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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung fllr die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Nr. 167 SV. Jahrgang Mittwoch, den 20. Juli 1938 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zvr DerSfirnMchnng der amtliche« Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz^ des Stadtrates z« Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthüll Bekanntmachungen des Anns- beStmmte« WStzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis "E. Wl^MhMgeben. - Verlag: Mohr L Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Geb^ibn: Mohr. Hanptschrtstleitrr: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, PulSnktz. Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, PMntGfür Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. —D.B. VI.: . SefchüftSstellen: Albertstr atz« 2 und Adolf-Hitler-Straße 1. Fernruf 518 und - Mei» Aettnng erscheint täglich mit Ausnahme der oeietzldh« Eon», ^ ^eZngSprei« betrügt bei AbhÄung wdchentltch « bei Li«k«nm »Npf. Postbezug monatlich 2L« RM. U, B^beru^ Rückzahlung des Bezugspreises. Aeitnngsaosaabe für «Haler v^kil^ «»d N-chlaßsü-e bei Wiederhoin«^^ P«««Pe Rr. 4 — Für da« Erscheinen von Anzeige« in bestimmt« Nummern und an SDP.-Memorandum Indiskretion erzwang sofortige Veröffentlichung Das Presseamt der Sudetendeutschen Partei teilt mit: Die Sudctcndeutsche Partei hat seit Beginn der Vor besprechungen über den künftigen nationalitätenrechtlichen Ausbau der Tschccho-Slowakei dem Wunsch der Negierung Rechnung getragen und die Besprechungen mit ihr ab- isalut vertraulich behandelt. Wenn das von der Sudeten- Deutschen Partei der Regierung am 7. Juni überreichte Memorandum, das eine Konkretisierung der acht Karls- Lader Forderungen Henleins enthält, nunmehr durch die Indiskretion einer französischen Presseagentur der Oef- fentlichkeit in seinen wesentlichen Lügen belauutgegebcn worden ist und von inländischen Zeitungen ohne Ein- schrritcn der Zensur veröffentlicht werden konnte, so stellt die Sudctcndeutsche Partei demgegenüber fest, daß sie mit dieser Veröffentlichung weder direkt noch indirekt etwas zu tun hat. Es ist überdies bekannt, Latz vor mehr als zwei Wochcn die französische Zeitung „L'Ocuvre" in der Lage war, Angaben über den Inhalt des Memorandums der Sudetendcutschen Partei zu veröffentlichen. Die Sudeten deutsche Partei lehnt daher jede Verantwortung für diese Indiskretion und ihre etwaigen Folgen ab. Wie erinnerlich, hat die Regierung das Memoran dum der SDP. als Verhandlungsgiriundlage angenommen. Daraus geht hervor, daß keime Ler dort auf gestellten Forderungen der Negierung von vornherein un annehmbar erschien. Trotzdem durfte die tschechische Presse die öffentliche Mein««g erzeugen, daß die in Karlsbad ausgestellten Forderungen — die 'Grundlagen des Memo randums — für die tschechische Seite unannehmbar seien. Die Annahme des Memorandums durch die Regierung als Verhandlungsgrundlage einerseits und seine Ab lehnung durch die tschechische Presse an dererseits mußten einen Widerspruch erzeugen, wodurch im In- und Auslande einander widersprechende Auffassungen über die Aussichten einer innerstaatlichen Neuordnung ent standen lind. Die, SudeterrDeutsche Partei muß diesen gegebenen Tatsachen Rechnung tragen und übergibt den vollständigen Wortlaut des der Regierung am 7. Juni überreichten Me morandums der Oeffentlichkeit. Sie fühlt sich hierzu um so mehr verpflichtet, als die unvollständige Widergabe ihrer Vorschläge durch die französische und englische Presse Anlaß zu Fehldeutnngen geben kann. Durch die Veröffentlichung soll die Oeffentlichkeit in die Lage versetzt werden, sich darüber ei» Urteil zu bil- den, ob die Vorschläge der Sudetendcutschen Partei ge eignet sind, die auch im Auslande als unhaltbar erkannten nationalpolitischen Verhältnisse im Interesse der Ordnung und des Friedens zu regeln. Die 14 Punkte des sudetendeutschen Memorandums besagen u. a.: Herstellung der Gleichberechtigung Punkt I. Herstellung der Gleichberechtigung. Ms Funda ment leder demokratischen Verfassung gilt der Grundsatz der vollen Gleichberechtigung. Die 20jährige Entwicklung im Staate hat ergeben, daß diese Gleichberechtigung weder indi viduell noch sür die die Staatsbevölkeruung bildenden Völker und Volksgruppen hergestellt wurde. Es ist erwiesen, daß