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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910904028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891090402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891090402
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-09
- Tag 1891-09-04
-
Monat
1891-09
-
Jahr
1891
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HWZZr Sk L I I 'tztz^s PL88? rs88LLrr-->s88 rsissiLs sssss.v.r»».. A-omtrmo«tSvrei- t» d« tzaaptrrvrdttioo oder den tm Stadt- beitrk und den Vororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich.St 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau» .Sl 5.50. Durch die Post bezogen lür Teutschlaud uud Oesterreich: vicrtel>ährlich >l 6.—. Direkte tägliche ZtrcuzbanLjendung ins Ausland: uionatlich 0.—. Tie Morgeu-Au-gobe erscheint täglich 0 Uhr, die Abeud-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Nedaction und Expedition: ÄohanucSgasse 8. Die Expedition ist ununterbrochen ge öffnet voa früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: vtt« §Ue«m'S Sorttni. (Alfred Hahn). UmversitätSstraße 1, Louis Lösche. Kathartuenstr. 14, pari, und KönigSplatz 7. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Abend-Ausgabe. Tagtblalt 25«. Kaisertage in Oesterreich. * von Horn aus begaben sich Kaiser Wilhelm, König Albert und Kaiser Franz Josef zu Wagen nach Schloß Schwarzenau und trafen daselbst Donnerstag um 2 Uhr Nachmittags ein. Cie wurden von dem Satl- halter von Ober-Oesterreich, dem BczirkSbauptmann und dem Bürgermeister empfangen. Eine Ekrcncvmpagnie und die Musikcapelle deS 85. Regiments waren ausgestellt. Kaiser Wilhelm schritt zur Rechten des Kaisers Franz Joses unter den Klängen der deutsche» Nationalhymne die Front der Ehrcncompagnic ab, welche dann desilirte. Kaiser Wilhelm reichte dem Statthalter die Hand und dankte demselben für den Empfang. Ans der Stiege des Schlosse- empfing die Familie deS BaronS von Widmann den deutschen Kaiser, Allerböchstwelcher die Baronin von Widmann führend sich in daS Schloß begab. WaS die Minister anbetrifft, so begab sich der Reichs kanzler v. Eaprivi nach dem Empfange in Horn mit dem österreichischen Minister des Aeußern Grafen Kalnoky sofort nach MaireS, wo dieselben de» Tag über blieben. Con- serenzcn fanden nickt statt. AbcndS 6>/, Uhr war in Schwarzenau Hoftafel, bei welcher rechts von dem Kaiser Franz Josef Kaiser Wilhelm, Erzherzog Karl Ludwig, Prinz Georg von Sachsen und der deutsche Botschafter Prinz Neuß, links der König von Sachsen, Erzherzog Ferdinand von Oesterreich-Este, sowie die Minister v. Eaprivi und Graf Kalnoky saßeu. Waö die Manöver anbetrifft, so werden gegen 70 000 Mann unter Oberleitung des Gcneral-JnspectorS der Armee, deS greisen Erzherzogs Albrccht, in dem besonders für große Truppenübungen geeigneten wellenförmige», mit Wald- parcellen vielfach bedeckten und von Flußläufen und Bächen durchschnittenen Gelände zwischen Gmünd und Horn operircn. Neben der Erprobung der seit Kurzem in der österreichisch-ungarischen Armee neu eingcführten Reglements, sowie des „Jnfanlericgewebrcs Hl. 88" und seiner neuen Munition, wird daü Hauptcharakteristische der bcvorstcbenden Manöver in dem Auftreten von Landwehrformationen in großen verbänden und endlich in der Anwendung von einer Anzahl Neuerungen auf dem Gebiete der Bewaffnung der Cavallcrie und Artillerie, sowie der Unterbringung und Verpflegung der