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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration? Preis 22j Sgr. Thlr.j vierteljährlich, 3 Thaler für daS ganz-Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumerirt a«f dieses BewlaN der Allg.Pr. StaatS- Zeinmg in Berlin in der Expedition (Mohren - Straß- Nr. 34); in der Provinz so wie im Ausland- bei den Wohllöbl. Pos, - Aemtern. Literatur des Auslandes. 3Z Berlin, Montag den 18. März 1833. Italien. Skizzen aus der Geschichte Venedigs.') Das unten in der Anmerkung genannte Englische Werk, das einen Theil der bekannten kumii;- I-lbrav)- ansmachl, rann als ein interessanter Auszug aus den größeren Geschichtswerken van SiSmondi und dem verstorbenen Grasen Daru, so weil diese die Venezianische Geschichte darstellen, angesehen werden. Ein zelner Mangel im Stil, i» der Ausführung und Anordnung des Stoffes ungeachtet, ist cS doch ein höchst anziehendes Buch, wie es denn wohl überhaupt kaum eine interessantere und aufregendere Gc- schichtscrzählung geben kaum, als die vom Aufblühen, Gliick und Ver fall BcnedigS. Es ist in der Thal eine Geschichte des Verbrechens vom Anfang bis zu Ende. Heuchelei, Betrug, Schändlichkeit jeder Art, Käuflichkeit, Verleumdung, Spionenwesen, Falschheit, Treulo sigkeit, Ungerechtigkeit, Uudantbarkeit, Meuchelmorde und Justizmorde fleht man bei jeder Gelegenheit in den Handlungen der Regierung eine Rolle spielen, gleichsam als ob sie ein zugesiändigeS und untrenn bares Element in ihrer VcrsabrungSweise ausmachlcn. So oft nur Verdienst und Tugend eines Bürgers der Partei lästig zu werden anflngen, welche siir den Augenblick über Lie öffentlichen Angelegen heiten herrschte, wurde er des Vcrratbs gegen das Vaterland aüge- klagt und öffentlich oder in der Heimlichkeit des Kerkers seines Le bens beraubt. Es hatte den Anschein, als wenn aus einer verkehr ten GeisteSrichtuNg, die aber diesem Theil von Italien besonders cigenthümlich ist, alle Grundsätze der Staatsgewalt und StaatSkunst von der Voraussetzung abhängig gemacht worden waren, daß Ler Mensch von Natur die überwiegendste Hinneigung zum Bösen babe, daß aber vornehmlich in Venedig diese Hinneigung unüberwindlich seh und selbst in das Betragen derjenigen Hineinspiele, welche schein bar die tugendhaftesten Patrioten, die weisesten und ritterlichsten Männer unter ihren Mitbürgern wären. ES kann zu den ernstesten Betrachtungen Anlaß geben, eine Ge schichte wie diese zu studiron, und cs ist ohne Zweifel lehrreich, an ihr einzuseben, wie genau immer Oligarchie und Sklaverei, Tyrannei ujid öffentliche Schmach mit einander verbunden sind. Der Ursprung des Venezianischen Staates ist zu bekannt, als daß wir hier Wieder holungen darüber mittbeilen sollten. HervorhebcnSwcrth erscheint uns hier zuvörderst der erste Krieg mit Genua, der sich zu einem sehr langwierigen und blutigen Kamps ausdehnte, in dem es sich um die eigen sten Jntcrcffen Genuas bandelte. Genua war zu dieser Zeit (125>8) fast die einzige Macht, welche einen Wetteifer im Handelsverkehr mit Venedig auszubalten vermochte, und, wie der Verfasser des genannten Werkes sehr richtig bemerkt, die Saat der Zwietracht und Verbitte rung, lag tief genug gegründet in der Gleichheit ihrer Regierung, ihrer Absichten, ihres