ohne tatsächliche Gleichberechtigung der Völler nnd Volksgruppen im Staate ihr friedliches Zusam menleben wie auch eine friedliche Entwicklung des Staktes überhaupt ausgeschlossen ist. Diese Gleichberechtigung kann sich nicht nur in der formalen Gleichheit der Individuen vor dem Gesetze erschöpfen, sondern erfordert auch die verfassungsmäßi gen Grundsätze, durch welche anerkannt wird, daß nicht mir die einzelnen, sondern auch deren Völler und Volksgruppen nicht durch die Vorherrschaft eines einzelnen Volles um das gleiche Recht und die gleiche Entfaltungsmöglichkeit gebracht werden dürfen. Unausweichlich ist daher eine Neuordnung des Staates. Eine solche Neuordnung muß zwangsläufig bei den Grund- rlcmcnten des StaateS (Bevölkerung, Staatsgebiet) entsetzen. Vottssouveränität Punkt ll. Gewährleistung des demokratischen Prinzips der Volkssouvcräniiät. Die einzige Quelle aller Macht im Staate ist das souveräne Volk. Unter Volk können nach der konkreten Politischen Lage nur die im Staate siedelnden Völker und Volksgruppen verstanden werden, so daß der Gesamtwille des „souveränen Volkes" nur aus dem Zusammenwirken dieser Völker und Volksgruppen entstehen kann. Das tschechische Volk, die deutsche Volksgruppe und andere sind die Grundelemente des „souveränen Volkes". Sie können als solche Grundelemente nur durch Kon stituierung ihrer Rechtspersönlichkeit ersaßt werden. Sie müssen daher auch Organe erhalten, die sie repräsentieren, sür sie ihre Angelegenheiten selbst bestimmen und durch Vic sie an der gemeinsamen Staatsgewalt teilnchmen können. Den bürgerlichen Rechten und Freiheiten müssen auch Rechte und Freiheiten der Volkspersönlichkeit an sich, unter- einander und gegenüber dem Staate als dem gemclMamen Rechtsbewahrer entsprechen. Diese Grundrechte der Volker und Volksgruppen müssen sein: g) Freiheit und Sicherung der eigenen Bestimmung der gleichberechtigten Entwialungsmöglichkeiten aller Leistungen, Kräfte und Fähigkeiten eines jeden Volkes und einer jeden Volksgruppe, k) Der angemessene Anteil jedes Volkes und jeder Volksgruppe an Führung. Gestaltung und Leistungen des Staates, c) Schutz gegen Entnationalisierung, ä) Gewähr leistung für ungehindertes völkisches Bekenntnis und des Rechts aus Pflege der nationalen Zusammengehörigkeil. National-regionale Dezentralisation Punkt III. Die national-regionale Neuordnung. Zur Ver wirklichung dieser Prinzipien ist eine Neuordnung des Staats gebietes im Sinne einer national-regionalen Dezentralisation erforderlich. Wie zum Staate »eben der Staatsbevölkerung ein Staatsgebiet gehört, muß auch den Volkspcrsönlichkeiten der ihnen von Natur aus gegebene territoriale Wirkungs bereich überlassen bleiben. Das einheitliche Staatsgebiet muß daher in das tschechische, deutsche, slowakische usw. Volksgebiet untergliedert werden. Bei der Festsetzung der Vollsgrenzc ist die Wiedergut machung der der deutschen Volksgruppe zugefügtcn Schäden unter Berücksichtigung des Standes von 1918 durchzuführen. Die Durchführung dieser Neugliederung hat durch eine Kom mission mit paritätischer Vertretung der beteiligten Völler zu crfolaeu. Punkt IV. Anwendung dieser Prinzipien der Neuordnung auf Gesetzgebung und Verwaltung. Die Durchführung dieser Prinzipien erfordert die Aufteilung von Gesetzgebung und Verwaltung aus Organe des Staates und Organe der Selbst verwaltung der Völker und Volksgruppen. Grundsatz ist, der deutschen Volksgruppe und dem tschechi schen Voll das Recht auf eigene Bestimmung seiner völkischen und territorialen Bedürfnisse und Interessen auf der Basis der Gesamtansprüche zu sichern. Daneben ist der selbständige Wirkungskreis der Gemeinde» nach dem Stande der Rechts ordnung von 1918 wiederhcrzustelten. Dieser Wirkungskreis der Gemeinden ist außerdem zweckentsprechend zu erweitern. In den Wirkungskreis der nationalen Selbstverwaltung müssen u. a. zumindest gehören: die Wohlfahrts-, Ordnungs- und Sicherheitspolizei; die nationalen Kataster; Namensände rung; die vormilitärische Erziehung samt Schulaufsicht und Schulbauten; soziale Fürsorge; Siedlnngswesen, Emeignnngs- und Entschädigungsversahren; die Jnteressenselbstverwaltung «Handels- und Gewerbekammern, gewerbliche Genossenschaften und Handelsgremien); Selbstverwaltung der Finanzguoten für die eigenen Wirkungsbereiche der nationalen Selbstverwal tung; zusätzliches Besteuerungsrecht zwecks