Truppen bestehen. lieber die Manöver am Donnerstag wird dem „B.T." telegrapbirt: Der heutige Manövertag war besonders in strategischer Hinsicht von großer Bedeutung, stellte aber außerdem auch hohe Anforderungen an die Truppen, weil cs sehr heiß war. Der Tag ist im Allgemeinen gut ab gelaufen, doch ließen die Commandeure mancher Regi menter unterwegs nicht zu, daß die Mannschaften Wasser tranken; daher gab cö viele Marode. Die bosnischen Regimenter sselen äußerst vortheilhaft auf. Dem deutschen Kaiser sind die heutigen Strapazen vortrefflich be kommen. Kaiser Wilhelm zeichnete besonders den Erzherzog Albrccht aus und unterhielt sich ferner sehr viel mit dem ihm attachirten General Appel, dem LandeScommandirendcn von Bosnien. Appel gilt als einer der hervorragendsten Officiere. Am Sonntag wird Kaiser Wilhelm beim Erz Herzog Albrccht frühstücken. Leipzig, 4. September. * Der Jahrestag der Capitulation von Sedan ist im ganzen Deutschen Reiche mit jener patriotischen Wärme begangen worden, welche der Bedeutung des Tageö für die Geschichte des deutscken Volkes, für Gegenwart und Zukunft entspricht. An solchen Gedenktagen richtet das VolkSbcwußtscin sich aus den mancherlei Bedrängnissen und Zerwürfnissen des alltäglichen Lebens wieder einheitlich, stolz und kräftig auf, und alle Aergernisse, welche im Streit des Tageö und der Parteien die Gcmüthrr bewegen, beugen sich vor dem einen Worte: Vaterland, vor der Erinnerung an so große Geschicke. Mit dieser Erinnerung flammt auch die Dankbarkeit wieder Heller auf an die großen Führer jener Tage, an Kaiser Wilhelm I., an alle die ihn mit Rath und That eingreifend umgeben haben, und wenn durch Reden und' Kundgebungen der Presse am Scdantage vielfach der Gedanke durchklang, daß die Nation emmüthig entschlossen sei, sich das Erbe jener großen Zeit um den Preis selbst jedes Opfer- zu bewahren, so ver knüpfte sich damit die Zuversicht, daß m der entscheidenden Stunde unserm Volke die rechten Dcänncr an der reckten Stelle nicht fehlen werden. Mit besonderen» Danke ist aber erfreulicherweise wohl überall deS Fürsten Bismarck gedacht worden. Wie Kaiser Wilhelm I. seinem Kanzler einst bezüglich des Niederwald-Denkmales geschrieben, daß dies eigentlich sein — deS Kanzlers — Denkmal sei, so werden für alle Zeit die patriotischen Herzen am Tage von Sedan dankbar des Staatsmannes gedenken, dessen unbeugsame und gleich zeitig so umsichtige Entschlossenheit in erster Linie Deutsch land so schnell zu so großen Zielen geführt hat. * Aus Berlin wird der „Frankfurter Zeitung" tele graphisch gemeldet: „In Varzin bei dem Fürsten Bis marck wird gutem Vernehmen nach demnächst der Besuch des Prinzen Albrccht von Preußen erwartet. Der preußische Gesandte bei der Curie Schlözer ist in Varzin eingctrofsen." * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bemerkt gegen über der Nachricht der „Times" bezüglich deS Aufkaufs von Suezcanalobligationen durch Rußland und be treffs der Meldung des „Standard" über die Dardanellen- fraae": „Mehr der Tendenz als dem eigentlichen Inhalt dieser Nachrichten ist eine gewisse Bedeutsamkeit zuzusprcchcn." Bezüglich der Mecrengcnfragc könne nach der rechtlichen Sachlage und den Vorkommnissen der jüngsten Zeit von ..periculum in moru" für die europäischen Verträge vor der Hand keine Rede sein. * Der preußische Minister für öffentliche Arbeiten hat bestimmt, daß außer den unter staatlicher Verwaltung stehenden Brücken