Volltext Seite (XML)
Sonntag. —— Rv. -M-M Dtlllscht Al« Preis für da« Vierteljahr I'/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. « Der Sundzoll. u. ----Leipzig/ 1 März. Die materiellen Resultate des Fortbestehens oder der Aufhebung des Sundzolls sind für Deutschland' in einer doppelten Hin- sicht wichtig, in einer unmittelbaren volkswirthschaftlichen und in einer mit- telbaren politischen. Wir wollen versuchen, dieselben in beiderlei Hinsicht nach Anleitung der angeführten Schrift zu veranschaulichen. Wie diese be merkt, hat in den Jahren 1830 — 53, nach Ausweis der dänischen Fi nanzvorlagen, auf der Schiffahrt und dem Handel zwischen Nord- und Ostsee zu Gunsten Dänemarks eine Besteuerung von circa 70 Mill. Thlrn. gelastet. Ein sehr beträchtlicher Theil hiervon trifft, wie sich begreift, den Handel von und nach den deutschen (preußischen, mecklenburgischen, lübeck- scheu und holsteinischen) Hafenplähen. Dieser Handel ist dadurch natürlich erschwert, die Waare durch den Zuschlag des Sundzolls vertheucrt worden. Für den directen Antheil, welchen die Schiffahrt deutscher Staaten an die ser Besteuerung der Aus- und Einfuhr durch den Sund tragen muß, geben folgende Zahlen einen Anhalt. Nach dem jährlichen Ertrage der Waarenzölle (2,113,200 Thlr. R.-M.) und dem Ertrage der Schiffszölle (284,089 Thlr.) berechnet Dänemark, bei einer Capitalisirung zuni 25fa- chen Betrage, die zu entrichtende Abfindungssumme im Ganzen auf 73,139,725 Thlr. R.-M. oder 54,354,793 Thlr. pr. Crt. Hiervon hätten zu bezahlen: Preußen 5,661,271 Thlr., Mecklenburg 856,575 Thlr., Ham burg und Bremen 766,650 Thlr., Lübeck 255,415 Thlr.; Hannover und Oldenburg sind nicht besonders aufgeführt. Dies gibt also eine Gesammt- summe von über 7/- Mill. Thlrn., also eine jährliche Last von circa 300,000 Thlrn. Diese Last steigert sich aber fort und fort mit dem wach senden Verkehr, weshalb auch Dänemark, wie unsere Schrift bemerkt, die Capitalisirung dieser Zölle gar nicht wünscht. Wir wollen hier noch eine andere, völlig zuverlässige Angabe über die Belastung deutscher Schiffahrt durch den dänischen Sundzoll heibringen, welche sich in dem „Jahrbuch für VolkSwirthschaft und Statistik von Hübner" findet und einem Berichte der Commission des preußischen Abgeordnetenhauses über den Antrag des Abg. Sänger und Genossen entnommen ist. Danach be trugen die Schiffszölle im Sund für die preußische Rhederei im Jahre 1853 126,252 Thlr.; außerdem aber berechnet die Commission den Zeitverlust bei der Klarirung (etwa einen Tag für jedes Schiff) zusammen auf 173,150 Thlr., sodaß das Gesammtopfer (wovon der letztgenannte Theil Niemandem zugute kommt, also ein reiner volkSwirthschafilichcr Verlust ist) sich auf nahezu 300,000 Thlr. belaufen würde. Die ganze Belastung des Ostsee- Handels veranschlagt die Commission auf nahezu 4'/- Mill. Thlr. AuS allen diesen Zahlen erhellt ebenso wol das große und dringende Interesse, welches Deutschland an der Beseitigung, wie dasjenige, welches Dänemark an der Aufrechthaltung des Sundzolls hat. Das letztere ist al lerdings noch viel dringender als das erstere; denn für uns ist die Aufhe bung des Sundzolls lediglich eine Frage der Erleichterung unsers Handels und unserer Schiffahrt, für Dänemark ist dieselbe eine Lebensfrage seiner Finanzen, ja vielleicht eine Frage seiner politischen Existenz. Wie dies zu verstehen sei, sagt unser Gewährsmann sehr deutlich und regt dabei zugleich eine Frage an, die wir von andern Seiten her schon zu wiederholten ma len in diesen Blättern berührt haben. Er schließt nämlich seine Schrift mit folgender Betrachtung: „So billig cs sein mag nach amerikanischen und englischen Ideen, für die Leuchtfeuer und andere Schiffahrtssicherungen im Sund einen Ersatz und jährlichen Beitrag zu leisten, der auf circa 150,000 Thlr. R.