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MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. für Äüraertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaitene Raumzeile 20 Doldpsennig, die 4gtspaIrsne Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Ncchweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Vor geschriebene Erscheinungs- _ _ , » tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit ^evNsvvether: Alttt Nk. ß berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr > - - > - - —— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Aabatlanjpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, 1SPf«'?ÄP'Aanstal»n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postdoicn und unsere Aus- träger und Geschäftsstellen ' , "" I, , . . , Lehmen zu jeder Zeit Be- ft-llungen knlgcgen. Im Fall« HSHcrcr Gewalt, Krieg oder fonsuger Betriebsstörungen besteh, kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 177 85 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt- W tiSÄrnff-DreSdeN Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend den 31. Juli 1926 Zrrurrgen von yenle und gestern. Mit Mühe und Not haben die Berliner Zentral- Instanzen in dem Magdeburger Justizkonflikl einen vorläufigen Waffenstillstand zu Wege gebracht. Man will sozusagen wieder von vorn anfangen, hat nach dein Magdeburger auch den Berliner Beauftragten der Krimi nalpolizei zurückgezogen und möchte zunächst wieder ein mal in das notwendige und seit uralter Zeit überlieferte D un kel der gerichtlichen Voruntersuchung zurückflüchten, das in diesem Falle, sehr zum Schaden der Sache, um der leidigen Sensationslust namentlich der großstädtischen Presse willen nicht respektiert worden ist. Was sich hier entwickeln zu wollen schien, war von einem regelrechten Kleinkrieg der Landesha Up t- stadt gegen die alte berühmte Festung an der Elbe schon nicht mehr sehr weit entfernt. Aber gerade in dem Augenblick, als gegen Magdeburger Richter zum Ge neralsturm geblasen wurde, hielten es die maßgebenden Regierungsstellen in Berlin doch für richtig, „das Ganze halt!" zu kommandieren, und so ist das Gefecht glücklicher weise zum Stehen gekommen. Bei Fortdauer dieser Zu stände hätten sich ja in der Tat auch nur die aus gesprochenen Feinde des Staates und der bürgerlichen Ge sellschaft vergnügt die Hände reiben können. Man denke: Landeskriminalpolizei gegen örtliche Kriminalpolizei, Berliner Instanzen gegen Staatsanwalt und Unter suchungsrichter einer großen Provinzialstadt, eine der Auf klärung dringend bedürftige Mordangelegenheit auf das tote Gleis politischer Tendenzen geschoben, mit denen sie unmöglich nur das mindeste zu tun haben kann — eine traurigere Verwirrung der Geister, eine schlimmere Irreführung der Öffentlichkeit kann cs ja schon gar nicht mehr geben. Und man sieht: böse Beispiele verderben auch auf diese» überaus heiklen Gebieten die guten Sitten. In einem schönen Ostseebad werden einem Berliner Badegast nächtlicherweile für dreißig- oder vierzigtausend Mark Juwelen aus dem Schlafzimmer geraubt. Die Po lizei greift sich nach einigen Tagen einen berüchtigten Fassadenkletterer, der sie, als es sich darum handelt, das gestohlene Geschmeide wieder zur Stelle zu schaffen, ganz artig an der Nase herumführt und schließlich bei Nach grabungen im Walde hurtig entschlüpft. Nun erhebt sich auch hier die Streitfrage: Wen trifft die Ver antwortung ? Den örtlichen Hüter der öffentlichen Ordnung oder die aus Berlin entsandten Beamten der Landeskriminalpolizei? Haben Eifersüchteleien zwischen diesen und jenen das Verfahren aufgehalten und zu Miß erfolgen geführt oder wer ist sonst haftbar zu machen für diesen neuen Triumph des Verbrechertums, das ja nachgerade aller