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Nummer 117 — 28. Jahrgang *ri»etni «mal wiche»«. «U den Mulw. «ra«»beUagen,Dc» Welt' un» H»k imler« Nein«» Leute', sowie den reitveklagen ,»t. Oeimo-BIatt'. .Niiterhaltung und wissen'. .Die Welt der grau', «er>Uich»r Ratgeder'. Da« »nie Buch', .fflimrund« schau'. Monatlicher tvezngsprei« » Mk. »Inschl. vesiellgeld. Otiijel,»immer IN § Sonnabend- «. Sonntaanummer SN Hanvtschristleiter, De. w. D«»ctt>k. Dreeden. Sächsische Donnerslag. -en 28. Mai 192» ^OerlagAortr Dresden »«»eiarnveetse, Die tqesvalten» P»M,k>l» NN s Kamillen, anzeigen ».Stellenaeluche NN «. Die Petiirellame,olle Min»n breit. 1 Nür ilnzelaen auherbalb des OerbreNnnaSgebiele« «Ns. dielielitreNome,»,,«,.!«»^. Prie»aeb.!»Ns In,Na«,, -?s"Er ^Ewall erllscht ,ede Vervfltchtnnn ans i'telern»« owie «rtülluna v. Anzeigen-ktustrllaen ». Leistung v. Echadeaer'atz, »elchlistlicher r«U Art», Lenit. Dre«b»n. volrssettun «eschitft-ftetle, Drill ».Verlag, «ermania. i»r Verlag »nd Druckerei,Filiale Dresden,Dresden.«.l. Polierslrabe N. ftemrusülNIS. Posischecklonto Dresden ,703. Banlkonto rtadtbank Dresden Nr. «l71» Für christliche Politik un- Kultur RedaNion der Lachs,sg,en Volkb^ttnng DreSden-Slltstadi t. Poiiersirafte 17. ^drnru- 'Mi, »nd 2I0I2. ..Neblige Windstille" in London Englische Wahlstimmungen. (Von unserem Vertreter.) I.. London, Mitte Mai. Das Parlament von 1924 ist aufgelöst, und niemand kann mehr sagen, daß die „eigentliche" Wahl kam» pagne nock^nicht angefageil habe. Die Kampagne ist in Wirklichkeit Pit einem halben Jahr im Gange, und der eigentliche und letzte Abschnitt macht keine Anstalten, seine Familienänhlichkeit mit dem ermüdeten Vorspiel zu ver« leugnen. Es ist alles zusammen herzlich lang» weilig. für die Wählerschaft noch mehr als für den un» beteiligten Zuschauer. Es gleicht dem atembekleu,wenden Rennen, das auf der Ftlmleinwand in verlangsamtem Zeitmaß vorgeführt wird. Vontre-L-torro streben die Ren ner in trägem Fluß dem Finish zu. Mr. Earvin, der seit Monaten alljonntüglich drei flaminende Spalten darüber schreibt, sagt, daß es die langweiligste Wahl kampagne seit fünfzig Jahren ist. Und Winston Chur chill, der offizielle Sturmgott der Konservativen, fleht die 24 Millionen Wähler an, das Staatsfchiff „nicht in neblier W i n d st i l l e" — zu den Klängen einer Jazz. Band — scheitern zu lassen." Seit Lloyd Georg« versprochen hat, dis Arbeitslosen frage in zwölf Monaten zu lösen, sind zu dem Redestoff der Süahlversaminlunqen nur Details hinzugetragen worden, Menüs, aber keine kräftig umrissenen Programme. Es fehlt den Parteien an Charakter in diesem Wahlkampf. Zum Teil rührt das ganz einfach daher, daß das Parla» men von 1924 aus keinem besonderen Grunde ausgelöst worden ist. Seine Zeit ist um, und es geht. Hätten die Konservativen es für gut be funden, nach dem Generalstreik oder beim Abbruch der Be ziehungen zu Moskau an das Land zu appellieren, wir hätten eine andere Wahlkampagne erlebt. Zweimal hatte Mr. Valdwin Gelegenheit, sich einen demagogi schen Triumph ohnegleichen zu sichern. Er hat sie beide Male ausgeschlagen, und di« Geschichts schreibung der Wiederaufbanjahre wird ihm, wenn sie ge recht ist, mehr Dank für diese Unterlassungen wissen als manchem Größeren für seine Taten. Keine Macht der Welt aber kann die Ereignisse von 1928 uitd 1927 mehr zu brennenden Fragen von 1929 machen. Winston Churchill, der das kurze Gedächtnis moderner Demokratien nicht liebt, hat es umsonst versucht. Kapital und Arbeit, die Aniagonisten des Generalstreiks, haben sich inzwischen auf einer gemeinsamen Linie getroffen, die, wenn auch die Labour- und Gewerkschaftsführer es nicht zugeben können, genau die Linie Baldwins ist, ein Beweis dafür, daß sein Verzicht auf Generalstreik- Wahlen nicht nur persönlichem Mangel an Rauflust, son dern tieferer Politik