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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020509017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902050901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902050901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-05
- Tag 1902-05-09
-
Monat
1902-05
-
Jahr
1902
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WP,Mr.TWMatt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Molizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. Nr. 232. Freitag den Mai 1902. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Ls. Reklamen unter dem RedactioiiSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffrrnsap entsprechend höher. — Gebühren für Stachweisungen und Osfertenannahme 25 (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgrn-AuSgabe, ohne Postbesördrrung SO.—, mit Postbesördernug ^l 70.—. ÄuuahMschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgeu-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags unuuterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol- in Leipzig. 98. Jahrgang. Staatsbeamte und Abgeordnete. Unlängst wurde in einem Artikel der Münchener „All gemeinen Ztg." darauf hingewiesen, daß in der über greifenden Einmengung der bayerischen Abgeordnetenkammer eine schwere Gefahr für daö bayerische Beamtenthum liege. Ein zweiter Artikel desselben Blattes senkt die Sonde noch tiefer in die Wunde und verdient auch anderwärts Beachtung, da das, waS er rügend über bayerische Verhältnisse sagt, im Wesent lichen auch für andere Staaten zutrifft. Er lautet: Schmoller sagt einmal in seinen Borlesungcn: „Vor den schweren Gefahren der socialen Jnteressenkämpfe ist Deutschland mehr als andere Staaten durch die bestehende Monarchie und ihre Traditionen, durch ihre Verknüpfung mit dem idealistischen, Humanitär gefärbten deutschen Be amtenthum geschützt. Nicht die Monarchie als formale Institution ist es, welche diese Sicherheit giebt, sondern die Thatsachc, daß das Königthum nur die Spitze der im Amts adel begründeten Traditionen ist." Die Beseitigung der einstigen Feudalherrschaft, der Regierung durch Priester, Höflinge und Maitressen u. s. w. ist nur möglich geworden durch die Ausbildung des Beamtenthums, das sich allmäh lich auf eine so hohe geistige und sittliche Stufe gehoben har. daß unser deutsches Beamtenthum als das beste in Europa unbestritten anerkannt ist. Die Tüchtigkeit dieser Functionärc wird namentlich Demjenigen bewußt, der bei ausländischen Behörden Schutz und Vertretung seiner Interessen suchen muß, wenn ihm auch die Ursachen vielfacher (Korruption nicht klar sekn sollten. Das Vertrauen -er Regierten zur Negierung be ruht auf der Sicherheit, daß im Großen wie im Kleinen die NegternngSgeschafte, Verwaltung wie Rechtsprechung, nach rein sachlichen Erwägungen, unparteiisch, unter ob- jectiver Ausgleichung der wirthschaftlichen, politischen un religiösen Gegensätze, von kenntnißreichen, charaktervollen Männern wahrgenvmmen werden, daß diese Männer fremde Angelegenheiten unter Zurückdrüngung ihrer per sönlichen Interessen, zufrieden mit, wenn auch sicheren, so doch mäßigen, Gehältern und einzelnen Ehrenrechten, in vollster Hingebung besorgen und fördern. Diese Gewähr ist nur möglich, wenn starke sittliche Kräfte, Erkenntniß der staatlichen Macht und Aufgaben und hoher Idealismus jene Versuchungen wirkungslos machen, die namentlich für geistig hochstehende Männer aus der Vergleichung der reicheren Ergebnisse Anderer, ausschließ lich persönliche Interessen verfolgenden