mit eisernem Oberbau auch dir in städtischer Verwaltung befindlichen Brücken regelmäßig untersucht werden sollen. * Für Diejenigen, welche in einer Aufhebung der Ge- Ireidezölle das Heilmittel gegen die hoheo Brodpreise er blicken, sollte folgende Mittheilung au- dem getrridezoll- Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. An i vrtiA nOpkkls M»ra»»-Au«g»d«: bl« Sgespal»«« >»M» »Kl« 80-4, Rrclamea unter dem Nedacnoat- prtch (-gespalten) 50-4, vor den Farullteu- uachrichten (6 gespalten) 40-4- Abead-AuSgabe: dir «gespaltene Petitzeile 40 ^ Reclamen unter dem Redoction-vrich <4 gespalten) I ^l, Familieonachrichtru und Anzeigen verlorener Gegenstände (ügrspnltro) L0-4- Größere Schriften laut unserem Pons» verzeichniß. Tabellarischer und Ziffern)»- nach höherem Tarif. Extra-vetlagen (gesalzt), nur «tl da Morgen-Ausgabe, ohne Potzbefördaung M.—. mlt Postbefördernng 70.—. Äuuahmeschluß für Inserate: Abrod-Ansgab«: Vormittag» 10 Uhr. Marge n-Au-gab«: Nachmittag» - Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmeslelleu je ein« halbe Stund« früher. Inserate sind stets an die Er-edtlta» zu richten. Freitag den 4. September 1891. 85. Jahrgang. reien England lehrreich sein: Sämmtliche Bäcker Londons erböblen den BrodprciS um einen halben Penny auf einen Laib, auf zwei Pfund um einen viertel Penny. * Tie „Nat.-Lib. Eorr." schreibt: „Als Zeichen der Zeit mag hervorgehoben werden, daß der deulschsrcisinnige Ober bürgermeister der protestantischen Stadt Danzig, I)r. Baum bach, die dort tagende Katholikcnvcrsammlung nicht nur officicll begrüßte und seines schmerzlichen Bedauerns über den Tod Windthorst'S versicherte, sondern auch bei weiteren Verhandlungen anwesend war! Diese Haltung soll denn auch in der Danzigcr Bürgerschaft sekr unlieb sam berührt haben. Viel bester hat cS freilich auch der Oberpräsidcnl von Goßler nicht gemacht. Und da wundert man sich »och, wenn die uliramontanen Ansprüche immer üppiger inS Kraut schießen." Wir wunder» uns an gesichts dessen, was der vormalige mciningcnsche Laudrath Baumback in seiner früheren öffentlichen ^Hörigkeit fertig gebracht hat, über sein neuestes Auftreten aus dein Katholiken tag in Danzig ganz und gar nicht. Ein Mann, der sich durch seine Eigenschaft als hoher Staatsbeamter nicht im Geringsten gehindert süblte, mit den Socialistcn zu liebäugeln, für den ist's gewiß ein Leichtes, den Ultramontanen die Schleppe zu tragen und deren Fübrcr, dem verstorbenen Windlborst, auch nach dem Tode noch Weihrauch zu streue». * Während im Reiche bereits im Monat August die Vorprüfung der Etats anmcldungen im Reichsschatz amt vorgcnommen werden konnte, befinden sich in Preußen erst seit dem l. September die Etalsanmcldungen der einzelnen Ressortminister ini Finanzministerium und cS wird der EtatS- abtbcilung des letzteren ei» arbeitsreicher Monat erwachsen, um die für den Oktober in Aussicht stehenden EtatSconfcrenzen vorzubereitcn. Es ist klar, daß in diesem Stadium ein genaueres Bild von der Gestaltung deS nächstjährigen StaatShauS- hallS-EtatS sich nicht gewinnen läßt; doch erscheint, so schreiben die „Berliner Politischen Nachrichten", das Eine schon sicher, daß den ans den meisten Gebieten der Staatsverwaltung kervortrctendcn dancrnden Mebrbedürfuissen eine entsprechende Vermehrung der Einnahmen nicht gcgenübcrslcht, und daß cs daher sorgsamster Abwägung bedürfen wird, um das Gleich gewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben aufrecht zu er hallen. Auck eine Kürzung deS Extra OrdinariumS, wie sie in knappen Zeiten als Auökunftmitlel sich darbictel und auch mehrfach angewandt ist, muß an sich naturgemäß in engen Grenzen gehalten werden, weil ein Theil der einmaligen Ausgaben unausschiebtich ist und die Fortführung begonnener Bauten io der Regel nickt ohne Verstoß gegen die Grundlagen einer guten Wirhschast verlangsamt werden kann. Aber die Her stellung deS Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Aus gaben auf diesem Gebiete würde auch crkausl werden müssen mit dem Verzicht auf Unternehmungen, welche zur Hebung der wirtlffckastlichcn Entwickelung des Landes geplant werden und deren Hinausschicbcn gerade im Interesse der Hebung der minder lciftungssähigen Landcsthcilc überaus erwünscht sein würbe. Insoweit cS sich dabei um größere productive Unternehmungen handelt, liegt daher der Gedanke nahe, die Bereitstellung der Mittel, falls sie aus den ordentlichen Ein nahmen deS Staates nicht zu entnehmen sind, im Wege der Inanspruchnahme des StaatscrcdilS flüssig zu machen. * lieber die Vorbereitungen zu dem neuen Volksschul- gesetzcntwurf in Preußen verlautet, daß sich zur Zeit noch nicht mit Bestimmtheit übersehen läßt, ob diese Vorlage bereits in der nächsten LandtaqSsession wieder wirb cingcbracht werden könne. Der Goßler'sche Entwurf wird einer sehr gründlichen Umarbeitung unterzogen und die Zeit deS Ab schlusses dieser Arbeit laßt sich »och nicht absehc». * Der deutsche Katholikentag nahm eine Resolution an, welche die Arbeiterschutzgesctzgcbung beifällig be grüßt, sowie mehrere Beschlüsse, betreffend die streng con- sessionclle Gestaltung der Volksschule und die Ertbeilung deS Religionsunterrichts in der Muttersprache. Ferner empfahl die Versammlung die Erbauung guter Arbcitcrwoh- nungen, Errichtung katholischer Meister-, Gesellen- und Lchr- lingSvcrcine, sowie die Bekämpfung der Sachsengängerci. Am Donnerstag wurde der diesjährige deutsche Katholikentag ge schlossen. Hervorbeben wollen wir noch das von dem Präsi denten Grasen v. Rechberg gegebene Bckcnntniß zum Drei bünde, WaS wohl als ein Protest gegen die Artikel deS „Osservatore Romano gedeutet werden kann. Der Redner sagte nämlich: „Wir stehen fest zur Friedenspolitik des Kaisers und seinen den Frieden garantirenden Allianzen." Damit können die Artikel deS „Osservatore Romano", welche den Dreibund als Besiegelung der -Knechtung der katholischen Kirche bekämpften, nicht in Einklang gebracht werden. Ebenso wenig befindet sich aber daS Bekcnntniß deS Grasen v. Rech berg mit dem Beschluß des Katholikentages hinsichtlich der Wiederherstellung der weltlichen Macht deS Papstes im Einklang. * Acht Anarchisten, welche seit längerer Zeit wegen Verbreitung verbotener Schriften in Stuttgart in Unter suchung sich befanden, wurden dieser Tage, wie die „Bossische Zeitung" meldet, nach Berlin, wo die weitere gerichtliche Untersuchung stattfinden soll, übergcführt. * Aus Weimar wird uns geschrieben: Die Beiheiligung unserer Bürgerschaft an den LandtagSwablcn (Urwahlen) war in hiesiger Stadt zwar eine beträchtlichere als früher, indeffcn sind doch noch bei Weitem keine 50 Proccnt der Wähler erschienen. Es ist deshalb noch eine Nachwahl vor- zunchmcn, die bereits kommenden Montag stattsinden wird. Agilirt haben in letzter Stunde die Deutschfreisinnigen, welche unter ihrer jetzigen Vormundschaft bei jeder Gelegenheit ein „Geschäftchen" machen