entsprang. Auch in den Anspielungen aus die russische Frage vermißt man di« überzeugte Note. Weder Mac Donald noch Lloyd George find so un erfahren zu glauben, daß mit der blichen Rückkehr zu dem Zustand von 1926 oder gar zu den Anleiheverhandlungen von 1924 etwas gewonnen wäre. Keiner von ihnen würde, wenn er in die Lage käme, den Sowjets die diplomatische Wiederanerkennung als Morgengeschenk überreichen. Jene parteipolitischen Demarkationslinien der jüngsten Vergangenheit haben also nur noch ungewisse Gültigkeit für die Wahlkampagne von 1929. Ander«, an denen einst noch heftigere Partcischlachten geschlagen wurden, weisen die gleiche Verwaschen heit auf. Das Verwaschen ist in der Tat die Hauptbeschäftigung der Parteistrategen. Vorige Woche hat der Premierminister sich endlich ent- schlossen, die beiden zollpolitrschen Punkte, an denen dem Eros seiner Partei soviel mehr liegt als an dom ganzen Rest des Programms, an die Spitze seines Wahlmanifestes zu setzen: Vorzugszölle für das Empire, Safe« guardingzölle für jede englische Industrie, klein oder groß, die imstande ist, ihren Fall plausibel zu machen. Aber wir wollen keinen Protektionismus, sagt Valdwin (der 1923 mit einem protektionistischen Wahl- Programm geschlagen wurde), der Beweis dafür ist. daß wir keine Nahrungsmittelzölle und keinen allgemeinen Tarif vorschlagen. Der Weg zum Protektionis mus ist auch in England mit guten Vorsätzen gepflastert. Eine überstürzte Tarifmacherei erwartet natürlich nie mand. Mehr als ein Parlament wird sich über de» em pirischen Anläufen und Krisen der Schutzzollbewegung ver brauchen, bis die fiskalische Orientierung Englands wieder grundsätzlich spruchreif wird. Eben diese Schattenhaftigkeit der Perspektive ist daran schuld, daß keine von den Parteien das Ende scharf ins Auge zu fassen wünscht: ein idealer Zustand für die stetig nackdrängenden Interessenten. Für^>en neuen Liberalismus, der von Ideen eine >l M -W WOMl Die Algerien lehnen zwei deulsehe Derbehalie ab — Scheller! bis Konferenz boch noch? am un- tenommen bleibt, di« andere« Räder kür weniger wicktia Paris, 22. M>n. DaS Schreibe« der alliierten Sachverständige«. t„ dem sie ihre Stellung zu de,« Nouiig-Planc und de« deutschen Vorbehalten dar- lege«, ist heute früh de« deuische« Sachverständigen überreicht wor den. Dr. Schallst «nd seine Mitarbeiter find gegenwärtig bei der Prüfung dieses Berichtes. In den VcchaMungen her Glänbiycr»,ächte ist um» anschei nend zn einer Einigung gelangt, die nach alliierter Auffassung den Forderungen der Gläubigerländer Rechnung trägt, ohne daß die gesamt« Höh« der deutschen Zahlungen erhöht zn werden braucht. Man erfährt hierüber von gut imterrichteter alliierter Seite fol gend« Einzelheiten, dl« mit dem üblichen Vorbehalt wiedcrgegeben wsöden: Italien, England und Neigten sind bekanntlich ihrer Auf fassung nach in dem neue», von Uoung vorgeschlagenen Vertei lungsschlüssel im Vergleich zu den Mmachungen von Spa zu kurz gekommen. Die in dem amerikanischen Plan gestrichenen Summen sollen ihnen aus diesem Grunde zu drei Viertes aus dem jährlicken Gewinn -er Zentralbank für internationale Zahlungen, -er von den Sachverständigen auf 70 bis 80 Millionen Goldmark geschäht wird, in der Weis« erseht werden, daß Italien etwa 30 und Eng- laich etwa 50 Millionen Mark an Jahres,nchln»gen erhallen sollen. Infolgedessen soll Deutschland im Laich der erste» Jahre von d«„ Gewinne,, der Zentralbank nichts erhalte», während cs in Zu kunft, wenn die Gewinne -ex Bank sich steigern werde», über die Sn-mnten verfügen könne, deren es der teilweise,, Begleichung der kehlen 21 Jahre bedarf. Loichon, 22. Mai. Der Pariser Korrespondent der „Times" meldet u. a.: Der Sachverständigenausschnß hat endlich in -er Frage der Verteilung der deutschen Zahlungen eine Formel aus gestellt, danach würde Großbritannien ungefähr den zur Be friedigung -er Ansprüche seiner Dominien notwendigen Betrag erhalten. Man glaubt, daß für diesen Zweck nicht die inter nationale Bank in Anspruch genommen, sondern das Fnkraf!