Thätigkeiten sich immer mächtiger herandrängen. Es ist ein großes Glück für ein Volk, wenn es gelingt, einen unbestechlichen, sach kundigen und berufsfreudigen Beamte,istand zu erhalten. Gerade die ausgleichende und das Gemcininteresse för dernde Wirksamkeit der Monarchie ist nur möglich, wenn sie der hingebenden, verlässigen Mitarbeit eines solchen Standes vollkommen sicher ist. Treue und Gehorsam der Beamten gegen den Herrscher sind ebenso nothwendig als Talent und Charakter. Wer die Entwickelung des modernen Staates, ins besondere die Geschichte der inneren Verwaltung, kennt, weiß, welche Schwierigkeiten -er Ausbildung und Er haltung eines ausschließlich vom Staatsinteresse erfüllten Beamtenthums entgegenstandcn, wie erst allmählich fest gefügte Ehr- und Pflichtbcgriffe unter besonders günstigen Verhältnissen emporsticgen, welche die innere, nothwendige Ausgleichung unter den stets wechselnden Zugängen aus allen Clafsen der Bevölkerung schaffen. Diese Traditionen wirken aber auch hinüber auf die Selbstverhaltung, sie sind von großer Bedeutung für die gesammte öffentliche Thätigkeit. Unsere deutschen Minister sind, wie Treitschke in seiner Politik treffend sagt, königliche Beamte, die zunächst das Vertrauen der Monarchen haben müssen. DaSistihnenunentbehrlicher,als Feuilleton. Düsseldorfer Ausstellungsbriefe. Bon I)r. HeinrtchHubertHouben. A.aLdruck verboten. H. Seit -em I. Mai ist die Industrie-, Gewerbe- und Kunst ausstellung in Düsseldorf eröffnet, und über die Anwesen heit -eS Kronprinzen, die bei dem officiellen Acte und dem sich anschließenden opulenten Festmahle gewechselten Reden hat -er Telegraph längst berichtet. Sensationen fanden nicht statt, und Ueberraschungen bot auch Graf Bülow nicht; die Höflichkeit und -teVorliebe für weitestgehendeCompltmente waren die einzige Signatur des Tages. Im Juni wil der Kaiser selbst erscheinen, und so haben die Düsseldorfer un- der ganze deutsche Westen eine Reihe von schönen Fest tagen vor sich, zu denen Düsseldorf durch seine Anlage und -en festfreudigen Sinn seiner Bewohner eine der ge eignetsten Stätten ist. Die Concurrenz mit der lehtvergangencn Pariser Aus stellung hat nicht wenig dazu beigetragen, die Energie der Aussteller, vor allen Dingen der Industriellen Rheinlands und Westfalens, auf das Höchste zu steigern, und cS ist daher selbstverständlich, daß der Schwerpunkt der Ausstellung eben auf diesem letzteren Gebiete zu suchen ist. War doch Krupp in Essen auf der Pariser Ausstellung gar nicht ver treten, und dieser Name bedeutet im Westen die Losung zu gewaltiger Arbeit und einzigartiger Leistung. Gleich am Eingänge der Ausstellung, von der neuen Rheinbrücke auS, hinter dem Panorama der Maler Wend ling und Ungewitter, das Blüchers Uebergang über den Rhein bet Caub 1814 darstellt, begrüßt die Besucher der Rtesenpavillon Friedrich Krupp'S, der auch in seiner Form und seiner künstlerischen Architektonik das zum Ausdruck bringt, was die Pointe seines gewaltigen Inhalt- bildet: ein 50 Meter hoher GefechtSmast und zwei gewaltige Panzerthürme überragen da- Gebäude, da- in seiner ein fachen Farbenwirkung, weiß mit goldener Zier, einen im- posamen und auch künstlerisch sehr befriedigenden Eindruck macht. UebrigenS gilt das Letztere ebenso von der Mehr- üasBertrauenderKammer. In England, Bel gien, Italien steht es dagegen umgekehrt, die Machtverhält nisse sind eben hier ganz andere. ES ist der Gegensatz zwischen einer grundsätzlichen Parteircgierung und einer Regierung königlicher Beamten, die über den Parteien stehen müssen. Nach der Verfassung