Volltext Seite (XML)
AuMhal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle-Klösterlem, Nieder- u. Oberpfannenstiel, Lauter, Bockau, Bernsbach und die umliegenden Ortschaften. Srschelnl Mittwoch», Freitag« u. »-««tag», «d-nnemenl-prei» tncl. dir 3 wertbvollen Beilagen vierleljähilich mit Bringerlohn 1 Mk. 2V Pf. durch die Post 1 M. SS Pf. Mit 3 issustrirten ZZeiökättern: Deutsches Aamitienölatt, Hute Heister, Zeitspieget. Verantwortlicher Redakteur: «mit Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: An«, Marktstraße. Inserate die einspaltige Eorpuszeile 1v Pf», die volle Seite 30, >/a S. 20, >/< St.« Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Pvstanftalteu und LandbriestrLger nehnlen Bestellungen an. 6. Jahrgang. Freitag, den 1. September 1893. No. 103. Bekanntmachung. Sonntag de« 3. September «nd Montag, de« 4. September wird s. G. v. da» Fest der Einweihung der neuen St Rieolaikirche z« Aue begangen werden. Di« Feier ist in folgender Weise geordnet: Sonnabend, 2. September, Abends 6 Uhr: Einläuten und Blasen eines Chorals. I. Sonntag, den 3. September, Früh 5 Uhr: Festgeläut der Glocken der neuen Kirche. Norm. 8 und >/,S Uhr Festgeläut mit den Glocken der alten Kirche. Borm. r/zS Uhr: AbschiedSgotteSdieust in der alten Kirche. „ s Uhr Festzug vom alten Gotteshause durch die Reichsstraße, Bahn- hofsstraße, über den Markt und Schwarzenberger Str. nach der neuen Kirche. Vor dem Kirchenportal Uebergabe des Schlüssels zur Kirche, Oesfnen de» Hauptportals und Einzug in die neue Kirche. WeihegotteSdieust, nach dessen Beendigung Choral vom Thurme. Mittag 1 Uhr: Gemeinsames Mi'tagmahl im Gasthofe zum blauen Engel. Abend 6 Uhr: Abendläuten. Abend k'/, Uhr: Geistl. Mufikanfführuug in der erleuchteten neuen Kirche. Später Beleuchtung des Thurmes^und sonstige Illumination des Platzes. II. Montag, den 4. September: Borm. 9 Uhr: Festzug der ersten 3 Closson der Schulen der Kirchgemeinde zum neuen Gotteshaus«. Liturgischer Kindergottesdienst daselbst. Nachm. 2 Uhr: Lauten mit der Taufglocke und erster Taufgottesdienst. „ 3 Uhr: Erster Traugottesdienst. Programme für den Festgottesdienst, den Kindeigottesdieult und die kirchliche Mu' sikaufführung sind Dienstag, den 29. August bis Freitag, den 1. September in der Psarr' und Rathsexpedition für Aue, bei Herrn Fabrikant Schneider für Auerbammer zu erholen, erstere unentgeltlich, letztere (Concertprogramm) L 30 Psg. Nur wer Programm hat, kann sich am Festzuge zur Kirche betheiligen und hat mit diesem Einlaß in die Kirche und erst nachdem der Festzug in der Kirche Platz genommen, können auch Andre, soweit der Platz reicht, Einlaß finden. Bereits an dieser Stelle werden die Glieder der Kirchgemeinde, namentlich die an der Feststraße wohnenden, gebeten, ihre Häuser mit Fahnen und Kranzgrwinden möglichst zu schmücken. Möge das Fest von Goties Segen begleitet sein! Aue, am 26. August 1893. Der Kirchenvorstand. Kaiser, k. Bors. - Politische Nachrichten. Dentfchlaud. Berlin, den 29. August. — Den eigentlichen Anlaß zur Erkrankung des Her zog» Ernst von Gotha gab eine Erkältung. Trotzdem begab er sich noch im offenen Wagen nach NeinhardtSbrunn, wurde aber unterwegs von einem heftigen Regenguß überrascht. Obgleich ihn daraufhin im Schlosse ein leichter Schüttel frost ergriffen hatte, ließ er sich nicht abhaiten, noch ei nen IagdauSstug zu unternehmen, nach oder bei dem — darüber gehen die Lesarten auseinander — ihm ein Schlaganfall traf. Daß die Erkrankung von vornherein sehr bedenklich war, ging daraus hervor, daß die Herzo gin, die seit vielen Jahren nicht ins Gothaische gekom men war, aus die erste Nachricht hin