- treten des neuen Planes anfgeschoben werden wird. Dr. Schacht scheint gewünscht zu haben, daß er am 1. April in Kraft tritt, um ihn in Einklang mit den deutschen Finanzjahr zu bringen. Wenn er statt dessen am 1. September, also erst beim Miaus des Daivesjahres in Kraft träte, winde ein Ueherschuß aus Daweszahlungen vorhanden sein. Der Korrespondent meidet weiter: Die Aufnahme des Be richts durch Dr. Schacht scheint von de» Glünbigergruppen mit großer Sorge betrachtet zu iverdeu und cs fehlt nicht an Zeill>en dafür, daß die Alstinderungcn eine Annahme durch die Dent- s«l>en schwierig macl)«» iverdeu Di« Ablehnung der zivel deut schen Vorbehalte »vegen der Zahlungen an die Nachfolgestaaten und nregen des Moratoriums allein könnten genügen, »m eine ablehnende Antwort herbeizusühren. Wenn außerdem, wie an- znnehmen ist, Dr. Schacht ersucht werden sollte, eine beson dere B ezahlnng an Belgien über die vorgesehen« Annuität zu leisten, dann ist man dentscherseils entschieden gegen die Annahme. Ich höre von zuverlässiger Seite, daß die Deutschen unlcr diesen Umstünden den Bericht abiehnen würden. — Der Korrespondent siihrt dann ans. daß die bri tische» Delegierten sich nicht zur Unterstützung des belgischen Anspruchs verpflichtet glauben, doch heiße es. die Franzosen hätten, wenn »ich! auf der Konferenz, dann schon vorher eine derartige Zusage gegeben. Wahrscheinlich werde Doung in diesem Falle zu vermitteln haben. Zum Schluß meint der Korrespondent, es sei nahezu un denkbar, daß die Verhandlungen „ach dreimonatiger Arbeit wegen einer Frage, die tatsächlich außerhalb ihrer Ausgabe lüge, zusammenbrechcn sollten. Der Pariser Korrespondent der „Financial Time s" hört ebenfalls, daß einige der vorgenommenen Abänderungen für die Deutschen nnannchmbar sein dürften. In der Frage der Verteilung Hütten Frankreich »nd Großbritannien einer nicht unbeträchtlichen Verminderung ihrer Anteile zugestimmt, so daß iveder Belgien noch Italien zu Schaden kämen. DeS-rnken gegen Kovvers Zugeständnis Poris. 22. Mai. Der „Eljloago Tribüne* wird aus Waslnngton qe»>el>s«l. vaß -er Beschluß Hoovers, die a m e r i la n i sch e n Schulden ford e r u n g e u l> erabz » seßen. zwar ziemlich allgemein ge billigt werde, daß aber dock einige Kreise, danmier vor allem di« Senatoren Snioot und B o r a b . das Borget,en dez Präsidenten nickt zu unterst äßen scwuie». Während Smoot als Ber schender des Finanzausschusses die Ansicht vertrete, daß die Rati fizierung des sranzösiscliwmerilanischen Tckuldenablommens als Borbeidingmig skr die Herabsetzung dee amcrikanitchen Ansprüche aufgesteill wc,-en müsse, sei Senator Borat, der Meinung, daß die Regelung, die i„ Paris vorbereitet werde, für Deutschland un billig sei. Wen», so lmbe Senator Borat» erklärt, eine Regelung der Schulden- „nd Repavaliousprobleme erreicht werde» könne, die eine endgültige Verständigung darstelle und ein Gcnchl der Genug tuung bei alte» beteiligten Parteien anslöse, dann wäre eS di« Pilicht und 'Schuldigkeit der Bereinigte» Staaten, eine vernünftige Konzession zn machen Aber die Zugeständnisse der Alliierten schei nen, den Zeitungsberichten zufolge, nicht weitgehend genug zu sei». Er glaube daher nickt, daß sie eine endgültige oder znsne-enstel- lende Regelung bedcnieien. zu halten. Aber wenn die Liberalen wentt, Zelt sllr die Zollfragen ha^en, so ist die Latour Party aus gesprochen zweideutig. M.r. Snowden hat frei lich erch vor einigen Wochen erklärt, dag er sanmicye von Churchill eingeführten Saseguardingzölle abjchaffen würbe, wenn er »och einmal Schatzkanzler werden sollte. Keine Frage, es ist ihm ebenso ernst damit wie mit seiner Dro hung, höhere Schuldenzahlungen aus