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ErMbHolksfreunü. Tageblatt für Schwarzenberg und Umgegend. 8(lNt9blatt für die königlichen nnd städtischen Behörden in Nne, Grünhain, Harten- stein, Johanngeorgenstadt, Lößnitz, Neustädtel, Schneeberg, Schwarzenberg nnd Wildenfels. Redaction, Verlag und Druck von C. M. Gärtner in Schneeberg. «H» 158. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Preis vierteljährlich 1 Mark 80 Pfennige. Mittwoch, den 13. Juli Jnsertionsgebühren: die gespaltene Zeile 10 Psennige, die zweispaltige Zeile amtlicher Inserate 2b Pfennige. 1887. Herr Schankwirth Carl Friedrich Vollrath in Reinsdorf beabsichtigt, in dem unter Nr. 163 L des Brand-Versicherungs-Katasterö für Reinsdorf gelegenen Grundstück eine Schlächterei zu errichten. In Gemäßheit § 17 der Neichsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 wird dies mit der Aufforderung hierdurch bekannt gemacht, etwaige Einwendungen hiergegen, so weit sie nicht auf besonderen Privatrechts-Titeln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, allhier anzubringen. Zwickau, am 7. Juli 1887. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Bose. W. Auf Fol. 174 des hiesigen Handelsregisters ist heute die Firma V. Hübschmann in Schwarzenberg und als deren Inhaber Herr Fabrikbesitzer Carl Volkmar Hübschmann daselbst, sowie als Procurist derselben Herr Ernst Richard Hübschmann daselbst eingetragen worden. Schwarzenberg, am 11. Jnli 1887. Königliches Amtsgericht. Fiedler. Oeser. Im Handelsregister für die Stadl Schneeberg ist heute auf Folium 191 daö Erloschen der Firma Ernst Espig in Schneeberg verlautbart worden. Schneeberg, am 9. Juli 1887. -Königliches Amtsgericht. Müller. - B^ "BekamM Auf Grund von Z 5 und 6 des hiesigen Regulativ über das Meldewesen haben Hauswirthe, Arbeitgeber und Lehrherren dafür besorgt zu sein, daß die zu ihnen ver ziehenden Familien, einzelne Personen, Arbeitnehmer und Lehrlinge innerhalb drei Tage» an- und beim Fortzug abgemeldet werden. Sind die Meldepflichtigen selten der Haus wirthe, Arbeitgeber und Lehrherren zu dieser polizeilichen Anmeldung nicht angehalten wor den, oder haben letztere die Versäumniß der Anmeldung ihrer Meldepflichtigen, innerhalb einer Woche vom Tage des Anzuges ab, bei der städtischen Behörde nicht angezeigt, so sind letztere (also Hauswirthe, Arbeitgeber oder Lehrherrn) unbeschadet der Straf barkeit ihrer Meldepflichtigen, nach 8 9 ged. Regulativs mit Geldstrafe bis zu 15 Mark oder entsprechender Haft zu bestrafen. Ueber jede An- und Abmeldung wird schriftliche Bescheinigung ausgestellt und haben sich Hauswirthe, Arbeitgeber und Lehrherrn, um sich vor Strafe zu schützen, diese Bescheinigung vorzeigen zu lassen. Hartenstein, am 12. Juli 1887. Der Bürgermeister. Berger. Bekanntmachung. Die zur sogenannten Kobaltstraße gehörige Brücke über den Schlemabach bei der Jungnickelschen Restauration in Neustädtel kann wegen eines Umbaues derselben von Mon tag, den 18. Juli 1887 ab, bis auf Weiteres nicht befahren werden. Die Stadträthe zu Schneeberg und Neustädtel. Dr. von Woydt. Speck, Bürgerm. Dienstpfl. Feuerwehr Wildenfels. 4ter Spritzenzug, Sonntag, den 17. Juli 1887, früh 7 Uhr Uebn n g. Wildenfels, am 11. Juli 1887. 2 Junghänel, Branddirektor. Tagesgeschichte. Deutschland. Berlin, 9. Juli. Die Franzosen oder, richtiger ge sagt, die Pariser Chauvinisten sorgen dafür, daß man sich immer und immer wieder mit ihnen und ihrem oft tollen Gebühren beschäftigen muß. Die Scenen, die sich bei der Abreise Boulanger'S auf dem Pariser Bahnhof abgespielt haben, beweisen, daß Diejenigen Recht gehabt hatten, die sich vor vier Wochen jauf die schlimmsten Ueberraschungen beim Rücktritt dieses Mannes vom Kriegsministerium gefaßt gemacht hatten. ES bedarf noch der Aufklärung, weshalb damals Alles