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Zweites Blatt. TharM Acht». Mensch, und die Umgegenden. Imtsblall für die Ugl. Amtshcruptmannschcrft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Horstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pfg. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeue. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma A. H Berger m Wilsdruff. — Verantwortlich für die Nedattion H A. Berger daselbst. No. 2«. Sonnabend, den 29. Februar 188«. Zum Zonntag Neminiscere. Jesaias 58, V. 9. Wenn du wirst rufen, so wird dir der HErr antworten; wenn du wirst schreien, so wird Er sagen: Siehe hier bin ich. Vielleicht, lieber Leser, hast du heute etwas Besonderes aus dem Herzen, einen heißen Wunsch, den du so innig gern erfüllt sehen würdest. Möglicherweise ist dein Herz so recht schwer und dein Gemüth sorgenvoll. O behalte dein Anliegen nicht für dich! bringe es an dierechte Stelle, an das Herz deines Gottes und Heilandes. Das obige Schriftwort mahnt dich, das sogleich und ohne Umschweife zu thun. Gott hat Zeit für dich und hat auch ein Ohr für dich. Der Vater hört sein Kind. Wenn du wirst rufen, so wird dir der HErr antworten; wenn du wirst schreien, so wird Er sagen: Siehe, hier bin ich! Ich kann dir nicht garanüren, daß deine Bitte gleich buchstäblich gewährt werden wird, deine Last dir gleich ab genommen wird. Der Vater ist ja zugleich der Erzieher seiner Kinder und mnß den kranken Kindern die heilsame Arznei geben, ob sie nun wohlschmeckend oder bitter ist. Die Noth, in der du bist, wird dir wohl nöthig sein. Aber ich kann dir Stärkung, Beruhigung, Trost garanüren, die du im Gebete finden wirst. Der lebendige Gott hat Kraft in Fülle, die dir das unruhige Herz stillen nnd stärken kann. Als der Liebling Gottes, Sein eigener Sohn, unter den alten Oelbäumen im Garten Gethsemane stümisch betete, ließ Gott zwar den Kelch des Leidens nicht vorübergehen, aber Er schickte einen Engel vom Himmel, der stärkte ihn. Der Vorgang wiederholt sich bei jedem Kinde Gottes, das in Gethsemane betend vor dem Vater liegt. Nur mußt du dein Vertrauen auch ganz auf den HErrn werfen, nicht nebenbei noch auf Menschenhilfe, oder gar auf deine eigene Kraft vertrauen. Soll Er, der alles vermag, dir helfen, so mußt du Ihn auch allein walten lassen. Der Schiffer, der im Sturme das rettende Licht des Leuchtthurms erblickt, wäre ein Narr, wcnu er noch nach anderen Lichtern ausspähen wollte. Dem Lenchtthurm entgegen steuere dein Schiff, dann wird es unversehrt durch die Brandung gehen. Also wende dich sogleich betend zu Gott. Ob du das auf den Knien thust, oder auf deinem Lager, oder ob du ans Fenster trittst und nach oben schaust, das bleibt dir überlassen — aber dein Herz muß dabei sein, wenn die Lippen flüstern. Keine Depesche wird so rasch befördert, so schnell beantwortet, wie ein herzliches Gebet. Du rufst und aus der Höhe neigt sich dem Vater zu dir nieder: Siehe, hier bin ich! Aus Deutschlands großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71- 59. Die Kommune in Paris. Der Hexensabbath der Kommune, der iu Paris einige Zeit nach dem Abzüge der deutschen Truppen ausbrach, verlangt des halb eine eingehendere Schilderung, weil er für Deutschland, für den abgeschlossenen Frieden und dessen endgilüge Ratifikation von großer Wichtigkeit war; konnte doch jene Gesellschaft, die Plötzlich in Paris an's Ruder kam, den Frieden vollständig gefährden und zu Nichte machen, den Krieg auf'S Neue hcrauf- beschwören. Am 1. März 1871 und an den folgenden Tagen waren von den radikalen Nationalgorden auf Befehl ihrer unsichtbaren Lenker 300—400 Kanonen nach dem Montmartre gebracht worden; ein »Centralkomitee der Nationalgarden" war die ge- deimnißvolle Macht, welche über diesen Besitz Wacht hielt. Vergebens hatte die deutsche Heeresleitung vor der Macht des Pariser Pöbels gewarnt; Jules Favre hatte Bismarck indignirt geantwortet, daß cs in Paris keinen Pöbel gebe. Mit dem genannten Komitee verhandelte General Vinvy wegen der Auslieferung der Kanonen. Sie ward verweigert. In stürmischen Volksversammlungen, die in den östlichen Stadt vierteln von Paris (Montmartre, Bcllcville, la Billette) ge halten wurden, beschloß man, jedem Versuche der Entwaffnung die Gewalt entgegrnzusetzen. Die ArbeitcrbMöllerung wie der müßiggängerische Pöbel