haben auch wir in Bayern eine königliche Regierung, die Beamten unterstehen ausschließ lich dem Könige, die Minister sind -em Landtage nur für die Verletzung der Staatsgesetze verantwortlich, nicht für die Zweckmäßigkeit der Verwaltung oder gar für die Aus übung der Regierungsgewalt im Sinne der jeweils vor handenen Kammcrmehrheit. Dem Landtage steht kein all gemeines Recht der Controle über die Führung der Re gierung zu, seine staatsrechtliche Wirksamkeit beschränkt sich auf die Gesetzgebung und die Führung des Staatshaus haltes. Auch aus dem Rechte der Steuerbewilligung ergiebt sich kein Recht der Einmischung in die Verwaltungs geschäfte, denn nach positiver Vorschrift der Verfassung können die Stände die Bewilligung der Steuern mit keiner Bedingung verbinden. Kronprinz Ludwig setzte einst die Aufnahme dieser Vorschrift in die Verfassung durch, weil er klar ihre Trag weite für die Erhaltung der königlichen Gewalt erkannte. Es erscheint nothwendig, gegenüber den bewußten und un bewußten Hebelgriffen der Kammcrmehrheit wiederholt mit aller Schärfe klarzustelleu, daß die thatsächlichcn Ver hältnisse nicht mehr mit dem Wortlaute und dem Geiste der Verfassung im Einklang stehen, daß wir, wie sich aus un zähligen Anordnungen und Cvncessionen ergiebt, allmählich und stetig einer parlamentarischen Regierung zu streben, bei welcher die Machtfülle des Königthums verschwindet und ein staats rechtlich unverantwortliches Abgeord nete n c o l l e g i u m die R eg ie ru ngsg es ch äf te leitet und die A ernte r besetzt. Ob das für Bayerns Zukunft wünschenswcrth erscheint, wollen wir heute nicht untersuchen, wir verneinen die Frage mit aller Entschiedenheit. Diese unerfreuliche Entwickelung empfinden naturgemäß jene Männer am peinlichsten, welche den Ausgleich der Interessen mit strenger Sachlichkeit und Unparteilichkeit, in der Erkenntniß ihrer Verantwortlichkeit gegenüber dem Staatsoberhaupts, zu suchen und die Widerstände tag täglich zu überwinden verpflichtet sind. Von dort kommen immer dringlicher die Klagen und Wünsche nach reinlicher Scheidung der öffentlichen Gewalten. Daran wollen wir nicht rütteln, daß das Parlament nachweisbare allgemeine Mißstände, die sich in jeder großen Verwaltung entwickeln, im Ständehause zur Erörterung bringt; denn diese Con trole kann das allgemeine Wohl fördern. Aber das darf nicht so geschehen, wie es in unserer Ab geordnetenkammer Sitte zu werden scheint. Vor Allem fordernwtrfürsolchcKritikdieunentbehr- liche Sach künde: die Wahl zum Abgeordneten allein macht einen Geistlichen oder Bauern nicht zum Staats mann, noch viel weniger als der Erwerb eines Landgutes den Besitzer zum Landwirth macht. Man darf nicht jeden braven Menschen auf einem Bcchsteinflügcl herum hämmern lassen, sonst leidet das Instrument unheilbaren Schaden. Der Agebordncte übt im Landtage eine staat liche Function aus; die Besorgung staatlicher Geschäfte muß aber — und das gilt in gesteigertem Maße für die öffentliche Kritik, gegen welche der ein- zelneBeamtefastwehrlosist — getragen sein von dem Bewußtsein hoher Verantwortlichkeit gegenüber der Allgemeinheit, das leider in großen Collcgien so leicht bei dem Einzelnen verflüchtigt. Der Kritiker mutz prüfen, ob seine Borwürfe begründet sind, aber auch, welche Wirkung sie haben. Wie wird dagegen gesündigt. Auch unser Staatsminister -cs Innern, der gewiß bei Beschwerden über seine Unter ¬ zahl der anderen Pavillons, die meist in Eisenconstruction die ästhetische Fähigkeit gerade dieses Materials in hervor ragender Weise documentircn; vor Allem sind