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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumeralionS- PreiS 22^ Sgr. Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. sür das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man »ränumerirt auf dieses Beiblatt der LUg. Pr. Slaait- Zcitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr- 34); in der Provinz so >vie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des AusLaudes. 12 Berlin, Freitag den 27. Januar 1837. .England. Die Britische Gelehrten-Versammlung zu Bristol im Jahre I8W. Der Gedanke, eine Art von Parlament siir die Gelchrten-Republik jährlich zusammenzucufen, entstand in der neueren Zeit zuerst in der Schweiz, wo schon 1818 unter dem Namen: „Allgemeine Helvetische nalurforschendc Gesellschaft" ein zahlreicher Verein Schweizer Gelehrten zusammentral und seitdem jährlich an einem anderen Orie seine Ver sammlungen hält. Der Verein hat bestimmte ordentliche und Ehren- Mitglieder und unterscheidet sich also schon hierdurch wesentlich von dem Deutschen Naturforscher-Verein. Dieser ward durch Oken ins Leben gerufen. Es war im Jahre 1822, als Oken in seiner Zeitschrift „Isis" eine Aufforderung ergehen liest, in welcher er die Naturforscher zu einer ersten Zusammenkunsl in Leipzig aus den 18. September ein- lud. Nur dreizehn Gelehrte, zudem meist nur Sächsische oder gar Leipziger, folgten der Einladung; doch gab man die Idee nicht aus, obgleich die daraufsolgende Versammlung, 1823 zu Halle, nicht viel zahlreicher besucht wär. Erst 1826 war die Zahl der Mitglieder auf 18V gestiegen, und 1828 zählte die Versammlung in Berlin an 800 Gelehne. Der Zweck des Vereins ist, einen mündlichen Austausch der Ideen durch gegenseitige Miitbeilung angesiellter Beobachtungen und gemachter Entdeckungen zu befördern, ein Zweck, der durch die Presse nicht immer erreicht werden kann. Die Franzosen, von denen man bei ihrem Nationalbang zur ge selligen Mittheilung die erste Gründling, oder wenigstens die erste Nachahmung eines solche» Vereins erwartet haben durste, haben erst, so viel bekannt geworden ist, einen schwachen Versuch gemacht. Der Grund dieses scheinbaren Widerspruchs mit dem Französischen National, Charakter ist ganz einfach. Lie Gelehrsamkeit, Kunst, Wissenschaft und Blldung der Franzosen ist in der Hauptstadt zusammengedrängl. Nicht nur die Centralisation aller Staals- und richterlichen Gewalten macht, daß man mit vollem Rechte behaupten kann, Frankreich läge in Paris, sondern auch der Mittelpunkt alles dessen, was das Leben zu verlängern, zu erheitern und irdisch und überirdisch zu erheben strebt, ist an Paris festgewurzelt, während das übrige große Frankreich, je nach dem Geiste seiner Bewohner, hier nach geistiger Veredlung schmach tet und dort sie, in tiefer Versunkenheit im Aberglauben des Mittel alters, verwünscht. Die Französischen Gelehrten, das heißt also die Pariser, können sich täglich leicht Mmbeilungen machen, ohne einen bestimmten Verein zu bilden und ohne kostspielige Reisen machen zu müssen. Anders verhall es sich mir England, wo »ich, nur die beiden höchsten Landes-Universitären mit ihren riesenhaslen wissenschaftliche» Sammlungen von der Hauptstadl getrennt sind, sondern auch, wie in Deutschland, Gelehrte, Künstler und Dichter an verschiedenen Orlen der drei vereinigten Länder anzulreffen sind. Als der Deulsckc Nalur forscher-Verein anfing, auch im Auslande mit Interesse betrachtet zu werde», setzten berühmte Englische Gelehrte übers Meer, um an den Verhandlungen Theil zu nehmen, und dies mag noch mit dazu beige- trage» haben, daß auch in England sich ein gleicher Verein bildete. Die erste Versammlung sand zu Hork im Jahre 1831 statt, u»d die vorjährige zu Bristol. Der Verfasser der folgenden Betrachtungen über den Zweck, die Form und die Erfolge dieses Vereins ist, wie er selbst gesteht, ein lhäliges Mitglied desselben, und seine Bemerkungen, die an sich interessant genug find, werden durch Hcrvorrusung mancher Ver- X gleichung zwischen dem Deutschen und dem Englischen Vereine für den Deutsche» Leser um so schätzbarer. Wir lassen den Verfasser fetzt selbst reden: „Der vorzüglichste Nutzen, der unmittelbar aus dem Streben dieses Vereins entspringt, ist, den Sin» für die Nalur-Wissenschaften unter alle gebildete Kläffen zu verbreiten. Der ostensibele Zweck der Gesell schaft: „die Beförderung der Wissenschaft", hingegen, kann nur indirekt erreich, werden. Nicht in den geräuschvollen Säle» solcher Vereine werden die Mittel bereitet, wodurch man Eroberungen in der t«cc» in- coxnita der Nalur macht; dem Fleiße der stillen Klause, den einsamen Anstrengungen des Laboratoriums hat man sie noch immer zu verdan ken gehabt. Wollen wir aber damir sagen, daß der Name: „Gesellschaft zur Beförderung der Wissenschaft"/ei» falscher ist ) Keinesweaes. Ohne Zweifel Hai die Gesellschaft ei» mächtiges Werkzeug in Händen, das Reich menschlicher Kenntnisse