Volltext Seite (XML)
sächsische Llcheiluiig. Amts- und Anzetgedlatt für das Königs. Gerichtsamt und den Stadtrath zn Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Pie „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch »>,d Sonuabcnd und ist durch alle Pofianfialtc», sowie durch die Erpcditton dieses Blattes sstr 10 Ngr. vteUcl- täbrllch zu beziehe». — Inserate sstr das Mittwochsbian wcrdeu bis Dicustag früh 0 Nhr, sstr das SonuabendSblaIt ipätefienS bis Freitag früh !> Ilhr er beten; später eingehende Inserate sännen erst in der daraus folgenden Nummer Aufnahme finden. — Auswärts werden Inserate sstr die EtbzeNnng angenommen in Hohn stein bei Hrn. Hesse, in Dresden in den Annonccn-Dureaur der Herren W. Saalbach nnd M. Nnschpler, und Haasenstcln L Vogler u. H. Engler In Leipzig. Schandau, Sonuadend, den 18. Februar MI. Die französische Nationalversammlnuq und der Friede. Unter vorstehender Rubrik bringt die Berliner „Provinzial-Conespvndenz" folgenden Artikel i „Die Wahlen zur Nationalversammlung sind in ganz Frank reich vollzogen worden, und brreNS ist die Versamm lung in Bordeaux zusammengeireicn. Die gewählte Vertretung Frankreichs hat rinc zwiefache Aufgabe und Bedeutung, — fede für sich groß genug, um die Auge» Europas auf ihre Verhandlungen und Be schlüsse zu lenken. Der nächste und unmittelbarste Zweck der Versammlung, der Zweck, zu welchem un sere Regierung den Waffenstillstand bewilligt und die Berufung einer VolkSverlretnug ermöglicht Hal, ist der Ausspruch über die Frage: „ob der Krieg fort gesetzt ober unter welchen Bedingungen der Friede geschloffen werden soll." Neben dieser, Deutschland nicht minder als Frankreich berührende,, Aufgabe ist der französischen Nationalvcrtretung die Entscheidung über die weitere innere Entwickelung Frankreichs an- heimgegrben. „Frankreich ist sich selbst wiederge geben", so verlandete am ä. September, beim Sturze deS kaiserliche,, Regiments, die durch eitlen Volks- Haufen eingesetzte repudlikanischc Negierung; es war dabei vorausgesetzt, daß die Nation demnächst beru fen werden solle, über ihre weiteren Geschicke selbst zu entscheiden. Diese selbstständige Entscheidung deo französischen Volkes aber war seitdem stets auf'S Neue von der Hand gewiesen und hinauSgeschoben worden. Vergeblich hatte Graf BiSmarck, welchen, im Interesse der schließliche,, Verständigung mit Frank reich daran liegen mußte, einer anerkannten und be glaubigtet, Negierung gegenüber zu stehen, bei allen Verhandlungen Gelegenheit und Anlaß geboten, die französische Nation selbst zur Entscheidung über ihre Geschicke aufzurufen; immer wieder halte die republi kanische Negierung unter dem Vorwande der natio nalen Vcrtheidigung ihre Willlürgewalt fortgesetzt, bis der Fall der Hauptstadt und das Uebermaß der nationalen Zerrüttung endlich den deutschen Vor schlägen Gehör verschafften. Jetzt erst ist Frankreich in Wahrheit „sich selbst wicbcrgegebcn": — der deutschen Politik Hai cö die französische Nation zu danken, daß sic mit einer Freiheit und Selbstständig keit, wie nie zuvor, über ihre innere Entwickelung beschließe» kann. Unsere Negierung Hal ihre Vor schläge freilich nicht im unmittelbaren Hinblick aus die inneren Interessen Frankreichs gemacht; für sie lonntc und durfte nur die Herbeiführung der Ent, scheidung über Krieg und Friedet, von unminclbarcm Gewichte sein, und nur hierauf ist in der Uebcrcin- kunft von Versailles Bezug genommen. Und doch — wird unsere Negierung und mit ihr ganz Deutsch land großen Werth auch darauf legen, daß durch den