Volltext Seite (XML)
ZschimbilM Tageblatt Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn« und Festtagen. Nual-ich weit verbreitet in den Städten Ponrg, Lunzenau,- Lichteustein-Eallnberg und in den Ortschaften der nachstehenden StandesamtZbsz-rke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Gieba, Grumbach, Hohenkirchen, Kaufungen, Langenchurs dorf, Lal.gemeuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsbllrg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. »«nähme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der AbonnementSpreiS beträgt vierteUä!»- lich 1 Mk. LS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Eingei. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Her« Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Mar Härtig am Marit; in Rochsbnrg bei Herrn Buchhalter Fauch; in —..^-nau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Web«; rn Altenburg bei Hrn. Buchh. Ernst Geßner; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. J.Wshrmann. und Waldenburger Anzeiger 1«. Donnerstag, den 21. Januar 188«. Bekanntmachung. Nachdem bei der am 30. November vorigen Jahres stattgehabten Stadt- verordneten-Ersatzwahl der Kaufmann Herr Albert Bossecker, d r Schlaffer und Handelsmann Herr August Mai, Ansässige, und der Bäckermeister Herr Theodor Prescher, Unansässiger, zu Stadtverordneten, sowie der Lohgerber Herr Hermann Bauch und der Schneidermeister Herr Anton Wohlfarth, Beide ansässig, zu Ersatzmännern gewählt bez. wiedergewählt worden sind, und endlich der Handelsmann Herr Gustav Fallgatter an Stelle des bereit« 1884 gewählten Herrn p. Wohlfarth für die Amlsperiode 1885 bis mit 1887 gleichfalls als ansässiger Ersatzmann elngetreten ist, sämmtliche Vorgenannten die auf sie gefallene Wahl bez. Function auch ange nommen Haden, wird solches hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Waldenburg, am 19. Januar 1886. Der Stadtrath. I. V. Hobusch, Stadtrath. R. II. "Waldenburg, 20. Januar 1886. Wenn die Sache nicht so sehr ernst wäre, so gäbe es nichts Komischeres in der Welt, als das Stück Weltgeschichte, welches sich im letzten Halbjahr drun ten aus der Balkanhalbinsel abgespielt hat. Wir stellen in kurzen Worten vorerst die Thatsachen zu sammen: In Philippopel bricht die rumelische Er hebung aus, Fürst Alexander von Bulgarien erklärt die Vereinigung von Bulgarien und Rumelien. Die Türkei will mit Waffengewalt einschreilen. Dringende Warnungen der Großmächte folgen, das nicht zu thun, denn die rumelische Frage könne nur vor ihrem Richterstuhle entschieden werden. Der Sultan fügt sich, Serbien und Griechenland mobi- lisiren; die europäische Conferenz in Konstantinopel tritt zusammen. Rußland, Oesterreich und England wachen sorgfältig, damit ja keiner der „guten Freunde" einen übergroßen Einfluß im Balkan er hält. Deutschland sucht eine Einigung herbei zu führen, aber die Spaltung wird immer offenbarer, und dabei stimmt noch ein Theil der Presse fort während das schöne Lied von der europäischen Ei nigkeit an. Nach Sofia, Belgrad, Athen gehen wiederholte, strenge Aufforderungen, spornstreichs die Rüstungen einzustellen und nicht mehr zu mucksen. Fürst Alexander schickt einen höflichen Brief, der im Grunde genommen gar nicht« sagt, Griechenland Met weiter und Serbien erklärt den Krieg an Bulgarien; die Conferenz in Konstantinopel kracht Zusammen. Serbien bekommt Schläge, Oesterreich verhindert ein weiteres Vorrücken der Bulgaren und der Waffenstillstand kommt zu Stande. Bul garien beansprucht seinen Kriegslohn, aber Serbien, trotzig gemacht durch die neu erkannte Uneinigkeit der Mächte, protestirt nach wie vor gegen die Ver- von Bulgarien und Rumelien. Vier Wo chen besteht der Waffenstillstand, aber noch immer ist Mit den Friedensverhandlungen der Anfang nicht gemacht. Da —- neue feierliche Action der Groß mächte: Die drei kleinen Staaten erhalten eine bestimmte Forderung, abzurüsten. War geschieht? Griechenland sagt „Nein," Bulgarien zuckt die Achseln, Serbien beruft neue Truppen ein. Also schon der dritte Collectivschritt der Großmächte in einem halben Jahre ist total ins Wasser gefallen; die Herren Diplomaten stehen mit recht langen Nasen da, sie haben sich nun überzeugen müssen, daß ihre schönen Worte und diplomatischen Nolen keinen Hund Hin term Ofen hervorlocken. So stehen die Dinge jetzt, und man kann wirk lich gespannt sein, wie sich dieselben schließlich ent wirren werden. Bulgarien unterhandelt eifrig mit dem Sultan, um diesen zu bewegen, seine Zustim mung zur Vereinigung von Bulgarien und Rume lien zu geben, die Fürst Alexander al« Kriegsent- schädigung fordert. Se. Majestät König Milan erklärt vom hohen Pferde herab: „Ich leid's nicht! Nimmt Bulgarien Rumelien, so fange ich abermals an!" Zum dritten, Griechenland steht Gewehr bei Fuß da und verlangt «ine Landenlschädigung. So die kleinen Krabanter! Oesterreich verhält sich vor sichtig abwartend und achtet nur darauf, Serbien nicht aus