80. Geburtstag. An diesem Tag« vereint sich das deutsche Volk, um seinem erwählten Ober haupt seine Glückwünsche darzubringcn. Aber nicht in ge räuschvollen Feiern darf diese Anteilnahme ihren Aus druck finden, — sie würden dem Ernste der Zeit so wenig entsprechen wie dem schlichten, sachlichen Sinne des Jubi lars. In dem Bestreben, die dem Reichspräsidenten zu er weisende Ehrung seinen eigenen Wünschen gemäss in ein« Form zu kleiden, die dem Ernste der Lage des deutschen Volkes Rechnung trägt und über den Tag hinaus fort wirkt, sind Neichsregierung und Ländcrregierungen über eingekommen, aus Anlass des 80. Geburtstages des Reichspräsidenten zu einer Sammlung aufzurufcn. Ihre Erträgnisse sollen den Volksgenossen zugute kommen, mit denen sich der Reichspräsident aus schwerer Kriegszeit in besonderem Masse verbunden fühlt, — den Kriegsbeschädigten und Kriegs hinterbliebenen. Jeder Deutsche betrachte es als seine Ehrenpflicht, zu diesem Hilfswcrk nach besten Kräften beizustcuern und damit nicht nur die Person des Reichs präsidenten zu ehren, sondern auch dem Danke an die bei der Verteidigung des Vaterlandes Gefallenen und Ver wundeten opferwilligen Ausdruck zu verleihen." -i- Der Zweck -er Sm-eMrg-Spende. Es bestehen vielfach noch Zweifel über den Zweck der Hindenburg-Spende. Ihnen gegenüber wird von der Ge schäftsstelle der Hindenburg-Spende festgestellt: Der Reichspräsident will die Ehrengabe, die in Gestalt der Hindenburg-Spende aus Anlaß seines 80. Geburtstages dargebracht werden soll, ungekürzt und ausschließlich zu gunsten von Kriegerwaisen und Veteranen verwenden. Diese schon vor längerer Zeit bekanntgegebene Erklärung des Reichspräsidenten schließt die Verwendung der Mittel der Hindenburg-Spende oder auch nur eines Bruchteils von ihnen zu einem anderen Zweck als dem angegebenen aus. Der Verwendungszweck der Hindenburg-Spende dürste damit endgültig fest- gestellt sein. Der Bund Deutscher Frauenvereine, in dem 77 Frauenverbände mit weit über einer Million Mit glieder zusammengefaßt sind, tritt in einem Aufruf warm für die Hindenburg-Spende, die das LosderKriegs- hinterbliebenen lindern soll, ein. zu bringen. Iwan Kutisker mußte den Wettkampf im Ge richtssaal vorzeitig aufgeben; der Tod hat ihn schließlich allen irdischen Weiterungen entzogen. Julius Barmat dagegen ist in Moabit quicklebendig wie in seinen besten Tagen. Wenn dieser Richter vor Erschöpfung dem Um- stnken nahe ist, wenn jener Staatsanwalt mit dem Sana torium zu liebäugeln beginnt, weil er in den Aktenbergen nicht mehr ein und aus weiß, der Angeklagte ist immer vergnügt und kampfbereit auf dem Platz, ist niemals um eine Antwort verlegen; und wenn dieser Prozeß noch jahrelang dauern sollte, er ist offenbar fest entschlossen, auszuhalten, wenn es sein muß, bis zum Tage des Jüng sten Gerichts. In den Tagen der Rekordbrecherei darf man sich nicht wundern, daß schließlich auch in den Ge richtssälen der Ehrgeiz erwacht um den Ruhm des längsten Strafprozesses, der jemals auf Erden durchgeführt wurde. Wenn nicht alles täuscht, werden Herr Barmat und seine Strafkammer in diesem internationalen Wettbewerb als unbestrittener Sieger hervorgehen. Briand unterzeichnet das deutsch-fran zösische Abkommen. Paris, 18. August. Nach dem heutigen Ministerrat un- terzdichnete Außenminister Briand den deutsch-französischen Han delsvertrag. Die Unterzeichnung erfolgte ohne Zeremonie. Die Unterzeichnung durch den deutschen Botschafter von Hoesch hat am gleichen Tage wie die von Bokanowski und Posse stattge funden. Verringerung der französischen VesatzungstrnMn m sm Mann? Paris, 18. August. Ueber die Beratungen des heutigen Mmsicrratcs wird hier ebenso wie über den Inhalt der franzö sischen Anwvrt auf die englische Rheinlaichnote strengstes Still schweigen bewahrt. Doch versichert man, wie die Telegraphen- Union von gut unterrichteter Seite erfährt, in den zuständigen französischen Kressen, die Pariser Regierung habe dem Foreign Office eine Verringerung der Besatzunstruppen um 6000 Mann vorgeschlagen. In diesem Falle sollten die Engländer ihre Trup penzahl um 1800 und die Belgier um 1200 Mann herabsetzen. Die französischen Einwände gegen eine stärkere Reduzierung der Besatzungstruppen Frankreichs sollen ausschließlich technischer und militärischer Art sein. Die französische Regierung soll aber bereit sein, die kleinen Otte, besonders die Badeorte ausnahmslos zu räumen und die Besatzungstruppen in den Großstädten zu kon- zentricren.