kriminalistischen Bemühungen un serer hochwohllöblichen Polizei zu spotten scheint? Hat der ewige Drang, zu reformieren, etwa zunächst nur ver dorben, was gut war, ohne daß Aussicht besteht, das Bessere, dem man mit Einrichtung der Landespolizei nach strebte, auch nur in absehbarer Zeit zu erreichen? * ganz anderer Art wrden durch eine Gerichtsverhandlung aufgerührt, die dieser Tage ein Ber liner Schöffengericht beschäftigte. Wieder einmal war es Herr Dr. Schach t der Reichsbankpräsident, der sich in seiner Ehre AwA Angriffe aus den Kreisen der geschä- digten alten Reichsbankgläubiger gekränkt fühlte und auch erreichte, daß der schuldige zu einer Geldstrafe von meh reren hundert Mark verurteilt wurde. Es war ihm vorge worfen worden, daß er seine Weigerung, die berüchtigten rotgestempelten ^ausendmarkschcine zur Aufwertung zuzulassen, mit dreisten Lügen begründet habe, um die armen Besitzer dieser zu bloßer Makulatur entwerteten Banknoten von der Geltendmachung irgend welcher Ersatz- oder Entschädigungsansprüche abzu schrecken. In der Verhandlung kam zur Sprache, daß noch in der schwersten Inflationszeit, also 1922 und 1923, -5 a u s e n d m a r k s ch e i n e a u fd e n a l t e n P l a t t e n »-.druckt wurden und infolgedessen langst verklungene reiaten, bis zurück zum Jahre 1910 — also Goldmark vortäuschten, Während es sich in Wirklichkeit na- Zr ich um m ehr minderwertiges Papierge d handelte Die Verteidigung hielt Herrn Dr Schacht entgegen daß er bei -seiner öffentlichen Behandlung dieser rage I Eindruck erweckt habe, als ob die Rerchsbank, s hier irgendwelche Aufwertungsforderungen zugestanben hätte, mit Gesamtaufwendungen von 128 Milliarden Marl rechnen müßte, während tatsächlich nur der Papierwert der alten Tausendmarkscheine allenfalls diese Summe er reichte. Also Jongleur st ückchen, Täuschungs versuch «sw. Das Gericht ließ indessen diese Aus legung, die den Neichsbankpräsidenten ganz unmöglich ge macht hätte, nicht gelten. Er habe die Pflicht, die Inter essen der Reichsbank zu vertreten, und trage die Verant wortung für die Aufrechterhaltung der deutschen Wäh rung. Bei der bekannten Stimmung in den Kreisen der Geschädigten Jnflationsgläubigcr hätte er auch mit weit- der Forderungen bis zur Höhe des Nennbetrages nichi^""^uder rechnen müssen, und so blieb dem Gericht Reinb^?r^es übrig, als dem Neichsbankpräsidenten die Anca ^"er Ebre abermals feierlich zu bescheinige«, lwädiate» i «^chösfenrichter werden sicherlich mit den ge- Relchsbankaläubiaern lebhaftes Mitgefühl Verfassungsänderung in Polen MMerprDdeni Miel über Polens Mik. „Eine neuzeitlich aufgefaßte Demokratie". Im Polnischen Sejm ist vor kurzem eine Änderung der polnischen Verfassung beschlossen worden, die vor allem dem Präsidenten der Republik Polen erweiterte Vollmachten gibt. Nunmehr beschäftigte sich auch der Pol nische Senat mit den Verfassungsänderungen. Bei dieser Gelegenheit hielt der polnische Ministerpräsident Prof- Dr. Bartel eine programmatische Rede. Er be-' tonte hierbei, daß die Vollmachten „nicht im Namen der Autokratie, sondern im Namen einer neuzeitlich aufge faßten Demokratie" verlangt werden. Der Ministerprä sident hob hervor, daß sowohl in der Armee wie auch in der sonstigen Stellenbesetzung politische Rücksich ten vollständig ausgeschaltet sind. Der Mi nisterpräsident bekannte sich sodann zum Optimismus und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die jetzige Regierung ein besseres Polen hinterlassen werde, als sie es vorgefun den habe. Im weiteren Verlauf seiner Rede betonte Minister präsident Bartel erneut die vollständige Fried fe r t i g k e i t der polnischen Außenpolitik. Bei dieser Ge legenheit gab der Ministerpräsident der lebhaften Freude der polnischen Nation