den Fingern zu bekommen, England sucht den Sultan zu bewegen, mit Vulgär en sich zu einigen, während Rußland Letzteres zu hintertreiben sich bemüht, um die Bulgaren mürbe zu machen, damit sie in die russische Abhängigkeit zurückkehren. Wäre die Einigkeit der Großmächte permanent vor handen gewesen, hätte Oesterreich nicht an Serbiens Seite gestanden und Rußland nicht anfänglich un- ' ter allen Umständen Bulgarien den Garaus machen i wollen, die ganze Geschichte wäre längst vorbei. Diese Vorfälle haben den kleinen Staaten bewiesen, ? daß die europäische Großmacht ein Knecht Rupprecht ist, der wohl droht, aber nicht so leicht Jemand in - den Sack steckt. Rasch können die Verwicklungen ! nur durch türkische Hilfe gelöst werden. Griechen- k lands Schreien wird ebenso wenig durch Flotten- - demonstrationen, wie durch diplomatische Noten be seitigt werden, es muß den vollen Ernst sehen. Wenn die türkische Armee an der griechischen Grenze die Gewehre und Kanonen bereit macht, den Säbel zieht und unumwunden mit Grenzüberschreitung droht, falls die Abrüstung nicht sofort beginnt, dann ist der Spectakel vorbei, und ebenso steht es mit Ser bien. Wenn der Sultan den Fürsten Alexander zum Statthalter von Rumelien ernennt und nach Belgrad erklärt, er werd« jeden neuen Krieg gegen Bulgarien al» einen gegen sich selbst gerichteten an sehen, dann ist die Sache au«, und König Milan kann sich auf den Kopf stellen, es hilft ihm doch nichts. Die Türkei hat soviel Soldaten auf den Beinen, daß sie, mit bulgarisch-rumelischer Unter stützung, bald nach Belgrad und Athen kommen kann, wenn die Herren Milan und Georgios es wirklich auf den Ernst sollten ankommen lassen wollen. Leider wissen sie aber, daß di« Großmächte nicht so schnell darein willigen werden, der Türkei eine solche entscheidende Rolle zu übertragen; dann würde der Einfluß Rußland'- und Oesterreichs völlig schwinden und die Türkei wieder tonangebend sein, was na türlich England sehr recht sein würde. Es wird so noch geraume Zeit dauern, bis die bulgarische Suppe verzehrt ist. — Keiner gönnt dem Anderen den Löffel. PoLttifche Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser empfing am Dienstag eine Reihe höherer Offiziere, arbeitete mittag« mit dem General von Albedyll und unternahm darauf eine Spazier fahrt. Nach der Rückkehr ertheille derselbe dem Unterstaalssekretär Grafen Herbert Bismarck und später dem Präsidium des preußischen Abgeordneten hauses Audienz, welches später auch von der Kaiserin empfangen wurde. Der 74. Geburtstag des Abg. Windthorst wurde von der Centrumsfraction im Reichstag unv preu ßischen Landtag durch ein großes Festmahl gefeiert. Die Festrede auf den Jubilar, der äußerst frisch und munter sich inmitten der Versammlung bewegte, hielt der Abg. v. Franckenstein. Abg. v. Schorle- mer feierte die Familie Windlhorst. Der Cultusminister von Goßler hat angeordnet, daß mit oder zum 1. April kein Volksschullehre, in den Ruhestand versetzt werden soll, damit kein Streit darüber entstehe, ob der in den Ruhestand Getretene nach dem neuen Lehrerpensionsgesetz, das am 1. April in Kraft tritt, zu pensioniren sei oder nicht. Schon zum 1. April verfügte Pensionirungen sind hinauszuschieben. Das neue Pensionsgesetz enthält gegenüber dem alten bekanntlich wesentliche Besserungen und ist der Ministerialerlaß nur zu loben. Weiter hat der Minister darauf hingewiesen, daß beim Gesangsunterricht an höheren Schulen von patriotischen Liedern nur eine oder zwei Stro phen gesungen werden. Der Minister empfiehlt das Singen des ganzen Liedes. Die Arbeiterschutzcommission des Reichstages berieth am Dienstag die Anträge über Errichtung von ArbeilSkammern und Arbeitsämtern und auf Vermehrung der Fabrikinspecloren zu Ende. Die Abstimmung wurde auf Mittwoch vertagt. Weiter wurde von den belr. Commissionen fortgesetzt die Beralhung des Marineetat«, der Nordostseecanal- vorlage, des Viehseuchengesetzes. Fast noch mehr Geräusch als das Branntwein monopol wirbelt jetzt der Kirchenstreit und sein möglicher Ausgleich auf. Au« Allem, was für und wider gesagt wird, läßt sich erkennen,daß an maßgeben der Stelle dasGeheimniß der schwebenden Verhandlun gen sehr sorgfältig bewahrt wird, daß Niemand etwas Zuverlässige« weiß. Es hilft nichts, als Abwarten! Die „Nordd. Allg. Ztg." giebt zu, daß Fürst Bis marck in den Verhandlungen mit Spanien anerkannt, die Spanier seien die Ersten bei der Besitzergreifung der Karolineninseln gewesen. Sie schreibt: Die deutschen Offiziere hatten unsere Flagge auf der Insel Aap aufgehißt, weil sie dort keine spanische Flagge vorgefunden hatten. Andererseits wurde festgestellt, daß zu dieser Zeit Seitens der Spanier bereits seit mehreren Tagen dort verschiedene Acte vorgenommen worden waren, welche als eine im guten Glauben erfolgte Besitzergreifung angesehen werden mußten. Al« eine Spanten befreundete Macht durfte Deutschland seine Anerkennung der Occupation nicht von dem Aufhiffen einer Flagge