entgegen der allgemeinen Erwartung so glatt ablief. Die jetzigen Lärmscenen kommen um so überraschen der, als General Boulanger gerade in der letzten Zeit an Volksthümlichkeit erheblich eingebüßt zu haben schien. Es zeigt sich darin aufs Neue, daß die Franzosen völlig unbe rechenbar sind und oft das Gegeuthcil von dem thun, was man vernünftiger Weise von ihnen erwarten sollte. Für Deutschland ergiebt sich daraus die Lehre, daß einem so unruhigen Nachbar gegenüber gar nicht genug zur Sicherung und Erhöhung der Schlagfertigkeit des Heeres gcthan wer den kann. Alle Ereignisse rechtfertigen vollständig die letz ten, glücklicher Weise bewilligten Forderungen der deutschen Heeresverwaltung. — In hiesigen Regierungökreisen wird mit besonderem Nachdruck betont, daß Deutschland allen Ereignissen in Bulgarien gleichgiltig gegenüber stehe und insbesondere nicht das geringste Interesse daran habe, Wer in Bulgarien herrscht. Deshalb vermeidet man es hier auch, zu der in Tirnowa vollzogenen Fürstenwahl Stellung zu nehmen. Akan läßt die Ereignisse ruhig an sich heran kommen und wartet zunächst die amtliche Anzeige ab, ehe man sich darüber irgendwie äußert. Es ist vorauszusehen, daß auch in dieser Frage Deutschland, Oesterreich und Italien in vollständiger Uebereinstimmung handeln wer den, während die Stellung Frankreichs noch ungewiß ist. — Nachrichten aus Konstantinopel zufolge gilt in dortigen diplo matischen Kreisen die Ratification des englisch - türkischen Abkommens über Egypten durch den Sultan nunmehr als nahe bevorstehend. Rußland hat sich, seitdem es die Nutz losigkeit aller bisherigen Bemühungen erkannt hat, seit eini ger Zeit passiv verhalten und Frankreich allein die aussichts lose Thätigkeit überlassen, dieser Convention entgegenzuarbei ten. Nachgerade scheint man sich auch in Paris mit dem Gedanken vertraut gemacht zu haben, daß jenes Abkommen demnächst in Kraft treten wird. Es ist fraglos, daß die französischen Bemühungen einen ganz anderen Erfolg gehabt hätten, wenn sie der deutsche Botschafter in Konstantinopel unterstützt haben würde. Die Franzosen haben sich, Dank ihrer grundsätzlichen deutschfeindlichen Politik eine neue Nie derlage zugezogen. Wann wird ihnen die Erkenntniß auf dämmern, daß sie sich mit dieser Politik selbst mehr Scha den zufügen, als den Deutschen?! — Alle Nachrichten über die Reisen des Fürsten Bismarck sind mit der durch die Erfahrung gebotenen Vorsicht aufzunehmen. Bisher steht nur fest, daß er auch in diesem Sommer wieder nach Kis- singen reisen wird. Dagegen ist der Zeitpunkt seiner Reise noch unbestimmt und ebenso unbestimmt ist es, ob der Fürst auch in diesem Jahre zur Nachkur nach Bad Gastein gehen wird. Berlin, 11. Juli. Nach einer Privatdepesche des „Bör- sencourier" ans Coburg vom heutigen Tage berief Herzog Ernst unmittelbar nach dem Eintreffen des Telegramms, welches die Wahl des Prinzen Ferdinand von Coburg zum Fürsten von Bulgarien meldete, den Hofrath Fleischmann in Bamberg, den Erzieher des Prinzen, hierher, um mit diesem, dem auf den Prinzen Ferdinand und dessen Mutter, die Prinzessin Clementine, ein großer Einfluß zugeschrieben wird, sich über die Wahl zu besprechen: Die Besprechung fand hier im Fürstenzimmer des Bahnhofs statt und währte eine Stunde. Wie bestimmt verlautet, hat Herzog Ernst den Hofrath Fleischmann aufgefordert, dem Prinzen Ferdi nant dringend von der Annahme der bulgarischen Fürsten krone abzurathen und eventuell seine Erlaubnißverweigerung als Chef des Hauses zu einem solchen Schritt in Aussicht zu stellen. Hieran schloß sich ein längerer Depeschenwechsel zwischen dem Hofrath Fleischmann und dem Prinzen Ferdi nand. — Die nenen 20 Pfennigstücke haben in der kurzen Zeit, während welcher sie kursiren, infolge ihres großen Umfanges und schweren Gewichts, welche zn dem