cingrschlagencn Weg, durch die Berufung einer völlig frei gewählten Vertretung dcö französischen Volkes auch der Schein vermieden werde, als sollte bei der schließlichen Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Frankreich irgend eine Einmischung in die inner,, Verhältnisse Frankreichs versucht werden. Als nach den Freiheitskriegen der erste Napoleon beseitigt und das Königshaus der Bourbonen wieder auf den Thron Frankreichs gesetzt war, ist der neu aufgc- richteten Monarchie ebenso wie dem Weltfrieden »ichlS Anderes so gefährlich geworden, als daü bc- müthigcndc Bewußtsein Frankreichs, daß seine Ne gierung ihm gleichsam von den Feinden aufgcdrungen worden sei. Die Negierung unserS Kaisers Hal cS sorglich vermieden, fehl in denselben Fehler zu ver- fallen, der damals begangen worden war. So schwierig auch die Lage gegenüber der augenblicklichen Negierung Frankreichs war, welche bis dahin keiner lei Rechtsanspruch besaß, über Frankreichs Geschicke zu verfügen, so Hal unsre Negierung doch jede Ver ¬ suchung zurückgewiescu, ihrerseits zum Zwecke deo Friedenoschluffeo.eine andere Macht und Autorität anzuerkennen und aufznrichten, als den frei und selbstständig knndzugcbendcn Willen Frankreichs. Vollends wird co Frankreich unbedingt überlassen sein, über die Form seiner künftigen Negierung un umschränkt zu entscheiden. Uns kümmert nur die Ar«, wie die neu gewählte Nationalverlrclung ihre erste und unmittelbarste Ausgabe, die Entscheidung über Krieg und Frieden, zn erfüllen gedenkt. Je mehr die Versammlung erkennt, daß fedeS Zögern, jedes Schwanken nur neues, noch schwereres Ver hängniß über Frankreich herbeiführen müßte, desto mehr wird sie ihre» Patriotismus durch die baldige Annahme der Bedingungen beihätigcu, welche von Deutschland mit den, Bewußtsein seines guten Rech tes, zugleich aber mit schvnendstcr Mäßigung gestellt werden." Tiltstö.qeschichte. Snchfcn. Dresden. An, vergangenen Don nerstag wurde den gefangenen Franzoscn rin seltenes, aber klingendes Geschenk gemacht, indem feder ein zelne von idnen zwei Thaler im Auflragc der jetzi gen französischen Negierung auSgczahll erhielt. Letz tere hatte die enorme Gcsammlsumme nach Dresden gesendet und wurden die Bankscheinc von den belrcf- senden Eompagnic,, bei hiesigen Kaufleuten und Ban- guicrS umgewechselt. (Dr. N.) Dresden. Dem Vernehmen nach steht die DiS- lvcation von 3000 französischen Kriegsgefangenen auS dem Uebigauer Barakenlager nach Leipzig in näch ster Zeit zu erwarten. Da auch seitwärts der Kö nigsbrücker Straße, zwischen den Schanzen Nr. 8 und 9 neue Baraken errichtet werden, so scheint cS, daß man sich an maßgebender Stelle auf alle Even tualitäten vorbereitet, um im Falle einlrcleitden Hoch wassers das Uebigauer Lager schnell räumen zu kön nen. — Am Nachmittage des 9. Fcbr. Hal die feier liche Beerdigung deS Herr» BelriebSdireelorS Tau- bcrlh auf dem Friedhöfe zu NheimS (Limetiore clu Xoinl) stallgefundcn, wozu vo» der Siadicomman- bamur ei» protestantischer Fcldprcdigcr, ei» Offizier, 2 Umerosfiziere, -10 Man» Soldaten incl. 19 Trä ger, das Militärmusilchor und 8 Tambourc cvm- mandirt waren. Begleitet wurde der Sarg von den Herren Mitgliedern der i» NheimS befindlichen kö niglich preußischen Linien- und BetricbScommisfionen, sowie von allen daselbst anwesenden übrigen Beam ten, die abkommen konnten, und einer Ungeheuern Menschenmenge, die durch das ungewöhnliche militä rische Begräbniß und namentlich wohl dadurch, weil daü Musikchor vorweg eincn Trauermarsch blicü, angclockt wurde. Der Sarg selbst war mit