-M. sich beschränken würde, so gering ist die Aussicht für Dänemark, seine jährliche Revenue von 2'/, Mill. Thlrn. aus dem gegen wärtigen Andrange voUbcgründetcr Angriffe gegen den Sundzoll zu retten. Dänemark wird einen solchen Verlust an Einnahme bei seinem gespannten AuSgabebudget von 19 Mill. Thlrn. und einer Schuldenlast von 122 Mill. Thlrn. kaum zu überwinden vermögen, und die Zukunft mag lehren, ob nicht der Choc von außen und die Auszehrung durch die im Innern frei lich sich reibenden Elemente den allmälig immer lauter werdenden Gedan- .ken zur Ausführung bringt, die dänischen Inseln an Schweden, das deut sche Festland zur Versöhnung tiefverletzter deutscher Interessen an Deutsch- land übergehen zu lassen." Ob Deutschland ein Interesse oder gar eine Verpflichtung habe, aus Rücksichten der Großmuth oder der „konservativen Politik" Dänemark vor einem solchen Schicksal zu bewahren und ans die- sem Grunde etwa bei den gegenwärtigen Conferenzen sich neben Rußland auf Dänemarks Seite zu stellen (wie es allerdings bereits Mecklenburg ge- than haben soll), diese Frage mit Ja zu beantworten vermag nur Der, dem es ein anderes als ein schmerzliches Gefühl erregt, unter dem Londo ner Protokoll auch die Namen deutscher Bevollmächtigten zu lesen. 52 — 2. März L8S0. Zu beziehen durch ave » Postämter de« In» und 'Ml1w ^!^lM Inserttonsgebühr Deutschland. Preußen. ^Berlin, 29. Febr. Eö wird demnächst ein Stück auswärtiger Politik im Hause der Abgeordneten zur Verhandlung kommen, was bei der dermaligen Zusammensetzung des Hauses von um so größerm Interesse sein dürfte, als der fragliche Punkt sich speciell auf unser« Ver hältnisse zu Rußland bezieht. Der Abg. v. Gruner hat nämlich den fol genden, von 34 Mitgliedern der Linken und des Centrums unterstützten Antrag gestellt: „Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, der könig lichen Staatsrcgierung die Erwartung auszusprechen, dieselbe werde dahin wirken, daß den langjährigen, gerechten Beschwerden, namentlich der östlichen Grenzprovinzen, über den Druck des russischen Prohibitivsystem und der russischen Grenzsperre eine genügende Abhülfe verschafft, und daß in dieser Beziehung, mit der Bürgschaft der Dauer, ein Zustand herbeigeführt werde, welcher nicht wie der bisherige mit den bestehenden Verträgen und mit den Bedürfnissen des Verkehrs zwischen beiden Ländern im Widerspruche steht." Motive: „Welche Belästigung dem preußischen Handel und namentlich dem Verkehr der östlichen Grenzprovinzen Preußens durch das russische Prohibitiv system und die russische Grenzsperre entsteht, ist ebenso bekannt als die That- fache, daß dieselben, in ihrer Anordnung auf die preußischen Grenzprovinzen, mit den hierhergehorigen Bestimmungen des Vertrags vom 3. Mai 1815 im Widerspruche stehen. Die gegenwärtige Lage der Verhältnisse scheint geeig net, auf die endliche und dauernde Abstellung dieses seit einer langen Reihe von Jahren bestehenden Ucbelstandcs hinzuwirken." Die Betrachtungen, zu welchen der in dem Vorstehenden mitgctheilte Antrag Veranlassung gibt, sind naheliegend für Jedermann. Die