geringen Werthe derselben in keinem Verhältnis) stehen, vielfach Ta del gefunden. Sie entsprechen allerdings ihrem Zwecke um so weniger, als die Mischung des Materials, aus dem die Münzen geprägt sind, als mißlungen bezeichnet werden muß, da dieselben rasch schwarz werden, so daß ihre Prägung schwer erkennbar und eine Fälschung leicht wird. Haupt sächlich aus letzterem Grunde soll nun, wie ein schlesisches Blatt mittheilt, an maßgebender Stelle die Wiedereinziehung nnd Umprägung der neuen 20 Pfennigstücke in Erwägung gezogen worden sein. Ems, 8. Juli. Gestern Abend acht Uhr hat Prinz Wilhelm Ems wieder verlassen. Während seines dreitägigen Aufenthaltes war er der stete Begleiter seines kaiserlichen Großvaters. In der frühen Vormittagsstunde, während die Badegäste ihren Brunnen tranken und die Musik ihre heite ren Weisen blies, erging sich der Prinz meistens allein in den Anlagen vor den vier Thürmen, und da er in Zivil und im Ftlzhnt vom Publikum wenig erkannt und gegrüßt wurde, konnte er mit um so größerem Behagen die frische Morgenluft einathmen. Kurz nachdem sich Prinz Wilhelm verabschiedet, bereitete der Kaiser den Badegästen eine große Ueberraschung, indem er im Theater erschien nnd dort etwa eine Stunde blieb. Das Theater ist im Kursaale anfgebaut und, wie die meisten seiner Art, in weiß, gold und roth gehalten; gespielt wird für gewöhnlich nur zwei bis drei Mal in der Woche, und nur während der Zeit, daß der Kaiser in EmS verweilt, finden täglich Vorstellungen statt. Schon die Thatsache, daß der erlauchte Herr im Theater erschien, spricht vollgültig für seine Genesung, für die Wiedererlangung seiner Kräfte und für seine Freude an der Gesellschaft. Als der Kaiser, vom Badekommissar Freiherr« v. Lepcl am Eingänge empfangen, in den Saal trat, erho ben sich alle Anwesenden und bezeugten damit dem hohen Herrn ihre Ehrfurcht. Alsbald ging der Vorhang in die Höhe, und es gelangte das zweiaktige Lustspiel von M. Hartmann „Gleich und Gleich" zur Aufführung. Es wurde flott und frisch gespielt und dazu viel gelacht; die Hauptrolle, die der jungen Gräfin Mathilde, lag in den Händen des Fräulein Odilon ans Berlin, die hier in Ems ein an Er folgen reiches Gastspiel absolvirt. Der Kaiser saß zwischen dem Prinzen Nikolaus von Nassan zur Rechten und dem Grafen von der Goltz zur Linken und fühlte sich durch das Lustspiel sichtlich angeregt. Für die übrigen Zuschauer war mehr oder minder die Bühne nicht da, wo die Schauspieler spielten; ihr Interesse nahm fast ausschließlich der Kaiser in Anspruch. Und wer möchte deshalb mit ihnen rechten? Von des Kaisers steter Güte gegenüber seiner Umgebung zeugt der Umstand, daß er allein nach Hause fuhr und den dicnstthuenden Adjutanten Oberstlientenant v. Plessen im Kursaale zurückließ, woselbst noch KalischS Posse „Doktor Peschke oder Kleine Herren" gegeben wurde. Die drei Tage, während der Kaiser hier weilte, war es recht frisch; des Morgens stand der Thermometer auf sieben Grad und zahlreiche Kurgäste erschienen in wärmender Hülle. Seit heute ist aber wieder eine wahrhaft hochsommerliche Hitze in das Lahnthal 'eingezogen lind macht um die Mittags stunde den Aufenthalt im Freien fast unmöglich. Früh am Brunnen ging unter dem Publikum daö Gerücht, der Kaiser werde, durch das herrliche Wetter bewogen, einen kleinen Spaziergang machen, und die Verkäufer in den Ständen rückten bereits ihre Sachen zurecht. Allein, wie so oft im Leben, war wohl auch hier der Wunsch der Vater des Ge dankens, denn gleich nach 9 Uhr fuhr der offene Wagen vor nnd der Kaiser, der einen hellbraun melirten Sommer havelock umgehängt hatte, unternahm mit dem Grafen Lehn dorff eine Spazierfahrt kn der Richtung nach Koblenz zu. Mittags 1 Uhr empfing Se. kaiserliche Majestät den Be such der erlauchten Gemahlin, welche mit Sonderzug von