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SliMtmM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Ubr des vorhergehenden Tages. Waldenburger Anzeiger. und g Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 20V. Dienstag, den 29. August 1882. r ^55 alttckllchett Entbmdmtg der Erbprinzesi meiner Gemahlin sind mir von allen Seiten dre freundltchiten und Glückwünsche in einer solchen Menge zu Theil geworden, dasr möchte, einzeln zn beantworten und bitte ich daher Atte, die mich und mein Haus durch diese Theilnahme in so hohem Maasre ersrenten, lüermit^ meinen «ns wärmste,! Dank entgegenzunehmen, zugleich auch mit der Versicherung, das; 'M» '"u-ichc" Erciguitz b-fondcrs w-rthv-il sind Potsdam, den 27. August 1«. Vivior Istlijuin/ von 8vdvilduiK-N ülätziiduiK. "Waldenburg, 28. August 1882. I'lut Mstitlu, x«I 6at NIUUÜU8. Der kundige Leser wird schon aus dieser Ueber- schrift schließen, daß es sich darum handelt, den den ganzen und vollen Staalsgedanken überwuchern den Slandpunkt des sogenannten Rechtsstaals in seine Schranken zurückzuweisen. Wie eine frühere Periode glaubte, ihren Charakter nicht besser zu be zeichnen, als wenn sie ihn als Polizeistaat bezeichne, so schmeichelte sich die spätere, einen groben Fort schritt gelhan und das wahre Wesen des Staats zum Ausdruck gebracht zu haben, indem sie ihn Rechtsstaat nannte. Nicht nur, daß an Stelle der Polizeiwillkür die Rechlsgesetze getreten und deren Ausübung maßgebend im Staate sein sollte, sondern der Staat wurde in einer eminenten Weise zu einer Nechtsanstalt gemacht, alle seine sonstigen Aufgaben dieser einen untergeordnet und es für das höchste Ziel der Weisheit aasgegeben, daß alle Lebensfunc- tionen der Staatsgewalt von der Idee des Rechts durchdrungen und geleitet weiden. Das sieh! sich nun in der Idee recht idealisch an, in der Wirklich keit jedoch gestalten sich die Wirkungen dieser Theorie recht bedenklich und dies am meisten und am schäd lichsten, wie dies erst jüngst wieder nachdrücklich betont wurde, in der stricken Anwendung der Rechts- gesetze auf die Forderungen dec Gläubiger und die Verbindlichkeiten der Schuldner. Welche Unmasse nicht nur von Vermögen, sondern von Existenzen werden durch die rücksichtslose An wendung der auf diesem Gebiete geltenden Gesetze des Nechtsverfahrens vernichtet, so daß kein Aus spruch wahrer und treffender ist, als derjenige der Ueberschrift „das Recht herrsche, wenn auch die Welt darüber zu Grunde geht!" In einer Zeit, wie die unsrige, welcye sich rühmt, die Lehren der Volkswirthschaft gefunden zu haben, und die beson ders im deutschen Reiche als höchste Aufgabe der Regierung die Pflege des Volkswohls proclamirt, sollte man es nicht mehr für möglich hallen, daß es fortwährend und alltäglich der Justiz gestattet werde, unter dem würdigen Titel strenger Rechts ausübung die Grundpfeiler des Staats durch Ver nichtung der Vermögen und Existenzen seiner Bürger anzugreifen und zu untergraben. Es ist hier nicht unsere Aufgabe, dieses Bild weiter auszumalen. Der auf diesem Gebiete verständige Leser bedarf dessen nicht. Denken wir aber auf Abhülse, so suchen wir zuerst nach den Ursachen dieses höchst bedenklichen Zustandes und müssen eine solche zu nächst darin erkennen, daß die Organe des Staats nicht wie die Theile oder Werkzeuge eines gemein samen Organismus, sondern wie für sich bestehende, selbstständig arbeitende Potenzen wirken, unbeküm mert darum, wie dieses Wirken sich auf einzelne andere Lebenskreise oder auf die Gesammtheit der selben im Staate äußere. Zwar hat schon hie und da der Gedanke sich Bahn gebrochen, daß die Soli darität aller Interessen im Staat nur gewahrt werden könne, wenn alle Organe der Staatsregie rung nur als integrirende Theile des Gesammlor- ganismus derselben functioniren und daher als höchstes Gesetz gilt, daß jede Function eines Organs nicht vom Slandpunkt dieses einzelnen, sondern von dem des Gesammtorganismus aus verrichtet werde. Dann hören solche Einseitigkeiten, wie die geschil derten, auf, dann ist die Ausübung der Justiz im Staate nicht mehr zum Verderben der ihr überlie ferten Bürger allmächtig, dann soll Niemand mehr sagen können „Lummum jus, summa, injuria."