weigerten sich, wieder in die gewöhn liche Ordnung zurückzukehren und die Führer fehlten nicht, welche jetzt die Zeit gekommen glaubten, Ernst zu machen mit jener Umgestaltung der Welt zu Gunsten des Proletariats, welche als ein neues Evangelium längst unter der Menge ver breitet worden war. Wennschon die Grundidee der Kommunisten die Abschaffung des Privateigenthums und die Verwandlung von Grund und Boden in Kollektiv-Eigenthum war, so ver langte doch das Komitee zunächst nur Fortdauer des Tages- soldcS von 1 Francs, bis allen Nationalgardistcn Arbeit oder Anstellung beschafft sei, sowie freie Wahl der Offiziere. Erst am 20. März 1871 war die französische Regierung von Bordeaux nach Versailles übergesiedelt; zu spät, um noch Herrin von Paris zu werden. Hier war am 18. März ein furchtbarer Aufstand ausgebrochen, dessen Schrecknisse die des Krieges weit überholen sollten. Zu den zügellosen National garden hatten sich 200,000 Soldaten und Mobilgarden gesellt, die beschäftigungslos Paris durchzogen. Zum Unglück ent hielten die beiden Divisionen Vinoy's, die nach den Friedens präliminarien unter den Waffen blieben, die schlimmsten Ele mente der Armee. Das Centralkomitee hatte sich von Tag zu Tag neuer wichtig r Posten und Depots zu bemächtigen ge wußt. Die Regierung beschloß endlich einzuschreiten. Am Morgen des 18. März schickten sich die verschiedenen Brigaden an, die wichtigsten Punkte der Stadt zu besetzen und sich der Kanonen des Montmartre und von Belleville, die von dort die Stadt bedrohten, zu bemächtigen. Plötzlich erschienen von allen Seiten Massen von Nationalgarden und bewaffnete Volks haufen. Das 88. Regiment ging zu den Empörern über und ihm folgten andere. Die Generale wurden beschimpft, thällich angegriffen; die beiden Generale Lacante und Clement Thomas wurden gefangen genommen und von den Empörern kriegsge richtlich erschossen. Der Aufstand griff immer weiter um sich, di: Truppen waren überall von einander abgeschnitten und so blieb nichts übrig, als sie aus Paris hcrauszuzichen, was nur mit vieler Mühe gelang. General Chancy, eben mit der Bahn in Paris angekommcn, wurde gefangen genommen, aus einem Gcfängniß in das andere geschleppt und entging nur durch die Flucht dem ihm zugedachten Tode. Die Häupter der Revo lution nahmen Besitz vom Pariser Stadthaus; die Reste der Armee zogen nach Versailles ab. Die rothe Fahne wurde auf allen öffentlichen Gebäuden aufgezogen. Am 26. März fanden die Wahlen für die „Kommune^ statt; unter den Gewählten waren Assy, Dcles- cluze, Pyat, Flourens und Blanzui. Am 28. März prokla- mirte das Centralkomitee die Kommune und weihte sie durch ein Fest, das an 1793 erinnerte. Die Versailler Truppen schlossen nun Paris in ähnlicher Weise ein, wie es vorher von den Deutschen cingeschlossen worden war. Die Pariser unter nahmen am 2. und 3. April Ausfälle, die jedoch erfolglos blieben. In Paris herrschte jetzt eine Zeit lang das Schrcckens- regiment. Die wohlhabenden Bürger wurden gebrandschatzt, die vornehmsten und reichsten als Geiseln gefangen gesetzt. Die Regierungsmitgliedcr trauten, wie hundert Jahre früher, einander nicht und steckten einander abwechselnd in's Gefängniß. Massen hafte fremde Fanatiker waren in Paris erschienen, um das kommunistische Ideal verwirklichen zu helfen; einzelne unter ihnen spielten nun eine große Rolle. Alles in Allem herrschten blinde, wüthende Leidenschaften und an die Einlösung der dem Volke gegebenen großen Versprechungen dachte keiner der Macht haber. Diese mißbrauchten ihre Gewalt zu persönlicher Be reicherung und ließen ihrem Haß die Zügel schießen. Aehn- lich wie in Paris, wenn auch nicht ganz so schlimm, ging es in vielen größeren Provinzstädten zu. Für die deutsche Armeeleitung und Politik war durch den Kommuneaufstand eine äußerst verwickelte Situation geschaffen. Ein Sieg der Kommune lag nicht außerhalb des Bereiches der Möglichkeiten. Dann war aber der Friede in Frage gestellt. Aber auch wenn die Kommune nicht siegte, war es zweifelhaft, ob die Unruhen nicht fortdauern, die Versailler Regierung nicht gestürzt werden, oder, wenn sie sich erhielte, doch vielleicht nicht im Stande sein würde, Zahlung zu leisten. Zunächst rückten daher die deutschen Truppen wieder in die alte Vorpostenlinie ein und der Kronprinz von Sachsen ließ den Häuptern der Kommune sagen, daß die deutschen