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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.10.1913
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19131006026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1913100602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1913100602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-10
- Tag 1913-10-06
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Monat
1913-10
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Jahr
1913
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/tbcnö >/<uggabe für trlpMS “ nö D»rortt öurd) anfm ffräatr VKjUyppi CI|K . U nd epeöitrurt Imaltägtid) in» flau« gebracht: monatlich 1.55 Bl., oltrttlläbrlld) 3.75 m. Oei An CtfthäfiafttU«, unfern filialtn und RuegabrilcUcn abgtbolt: monatlich 5 01., olcrtrljäbrlld) 3 01. burd) Alt Poft: Innerhalb Ocutf«t)land» und der deutschen Kolonien monatlid) 1.50 01., olerteljai>rll<t> «.5» 01., auofd)licßli<!) PoftbefteUaeld. Dao leipziger Cageblatt erscheint coerttago 2mal. eonti» u. jeicrtagotmal. 3n lelpjig, den tladibarorten und den Orten mit eigenen Jilialen wird die Hbendauogabe noch am Rbend deo Crfcbeinene ine hau* * geliefert, berliner Reöaltioni 3ndengelten 17, $ernfpr»ct).Rnf<bluß; Oloabit tlr.447. Amteblatt bes Rates unb bes Polbeiamtes bet Stabt ieipjio Rcdattion und $efd)äfto|leUe: ^obannlegaffe Or. ». ♦ $ernfprc<h*Rnf<blu0 Ur. 14642, 14643 und 14644. 107. Jahrgang ?lrt*t»frtonnrr>ffe» f° r ^nfnate au» teipjlg und Umgebung die /»njCiyEnpsKlJK • jfpattigtPetltjtil*25Pf.,dit Rrtlamtgrilcl Ul., oon auswärt» 3d Pf., Retlamcn 1.20 01., $amilltn» u. Heine Rnjeigen di» Petitjeile nur20pf.,3nferate oon Behörden im amtlichen ff eil die Petitgeile 50 Pf. Sefchäftoanjeigen mit piatjoorfchrift im Pretfe erhöbt. Rabatt nad) ffarif. Scilagegebübr: Cefamtauflagt 5 01.pro laufend extl.PoggebUbr. Rnjeigen» Annahme: ^obanniogalfed, bet fdmtlicben {illaien de» teipjign ffageblatte» und allen Annoncenexpeditionen de» 3n» und Ruelande». Sefchäfteftelle für Scrlin u. die Pr. Brandenburg: Blrcttion Walter Stiegel, Berlin W. 10, Olargaretbenftrage d. $trnfprcd)«Rnfd)luB: tüpou* »471. Ur. 508 fflomag, den 6. Oktober. 1913. Pas Wichtigflc. * Sn ü eipjig begann Ijeute üormittag bet S'urfuS über bie EöoßnungS» frage. (®. bef. EIrt.) * Brinj 2Raf Don Sa cf) fen tft nitfjt un- bebenflidj er Iran ft. (<£. Dtfcßä. M.) * Die nationalliberale 9?cieߧ•> tagäfrattion üeranftaltete am Sonnabenb unb Sonntag in SBieSbaben eine gufammen» funft, bei ber bie politifcße i?age ber ©egen» wart erörtert würbe. (S. Heitart.) * Der türfifefje llntcrßänbler für Grterfjen» lanb fjerant Elbro 58 e i ertlärte, e3 be« bürfe nur eines geringen ©ntgegcnfom» m e ns ©ried)cnlanbS, um eine $ e r ft ä n» bigung §u erzielen. (S. bef. Art.) «Tagung der nationalliberalen Reicfjstagsfcaftion in Wiesbaden Die biesjäßrige Tagung ber nationalliberalen !R e i eß s t a g s f r a 11 i o n, bie am Sonnabenb unb Sonntag