sosort abreiste, was in Koburg verheimlicht wurde. — Herzog Alfred von Koburg-Gotha hat seine Stel lung al» aktiver Admiral der englischen Flotte niederge- 'egt. — Die Stellung des Generalpostmeisters von Stephan soll, nach der „Köln. Volkszeitung", stark erschüttert sein. Nach der Ansicht des ultramontanen Blatte» verlange so wohl das Post- als das Eisenbahnwesen eine Reform. — An den Manövcrn im Reichslande wird kein fran zösischer Offizier teilnehmen. Der französische Militärat tache« Meunier in Berlin, dem diese Ausgabe zugefallen wäre, hat Urlaub genommen. — Ahlwardt erklärte am Dienstag in einer Versamm lung, daß man nun endlich Thaten sehen müsse. Die Entscheidungsschlacht stehe bevor. Die Zeit des Plänkelns sei vorbei. Auf dem rechten Wege befinde sich die Bö- ckelsche Neformparlei; mit dieser müsse man zusammen arbeiteten und mit ihr im Reichstage etwas zu erreichen suchen. ES müsse ein Zentralpunkt geschaffen werden, von wo aus die Angriffe zu unternehmen seien; dies müsse schon jetzt geschehen und wenn dann jeder seine Schuldigkeit thue, dann könnten schon im nächsten Reichs tage die Antisemiten die Mehrheit haben. Das Seebad scheint Herrn AhlwardtS Thatendrang gesteigert zu haben.' — Wer im Auslande deutsches Silbergeld prägen läßt, s der kann im Handumdrehen 50 Prvz. verdienen, denn umsoviel gehen jetzt Kurs und wirklicher Wert der Mün zen auseinander. Nur ist dieser bequeme Weg, reich zu werden, einer der breiten Pfade, die zur Verdammnis füh ren. Das Strafgesetzbuch wacht als Nachcengel über die, so ihn wandeln würden. Die Negierung hat die Behör den angewiesen, ihr Augenmerk auf größere Ansammlun gen von Kleingeld in einzelnen Händen zu richten, um unter Umständen nach der Herkunft des Sildergeldes fahnden zu können. — An der Mittwoch nachmittag erkrankten auf einem Spree-Kahne zwei Mädchen, Töchter des Besitzers, unter choleraartigen Erscheinungen. Die Mädchen, 18 und 20 Jahre alte, wurden nach dem Moabiter Krankenhaus ge bracht, wo durch bakteriologische Untersuchung asiatische Cholera festgestellt wurde. Die Behörden haben für so fortige Desinfektion und Isolierung des Kahne- Sorge getragen und die Familie des Schiffers, sowie seine Leute unter amtliche Beobachtung gestellt. ' — Die Grenze gegen Rußland soll von Soldaten ab- I gesperrt werden, wenn die russischen Zollwächter nicht (Nachdruck verboten). Jeuilleton. Erik Torstenskiöld. Eine Erzählung aus dem Badeleben von Catharine Meyer. (Fortsetzung.) Ich schloß mich in mein Schlafzimmer, ließ Niemanden zu mir und versuchte, an Erik einen Brief zu schreiben, ihm «inen Begriff davon zu machen, was ein Weib, das ihn geliebt habe, für ihn g«than und was er ihm dafür schuldig sek. Ich batte an diesem Briese bereits länger al» zwei Stunden geschrieben, als mein Kammermädchen ge gen 3 Uhr mit dem Bemerken an meine Thür klopfte, daß soeben «in Brief für mich abgegeben sei und baß man auf Antwort «arte. Ich öffnete, erbrach ein Schreiben Erik's und la«r „ES ist alle» aufgeklärt; zwei Stunden genügten, um Jngeborg zu überzeugen, daß gemein« Seelen sie hinter- aangen haben und ihr Bruder sie aus Erden allein liebt. Ti« «eint heftig nnd zwar um Ihretwillen — und Sie? V, ich glaube, e» geht Ihnen nicht ander». Bitte, schrei- ben Tie rasch, uuter welcher Bedingung eine Versöhnung stattfinden kann." — Ich zerriß den langathmigen Brief ohne Ende und warf schnell einen sehr kurzen, aber desto inhaltreicheren hin. „Ich verlange, daß Jngeborg mich auf ihren Knieen »— und dabei unterstrich ich da» „auf ihren Knieen" wie derholt so heftig, daß die Feder Löcher in'» Papier riß — «f ihr»« Knieen ,um Verzeihung