Truppen beim ersten An griff, der auf sie gemacht würde, die Beschießung wieder er öffnen würden. Die Kommune beschränkte sich daher auch auf Ausfälle gegen die Versailler Truppen. Die Rückbeförderung der Kriegsgefangenen wurde natürlich eingestellt, der Abmarsch der deutschen Truppen oufgehalten. Bismarck knüpfte mit Napoleon wieder Verhandlungen an und befragte ihn, ob er unter Umständen auf Grundlage des Friedens nach Frankreich zurückkehren wolle, in welchem Falle ihn die Deutschen unter stützen würden; indeß fand Napoleon sich nicht dazu bereit, als ihm die Rückgabe von Metz abgeschlagen wurde. Am 28. März bewilligte Bismarck der Versailler Regie rung die Erhöhung der für Paris und Umgegend verstatteten Truppen auf 80,000 Mann, unter der Bedingung, diese Truppen nur gegen Paris und zum Schutze der Nationalversammlung zu verwenden. Trotz dieses Entgegenkommens machte die Ver sailler Regierung bei den weiteren Friedensunlerhandlungen, bei der Festsetzung der Einzelheiten, über welche in Brüssel ver handelt wurde, bei der Einhaltung eingegangener Verpflichtungen, bei der Zahlung der ersten Halbmilliarde fortgesetzt Schwierig keiten. Schließlich drohte Bismarck, Paris von den Deutschen besetzen zu lassen, schlug aber, um endlich zum Ziele zu kommen, direkte FriedenSvcrhandlungen in Frankfurt a. M. vor. Thiers ging darauf ein und sandte Jules Favre und den Finanz minister Pouyer-Quertier nach Frankfurt. Hier kam denn nach einigem Sträuben am 10. Mai 1871 der Definitiv-Friede zu Stande, der auch von größtem Einfluß auf die Bewältigung des Kommune-Aufstandes war. (Ueber die Einzelheiten des Friedens wird ein späterer Artikel handeln.) Thiers erhielt jetzt die Erlaubniß, die Truppen vor Paris auf 100,000 Mann zu vermehren. Eine ungeheure Anzahl Geschütze wurde zusammengebrocht. Nun begann ein wunder bares Schauspiel für die Deutschen, die aus den Forts be obachten konnten, wie die Franzosen sich gegenseitig vor ihren Augen in blutigen Kämpfen zerfleischten. Thiers entschloß sich zu einer regelrechten Beschießung derselben Stadt, über deren Bombardement durch den Feind ganz Frankreich in einen Schrei ver Entrüstung ausgebrochen war. Die Bomben des Mont Valerien beschädigten den Triumphbogen und viele andere Denk mäler mehr, als es die deutschen Granaten gethan hatten. Tag für Tag wurde mit größter Erbitterung gekämpft. Am 21. Moi erstiegen die Regierungstruppen, von einem Pariser Bürger Ducatel mit einem weißen Tuch herbeigewinkt, die un bewachte Umwallung am Point du Jour. Und nun begann ein entsetzlicher Straßenkampf, der sieben volle Tage wüthetc. Die Deutschen mußten Gewehr bei Fuß stehen und dem Ge metzel zusehen. Als am 23. Mai der Montmartre erstürmt ward, zeigte sich die ganze Bestialität der Kommunisten. Die Tuilerien, das Louvre, das Luxemburg, das Palais Royal, das Stadthaus und viele andere Prachtgebäude wurden in Brand gesteckt oder in die Luft gesprengt. Weiber mit Petroleum zogen umher, gossen es in die Kellerlöcher und zündeten es an. Auch Thiers' Haus wurde zerstört. Ein Flammen- und Rauch- mcer breitete sich über die unglückliche Stadt, während ein er barmungsloser Kampf zwischen den durch Wuth fast entmenschten Regierungstruppen und den Nationalgarden wüthrte. Die Kommunisten erschaffen die Geiseln, u. A. den Erzbischof Dar boy, den Präsidenten Bonjean, eine Menge Geistliche und Mönche, namentlich die Dominikaner, sodann die Gendarmen, Etadtsergeanten und Soldaten, die sich weigerten, mitzukämpfen. Dafür wurden auch die gefangenen Kommunisten zu Tausenden füsilirt. Zahlreiche Weiber wurden mit dem Halse an die Kanonen gehängt und erdrosselt. An 30,000 Gefangene wurden in ein Lager bei Versailles gebracht, wo sie harter Behandlung ausgesetzt waren, bis sie von summarisch verfahrenden Kriegs gerichten zum Tode, zu den Galeeren oder zur Deportation nach Neukaledonien verurtheilt wurden. Dorthin wurde auch Rochefort geschafft; er entkam jedoch später. Am 28. Mai war endlich die Versailsi;. Regierung der Hauptstadt Herr. Und nun konnte der Rückmarsch der Truppen beginnen, die nicht mehr zur Occupation gebraucht wurden. In der letzten Stunde. Erzählung von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Unsinn, ich weiß bestimmt, daß dieser Gerald sich mit ihm verbündet hat, um Dich an's Messer zu liefern. Nun sind sie beide fort —*