in EBiesbaben ftattfanb, war gleichwie bie bes Borjaßrs in £>eibelberg, zahlreich beiucßt. (Etwa 30 'Abgeorbnete batten, teilweife mit ihren Damen, ber (Einladung Rolgc geleiftet. Als (Saft roar ber /führet ber nationallibcralen /Jrattion bes preußifeßen Abgeorbnetenßaufes, (Sei), Etat Dr. ftriebberg, anwefenb. Die politifcßen Beratungen unter Borfiß bes Keidjstagsabgeorbneten B a f f e r in a n n wa».en ge» tragen oon bem Grnft, ben bie heutige 3eit oon eilen Kolititern erforbert. (Erörtert würbe junäcßft bie auswärtige Bolitit, bie wie bisher, fo auch fünftig oon ber nationalliberalen ftraftion aufmertfamen Eluges verfolgt werben wirb. EUeiter würbe bie braunfebweigifebe Thronfolge* frage befproeben unb baju folgende Gntfdjließung angenommen: „Die nationalliberale Srattion bes ^Reichstags hat von ber Gntfdjließung ber nationalliberalen Hanbcsorganijation in fjannooer in ber «Vrage ber braunfeßweigifeßen Tßronbefteigung Kenntnis ge* nommen. Sie (teilt feft, baß bie ^barin ausge* fprochenen Befürchtungen burd) bas oon ber EBel* fenpartei in ber neueften 3eit beobachtete Ber» halten in oollem Umfang gerechtfertigt worben finb. Sie billigt unb teilt ben in ber Gntfcßlie» ßung jum Ausbrud gebrachten Stanbpunft unb ift bereit, ißn gegebenenfalls mit ben ju (Sebote ftehen* ben parlamentarifchen ERitteln gegenüber ben ver 3 bünbeten ^Regierungen jur (Seltung ju bringen." 3n ber Bejprecßung ber wirtfdjaftspoli- tifdjen fragen zeigte fich rolle Ginmütigteit. Gegenüber ben fortgefefcten geonerifdjen Eingriffen würbe ber Stanbpunlt ber Sraltion in nacfjfolgenöer (Erllärung noch einmal niebergelegt: „Die nationalliberale fReicßstagsfrattion wirb bei ber in Ausficßt fteßenben 3olltarifnooeUe unb ben tünftigen Jjanbclsverträgen an ben (Srunblagen unferer bisherigen, in Saßrjeßnteii bewährten EBirtfdjaftspolitit feitßalten. Sn Berfolg biefer wieberholt tunbgegebenen Stellung lehnen wir einerfeits ben Abbau ber beftehenben Sdjußjölle, welchen Snbuftrie unb Hanbwirt» feßaft ißr Grftarfen unb ihre Blüte oerbanfen, anbrerfeits e j tr eine Sdjußjollforberungen ab, weil folihe eine (Erjdjwerung ber Cebcnshaltung unteres Boltes herbeiführen unb ben an fid) fchon Idjwierig geworbenen Elb luß guter öanbels* oerträge, bie wir für bie Stetigleit unferer oolfs* wirtfchaftlidjen (Entwicflung für unbebingt not* wenbig erachten, gefährben ober unmöglich machen würben.“ Die Beratung ber Srage bes Elrbeits* willigen) diutjes enbete mit ber (Einfeftung einer Äommiffion, bie bas bereits oorhanbene reich 5 haltige Ktaterial oerarbeiten unb bie (Srunblage für bie weiteren (Entidjlüffe ber grattion fchaffen foll. Die Beftrebungen auf Schaffung eines Staatsarbeiterrechts würben ebenfalls beraten. Die ftrattion einigte fich bahin, im ^Reichstag einen Eintrag einjubr’.npen auf Borlegung einer Den t* i ch r i f t über bie rechtlichen Benjältniffe ber aufier» halb bes Beamtenoerhältniffes in ben Betrieben bes '.Reiches befefjäftigten