zu können glauben und gar zu gern einen der Ihrigen in daS hiesige StändehauS einziehc» sehen möchten. Allem Anscheine nach hängen aber diese Trauben noch zu hoch, und wenn nächsten Montag die ruhig denkende Bevölkerung ihre Schuldigkeit thut, so werden wir davor bewahrt bleiben, die freisinnigen Declaniationcn in einer Körperschaft hören zu müssen, die zu gewissenhafter Arbeit für das Wohl deS engeren Vaterlandes berufen ist. * * * * In Wien verlautet, der Verfasser der militairpolitischen Broschüre über daS KriegSbudget Oesterreichs sei Oberst Pit reich, Chef de- PräsidialbureauS Le- gemein same« Krieg-muusserium-. * Sämmtliche Blätter in Pest ohne Parteiuutcrschied begrüßen die Kaiserbcgcgnung aufSHerzlichsteund betonen, der deutsche Kaiser sei nickt nur der Gast deS Monarchen, sondern der gesammtcn österreichisch-ungarischen Völker. DaS vom deutschen Kaiser bekundete Herrschcrtalent, seine staats männischc Weisheit und glänzenden persönlichen Eigenschaften müßten selbst dann verehrt und hochgeschätzt werden, wenn derselbe nicht der Verbündete der österreichisch-ungarischen Monarchie wäre. * Am 8. September tritt, wie alljährlich, der inter nationale Katbolikcncongreß in Mccheln zur Be- rathung über die sociale Frage zusammen. Während bis her Bffchof Doulreloux von Lüttich den Vorsitz ans den in Belgien abgebaltcnen inlcrnalionalcn Kalholikenversaliimlnngc» führte, hat Papst Leo Xlll., auf dessen Wunsch die regel mäßige Wiederkehr der Katholikentage überhaupt zurück- zusühren ist, in einem besonders schineichclbasten Schreibe» an den Cardinal Erzbischof GooßcnS von Meckel» diesem jenes Ehrenamt übertragen. Dies wird wahrscheinlich die einzige Veränderung sein, der wir auf dein Mechclncr Eongresse begegnen werden. Tenn cs sind dieselben Bischöfe, Prälaten und katholischen Partcisührcr angemclrct, die wir seit 1888 auf den Lütticher Katholikentage» gehört und ge sehen baden, und cö ist nicht anzuncbincn, daß sie uns mit neuen Gedanken zur Lösung der socialen Frage überraschen werden. Der Papst hat, wie die ultramontanen Blätter melden, die Gelegenheit zu einer neuen Kundgebung in der socialen Frage benutzt, indem er an den Cardinal-Erzbischof von Mccheln ein Breve richtete, worin de» Katholiken neue Ermaimungen bezüglich ikrer Haltung zur socialen Frage crtbcilt werden. Der Wortlaut des päpstlichen Schreibens soll in der ersten Congrcßsitzung bekannt gegeben werden. * Die französischen Deputirten haben den Bericht deS Spccial-Reserentcn Pichon über den Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten zugeschickt erhalten, der in seinen Schlußfolgerungen, wie bereits ans telegraphischem Wege mitgcthcilt, nicht ermangelt, aus die „so erfreuliche" Um gestaltung der auswärtigen Situation Frankreichs Bezug zu nelnnen. Herr Pichon, einer der jüngsten Kammcrinitgliedcrk, ist Mitarbeiter Clcmenceau's in der „Justice" und bearbeitet in diesem radikalen Organe hauptsächlich die aiiSwärtige Politik, gilt auch in den parlamentarischen Kreisen als der erste Candidat für den Posten einesUnlerstaatSsecretairS im Auswärtigen Amte, falls derselbe wieder bcrgcstellt werden sollte; er gekört zu den schlimmsten Ebauvinisten und bekundet bei iedcr Gclcgenbeit seinen Deutschenhaß, so daß es ganz natürlich erscheinen muss wenn er am Schluffe seines Berichtes sagt, daß „wir Niemanden mehr zu fürchten uud durch unsere Klugheit Freundschaften erworben haben, welche unser