Ehrgeizes und ihrer Unternehmungen. Ve nedig, das sich schon seil lange die ausschließliche Herrschaft über das Adriatische Meer erworben batte,, trachtete jetzt nach einer ähn lichen Gewalt über das Mittelländische. Der Erfolg davon ist bekannt. Die Flotten der Genueser wurden zuerst von den MccrrSstraßen vertrieben, über die sie sonst triumphirend cinhergezogen waren, aber gegen Ende des dreizehnten Jahrhunderts erhob sich der Steril Genuas wieder im Aufgange, und die Flotten Venedigs wurden zwei Mal mit Erfolg geschlagen. Endlich sahen die beiden Staaten durch die Erfahrung eich daß sie sich gegenseitig ohne Erfolg in ihren Kräften aufrieben, und ein Waffenstillstand wurde geschlossen. Während dieser frucht losen Bestrebungen begann sich die Verfassung VcncdigS zu bilden. Vor dem Schluß des zweiten Genuesischen Krieges waren die Ve nezianer noch mit allen bestimmten Unterscheidungen zwischen den höheren und niederen Standen unbekannt, es gab bei ihnen keine anerkannten patrizisch-n oder plebejischen Klaffen : und da sic keinen Grundbesitz hatten, so waren sie auch durchaus srci von dem Ein flüsse des Feudalsystems, welches damals einen überwiegenden Einfluß in den meisten anderen Staaien Europa S ausübic. Dennoch be gannen sich allmählig Stande-Unterschiede, die entweder im Vermö gen, im Verdienst, oder im Talent ihre,, Ursprung hatten, auch bei ihnen geltend zu machen, »nd cS ist augenscheinlich, daß eine Ari stokratie, wenn auch nicht gesetzlich, doch faktisch bereits zu der Zeit vorhanden war, wo wir sehen, wie der große Rach des Grundsatzes der jährlichen Wahl spotlct, und sich mit Erfolg in die Ernennung der Wähler cindrängt, durch welche seine Macht von Jahr zu Jahr erneuert wurde, ohne daß eine Veränderung in diesen Wahlgliedern St-elcb-r seom Veneusn kirtors. r PL-. London, 1832. selbst stallgcsunden hätte. Der Rath wurde bald daraus siir erblich, erklärt, und wie glänzend auch seitdem das-Schicksal Venedigs er scheinen mag, sein endlicher Fall wurde doch durch diese Maßre gel entschieden. Dies war die Gründung der Klaffe des hohen Adels, welche von dieser Zeit an über Venedig wie über sein Erb- und Stammgut herrschte. Venedig scheint während seiner vorherrschenden Macht gewisserma ßen das Favorit-Theater der Verschwörungen zu seyn. Kaum war der Ratb für erblich erklärt worden, als von einigen unzufriedenen und entschlossenen Männern cm Plan in's Werk gesetzt wurde, die Verfassung wicdcrhcrzusiellcn, aber das Komplott ward zu frühzeitig ausgcbracht, und die Verschwörer sielen auf dem Schaffet. Eine an dere Verschwörung entwickelte sich zu Ansang des täten Jahrhunderts, als Gradcnigo Doge war. Seine ganze Regierung war so unheil voll, daß sich ein fürchterliches Komplott gebildet hatte, ihn zu ent thronen. Nicht von Plebejern, sondern von den Häuptern der drei angesehensten Familien im Staate ging diese Verschwörung aus. Außerdem, daß sic dem Geist von Gradcnigo's Verwaltung überhaupt zuwider waren, hatten sie auch persönliche Ursachen des Mißfallens an ihm, die ihre Fcindscligkcit noch erhöhten. Die Anführer waren aus den Häusern Thicpoio, Querini und Badoucro, und ihr Plan ging dahin, zuerst mit Gewalt Besitz zu nehmen von dem S. Marcus- Platz und Lem Herzoglichen Palast, dann den Dogen