Berfonen. — Die 'ßrüfung ber fchwebenben ff ragen bet Gewerbe» unb panb* werter p.olitit würbe einer Äommiffion über» tragen, bie ber ftrattion bei ihrem Eßieberjufammen» tritt Bericht erftatten foll. Die Eßiesbabener Barteifreunbe bereiteten ber Srattion eine herzliche Elufnahme. Elni Sonnabenb abenb fanb eine Begrüßungsfeier ftatt, bie einen glänjenben Berlauf nahm. 3m ÜRittelpuntt ftanb eine politijche Bebe bes Beichstagsabgeorbnetcn Baffermann, ber folgenbes ausführtc: Klan fpricht fooft unb oiel in ber gcgnerifchen Breffe oon Streitigteiten unb Uneinigteit in ber nationallibcralen Bartei. EBenn wir, bie '.Reichstags* frattion ber nationallibcralen Bartei, heute hier er* )ct)iencn finb ju fröhlicftcmlun unb emitenBeratungen, io ift bas eigentlich eine Sache, bie wir nicht nötig haben, benn wir arbeiten in Berlin im Barlament. Elbcr wenn wir uns nun hier auiammengefunben haben, jo gefchieht bas aus bem trötjlichen Gefühl heraus, bas bie 'JJlitglieber ber Srattion bcfcclt, [ich auch außerhalb jufammenjufinben jur Gefelligteit in ernfter Beratung. Sm Borfahr waren wir ‘n Jjeibel* berg, heute Hub wir nach Eßiesbaben getommen, bas uns mit feinen herrlichen Baturjchönheitcn angelocft hat unb bas Gebenten in uns wach werben läßt an ben Barteitag, ben wir 1007 hier abgchalten haben. Dieier Barteitag ftanb im 3cichen ber Blocfwahlen. £>eute treffen wir uns in einer 3eit, wo 'JJiars bie Stunbe regiert EBir fehen, wie im Orient bie Bölter aufeinanberftießen, Elltes abjufchütteln, in bem Berfucf). alles neu ju gehalten. Elus bem Streit ber Bölterichaften im Orient erwuchs bie Gefahr, baß aus ben Baltanwirren ein EBeltbranb entftehen würbe. Die Gegcnfäße ber öfterreichifchen unb ber ruffifchen Bolitit trafen fich ba. EBenn bie EBirren im Orient lotalifiert geblieben finb, fo war bas ein Berbienft beutjehen 'Bolitit, bie lebiglich bies 3»el im Eluge hatte unb baiin £anb in Sanb mit (Englanb gehen tonnte. (Es war eine unruhige 3eit, bie auch heute noch nicht ihren Elbfchluß gefunben hat; brängt boch bie nationaliftifche Bewegung fich immer mehr in ben Borbergrunb. EBeiterhin lehen wir auf bem ganjen (Erbball einen kampf, wir fehen bie Bölter ringen um wirt» ichaitliche Borteile. Spät erit ift Deutfchlanb in ben EBettbewerb eingetreten. Biele Sabre nach 1870 begann erft Teutfchlanbs EBeltpolitit. ftürft Bismarct hatte tlar bie Stellung ertannt, bie Deutfchlanb im iRate ber Bölter einnehmen mußte. (Er hat fich aut ben Boben bes Smperialismus, ber Kolonialpolitit geftellt unb bas beutfehe Bolt hat mächtig eingegriffen in bas Bölter» ringen. (Es ift ein arbeitfames Bolt geworben in bem erfolgreichen iRingen um bie inbuftrielle Bebeutung. ferner hat ein mächtiger (Ejporthanbel fid) entwictelt. Unb fo jogen wir ein in bie EBelt* politit mit all ben Gefahren unb '-Reibungsfläctjcn, bi: uns aud) in wachfenben Gegenfaß ju (Englanb brachten. (Es war ein großer 'Dloment, als feinerjeit Bülow unb mit ihm Sjerr o. Xirpiß berufen