Vertrauen auf eine wiedcrerstattende Gerechtigkeit (sustiev r«ff>aratrioe) un erschütterlich machen". ES ist nur symptomatisch, daß jetzt in einem officiellcn parlamentarischen Actenstücke ein solcher Euphemismus für die Revanche Ausnahme findet. Herr Pichon, auf dessen Antrag, wie s. Z. gemeldet, die Bndget-Commission die Erhöhung der geheimen Fonds deS Ministeriums des Aeußern von 700001» auf eine Million Francs votirt hatte, giebt in seinem Berichte zu dieser Maßregel den folgenden Commenlar: „Um die Notkwendigkeit dieser Vermehrung zu begreifen, genügt eS, zu wissen, WaS die anderen Mächte sur denselben Zweck verausgaben. Die Bertbeidignng unserer heiligsten Interessen würde schwierig werden, wenn die .Kammern Anstand nebinen würden, der ausübenden Gewalt die notbwendigslen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, um gegen die äußere Propaganda und Spionage zu kämpfen. Man kann sich nur fragen, ob dieser Credit selbst nach der Erhöhung auf eine Million nicht noch ungenügend sein wird. Um denselben zu feilschen, würde unserer An sicht nach nicht würdig deS patriotischen Scharfblickes und der diplomatischen Ansichten der Volksvertreter sein." * Ans Par iS wird geschrieben: Nachdem die albernen Nach richten über das Befinden des deutschen Kaisers einige Tage lang eingestellt worden waren, fangen sic jetzt schon wieder an, und man weiß nicht, WaS man mehr bewundern soll, die Be harrlickkcit der Lügcnsabrikantcn oder die Gleichgiltigkeit oder Beschränktheit der Leser, die sich solchen Unsinn bieten lasse» Heute heißt cS nun gar, daß die Berliner Polizei in Berlin Nachforschungen nach den Berichterstattern derjenigen sranzö fischen Blätter anstelle, die die Lügenbcrichtc verbreitet haben. Diese angebliche Depesche aus Berlin ist wahrscheinlich auch in Paris angefcrtigt, ebenso wie alle früheren Erfindungen. Der Berliner Polizei kann cS nicht unbekannt sein, daß cS in Berlin überhaupt keine Berichterstatter sranzösischcr Blätter giebt und daß all daS Zeug, daö in Paris unter der Spitz- marke „Berlin" rusammcngeschriebcn wird, nur hier seinen Ursprung hat. Ab und zu kommt cS vor, daß ein franzö sisches Blatt einen Berichterstatter nach Berlin schickt, aber wirkliche ständige Mitarbeiter besitzt dort kein einziges. * In einem Gespräch erklärte der BanuS von Kroatien, die Fälle, welche in letzter Zeit die ungarische öffentliche Meinung aufgeregt hätten, seien ganz bedeutungslos. Die Zustände in Kroatien seien durchaus befriedigend. Die Dal matiner Hetzerei sei das Werk der Ultras, die darüber selbst in Zank gcrathen seien. * Der „Sla ndard" veröffentlicht einen langen, offenbar inspirirten Leitartikel, der Frankreichs Fortschritt seit dem Kriege von 1870 bespricht. Unfern wackeren Nachbarn, sagt daS Blatt, kann man cS wohl verzeihen, wenn sie sich ihrer beinahe beispiellosen Erfolge rühmen oder darüber frohlocken. Wenn aber die übrige Well großmülkig genug ist, mit ihrer Bewunderung nicht zurück zu halten, will Frankreich dann nicht so klug sein, um die richtige Moral daraus zu ziebcn »nd durch die Lobreden Anderer nicht zu gefährlichen Schlüffen kommen'? Würde daS französische Volk nicht gut thun, sich dessen zu erinnern, WaS vor 2l Jahren infolge übertriebenen Selbstvertrauens geschah, wodurch die Schwachen gereizt und die Starken provocirt wurden? Wünscht Frankreich wirklich, nachdem cö sich erholt hat, seine Kräfte nur zur Selbsivertheidigung zu verwenden? Besitzen