da zu nennen die mächtige Maschinenhalle, die Pavillons des Bochumer Vereins, -es Hoerder Vereins, der Gute-Hoffnungs-Hütte Oberkanscn, der Dcuher Gasmotorenfabrtk Köln-Deutz, der Rheinischen Metallwaarcn- und Maschinenfabrik Düsseldorf, die hier aus der großen Masse absichtslos her- ausgegriffen seien. Bon dem 50 Meter hohen vergoldeten GefechtSmast Krupp'S, von dem sich bunte Fahnen- guirlanden niedcrscnkcn, begrüßten den Kronprinzen bei feinem Besuche betäubende Böllerschüsse, und auch das ganze Innere bedeutet ein Arsenal der maritimen Kriegs technik, wie es eben nur Krupp zu bieten vermag. Die Hauptanziehungskraft besitzen natürlich die mächtigen Panzerkanonen, die durch Elektricitüt wie Spielzeuge be wegt werden, die außerordentlich reichhaltige Sammlung der kleinen und großkalibrigen Geschütze und die riesen haften Geschosse, die in niedlichen Reihen harmlos aufge stellt sind, zum Theil im Querschnitt ihre innersten höllischen Functionen zeigend. Durch die ganze Länge des Pavillons streckt sich eine der mächtigen „Wellen", wie die Technik sie benennt, jene Rückgräte der Panzerschiffe; riesige Vorder- und Hintcrstevcn zeigen das weitere Hauptgerippe der schwimmenden Festungen, und die sämmtlichcn übrigen Bauthcilc sind zu ihren Füßen aufgestapelt. Eine wunder hübsche Sammlung von zierlichen Modellen der bc- dentendstcn Panzerschiffe giebt dann das Bild der Boll- cndung. Auch die gesammten Fabrikanlagen Krupp s in Essen nebst Len Rrbeiterwohnhäusern und Verwaltungs gebäuden sind in zierlich geschnitzten Modellen vertreten. Diese Wellen für Schiffe veÄchiedenster Art mit ihren gewaltigen Schrauben an- Bronze finden sich auch in den Pavillons des Hoerder Vereins, der Gute^>offnungS-Hütte u. s. w. Worin Krupp aber einzig ist, und was auch auS- drücklich seinen Namen trägt, da- sind die Krupp-Panzer, deren eine ganze Collection vor dem Eingang ausgestellt ist, zum Theil durchschossen und angcbohrt, um die Leisiungs- fähigkeit diese- Specialartikels zn illustriren. Nur der Fachmann kann im Einzelnen die außerordent liche Reichhaltigkeit dieses Zweiges der Düsseldorfer AuS- stellung würdigen und die Fortfchritte bezeichnen, die im Laufe der Jahrzehnte die Technik gemacht hat. Die anderen «ebenen sich nicht allzu abweisend verhält, hat jüngst laut beklagen müssen, daß schwere Anschuldigungen gegen Beamte im Landtage ohne nähere Information vorgebracht werden. Diese Scrupellosigkett in dem breiten Bortrage von Beschwerden zeigte sich wiederum beim Justizetat wie beim Etat des Innern, wo die Gendarmerie- un- Bezirksamtmänner- Debatte — abgesehen natürlich von den Biertischreden des KammerwitzlingS Or. Gäch, der ohne Beanstandung seitens des Präsidiums die Bezirksamtmänner als „Stücke" bezeichnen konnte — klassische Belege dafür lieferte, -aß die Erschütterung der Fundamente unseres Beamtenthums in gewissen Kreisen als nützlich gilt; nützlich natürlich ledig lich für den Kritiker, nicht für den Staat, dessen Wohl tu erster Linie wahrzunehmen auch der Abgeordnete ge schworen hat. Da jammerte ein Vertreter darüber, daß einzelne Gendarmen ihre Hosen in die Stiefel stecken müssen, vr. Schädler verlas einen Brief mit -em Bekenntnisse eines Gendarmen, daß es unter Herrn v. Feilitzsch nichts bei der Gendarmerie werde u. s. w. Selbst die „Medaille" ward in die Debatte gezogen, allerdings ohne daß ver beißende Hohn des Stückes auf das hohe Haus zur Er kenntniß kam. Eine rührende Besorgniß fast allenthalben, datz unzufriedene Bedienstete das ungeschmälerte Recht haben müssen, gegen ihre Vorgesetzten