würben, eine beutfdje Kriegsflotte ju fchaffen. Beibe haben fie ini oollen Bewußtfein ber Gefahr gefdjaffen, baß baburch ein Krieg mit (Englanb tommen tönnte. Sn biefer Beriobe ber Gefahr eines Eingriffes oon (Englanb ift es uns aber boch geglüctt, ben EBelt» frieben ju erhalten. SBir ftehen heute fo ftart ba, baß es für jeben Staat eine Gefahr bebeutet, uns anjugreifen. Elus ben Einfängen ber beutjehen Kolonialpolitit ift aber mehr geworben. Sn bem Beftreben nach Elusbchnung im wirtfchaftlidjen Kampfe jiehen wir hinaus. 3» biefer Beriobe ift es notwenbig, über eine ft a r t e 5eeresmad)t ju oerfügen, wenn nötig, aud) ben leßten EJlann für bie Vanbesoertei» bigung auf bie Beine ju bringen. Deshalb burften wir vor teinem Opfer aurütffcfjrecfert. wie es bie leßte öeeresoorlage verlangte. Unb wir tjaben jebes Opfer gebracht, bas erforberlidi war Tür bie 'JJlachtftellung unferes SReidjes; bas i|t bas Große in ber nationalliberalen Bolitit, wenn wir aud) als £>urrapatrioten verfdjrien würben. Elber wenn wir auch nod) fo viel angefochten werben, fo fann uns boch nicmanb bas jtoljc Be» wußtfein rauben, baß wir felbftlos gehandelt haben in biefer unb in anberen großen nationalen fragen. EBir wollen, baß feberEB affen fähige ausgebilbet wirb. Unb baß fie unbetümmert um jebenEBiberfpruct) eingetreten ift für biefenGebauten, ift auch ein '.Ruhm ber nationalliberalen Bartei. Die leßte große SBehrvorlage ift leßten (Enbes jurüefjuführen auf bie (Ertenntnis ber Elotwenbigtcit eines reifen Boltes. So tonnten wir ben Orientwirren in bem Gefühl bes Starticins gegenübertreten, bcfeelt von bem Bewußtsein ber Jörberung bes nationalen Ge» bantens, ber fdjon länger benn vierzig Sabre EBurjel gefaßt hat. (EineBolitit beriRefignation barf es in ber auswärtigen 'Bolitit nicht geben. Gin Bolt, bas unter einer vernünftigen 3ollgeießgebung feine Banbroirtfchaft gehoben unb bie Snbuftrie geförbert bat, ein foldjes Bolt, bas eine fyülle nationaler Kräfte in fid) birgt, muß verlangen, baß uns ber Blaß an ber Sonne werbe, ben ein Bolt von (>6 ERillionen beanfprudjen tann EBenn wir fo untere EBeljr verftärfen, bann muffen wir forgen, baß bie (Entwicflung gefunb unb traftvoll vor» wärtsgeht. Der iRebner ftreift bann weiter bie volfswirt» fdjaffließen Stagen, wie bie (E r n c u e r u n g ber Jpanbelsverträge, bie bemnächft in ben Bar» lamenten jur Distujfion ftehen wirb. EBenn Deutfch» lanb in ben leßten Sahrjebnten foviel geleiftet bat, fo war bies nur möglid), meil bie Grunblage ber EBirtfdjaftspolitit richtig war, unb baut einem Unter* neljmertum, um bas uns bie Bölter beneiben Da» mals. in ben Satiren nad) 1870. feien bie Gegenfäße jwifdjen Sdjr.ßjoll unb greibanbel in ber national» liberalen Bartei fehl gtofj gewefen. Eluf ben Bis« marcffchen Gebanten, ber Grunblage bes 3oll|d)ußes Hlenfd)enfenntnio. Bon EBilßelm Greiner. Die nieifteti Beute halten fid) im Grunbe ihres perjens für 'JJienjdjentenner, unb es tommt jei)r feiten vor, oaß jemanb nach einer böfen Gntiäu|d)ung freimütig einge|tebt: ,,'Jla ja, id) bin nun einmal ein gutmütiger Kerl, id) falle immer auf jo was herein!