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Dienstag. Nr. «9. 3. September 1872. Weißerih-Aeitmrg. Amts-Matt für die Kerichts-Aemter und Stadträthe' zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redatteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. 18'/, Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 2. Septbr. Zu unserer Freude können wir mittheilen, daß der heutige große und ereig- nißvolle Tag bei uns nicht so ruhig vorübergehen wird, als es bis gestern Abend schien, obgleich die Feier immer noch eine solche nicht sein wird, wie in späteren Jahren, wenn der Tag ein allgemeiner deutscher Fest- und Feiertag geworden. Am frühen Morgen gab unser Schützenchor mit der Stadtmusik eine Reveille, viele Häuser und das Rathhaus schmückten sich mit Fahnen; um 10 Uhr ertönten vom Thurm nach dem Choräle „Nun danket Alle Gott!" mehrere nationale Lieder. In den Nachmittagsstunden wird bei einem Concert im Funke'sche Steinbruche eine gesellige Vereinigung statt finden, am Abend von 8 Uhr an aber im Rathhaus-Saale wieder ein „patriotischer Abend" gehalten werden, wie sie in den Kriegsjahren regelmäßig und stets bei so zahlreichem Besuche hier stattfanden. Wir machen nun hierdurch auf diese, hoffentlich recht allgemeine Zusammenkunft aufmerksam, laden zu derselben freundlichst ein (ein Entree wird nicht erhoben), und bemerken ausdrücklich, daß bei der Kürze der Zeit die Vorbereitungen zu mündlichem, einigen Gesangs- und andern Vorträgen nur sehr eilige sein konnten, was die Besucher wohl berücksichtigen wollen. Dennoch erscheine Alles heute Montag Abends 8 Uhr im Rathhaus-Saale! Dippoldiswalde. Bei dem am 23. vor. Mts. hier abgehaltenen, nur schwach besuchten und beschickten Roß- und Viehmarkt waren 48 Pferde, 34 Stück Rindvieh und 75 Ferkel zum Verkauf gestellt. Es sind davon 8 Pferde, 14 Stück Rindvieh und sämmtliche Ferkel zu hohen Preisen verkauft worden. Dresden. Unser König reiste Ende voriger Woche nach Leipzig, begab sich von da nach Borna, um den dort stattfindenden Truppenübungen beizuwohnen, und war am Freitag in Kieritzsch, wo erden durchreisenden Kaiser Wilhelm herzlich begrüßte und bis Leipzig begleitete. Döbeln. Der Landesausschuß der sächsischen Feuer wehren hat am 25. August hier eine Versammlung abge halten. Man debattirte über die verschiedenen Feuerwehr- Einrichtungen, sowie über das Statut einer Unterstützungs- Casse für die sächsischen Feuerwehren, zu welcher bekanntlich aus Staatsmitteln jährlich 10,000 Thlr. verwilligt sind. Das Statut soll in der Hauptsache Folgendes festsetzen: 1) Nur vollständig orgcmisirten und ausgerüsteten Feuerwehren, welche regelmäßige Hebungen halten, sollen bei Unglücks- und Er- krankungsfälleu, welche der ausgeübte Feuerwehr dienst nach sich zog, die Unterstützungen zu Theil werden. 2) Die Unterstützung des im Dienste der Feuerwehr Erkrankten soll je nach dem Verdienste und den Familienverhältnissen desselben wöchentlich 5 bis 7'/, Thlr. betragen. 3) Bei Todesfällen soll der hinterlassenen Familie oder den unter seiner Fürsorge stehenden Geschwistern und Aeltem eine Rate von 300 vis 400 Thlr. ausgezahlt werden. 4) Die Auszahlung der Unterstützungsgelder erfolgt durch den Landesausschuß. 5) Es soll danach getrachtet werden, daß sich bei allen sächsischen Feuerwehren Sanitätsabtheilungen mit ärztlichen Führern bilden. — In Dahlen sind durch die Eisenbahn auf Leipzig dieses Jahr in 3795 Körben 3659 '/o Centner Heidelbeeren befördert worden, welche zusammen einen etwaigen Werth von 9000 Thlr. haben. Doch sind dies ja nicht alle in dieser Richtung und Gegend versandten Beeren; eS sind sehr viele in die Leisniger und Döbelner Gegend gegangen und selbstverständlich auch auf anderen Bahnen viele befördert worden. Berlin. Kaiser Wilhelm ist am Freitag, 30. Ang., wieder in Berlin eingetroffen. — Bei der Kaiser-Zusammenkunft werden folgende deutsche Fürsten in Berlin anwesend sein: die Großherzoge von Baden, Weimar, Schwerin und Oldenburg, die Herzoge von Anhalt, Coburg und Altenburg, die Fürsten von Schaum burg-Lippe, Schwarzburg-Nudolstadt und Lippe-Detmold; der Kronprinz von Sachsen wird in Vertretung seines Vaters zugegen sein. Der König von Würtemberg soll beabsichtigen, in Berlin zu erscheinen, sobald der König von Baiern sich zur Reise entschließt. Außerdem werden viele deutsche Stan- deSherren in Berlin anwesend sein. — Der Kronprinz des deutschen Reiches wird wahrscheinlich noch in diesem Herbst dem österreichischen Kaiser- Hofe einen Besuch abstatten. — Aus BreSlau schreibt man, daß dort, wie aller Orten, der Kronprinz Albert von Sachsen von Be hörden wie dem Publikum in auSzeichnendster und herzlichster Weise begrüßt wurde. Der hochverdiente Führer der MaaS- Armee und Jnspecteur des dortigen Armeecorps hatte sich auf seiner ganzen Reise der Kundgebung gleicher patriotischer Gesinnungen zu erfreuen. Frankfurt a. M. Hier ist am 28. August der 10. deutsche Juri st en tag feierlich eröffnet worden, zu dem gegen 600 Theilnehmer eintrafen. Der Vorsitzende, Prof. Gneist, bezeichnete die Wiederherstellung des deutschen ge meinen Rechtes, sowie die Unterstützung bei Schaffung eines allgemeinen deutschen Gesetzbuches, als das Ziel, welches der Juristentag erstreben müsse. Ferner kamen zur Berathung die Schaffung eines internationalen Wechselrechtes, die Preß gesetzgebung, die Frage, ob Schöffen- oder Schwurgerichte, dje Gestaltung des künftigen deutschen obersten Reichsgerichtes in Deutschland.