Schutz bei ihren Ab geordneten zu finden, der dann, wie es in Franken ge legentlich geschah, in einer Versiinmlung sich rühmen kann, er habe den Bczirksamttnann discipliniren lassen. Es geht aber unter keinen Umständen an, datz unter Be rufung auf das Schlagwort „Petttionsrecht der Staats bürger" die absolut erforderliche Ordnung und Disciplin im Beamtenkörper zerstört wird. Der Staatsbeamte ist seines Amtes wegen in seinen staatsbürgerlichen Rechten mannigfach beschränkt, er muß vermöge der unentbehrlichen Unterordnung des Einzelnen Abhilfe für ungerechte Be handlung im Dienstwege suchen. Wird es üblich, daß jeder Bedienstete bei dem Abgeord neten sich über Anordnungen seines direkten Vorgesetzten beschweren kann, dannentstehtmitunavwendvaremErfolge eine weitgehende Widersetzlichkeit -es Untergebenen, eineErlahmungdesPfltcht- cifcrs des Vorgesetzten. Schon jetzt wird manche Anordnung unterlassen, weil der Vorgesetzte den Un annehmlichkeiten entgehen will, die aus der Verbindung seiner Untergebenen mit einem Abgeordneten und dessen Bereitwilligkeit entstehen, im Interesse der Festigung des Mandats jede Beschwerde, gewöhnt an die unverantwort lichste Zcitvcrschwcndung, ausführlich vorzutragen. Man läßt die Dinge gehen und überläßt es dem Zufall, ob daraus ein Schaden entsteht. Nicht plötzlich tritt die Wirkung dieser Lähmung jeder kraftvollen Thätigkeit in die Erscheinung, aber auf einmal wird später die verderbliche Folge Allen klar und ist dann nicht mehr zu beseitigen. DaS Bewußtsein der Ver antwortlichkeit für jedes dienstliche Handeln stumpft sich ab, wenn der Agbcordnete ohne Prüfung der Urteilsfähigkeit und der Absicht seines Schützlings und ohne eigene Einsicht in die Tragweite seines Vorgehens, die Autorität der Vor gesetzten preisgiebt. Ungehorsam im Bcamtenkörper ist schädlicher als die Unzweckmäßigkeit einzelner dienstlicher Befehle. Der Vorgesetzte darf nicht auf diese Weise isolirt und ohnmächtig gemacht werden; die staatliche Autorität muß in allen Verästelungen des Apparates wirken, sonst ist auch die Ccntralleitung ohnmächtig und gelähmt. Leider ist die Untergrabung der Disciplin nicht die einzige Folge solcher parlamentarischen Gewohnheiten. Die Thatsache, daß Abgeordnete auch außerhalb des Ortes ihrer staatlichen Thätigkeit, die des Ständchauses, und außerhalb der Tagung des Landtages, deren Beginn und Ende -er König festsetzt, als unbefugte I Besucher aber werden von allen diesen Gebäuden und ihrem I Innern nicht nur den Eindruck einer Cyklopenwelt ge winnen, die mit elementaren Kräften arbeitet, sondern auch einen ästhetischen Eindruck erhallen, den vor allen Dingen die große Maschinenhalle macht. Der Riesenbau ist nicht weniger als 280 Meter lang und 52 Meter breit und bedeckt mit den dazu gehörigen Gebäuden für 20 Dampf kessel, Pumpen, Condensationsmaschinen und Kühlthürmcn eine Gesammtfläche von annähernd 20000 Quadratmetern. Er ist ganz aus Eisen, Stein und Glas erbaut und wendet die imposante Giebelseite seiner drei Langschiffe der Haupt straße des Ausstcllungsgeländes und dem Rheine zu. Die Architektur schmiegt sich der Eisenconstruction an und die Maschinenhalle sowohl, wie auch das Krupp'sche Gebäude und eine Reihe anderer sind in ihren Hauptlinien mit kleinen elektrischen Lampen gezeichnet, die, am Abend be leuchtet, einen wunderbaren Anblick bieten, besonders, wenn im Hintergründe die gewaltige Rhcinbrücke ebenfalls ihre gigantischen Contouren mit elektrischem Lichte durch das Dunkel zeichnet. Die Maschinenhalle besitzt dabei am Tage ein Licht, wie ein