“ 'Jlein, je länger einer einen hodjftapelnben Sdjneiber» gefellen für einen Baron ober einen offenbaren Elnalphabeten für ein wijfcnjctjaftlidjes Genie ge» palten bat, beito entidjiebener unb triumpbtetenber jdjreit er nachher; „Seht ihr? EBas l>abc icß immer gejagt?“ Unb jd)on nach turjer 3eit ift er jteif unb feft bavon übeijeugt, baß er natürlich jeßon längft biefen freeßen Burjdjen burchfd)aut hat. Gr würbe es jogar für eine jchwere 'Beletbigung halten, wenn jemanb an feiner ERenjchenlenntnis aud) nur jweijelte. Uno boch geben gerabe bie tücfjtigften EJlenfdjen unb bie tiefjten Seelenforfcber ju, baß es außer* orbenrlid) fcbwei ift, bas EBejen eines iRenjchen ju beurteilen, penrit Sbfen, bem man gewiß feine oberflächliche Bißchologie verwerfen tann, erjählte einmal, wie er jeßn Sabre lang einzelnen 'Ulenjchen nachgegangen fei, um ihr EBejen ju erjorjdjen, unb Bismarct gcjtanb freimütig, er fei fein ganjes Beben * lang ein jd)led)ter ERenidjentenner gewefen. Dagegen wirb man Taufenbe von Durchfcbnittsmcnichen aller Berufe finten, bie ohne 3aubern mit ber größten Elufrichtigteit verfichern, baß fie jeben SRenfdjen auf ben erjten Bliü burdjfchauen unb baß fie fich noch nie in jemanb getäufcht hätten. Unb in ber lat ver* langt bas feßarfe Tempo bes modernen Bebens, ber erbarmungslofc EBetttampf um bie heften Bläße faft non jebe.n eine j^nellc unb fießere Beurteilung ber Gegner, Kunben, Untergebenen unb Borgefeßtcn. EBoßer tommt nun biefer SBiberjprutß? 3d) möcßte ßier eine tleinc Gefchicßte erjäßlen. Gin junger, jiemlid) verbummelter Ehcßitett pflegte manchmal nad) bureßtneipter 'Jiad)t in aller btxti gottsfrüß: auf einem Elcubau ju erfdjeinen unb bort in ber woßltuenben, frijehen '.Morgenluft auf bie E>anbwerfer ju warten. Grft wenn er mit ißnen ge* [protßen, ging er befriedigt nad) Sjaufe, um fich grünblicß ausjufeßlafen. Dem Bau gegenüber wohnte *in eßrjamer '.Rentier, ber fein ganjes Beben lang fleißig gearbeitet unb gefpart hatte unb jeßt feine einzige Tochter nur an einen wirtlid) foliben unb tüchtigen EJiann verheiraten wollte. Gr tannte natürlich bie ERenfcßen unb war befonbers miß* trauifdj gegen bie 3 u 9 enö oon freute, gegen biefe leidjtjinnigen Jlidjtstuer, bie gefcßnicaelt unb ge* bügelt h e *anfamen unb auf bas reiche Kräutchen fpctulterten. Elber biefer Srcßitett ba, ber bes ERorgens als allererfter auf bem Bau erfeßien, gefiel ißm. Das war ein richtiger Scßwiegerfoßn für ifrn, biefer fleißige Srüfraufiteher, ber würbe fein Gelb nießt leidjtfinnig verjubeln, fonbern es wirtlid) ju was bringen. Unb nun tarn alles, wie es tommen mußte. Der EIrcßitett würbe Scßwiegerjoljn, unb wenn je jemanb bas Gelb feines Sdj-wicgeroaters fdjncll unb gründlich burdjgcbradjt hat, bann war er es. Ober eine anbere Gefdjidjte, bie türjlicß einem Berliner Elffeffor