zu erweitern, aber es darf nicht so ge braucht werden, wie manche Mitglieder glauben. Eemeiiinützigkei wird ihr unmittelbarer Erfolg sev». Myriaden von Menschen werden sür die Wissenschaft gewonnen und werden belehrt, wie und welche Kenntniß sie zu erwerben habe»; sic werden gleichsam als Rekruten in der große» Armee der Wissenschaft cingercihl, in welcher sie selbst später durch Verdienste Hauptleute und Anführer werden. Von diesen Monaden würde ebne die Anregung und Wirksamkeit des Vereins kein Einziger seinen Geist den Kenntnissen zugcwendel haben, während doch jetzt bei solcher allgemeinen Bestrebung die Möglichkeit dec Erscheinung eines neue» Newton oder Laplace um vieles erleichtert wird. Außerdem darf man hoffen, daß manche neue Phänomene entdeckt und beobachtet wer den könne», wenn so viele wohlgerichtete Auge» sich nach dem Firma- nienle oder dem Schoße der Erde wenden. Männer, welche früher bloß in passiver Anschauung und Wundersucht auf die Werke der Schöpfung sahen, werden sie jetzt mit nützlicher Neugierde und geschickter Aufmerk samkeit betrachten, und wo sonst nur unwissende Bewunderung war, die zum Aberglauben und zum Beschränken des menschlichen Geistes führte, wird jetzt eine Bewunderung für den Urheber der großen Schöpfung allgemein werden, die sich Rechenschaft zu geben weiß, und immer stre ben wird, ihre Gegenstände klarer zu sehe». Daß aber die Britische Gesellschaft solche und andere schöne Zwecke vollständig und bald erreichen wird, wenn nicht eine größere Sorgfalt auf ihre Organisation und Operationen verwendet wird, bezweifel» wir sehr. Wir habe» bei einer früheren Gelegenheit sowohl über die Ge sellschaft als solche, als auch über ihre vorzüglichen Mitglieder unsere Meinung zu sreimüthig und deutlich ausgesprochen, als daß wir aus Furcht, mißverstanden zu werden, jetzt dieselbe unterdrücken sollten, wenn e« gilt, manche Punkte in dem Verfahre» der Gesellschaft zu bezeich nen, die der Verbesserung fähig wären. Wenn wir diesmal nicht die Sprache des Lobes führen, so geschieht es nicht, weil wir das viele Lo- benswerthe verkennen, sondern weil wir die allgemein für gut und edel anerkannten Grundsätze des Vereins und seine Verdienste zu loben sür überflüssig hallen müssen; dagegen aber glauben wir unserem Leser und vielleicht dem Vereine selbst eher zu dienen, wenn wir seine Aufmerk samkeit aus einige andere Punkte lenken. Man sollte niemals vergessen, daß die so sehr zahlreiche Gesellschaft aus ganz verschiedene» Klaffen mit verschiedenen Eigenschaften und Vor zügen besteht, die mehr oder minder Auszeichnungen, Ebrenstellen und Vortbeilc von der Gesellschaft zu erwarten habe». Es liegt daher am Lage, daß das Verfahren nicht ausschließlich nach den Wünschen einer dieser Klaffe» geleitet werden darf', am wenigsten nach den Wünschen der minder zahlreichen Klaffe, obgleich sic auf der höchsten intellektuellen Stufe steht. Es ist wohlbekannt, daß keine eigentliche Wahl zur Ausnahme in die Gesellschaft stattfiudel, sondern daß man bloß von einem schon auf- gcnommenen Mitgliede vorgesteüt wird und auf sichere Ausnahme rechnen kann, sobald man 20 Shilling für das laufende Jahr bezahlt Deshalb ist die Gesellschaft nicht bloß sehr groß, sondern auch mit ihren Mit gliedern sehr veränderlich, weil immer die Stadt, in der die Versamm lung staitfindel, ihre wohlhabenden Einwohner sendet, die im folgenden Jahr wieder durch die Einwohner einer anderen Stadt ersetzt werden. Zu dieser Klaffe von Mitgliedern gehören auch diejenigen, welche aus der Nähe der Stakt der Neugierde wegen kommen, wie man zu einem Mustkseste u. dgl. reist; sie lassen sich'ebenfalls nur sür das laufende Jahr als Mitglieder aufnehmen. Der jährliche Kongreß dauert 6 Tage, von Montag Morgen bis Sonnabend Abend. Sonnabends vor der Eröffnung der Sitzungen versammelt sich ein Ausschuß, der sich General-Comitö nennen oder besser schelten läßt. Bon diesem Ausschuß sollen alle Gesetze und Anordnungen sür alle Sektionen des Vereins auefiießen, und alle Ent scheidungen und Beschlußnabmen der sämmtlichen Ausschüsse sind seiner Revision zu unterwerfen Dieser General-Ausschuß besteht aus lauter Mitgliedern, die schon zu den Abhandlungen einer gelehrten Gesellschaft deigetragen haben. Den Sonnabend vor der erste» Sitzung sollen die Maßregeln der Geschäftsführung der folgenden Woche, insofern sie Prä sidenten, Vice-Präsidenten, Secretaire und Ausschüsse betreffen, in Be- ratbung gezogen und bestimmt werden. Wir sagen sollen, denn in Wahrheit hat der sogenannte General-Ausschuß nur eine nominelle Autorität, und wir glauben, daß er nicht einmal die Gewalt hat, die kleinste Veränderung in dem äußeren Geschäftsgang einzusühren. Wir wollen uns hierüber deutlicher erklären. Beim Entstehen des Vereins hielt man es sür nölhig, einige we nige Männer zu wählen, um manche Anordnungen in Detail zu treffen, die man nicht füglich zur Berathung in eine größere Versammlung