Poincare herauszu zwacken. Unter Umständen vermöchte er sich sagra durchzu setzen. Aber es würde eben einer Anstrengung der libera. lisierenden Führergruppe bedürfen, um solche Pläne gegen ganz anders gerichtete Tendenzen aus den gewerk schaftlichen Hintergründen der Labour Party durchzusetzen. Mac Don als Wahlmanifest enthält einen rhetorischen Ausfall gegen die Stümperei der konservativen Safe- guardingpolitik, aber unter den nachfolgenden konkreten Proarainmpunkten ist keine Spur von Mr. Snowdens Drohung zu finden. Im Gegenteil, die Labour Party ver spricht Untersuchungsausschüsse für die Eisen- und Stahl- und für die Baumwollindustrie. Diesen Weg haben die Arbeiter nach sorgfältiger Beratung mit der Parteileitung empfohlen, aber man weiß, daß die Eisen- und Stahl- gewerkjchaften nichts dagegen hätten, lvenn er sich als ein Umweg zu Schutzzollvorschlägen erwiese. Protektionistische Neigungen nisten auch in den mirt- schasts- und bevölkerungspolitischen Empire-Plänen der Labour Party: man kann dem Reich kein« Vorzugszölle gewähren, wenn man keine Zölle gegenüber dem Rest der Welt hat. Die meisten Labour-Jmperialisten würden einen so rohen Begriff von Empirepolitik, wie ihn die sagenhaft« Vorzugszollmauer darstellt, von sich weisen, aber man hat für den Anfang vorliebzunelynen mit dem, was ist. Für das Ausland blüht diese imperialistische Schule der Labour Party im Verborgenen. Nichts destoweniger zieht sie seit langen Jahreil tüchtig« Köpfe aus dem Nachwuchs der Partei an Ihr unleugbar konser vativer Grundzug manifestiert sich eigentlich darin, daß ein Labour-Abgeordneter schnurstracks zu den Konservati ven übergeht. Jedenfalls hat der Imperialismus der konservativen «inen ernsten Rivalen in dem Jmperkaklsmus, nicht der kkldemken, sondern der Labour Party. Es ist unmöglich, die Zukunft der protek. tioilistischen Bestrebungen in der Labour Party voraus zusagen, aber ihr Vorhandensein ist einer der tieferliegen den Gründe für die Verwajchenhctt der älteren parteipoli tischen Trennungslinien in dieser Wahlkampagne. Der Anblick ist in der Tat verwirrend. Wie Valdwin mit dem Protektionismus, so hält MacDonald es mit dem Sozialismus. In seiner Wahladresse vom 1l. Mai, die das Programm der Labour Party resümiert, hat der linke Flügel keine Stimme. ,,Der Kohlenbergbau muß auf nationaler Grundlage reorganisiert und deshalb nationa lisiert <sozialisiert) werden, ober in der Zwischenzeit. . ." Das ist dis einzige Andeutung dafür, daß der doktri när« Sozialismus nicht ganz tot ist, und «s fragt sich immer noch, wie lang MacDonald sich die „Zwischen zeit" denkt. Selbst das oerhaßl« Gemerkschaftsgesetz von 1927, die Revanche der Konservativen für den General streik, soll nicht mehr widerrufen, es soll nur abgeündert w-erden, Einst legte man zu Wahlzellen in England Wert darauf, sich vom Gegner zu unterscheiden wie der Tag von der Nacht, um dann, ans Ruder gelangt, ihm zu gleichen wie die Morgendämmerung der Abenddämmerung. Heute ist die Regel aus den Kops gestellt. Die extremen Flügel schweigen in der Wahlkampagne. Ihre Chance uxrr vorher, oder sie kommt nachher. Das Resultat ist Churchills „ncbliM Windstille". Atem, der Nebel verfliegt, entdecken Labour und Konservative viel leicht, daß sie beide auf liberalem Boden stehen. In all dem liegt natürlich auch ein Kompliment an die Borlieb« des englischen Volkes für Maß und Ziel und ein gut Teil Berechnung. Man weiß in allen Hauptquar tieren, daß diese Wahlen nicht von dem gedrillten Anhang der Parteien, sondern v o n den unorgani sierten Wählermassen entschieden werden, dem kloutinß: oleetoiuto. das sich von 2Lahl zu Wahl ver schiebt, aber dem am besten stets von der Mitte aus bei zukommen ist. Nur eins kompliziert dies« Berechnung: das Wiciderevlvachen der Liberalen. Gewinnung oder Nicht gewinnung des kjoatine eloetnrnt«, bedeutet für Läbour