pafjicrte. Diejer junge IRann, ber gewiß auch von feiner hervorragenben Kienjdjentennt» nts überjeugt war, follte in einem Dorf, ich glaube bei Bot&bain, über eine 'Branbftiftungsgejchichte ein Brotofoll aufnefrnien, unb entbedte jofort, baß bie ganjen Bauern, bie er vernahm, eine äußerft ver* bäcßtige Gcfelljcfjaft waren. Sic hatten bie richtigen Galgengejicßter, unb nur einen einzigen Biebermann fanb er, einen gewißen Scßmibt, befien offene, eßt* lidte 3üge unb treuherziges Sprechen ihm oon Ein* fang an gefielen. Gr ließ fid) oon ißm bie ganje Sache auseinanberlegen, fdjrieb bann ben Beridjt an bie Seljörbe unb benannte ben Sdjmibt als ben ein» jig wirtlid) glaubwürbigen 3cugen. Elber feßon am nädjften Tage tarn als Elntwort ein Telegramm: „Srfjmcbt Jofort verhaften. Banggejudjter, gefaßt* lidjer Berbredjcr." EBaren benn nun ber üRentier ober ber Elffeffor etwa Dummföpfe? Keineswegs, ber eine hielt mit IRedjt Srüfraufftefrer für fleißige 'IRenfdjen, unb ber anbere fühlte bas ERißtrauifcße, ScrfcMagene an ben Sauern heraus, mit benen er ju tun hatte. Elud) wir übertragen täglich unfere (Erfahrungen, unfere Sympathien unb Antipathien auf Scrljältniffe unb Krcife, wo fie burefjaus nicf>t ßineinpaffen, wir er* fahren aber gliictlicßerweife nur in ben feltenfteu gälten, wie feßr wir mandjmal vorbeiraten. Denn unfere ganje ERcnfcßcntenntnis, auf bie wir fo ftolj finb, befdjrdnlt fid) auf ein meijt ziemlich Heines Gebiet, nämlicß auf unfer Gefcßäft, unfern Beruf, unfern näheren Sntereffentreis. EBir finb alle irgenb» worin gacfrleute, wiffen auf biefen Gebieten befjer Sejcheib, als bie meiften Beute, mit benen wir ju tun fraben, unb fdjäßen fie ziemlich fchnell unb rießtig ab. Der Scßncibcr ließt einem SRann fofort an, baß fein Einzug aus bem 3 fl ßre 1908 ftammt unb fertig getauft ift. Gr weiß fofort: ber ERann ift fein „Gentleman“. Der fjotelober hat ein fiefjeres Gefühl bafür, welcher Gefellfcßafts* ober Serufstlaffc ber neue Galt an» gehört, unb fogar ber Bettler auf ber Straße emp» finbet genau, ob es fieß lohnt, biefen £>crrn anzu* fpreeßen, ober jener Dame nur einen ftummen, leiben* ben Slict zuzuwerfen. 3eber von uns ßat bie Meigung, fieß ju über* fefjäßen. EBir tennen genau äße ERöglidjfeiten, bie vielleicht einmal in uns ge -’.dt haben, unb in unferm naiven Selbftgefüßl beurteilen wir uns, als ob wir bas aßes erreicht hätten, was wir früher erjtrebt ober als Buftfcßlöffer gefeßen haben. Die anbetn aber beurteilen wir nad) ißren wirtlichen Stiftungen ober Grfolgen. Sich felbft zu unterfdjäßcn ift immer ein 3ei«fr«n von ßofrer Suteßigenj, unb wenn Ber* fönlicßteiten wie Bismarct ober 3&ten eingefteßen, baß es ißnen feßwer wirb, anbere ju burebfeßauen, fo beweifen fie bamit nur. wie tief fie bas Brobtem ERenfcß faffen, wie wenig fie babet an ber Oberfläche bleiben. llebrigcns ift eine alles umfaffenbe ERcnfdjen» tenntnis, bie fid) niemals irrt, gar nießt möglich- Die fciiiften Blhtfrologen werben von ganz