über die Bildung einer Regierung der hervorragendsten Persönlichkeiten in Frankreich Ausdruck, das mit Polen durch ein B ü u 0 nis und eine traditionelle Freundschaft verknüpft sei. Die Namen PoincarS, Briand, Herriot und der an deren Mitglieder des Kabinetts seien vielfach mit der Geschichte der polnisch-französischen Zusammenarbeit ver bunden. Mit diesen Namen verknüpfe Polen die feste Überzeugung von der Unveränderlichkeit der französischen Politik und der volle« Wahrung der französischen Au torität. Schließlich kam Ministerpräsident Bartel auf das Verhältnis P ole nszuDan zig zu sprechen. In den Beziehungen zwischen Danzig und Polen sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Die Tradition eines 500jährigen wirtschaftlichen Zusammenlebens ließe die Hoffnung berechtigt erscheinen, daß diese Beziehungen sich auch weiterhin günstig gestalten würden. Die polnische Regierung sei ihrerseits gewillt, an der finanzielle« Sa nierung Danzigs mitzuhelfen, und sei bestrebt, den Export Polens über den Danziger Hafen zu leiten. Die Negierung empfunden yaven, denn sie wissen, daß hier wahre Ver zweiflung gegen die verhängnisvollsten Folgen der. Währungsstabilisierung ankämpft, die natür lich für den Staat wie für uns alle lebensnotwendig ge wesen ist, deren traurige Nachwirkungen aber in dem un geheuren Umfang, den sie mittlerweile angenommen haben, kein Mensch vorausgesehen hat. In einzelnen, vielleicht sogar in vielen Fällen mögen unsaubere Speku- lantenhände auch bei dieser Katastrophe nachträglich noch im Trüben fischen wollen. Das ändert aber alles nichts an der Tatsache, daß hier offene Wunden am Volkskörper brennen, die nicht vernarben wollen. Langfristige Rnanzierimg des Wohnungsdanes Auch im Winter soll gebaut werden. In dem Programm zur Bekämpfung de: Arbeitslosigkeit, das jetzt mit Beschleunigunj durchgeführt werden soll, spielt die Baulätigkeß eine große Rolle. Die folgenden Ausführungen werden daher gerade in diesem Augenblick vor besonderem Interesse sein. der Neichsregierung ist man zu der über- Zeugung gekommen, daß die Bewilligung der Kredite für Wohnungsbau auf nur ein Jahr die notwendige rest- lose Ausnutzung der Bausaison nicht ermöglicht. So kam m diesem Jahre die Bereitstellung der Baukredite aus Steuermitteln zu spät, ebenso der Reichszwischenkredit, der erst Ende Juni-Anfang Juli in befriedigender Weis« in Anspruch genommen wurde, nachdem seine Dauer auf drei Jahre verlängert worden war. Auch heute ist noch nicht einwandfrei bekannt, mit welchen Summen der Bau- markt in diesem Jahre rechnen kann. Die Staaten und Gemeinden haben sich durch „Vorgriffe" auf später flüssig werdende Mittel zu helfen gesucht, aber dadurch ist eben falls keine sichere Disposition weder für die Bauunter nehmer noch für die öffentliche Hand möglich geworden. Einige Gemeinden haben darüber hinaus noch besondere Mittel für die Neubautätigkeit bereitgestellt, aber auch diese — z. B. in Berlin — vermochten nicht mehr, die ver lorene Zeit hereinzubringen, und wie Arbettslosenzifsei und Statistik beweisen, ist entaeaen allen Erwartunaen dis zweiMe nicht daran, daß sie auf feiten Danzigs immer mehr guten Willen und Verständnis für die Gemeinsamkeit der beiderseitigen Interessen finden werde. Der Minister präsident schloß seine Rede mit Worten des Vertrauens in die wirtschaftliche Zukunft Polens. * „Neues bewaffnetes Polen". Von den rechtsstehenden polnischen Kreisen wird in den nächsten Tagen ein verschärfter Kampf gegen Mar schall Pilsudski, den eigentlichen Beherrscher Polens, und seine Regierung auch unter dem Militär ausgenommen werden. Für das Militär erscheint bisher ein Pilsudski nahestehendes Organ, „Das bewaffnete Polen", das zur zeit als Stimme der engeren Kreise um Pilsudski auch außerhalb des Offizierkorps starke Beachtung findet. Am 15. August wird nun mit großen Geldmitteln von Posen her ein Militärorgan unter dem Titel „Nenes bewaffnetes Polen" gegründet, das gleichzeitig in Warschau, Pose« und Lemberg erscheinen soll. Für das neue Blatt zeich nen die seit der Pilsudski-Aktion demissionierten Generale Haller, Szeptycki und Dowbor-Musnicki verantwortlich. General Haller ist als der größte Feind Marschall Pil- sudskis bekannt. Vie Not an cker Sssr. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Steuer- unö Tariferhöhungen trotz einmüti ger Ablehnung durch das Saarparlament. Saarbrücken, 30. Juli. Laut Mitteilung der Regie rungskommission im neuesten Amtsblatt Nr. 27 vom 29. Juli wird die Umsatzsteuer von 1,3 auf 1,6 v. H. erhöht. Auch die Sätze dec Stempelsteuern werden höher gesetzt. Außerdem wer den neben Erhöhungen der indirekten Steuern für leichte Mineral öle auch die schweren Mineralöle in den Kreis der steuerpflich tigen Waren einbezvgen. Trotz einmütiger Ablehnung der Steuer vorschläge im Landesrat ist die Regierung über die Gutachten der Vertreter der Saorbevölkerung hinweggegangen und hat wieder einmal ür leichtfertiger Weise die französischen Jnflationssteuern einfach kopiert und trotz ausliegender Voraussetzungen im Saar- ge-biete eingesührt. Wie wir erfahren, werden die Gütertarife der Stadtbahn infolge der Frankeniwertung eine lOprozentige Erhöhung erfahren. Auch die Personen- und Gepäcktarife wer den erhöht werden. Bautätigkeit bis jetzt ' «och immer geringer als im Vorjahre. Zwischen Reichsarbeits-, Neichswirtschafts- und Reichsfinanzministerium haben nunmehr aus diese« Gründe« Verhandlungen stattgefunden, die im Rahms» des bekanntgegebenen Arbeitsbeschaffungsprogramms, aber über dieses hinaus eine Zusammenfassung aller aus Steuermitteln bereitzustellenden Baugelder und deren Be reitstellung auf einige Jahre zum Ziele haben. Damit würde die Voraussetzung für ein brauchbaresBau- program mm zunächst gegeben und eine alte Forde rung des gesamten Baumarktes erfüllt sein. Das würde auch Bauunternehmer und Kreditverteiler in den Stand setzen, für regelrechte und stetige Bautätigkeit zu sorgen, und der Verlust unersetzlicher Monate würde vermieden. Es darf Wohl angenommen werden, daß auch die Parla mente eine solche Vorlage mit der gebotenen Energie för dern, nm sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, daß sie mit weniger Energie als die leitenden Männer der Reichs regierung dieses wichtig st e Schlüsselgewerbe fördern wollen. Man muß sich klarmachen, daß jede einzelne Woh nung Erlösung für den damit Beglückten ist, daß jeder Winter Menschenleben durch die Explosion der über reizten Nerven Zusammengepferchter und infolge An steckung Erkrankter kostet. Es läßt sich nachrechnen, wie-? viel Totschläge die Wohnungsnot verursacht hat, aber nicht, wieviel Tuberkulöse, welche Unsummen Familien zerrüttung und sittliche Verwahrlosung. Ist zu hoffen, daß mit diesen: Projekt ein Finanzie rungsprogramm geschaffen wird, fo bleibt noch der Mangel eines Bauprogramms. Zu einem festenBau- Programm gehört aber auch der Winterbau. Eine kontinuierliche Produktiv» und Abnahme der Rohstoffe ist Vorbedingung für ein Preisminimum. Die heutige deut sche Wirtschaft kann sich den Vorkriegsluxus, fast völ liges Stocken in den Win ter monaten, nicht leisten. Versuche einzelner Stellen, des Reichswirtschafts- ministeriums z. B., den Winterbau zu fördern und ins besondere die Bauten der öffentlichen Hand in die Monate der toten Saison zu legen, müssen gefördert werden. Schon aus Gründen der Ärbeitsfürsorge. Die Industriali sierung des Wohnungsbaues wird Mittel finden, berech tigte Einwände gegen das Winterbanen zu widerlegen;