die Franzosen eine so aufrichtige, unbedingte Friedensliebe, wie z. B. das Volk unseres Landes oder die Völker Oesterreichs? Wenn das der Fall ist, wie kommt es dann, daß sie sich so ängstlich abmühcn, die Freundschaft und die Hilfe der einzigen Macht in Europa zu erwirken, deren Ehrgeiz grenzen los ist und welche niemals zu erkennen gab, daß ihr die Ruhe Europa- wichtiger sei als dir Verfolgung ihrer eigenen eroberungssüchtigen Politik? Mil welchen sympatbischcn Gefühlen immer wir auch Frankreich betrachten mögen, so ist eS uns doch unmöglich, nicht über die That- sache erstaunt oder davon unangenehm berührt zu sein, daß eS seine Sympatbien weder uns, noch Italien oder Oester reich zuwendct, sondern dieselben ausschließlich und im Ueber- fluß einer Macht angedeihen läßt, welche in jeder denkbaren Beziehung mit Ausnahme ihrer Liebe für militairische» Ruhm und politische Herrschsucht, von Frankreich am meisten ab- wcicht und von der man aniichmcn sollte, daß sie in der Brust eines jeden Franzosen nur Abscheu und Abneigung erzeugen könne, llm offen zu reden, müßte die enthusiastische Vertraulichkeit zwischen Frank reich und Rußland eigentlich uncrklärbar sei», wenn sic nickt dabin zielte, srübcr oder später den Weg zu einer militairischen Vereinbarung zu bahnen. Das einzig mögliche Band zwischen diesen 'Nationen ist ein mililairisches. Aber gegen wen? Wer hat Rußland bedroht? Wer will Frankreich angreifcn? Frankreich wird hoffentlich den richtigen Tacl besitzen, nickt in die handgreiflichen Fallen zu gcrathen, welche den Sturz deS zweiten Kaiserreichs hcrbkisübrtcn und dem sranzösischen Volte so schwere Buße auscrlcglcn. * Tie Etambulcr Meldung deS „Standard" bezüglich der Dardanellen, welche noch immer nicht amtlich widerrufen ist, wirbelt in London viel Stand auf. Die „St. James Gaz." erinnert daran, daß Fürst BiSmarck zur Zeit des rusffsch-türtischcn Krieges der britischen Regierung den Rath gegeben habe, sich Egüptcn zu nehmen. Die „St. Jamcö- Gaz." empfiehlt, irgend eine grobe Verletzung deS Berliner Vertrag- seiten- Rußlands oder der Türkei, wie die Ocffnung der Dardanellen, als rollgiltigc Rechtfertigung für die Annexion Egyptens zu benutzen. * Der Sultan ernannte, wie wir bereits in einem Theil der Morgcnnummcr melden konnten, Djevad-Pascha zum Großvezicr, DjeniaUediii Esfcndi zum Scheich et JSlani, den Militaircommantantcn von jstildiS Kioök, Niza-Pascka, zum Kriegsministcr, den Gonverncur von Smyrna,Rifat Pascha, zum Minister deS Innern, den Gouverneur von Salonichi, Gbali- Pascha, zum Intendanten - von EvkafS, Zudi-Pascha zum UntcrrichtSminiiter, den Gouverneur von Brussva, Mahmud- Pascha, zum ArbcilSministcr. Der Präsident des StaalS- ralhcs, Aarisi-Pascha, wurde von seinem Posten enthoben, derselbe ist noch nickt wieder ersetzt; die übrigen Minister verblieben aus ihren Posten. Der Justizministcr Riza Pascha wird bis zum Eintreffen Djcvad-Paschas daS Ministerium deS Innern und daö Großvezicrat verwalten. * Nach Berichten, die der „Kreuzzcitung" aus Peters burg zugehcn, scheint man in de» dortigen maßgebenden Krcifen schon mit Rücksicht ans die radicalc Richtung, welche die Jungczcchen vcrsolgen, Masscnauöslügc russischer Unlertbauen »ach Prag nicht zu wünschen. Ein Er klärungsgrund hierfür mag auch darin zu suchen sein, daß man Kenntniß davon erlangt Kat, cS wären während des kürzlich«:» Bcfuchcs der russischen Ausflügler in Prag dort von denselben