ein* fälligen, bummfdjiauen Sauernnaturen überlijtet unb angeführt. Gin Slid, ber in weite Seme gerichtet ift, tann in ber Mäße nichts waßrneßmen, unb eine großzügige Elatur wirb von einer tleinlidjen in (Einzelheiten unb iRcbcnjädjlicßtcitcn immer ge* fcßlagen. Klan mag aud) über Snferiorität ber grauen reben, was man will, aber in Sachen ber Hiebe unb Gße finb fie ben ERännern jtets überlegen, weil ja ihre ganzen Sntcreffen auf biefes eine Ge» biet tonjentriert finb. Biele grauen halten übrigens ihre ERänner für bumm ober djarafterfeßwad), weil biefe ihre ganze Gnergie unb Sntclligcnj vielleicht im Gejdjäft feftgelegt haben unb ju fjaufe einfad) wehrlos finb. S^be mcnfchliche Gigenfcßaft hat tau* fenb Seiten, Startegrabe unb Betätigungsfelder, unb man barf nidjt einfach von jemanb jagen, er fei bumm, eitel, großmütig, graufam. Sn uns allen finb immer zuglcid) bie entgegengefetjteften Gigen* feßaften oorhanben, unb über ben Saß; „3wei Seelen woßncn, ad), in meiner Bruft!“ finb wir längft hin» weggegangen EBir ünb fiebenfpältige Maturen. Smmer wieber gräbt man Briefe berühmter Klänner aus, bie beweifen Jollen, baß fie eigentlich tlcinlid), gelbgicrig, radjfüdjtig eitel gewefen finb. Aber warum benn? Eßo viel Hießt ift, ift viel Schatten. Anberfeits ift es leine Sjcucßclci, wenn graufamc Eia» turen, rüdficßtslofe Streber, fraffc Ggoiften im Bri» vatlebcn 3üge ber feinsten menfißlidjen Gigenfcßaftcn Zeigen. Unenbliche Keifpicle tann man bafür uuffinben, wie tompliziert wir in EBirtlicßteit finb, unb wie wenig wir uns auf unfere „EJlenidjentenntnis" ver* laffen bütfen, benn nidjt jeber „ERenfcßentenner“ ift ein ERcnfchentenner. fiunR und Wi|Jenf<f)aft. Sine Uraufführung im Berliner Königlichen Scßaufpielhaus. Unter Berliner Sdjaufpielreterent fdjreibt: Die morgenlänbifdje Komöbte „Die b r e i Brüber von Damastus“ von Alejanber 31 nn rcijte zwar mit teinem neuen EBurr, mit feiner revolutionären Gebärbe 311 EBiberfprud) unb 3orn, bod) mit feiner abfoluten Gleichgültigteit für fjerz unb pitn zu großer Hangeweile. Die fanb im fanft pläticßernben Beifall einiger IRuhebebürftiger freunblidjen Ausbrud. Der Autor leiftete bem Sei» fall mit Eterbeugung Solge. Grnftes EBollen (auf ju große Anfprüdie gerichtet), bie Seßerrfchung ber äußeren Tedjnit unb alles befjen, was man richtiger bramatijeßes Koftüm als bramatifeßen Stil nennt, unb große Selefenßeit finb Sjerrn 3inn nicht abju* fpreeßen. Bielleidit wäre feiner uralten Bertleibungs» poffe bei allen Klüngeln ber angeftrebten höheren Art bennod) bie Abfolution ju erteilen, wenn fie nur wenigjtens bas hätte, was ein luftiges Spiel eben haben muß: EBiß unb £umor. Der Stoff, wenn er fd)on genommen werben mußte, tonnte nur naiv genommen werben. Die brei Sößne eines angejehenen Bürgers von Damastus finb im Auslanbe aufgewacßfen. Da nun ber Batet geftorben ift, teßren fie heim. Der Süngjte, Aslan, ift juerft am Blaße unb entfdjlicßt fid), man weiß nicht recht, warum, abwecßfelnb bie '-Rollen feiner Brüber ju fpielen. Als ber iReicfje unb Geizige ge* winnt er bie Eleigung ber Golbbungrigen, als bet jjelbiftße ftellt er fid) an bie Spihe eines Aufruhrs unb in unvertleibeter Berfon verliebt er fid) in bie Tocßter bes Saßib. 