Erfüllung der auto nomen Wirkungskreise, Recht der Ausnahme von Anleihen zum gleichen.Zwecke. Nationalversammlung und Volksvertretung Punkt V. Die Teilung der gesetzgebenden Gewalt. Die Gesetzgebung erfolgt durch 1. die Nationalversammlung, 2. die Volksvertretungen. Die Nationalversammlung: Zusammensetzung aus Grund des allgemeinen, direkten und geheimen Wahl rechtes mit Abänderung der Wahlordnung zur Herstellung eines reinen Verhältniswahlrechtes der Völker und Volks gruppen (eventuell Auslassung des Senats). Die Mitglieder gleicher Volkszugehörigkeit bilden nationale Kurien; sie reprä sentieren in der gemeinsamen Nationalversammlnng die Rechtspersönlichkeit ihrer Völker und Volksgruppen und ver treten deren Gesamtanspruch. Die Nationalversammlung iss zuständig zur Beschlußfassung von Gesetzen über alle Angele genheiten, die nicht der Selbstverwaltung Vorbehalten sind. Volksvertretungen: Die Mitglieder der nationa len Kurien in der Nationalversammlung bilden die Volks vertretungen. Zuständigkeit: Gesetzgebung hinsichtltch der znr nationalen Selbstverwaltung gehörenden Angelegenheiten, und zwar entweder selbständige oder Durchfuhrungsgesetzgebung. Oie Neuordnung der Vollzugsgewalt Punkt VI. Die Neuordnung der Vollzugsgewalt. Prä sident der Republik wie bisher. Die Regierung besteht wie bisher aus dem Vorsitzenden und den Ministern. Mit glieder der Regierung sind von Amts wegen auch die Vor sitzenden der Selbstverwaltungen. Sie sind infolgedessen vour Vertrauen der Nationalversammlung unabhängig. Das oberste Organ ieder Selbstverwaltung besteht aus dem Vorsitzenden der Selbstverwaltung, den Leitern der ober sten Selbstverwaltungsämter, die zusammen das Direk- torium der Selbstverwaltung bilden. Der Vor sitzende wird von der Volksvertretung auf sechs Jahre gewählt. Er ist durch den Präsidenten der Republik zu be stätigen. Bei Ablehnung der Bestätigung kann die Volksver tretung Beharrungsbeschlutz fassen. Die Leiter der obersten^ Selbstverwaltungsämter werden vom Vorsitzenden berufen und abberufen. Der Vorsitzende und die Leiter sind jeder für sich der Volksvertretung verantwortlich. Die Beschluß fassung erfolgt kollegial durch Mehrheitsbeschluß. Der Vor sitzende ist auch Mitglied des obersten Staatsverteidigungs rates. Punkt VII. Die Neugliederung der Verwaltung. Von den Ministerien werden jene für Unterricht, soziale Fürsorge und Gesundheitswesen aufgelassen, da diese Angelegenheiten, vollständig in die Selbstverwaltung übergehen. Gemeinsame Angelegenheiten und die Aufsichtsrechte des Staates resor bieren in eine besondere Abteilung des Innenministeriums oder des Ministerratspräsidiums. Das Ministerium für Unifizie rung wäre ebenfalls aufzulassen. In der Kanzlei des Prä sidenten der Republik, im Ministerratspräsidium und im Mi nisterium für Inneres, Justiz, Handel. Ackerbau, Oesfentliche Arbeiten, Eisenbahnen und Post werden nationale Sek tionen mit gleich nationalen Beamten eingerichtet. Im Ministerium für nationale Verleidigung, Auswärtige Ange legenheiten und Finanzen werden nationale Sektionen nicht errichtet. Im Finanzministerium und Ministerium für Aus wärtige Angelegenheiten sind jedoch Vorkehrungen zur Ver tretung der besonderen Wirtschaftsinleressen der einzelnen Volksgebiete einzurichten. Punkt VIII. Die Neugestaltung des Beamlellrechls. Ent sprechend der Teilung der Verwaltung wird die Kategorie der autonomen Beamten und Angestellten wieder eingeführi. Im Siedlungsgebiet eines Volkes dürfen nur Angestellte beschäf tigt werden, die der Nation dieses Volkes angehören. In der Zentralverwaltnng ist das Prinzip der Proportionalität an zuwenden. Punkt IX. Organisation der Gerichtsbarkeit. Die Bczirls- und Kreisgerichtssprengel sind nach den Volksgebieten neu abzugrenzen. Bei den Obergerichlen und bei den Obersten Gerichten werden nationale Abteilungen errichtet. Punkt X. Die Grundsätze des neuen Sprachenrechts. Der Staat spricht die Sprache seiner Bürger. Die höheren Behör den sprechen die Sprache der niederen Behörden. Die Sprache der Selbstverwaltungsbehörden ist die Sprache ihres Volkes. Bezüglich der Hauptstadt Prag sind besondere Bestimmungen zu trefsen, um ihre Gemeinsamkeit für alle Völler und Volks gruppen auch äußerlich zum Ausdruck zu bringen. Punkt XI behandelt vordringliche Sondersragen und sieht vor, daß alle vom Staar kontrollierten Betriebe in nationale