*) Dieser Allmächtigkeit der Justiz, hervorgegangen aus einer mißverstandenen Anwendung des Grund satzes ihrer Unabhängigkeit, Schranken anzulegen und sie in die Bahnen der satus xudliea als sustrsma lax einzulenken, daran arbeitet ja unsere Zeit in mehrfacher Richtung, wie z. B. der falschen Auslegung ihrer Souveränität in dem Verlangen nach Entschädigung schuldlos Gefangener und in dem nach Wiederherstellung der Appellations-Instanz in Strafsachen, enlgegengetreten wird. Es ist auch eine hochwichtige Aufgabe, die schrankenlose Freiheit der Justiz in Vernichtung von Vermögen und Exi stenzen vom Standpunkte des allgemeinen Volks wohls einzuschränken! "Waldenburg, 28. August 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Nach der „National-Zeitung" halber Kaiserden neuesten Vorgängen im Verhalten der katholischen zur evangelischen Kirche ein ganz besonderes Interesse zuge wendet. Das Blatt verweist dabei auf das kaiser liche Schreiben, worin die päpstlichen Anmaßung, die jeden Getauften für sich in Anspruch nahm, in scharfer Weise zurückgewiesen wurde. Herr v. Schlözer hat sich auf directe Aufforde rung des Reichskanzlers nach Varzin begeben, von wo er erst vor Kurzem zurückgekehrt war. Da die „Nordd. Allgm. Ztg." die in Schlesien bezüglich der gemischten Ehen eingenommene Haltung der Kirche als eine politische Frage bezeichnete, deren Regelung die Negierung dringend verlange, wird die aber malige Reise des preußischen Gesandten bei der Kurie nach Varzin mit dieser Frage in Zusammen hang gebracht. Die Pforte hat, wie die „Kreuz-Zeitung" erfährt, ihren bei den Mächten beglaubigten Botschaftern die telegraphische Weisung zugehen lassen, alle von der „Agence Havas" (dem officiösen französischen Tele graphenbureau) in Umlauf gesetzten falschen Be richte über die in Syrien angeblich vorgekommenen Unordnungen und Morde schleunigst und kategorisch zu widerlegen. *) Das höchste Recht ist auch das höchste Unrecht. Der „Augsb. Allg. Ztg." wird geschrieben: Die gleichzeitige Vorlegung von Reichsetatsentwürfen für die beiden nächsten Jahre ist noch keineswegs entschieden. Wie man hört, sind allerdings probe weise zwei solche Entwürfe, einer für 1883/84 und einer für 1884/85 im Reichsschatzamt ausgearbeitet worden; doch ist es noch sehr fraglich, ob der letztere schon im Herbst dem Reichstag vorgelegt wird. Keinesfalls wird es wegen dieser Frage zu einem großen Conflict kommen. Weigert sich der Reichs tag, den Etat für 1884/85 schon in diesem Jahre zu berathen, so wird es die Regierung ohne viel Widerspruch hinnehmen. Die Ausarbeitung zweier Etats soll nur ein Experiment sein, von dessen Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit die Regierung selbst noch nicht überzeugt ist. Das von der „Nordd. Allgem. Ztg." mitgetheilte, in zwei Kirchen der Diöcese Breslau aufgehängte Proclama über die gemischten Ehen, findet sich, wie man hört, dem Wortlaut nach auch in den Berliner katholischen Kirchen affichirt. Wie aus der Schweiz berichtet wird, haben sämmt- liche deutsche socialdemokratische Reichstagsab geordnete, ausgenommen Ritlinghausen, mehrere Tage in Zürich über eine neue Organisation threr Partei Rath gepflogen. An das preußische Staatsministerium richtet der Schleswiger Handwerkerein eine Petition, eine Aen- derung der Gesetzgebung dahin herbeiführen zu wollen, daß künftig bei Concursen den Guthaben der Bauhandwerker an Neu- und Umbauten inner halb der gesetzlichen zweijährigen Verjährungsfrist das Vorzugsrecht vor den protokollirten Gläubigern eingeräumt werde; es wird darauf hingewiesen, daß diese Angelegenheit bereits im Volkswirlhschaftsrath zur Erörterung gelangt sei und betont, daß das Bedürfniß für eine solche Bestimmung nicht nur in den großen Städten, sondern auch in den Provinzial städten vielfach empfunden wird. Gelegentlich einer in Berlin kürzlich vorgenom menen Revision der Arbeitsbücher der jugend lichen Arbeiter hat sich ergeben, daß diese Bücher meist in einem solchen Zustande sind, daß sie kasfirt werden müssen. Theils waren sie von den Arbei tern in plumper Weise gefälscht, theils durch die Arbeitgeber durch vorschriftswidrige Eintragungen oder durch einfache Benutzung des Firmenstempels verdorben, da alle Eintragungen mit Tinte gemacht werden müssen. Der Vorstand des Unterstützungsvereins Deutscher Buchdrucker sagt in einer von ihm herausgegebenen, höchst instructiven Broschüre „Zur Arbsiterversicherung, Geschichte und Werken des ge nannten Vereins 1866—1881:" „Sofern die in der kaiserlichen-Botschaft angekündigte Fürsorge für das Wohl der Arbeiter in allgemeiner und nach drücklicher Weise durchgeführt werden soll, kann auf jeden Fall nur eine allgemein verbindliche Form dieser Fürsorge in Frage kommen, und fällt die