allerlei gegen den Zaren und die russische Regierung gerichtete nihilistische Schristen massenhaft aus- gekaust worden. * Arnold White, welcher die schwierige Ausgabe über nommen hat, in St. Petersburg die Wege für die Pläne deS BaronS Hirsch z» bahnen, warnt in einem Schreiben an die „Times" die englischen Judcnsrcunde vor Uebercifcr: „Rücksichtslose Schmähnng Rußlands, die Verbreitung und Wiederholung unbegründeter Erzählungen über russische Barbarei ist nicht nur natürlich, sondern entschuldbar seitens der englischen Juden. Wenn aber Giadstone, der doch Aussicht hat, wieder an die Spitze der Regierung zu komme», mit „aufrichtiger Befriedigung" ein Exemplar deS „Tarkest Russin" eiitgegeiininimt und das Ge wicht seines Namens für die Zcnichrist cmicpt, so ist es Zeit, an Gladstonc'S Mitleid und gesundem Mcnschenvcrsland zu oppclliren, bainit er nicht alle praktischen Bemühungen, welche in Rußland selbst zur Abhilfe der Roth der Inden und der russischen Aus wanderung gemacht werden, vernichtet . . . Jedenfalls wird der englische Bolichaster an der Newa, falls Home Rule siegt, um eine Erklärung ersucht werden . . . Jeder, welcher den Juden wirklich Helsen will, hat zwei Wege offen: seinen Mund über Rußland zu halte» und seine Hand >» die Tasche zu stecke» und einer armen Familie die Reise »ach Südafrika oder Amerika zu verschaffe». Ich darf nicht offen reden. Dürste ich es, so könnte ich leicht beweisen, welchen Schaden das Gulldhall-Mecting angerichtct hat. ES ist nicht unwahrscheinlich, daß Gladstone'ö Pathenschast des „Darkest Russin" sich ebenso schädlich erweisen wirb, wen» nicht die Wähler zu der Entscheidung komme», daß der ehrwürdige Philanthrop nicht der Mann ist. dem inan die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten anvertrauen kann." * Die Königin Pia von Portugal ist an der Influenza crkrantt. * Die republikanischen Umtriebe in Portugal, welche von französischer Seite anscheinend lebhafte Unterstützung finden, haben seit einer Reihe von Monaten die Aufmerkjam- kcil der politischen Kreise in Spanien, aber auch in den an deren europäischen Ländern auf sich gezogen. Ein Redacteur des „Liberal" bat dieser Tage in Biarritz eine Unterredung mit Sagasta gehabt, welcher sich mit Eanovas in den Fragen der auswärtigen Politik verständigt haben soll. Sagasta hat sich dahin ausgesprochen, daß ein Eingreifen Spaniens in Portugal, von dem in letzter Zeit in der spanischen Presse mehrfach die Rede war, gefahrvoll und nur dann gerechtfertigt wäre, wenn Frankreich in sichtbarer Weise die republikanischen Umtriebe unterstützen sollte. Dauerten diese Umtriebe ^ort, dann würde sich schließlich Niemand wundern, wenn die Mon archien sich vereinigten, um sich gegenseitig zu schütze». * Ein Telegramm der „Times" auö Shanghai meldet einen in Jchang anSgebrvchencn Aufruhr, bei dem daS Eigenthum aller fremden Missionen zerstört wurde. Verlust an Menschenleben ist nicht zu beklage». * Der „Agcncc de Constantinople" zufolge ist eS nach den zwischen der Pforte und dem russischen Bot schafter Nelidoff gepflogenen Verbandlungen zu einer Verständigung gekommen, um den Mißverständnissen ein Ende zu machen, welche entstanden, wenn russische, der Frei willigen-Flotte dc» Schwarzen MccrcS zugehörige Packcl- boote, welche den regelmäßigen Handel zwischen Odessa und Wladrwostock versehen, die Meerenge passirtcn. Die Mißver-
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