zuin Tode zu führen, den großen Nalb auszulöscn und an seine Stelle die alte Form der jährlichen Wahl zu setzen. Der 16. Juni war als der Tag des Ausbruches bestimmt, und Kadonero, der einen auSgcbreitctcn Einfluß in Padua, wo seine Familie Hcrstammle, besaß, hatte cine große Anzahl von Einwohnern dieser Stadt, die jede Gelegenheit gern ergriffen, um sich feindlich gegen Venedig zu zeigen/zum Beistände gewonnen. In allen Häu sern der Großen waren reiche Waffen-Vorräthe zu finden, und als die Verschwörer die Liste ihrer Mitglieder und Thcilnchmcr muster ten, und die aus Padua versprochene Hülse ihrer Rechnung hinzu- sügten, glaubten sic sich auch der Zahl nach cincr Ucberlegenhcit übcr die Truppen des Dogen versichert halten zu dürfen. Der große Kanal, welcher Venedig in zwei Hauptthcilc sondert, war nur durch die Rialto-Brücke gekreuzt, in deren Nähe der Palast Lruerini stand. Die Besetzung dieser Brücke war von vieler Wichtigkeit, und bevor der Tag dcs bestimmten Morgens angebrochen, versicherte sich ihrer Lhicxolo, dem der Angriff auf den Herzoglichen Palast ausgetragen worden war. Sobald dies gelungen wäre^ sollte Thiepolo'S Abthci- lung aus dem Marcus-Platz untcr Waffen bleiben und die Ankunst BadouerolS mit seinen Paduanern erwarten. Dann wollte man sich verein! über die anderen Viertel der Stadt ausbreiten, sich dcs Ar- scuals. bemächtigen und daraus wciter handeln, wie eS die Umstände erheischte». Der Morgcn dcs scchzchntcn kündigte sich durch einen heftigen Sturm an, und während der Dauer desselben,^mitten unter zucken den Blitzen und hcrabgicßendcn Rcgcnstrvmcn, versammelten sich die Vcrschwctcncn vor dem Palast Qurrini. Das Zeichen zum Aufbruch wurde gegeben, und nachdem inan die Rialto-Brücke überschritten, bildeten sich, da wegen der Enge der Straßen nur wenige Menschen neben einander zu schreiten vermochtcn, zwei Abtheilungen, die sich aus verschiedenen Zugängen dein Platze nahen sollten. Auch nicht cine Ahnung von Vcrrath war zu den Vcrschworcncn gedrungen, abcr die Bewegungen eines großen Haufens bleiben selten verborgen, denn eine unvolkSthümiichc Regierung Pflegt stets am scharssichtigsten zu sevn. Die häufigen Versammlungen in dem Palast Qnerini wa ren bemerkt und dem Gradcnigo hinlerbracht worden. Die Bewe gungen dcs vorhcrgchcndcn Tages halten einen bcsoiidereii Argwohn erregt, und der Doge, der dcn hcranuabendcn Ausbruch des Auf standes vorhersah, traf schnell die geeignetsten Mittel, ihn zu unter drücken. Noch in der Nacht versammelte er um sich dcn Scuai, die Staatsräthe, die Häuptcr der Vicrzig und Alle vom Adel, auf deren Dienst er rechnen konnte. Er bcrics von den weniger bedcutcnden Posten der Stadt alle Garden, die dort entbehrlich waren, und ver einigte sic auf dcm Platz: dicsc wurden durch die Arbeiter des Arse nals verstärkt, und fast in dcmsclbcn Augenblick, wo sich die Spitze von D.ueriin's Abihcilung zeigte, näbcrtc sich auch ein zahlreicher Haust aus der Garnison von Chiozza im Eilmarsch. Das Zusammen treffen warb lutig z beide Orucrini'S fielen, und seine Anhänger wichen. Thicpoio, der sich von der Elockenthurm-Straße her näherte, wurde von dem Dogen selbst angegriffen, und als er den Verlust seiner Gefährten und das Trostlose der ganzen Lage dcr Dinge ersah, zog