orientalische Frage hat für Norddeutsch land kein directes Interesse, hörte und hört man noch vielfach sagen. Faßt man die orientalische Frage im engern Sinne auf, mag sich das wol hö ren lassen; faßt man sie aber in ihrem weitern Sinne, resp. so auf, wie sie in den letzten Jahren fast allgemein aufgefaßt worden ist, so ist nicht sowol an den speciellen Streitpunkt zu denken, dessen Entscheidung schließlich im Orient erfolgen muß, als vielmehr an das Verhältnis des ganzen Europa gegenüber den maßlosen Uebergriffen Rußlands. Hätte Norddeutschland und speciell Preußen, von diesem Standpunkt aus, in der Krisis der letzten Jahre seine Interessen nicht wesentlich mit berührt betrach, ten können? Der vorstehende Antrag gibt die Antwort darauf. Wenn «S in den Motiven zu dem Antrag aber heißt, daß die gegenwärtige Lage der Dinge geeignet erscheine, auf die Abstellung jener so großen Schäden hin zuwirken, so glauben wir dem kaum beistimmcn zu können. Hätte Preu ßen sich den Westmächten enger angeschlossen, als es gethan hat, so hätte es zur Aufnahme Dessen in den Friedensbedingungen, was zur Abstellung des vertragswidrigen Verhaltens Rußlands als nöthig erschienen wäre, ge wiß nur eines Wortes bedurft, und es ist keine Frage, baß wegen dieses Punkts das Zustandekommen deS Friedens russischerseits auch nicht einen Augenblick verzögert worden wäre. Wie die Dinge aber jetzt liegen, so er- scheint, wenn in den betreffenden Verhältnissen nicht noch plötzlich eine to tale Aenderung eintritt, die günstige Gelegenheit als versäumt, und die Ge währung Dessen, was man mit so großer Berechtigung fodern kann, dürfte nach wie vor abhängig sein von dem russischen Belieben. Man kann eS als einen Erfahrungssatz betrachten, daß man, wenn man die Erfüllung vertragsmäßiger Verpflichtungen von Rußland erlangen will, deutsch mit Rußland reden muß, und es wird darüber wol nirgends ein Zweifel obwal ten, daß es Oesterreich wol schwerlich gelungen wäre, seine Interessen an der untern Donau in so glänzender Weise zu wahren, wie es sie gewahrt hat, wenn es Rußland gegenüber eine minder entschiedene Stellung einge nommen hätte. Ebenfalls die auswärtige Politik berührend ist auch der folgende von den Abg. Kruse und LemoniuS gestellte Antrag: „Das HauS der Abgeordneten wolle beschließen: die königliche Staatsregierung zu ersu chen, die drückenden Lasten des Sundzolls in besondere Erwägung zu nehmen und zu berücksichtigen, inwieweit gerade jetzt der Zeitpunkt zu des sen Kündigung gekommen, sowie bei einzulcitenden Verhandlungen über die Navigationsabgaben die Zuziehung einer sach- und schiffahrt-kundigen Com mission anzuordnen." Motive: „Die dem Handel immer beschwerlicher werdenden Lasten des Sundzolls und die vielen mit den Schiffahrt-abga- ben verbundenen Misstände." Als besonders wichtig, namentlich mit Rück sicht auf die mehrfachen Verhandlungen über die Beeinflussung der Wah- len durch die Regierung, glauben wir schließlich auch noch den fol- genden, von dem Abg. v. Bardeleben gestellten Antrag hervorheben zu sollen: „Das HauS der Abgeordneten wolle beschließen: die königliche Staatsregicrung aufzufodern, ein Gesetz über die Feststellung der Wahlbezirke zur Wahl der Abgeordneten im Sinne de- Art. 69 der Verfassungs- urkunde vom 31. Jan. 1850 dem Hause baldigst, spätestens in der nächst folgenden Sitzung, zur Beschlußnahmt vorzulegm." Motive: „Verfas sungsmäßige Pflicht der Staat-regierung und wohlbegründeter Anspruch