3um Schluffe wirb er entlarvt, unb bas Drama tönnte jeßt beginnen, wenn fich nidjt ber (natürlich aud) vcrtleibcte) $arun al iRafdjib ju ertennen gäbe unb bem 3eitvertreib ein Gnbe madjte Ter Kalif feßt Aslan in bie EBürben ein, bie biefer fid) erjpielt hatte. SBarum? EBeil nach bes Kalifen, nidjt nad) meiner Kieinung bas Spiel gelungen war! Unb weil Aslan tur^ vor Schluß eine „höhere Bebeutung“ bes oben Scheries jum Beiten gab: baß nämlich jeber '.Ulenfcß mehrere Berfönlicßleiten in fid) habe, bie er mit feinen Stellungen unb Kleibern vertaujeße. Den Kalifen überwältigte biefe Thefe, — uns nidjt. Denn wir tannten fie frfjon aus mancher belferen Didjtung, u a. aus Sulius Babs Komöbie „Der Anbere“. Bei EHc^anber 3inn wirb bas Broblem nicht pnjcßologifd) gelöft, nur hinten angeflebt. — Das Ejoftheater gab bem falten Spiel eine fühle Bracht ber Ausftattung unb füßle, wenn aud) laute Spieler. 'Jlur EBollmer, ber fid) nidjt läßmen läßt, machte aus ber Gpifoben» figur eines Gauners fo etwas wie einen Kienfcßen. Hermann Kienzl. * $ans von Bartels f. Sn Kiüncßen ift ber be» tannte Seemaler Sjans von Bartels am Sonntag» abenb geftorben. Gr ftammte aus fjamburg, wo er am 25. Dezember 1856 geboren ift. '.Rad) Abicßluß feiner Stubien in Jamburg unb Düfjelborf führten ißn ausgebehnte Stubienreifen mit befonberer liorliebe immer wieber an bie ßollänbi|d)e Küfte, non ber er bie banfbariten Klotive feiner Kunft heimbraeßte. Befonbers feine Jyifdierbilber haben Gingana in bie Galerien Guropas gefunben. Den feßweren Grnft jener Küftenlanbfchaft unb ihrer Bewohner hat er mit ausgezeichneten '.Mitteln wieber« gegeben. Sein ausgefprodjener EBirtlicßfeitsfinn ver* banb fid) mit einer feltenen Beßerrfcßung ber Tedjnit ju einbtinglicßen Stimmungswirfunpen. Befonbers lebendig finb aud) feine farbigen Aquarelle unb Guafcßbilber. Außer ben beutfeßen unb öfterreidjifdjen Klufeen befißt aud) bas Hurembourgmufeum in Boris eines feiner Bilber; in vielen Künftleroerbänben bes Sn» unb Auslanbes nahm er ehrenvolle Stellungen ein unb war Gßrenmitglieb bet Kiündjner unb Ber« liner Afabemie. * Btofeffor Kutner +. Am Sonntag früh iß bet Direttor bes Kaifer«Sriebricß * Kaufes, ^rofeffor Kutner in Berlin, nad) furzem feßweren Heiben verftorben. Gr hatte nod) jüngft ben Aerztetongreß in EBien befuefrt unb im Anfdjluß baran eine Keife nad) Boris unternommen. Tort erfranttc er unb mugte bie £jeimreife antreten. Der Berftorbene, ber 47 .jjafrre alt geworben ift, war bauernb bemüfrt, bie oon ißm gefefraffene Organifation bes ärjtlicfren 3ort» bilbungswefens, ju welcher bie Anregungen oon bet Kaiserin Sriebricfr ausgingen, weitet auszubefrnen.
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