bittet", «l» mein Kammermädchen hiermit verschwunden war, bereute ich na türlich mein in der Erregung und Eingebung des Augen blicks vielleicht zu hoch gespanntes Verlangen und beruhigte mich erst, als Marie mir die schöne Antwort übergab: „Nicht Jngeborg allein, beide wollen wir Ihnen aus unseren Knieen dafür danken, daß Sie mit dem Muthe einer Heldin unsere Retterin geworden find." — Und damit war ich auf einmal wieder groß und stolz, blickte wie geistesabwesend vor mich hin und merkte dabel gar nicht, daß ich den Vermittler so hohen Glücks in die denkbar kleinsten Stücke zu zerreißen mir Mühe gab. Und dann griff ich nach meinem Hute, warf mir ein Tuch um die Schulter und eilte hinaus auf eine einsame Promenade, um den Jubel meiner Seele im unendlichen Raume des Weltalls in vollen Zügen zu schlürfen. — Der 17. Juli brachte uns seit langem den ersten sonni gen Tag, zugleich aber auch eine unerträgliche Hitze. Ich begab mich früher als sonst mit Clara und Mathilde an den Brunnen in der stillen Hoffnung, etwas von Erik und Jngeborg zu sehen, Venn eine formelle Abb°'te, wie sie nach dem seltsamen Briefwechsel von gestern stattfinden sollte, war mir längst au- dem Sinn gekommen. Wer weiß nicht, wa» «in leidrnschaftltch erregtes Weib zu thun im Stande ist? Ich fand Gründe genug, um Jngeborg'» Benehmen erklärlich zu finden, wenn ich auch freilich nicht begriff, wie ein sechzehnjähriges keusche» Mävchen mit so viel naiver Offenheit die diskreteste aller menschlichen Fra gen behandeln konnte. Ich glaube daß dies die Folge einer durch Verwöhnung erkolgten Rücksichtslosigkeit gegen Menschen «ar, die keine Millionen besaßen wie sie. Ni« habe ich überhaupt ein Wese» vor- und nachher kennen gelernt, deren Herz und Zunge so überrinstimmten, die den Satz Talleyra» d'»: „Die Sprache ist dazu da, um sei..« Gedanken zu verbergen," so wenig befolgt«, wie sie. Ein Glück für Jngeborg, daß sie als Millionärin geboren wur de; mit Ansichten, wie sie mir solche entwickelte, wäre sie aus einer armen Gouvernante keine Großgrundbesitzerin geworben und wenn sie auch noch taufend Mal schöner gewesen wäre wie ich. Wir sind alle ein klein wenig Jesuiten, wollen alle in den Himmel kommen und nicht sragen danach — wie? Was ist uns Wahrheit und Mo ral, was können Sie un« sein, zum besseren Ruhme un serer selbst? — Gegen 10 Uhr Vormittags zu Hause angelangt, und kaum nothdürslig von meinem Sparziergang etwas erholt, wurde ich von einer vorfahrenden Equipage erschreckt, au» der ich Erik und Jngeborg steigen sah. Ich eilte ihnen bis in mein Vorzimmer entgegen und schloß alle weiteren Auseinandersetzungen und Komplimente vor der Hand da mit ab, daß ich ihnen beiden — oder sollte ich es nur allein mit Jngeborg? — zwei mütterliche Küsse auf ihr« schönen Stirnen drückte und sie bat, alles sür vergessen ober für nicht geschehen zu erachten. „Liebt mich nur ein wenig, meine Freunde, nur so ein bt-chen, wie ich Euch liebe, und ich will sür all' meine mütterliche Fürsorge darin den vollkommensten Dank sehen." Und nachdem sic mir beide das mit dem ganzen Aus bruch ihrer GefühlSftärke versichert hatten, bat ich sie, mich in ihre Gegenwart und Vergangenheit «in wenig tiefet «inzuweihen, wobei ich indeß vorher nicht umhin konnte, mich darüber lustig zu machen, daß sie sich in 4er That hätten einbilden können, ich fordere den Kniefall al» eine Bedingung um jeden Preis. Leide hatten große Toilette gemacht, und besonder» Erik besaad sich wieder in einem Auszug, mehr als Anzug, der unaussprechlich war. Sein schwarzseidener, mit echten Spitzen verzierter Rock, seine w.ißsetdene Weste und seine blauseidenen Beinkleider «a-