Maleratelier; circa 05 Procent -er gesammten Wand flächen sind Glas, und so gewährt sie beim Eintritt des Besuchers den Anblick eines ungeheueren GlaS- und Eisen- palasteS. Dazu rollen drei Eisenkrahne in der schwindeln den Höhe unter dem Glasdachs des Mittelschiffes spielend hin und her. Die ganze Maschinenindustrte Rheinlands und Westfalens hat sich hier ein Stelldichein gegeben, und außerdem beherbergt die Halle noch die elektrische Centrale, die größte, die bisher auf einer Ausstellung vorhanden war, und die die ganze Beleuchtung der AuSstellungSflächc besorgt. Und wenn erst, wie bei der Anwesenheit -cS Kron prinzen, die sämmtlichcn Maschinen in Thätigkeit sind, ohne durch Dampf u. f. w. irgendwie zu belästigen, wenn in das Stampfen der Hämmer und das Sausen der Räder daS Glockenwerk vom prachtvollen Pavillonthurme des Bochumer Vereins hincintönt, so ist dies eine geradezu überwältigende Symphonie der Arbeit. Wie -a- Gebäude deS Bochumer Vereins, daS sich irt feiner Vorderfront mit dem Glockenthurme aus rothem Sandstein mit Schieferdach fast als eine Kirche präsenttrt, nicht nur zu AuSstellungszwecken hergerichtet ist, sondern i als Werkstätte seine praktifche BestMmung später erfüllen I Censoren der königlichen Verwaltung sich gebärden — wir erinnern nur an das Rencontre zwischen -em Präsidenten v. Orterer und dem Eisenbahnbediensteten, der pflicht gemäß den nicht legitimirten Abgeordneten am Perron ai- hielt! —, befestigt die Annahme, es sei bisweilen nützlicher, nach dem Wunsche eines in München einflußreichen Herrn die Amtsgeschäfte zu führen, statt im Sinne der dem Herrscher verantwortlichen höheren Stelle oder nach eigener objektiver Meinung. „Ich werde Sie beim Minister em pfehlen", damit wird ein Entgegenkommen guittirt; an Centralstellen wird ohne Scheu die Beförderung von Be amten begehrt, weil man es draußen versprochen habe. Daraus entwickelt sich ein Streberthum, welches ge fährlich ist für den Staat, denn es zerstört die Sachlichkeit der Entschließung und die Tüchtigkeit deS Charakters, ohne welche eine monarchische Regierung nicht bestehen kann. Dazu kommt noch Eins. Das manchmal überfließende Wohlwollen gilt nur den für die Zählung der Wahlstimmen mehr in Betracht kommenden, niederen Beamtenclassen. Dieses Zeichen eines demagogischen Instinktes wie kluger Berechnung ist allerdings auch anderwärts zu beobachten. Aber es verdient mehr Beachtung seitens der leitenden Kreise und stärkere Abwehr durch zielbewußte Vertretung der Interessen jener Bcamtenkatcgorien, welche hinsichtlich -er Wahrung ihrer Interessen ausschließlich auf die Energie und Einsicht -er Minister vertrauen. Staatsmänner wissen, daß die Herunterdrückung der Lebenshaltung dem jenigen Männer, welchen der Staat die Erfüllung seiner höheren Aufgaben übertragen muß, dem Staate schadet, wenn sie vielleicht auch jenen Parteien nützen mag, denen die Proletarisirung der Gebildeten und Begüterten er wünscht ist. Sie wissen, daß die Unabhängigkeit des Cha rakters vielfach Schaden leidet, wenn die Sorge nm die Existenz manchen Entschluß beeinflußt, und daß auf die Dauer nur jene Regierungsform sich behaupten kann bei welcher einsichtsvollen Männern die unerschütterliche Deckung dafür gewährt ist, daß sie nach ehrlichster Ucber- zeugung die staatlichen Aufgaben ihres Pflichtenkreises er füllen können. Der Neid, welcher Alles nivclliren möchte, ist keine staatscrhaltende Potenz. Wir schließen für heute, indem wir wiederholen, es ist eine überaus ernste Pflicht -er Volksvertretung (abgesehen von den verfassungsmäßigen Schranken ihres Einflusses auf die Verwaltung», die Fundamente unseres Beamten- thums, dessen Integrität und Berufsfrcude die segens reiche Wirksamkeit des Königthums bedingen, nicht, wie versucht, zu erschüttern. Es gilt aber auch die Mahnung für die leitenden Stellen, mit Energie be- stehendcMtß st ändeauszurotten, ungerecht Angegriffene zu schützen,hervortretenden begründetenBedürfnissen aus eigenem An triebeabzuhelfen, damitnicht die Beamten bei den Abgeordneten um Hilfe bitten müssen, wie jüngst ein überlasteter hoher Gerichtshof. Festigkeit und Sachlichkeit im Handeln, die Befolgung klarer Grundsätze ohne Wanken und Zagen an den leiten den Stellen, die Bcurtheilung der Untergebenen nach Tüchtigkeit und Charakter sind zu allen Zeiten die Voraus setzungen staatsmännischer, dauernder Erfolge gewesen. Stadtebilder aus Sachsen. Mittweida. Nachdruck verboten. A Tiefes Dunkel umhüllt die Urgeschichte Mitt weidas. Aeltere Schriftsteller nehmen an, daß die Stadt bereits im 10. Jahrhunderte bestanden habe. Zuweilen wird ihre Gründung in das Jahr 1012 verlegt. Im 13. Jahrhunderte wird es licht um die Cicschichtc der Stadt. In einer Urkunde vom 10. Oktober 1280 wirb be richtet, -aß Markgraf Heinrich der Erlauchte die Stadt wird, so ist eine ganze Reihe dieser Bauten nur vorüber gehend hier ausgestellt, um, zum Theil unverändert, später in praktische Arbeitsrüume umgewandclt zu werden. Selbst das kolossale Gebäude der Maschinenhalle ist darauf ein gerichtet, im Kleinen später verkauft zu werden. Bietet Krupp nebst mehreren ähnlichen Großindustriellen ein beruhigendes Bild unserer trefflichen Ausrüstung zum Kriege, so breitet sich die Fülle der friedlichen Arbeit in dem großen Industriepalaste aus, der alle Gcmerbszwcige, soweit sie nicht eigene Bauten haben, umfaßt. Ihm müssen wir eine besondere Betrachtung schenken. Noch ist Manches darin unfertig und ein Reihe der Aussteller ist noch erst mit dem Ausbau ihrer Produkte beschäftigt. Tic Besorg niß, die man wenige Tage vor der Eröffnung wohl haben konnte, daß nämlich das Wichtigste sich iu unfertigem Zu stande zeigen würde, hat sich glücklicher Weise nicht bestätigt; wenige Tage fieberhafter Thätigkeit haben Ausserordent liches zu Stande gebracht, und wie über Nacht war der große Platz von den Gerüsten und Wagen und Kisten und Kasten, vom Bauschutt und dem Morast der Wege gereinigt, um sich den hohen Besuchern im günstigsten Lichte zu zeigen. Die Besucher der Ausstellung werden sich so wie so ans eine nicht unbedeutende Leistung im Sehen und geistigen Verarbeiten gefaßt machen müssen, un schließlich ist ja auch das eine nicht uninteressante Seite einer solchen Ausstellung, daß sie an einzelnen Puncten hinter die Couliffen schauen und vor Aller Augen die Vollendung cmporwachsen läßt. Der letzte Winter mit feinem schweren industriellen Niedergang hatte manche Befürchtung geweckt; aber schon in den ersten Berechnungen wurden die Erwartungen der AussteNnnqölcitnng bedeutend übertroffen, statt der 800 000 Mark für Platzmicthc auf dem Gelände, die man vorher in den Etat eingestellt, wurden wett über eine Million Mark eingenommen; das richtete die gebeugten Gcmüther wieder auf. Nunmehr sind schon am Eröffnungstage nicht weniger als 20 000 Dauerkarten abgcsctzt, ein Resultat, das mit Befriedigung erfüllen darf, nnd einen goldenen Schimmer über die Zukunft wirft, wenn nicht — da- ist ja die unvermeidliche Bedingung jeder Ausstellung — -er Himmel seinen düsteren Vorhang vvrzicht und alle Träume zu Wasser macht.
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