Krän zen, die in NheimS »„gefertigt worden sind, ge schmückt und wurde auf einer Bahre ohne überdeck tes Leichentuch, wie dies dort üblich, getragen. DaS Begräbniß fand in erhebender Weise statt, was vor nehmlich dem Herrn Vorsitzenden der Betricbscom- mission, Herrn Negicrungöaffcssor Or. Fröhlich, so wie de» übrigen Herre» Mitglieder» der Eommission zu danke» ist, die sich dieses Begräbniß specicll sehr angelegen sein ließen. Am 9. Februar ereignete sich beim Burgkcr Angustuüschach, im Plauenschen Grunde ei» schwerer Unglückosall. Der Bergman» Liebschner war näm lich im Begriff, einen leeren Hunt auf daü Förbcr- gestellc zu schieben, fiel aber, da dieses sich noch nicht am rechten Orte befand, mit dem Hunt in den 700 Ellen ticfcti Schacht und wurde schrecklich verstümmelt und todt anfgefundcn. Liebschner war vcrhcirathct und hinterläßt sechs Kinder. Am 29. Januar wurde in Reichenau bei Chcm- nitz die in hohem Alter stehende Hebamme H. LH. Buschmann in ihrer Wohnstube von ihrem Enkel sohn, dem Strumpswirkerlehrling E. Schmidt, mit telst eines Revolvers anü Fahrlässigkeit in den Un terleib geschossen, so daß sie an den erhaltenen in- neren Verletzungen in der daraussolgenben Nach« starb. -KriegSnachrichtc». Versailles. Der „N. P. Z." wird unten» 10. Febr. geschrieben: Wic eü heißt, wird des Kai sers Majestät jedenfalls in den ersten Tagen des MonatS März nach Berlin zurückkchren, um den ersten wirklich deutschen Reichstag in Person zu er öffnen. Die ArmeecommandoS bleiben aber biü zur Beendigung dcü Krieges in Frankreich; unter wel chen Verhältnissen, das wird eben der weitere Ver- lauf des Waffenstillstandes und die Maßregeln nach seiner Beendigung bedingen. Bordeaux, 12. Februar. Eine Verordnung der Negierung verfüg« die sofortige Einstellung der Al- «erollassc von 1871 in die aclivc Armee. Eine Loo- sung find« nich« stai«. Bordeaux, 13. Februar. Die Sitzung der Nationalversammlung wurde heute um 12 Uhr er öffnet. — JuleS Favre erklär« namens seiner Colle- gen in Bodeaux und Paris, daß die Negierung der nalionalcn Veriheidigung ihre Gewalt in die Hände der Volksvertreter nicdcrlegc. „AIS wir die Last der Negierung", erklärt JuleS Favre, „auf uns nahmen, hatten wir kein anderes Streben, als die Gewalt, welche wir unter den damaligen Umständen aus uns nehmen mußten, in die Hände der Nationalversamm lung zurückzulegen.- Dank Ihrem Patriotismus und Ihrer Einigkeit hoffen wir, daü Land werde, belehrt durch daü Unglück, gelernt haben, von Klage,, abzu- schrn und die Bedingungen für eine normale Eri. stcnz wicdcrzufinbcn. Wir treien völlig zurück und überlassen Alles Ihrer Entscheidung; wir erwarten mit Vertrauen die Bildung neuer gesetzmäßiger Ge walten." — Favre kündigt hierauf an, daß seine College», um dc,t Gesetzen Achtung zu verschaffen, so lange in ihren Funoiionen verbleiben werden, bis die neue Negierung gebildet sei, und er bittet um Erlaubniß, auf seinen Posten zurückkchren zu dürfen, um die ihm obliegenden so schwierigen und heiklen Aufgaben zu erfüllen. Julcü Favrc schloß seine Rede mit folgenden Worten: „Ich erwarte Ihr Ur- thc,l mit Vertrauen, und ich hoffe Dettjenigen, mit welchen wir in Unterhandlungen stehen, miltheilen zu können, daß das Land im Stande sei, seine Pflich ten zn erfüllen; der Feind soll wissen, daß wir für die Ehre Frankreichs Sorgc tragen, er wird auch wissen, daß eü ganz Frankreich ist, welche» sich ge mäß der Bestimmungen der Convention nunmehr zu entscheiden hat. Eine Verlängerung deö Waffenstill standes ist wahrscheinlich nothwcndig; verlieren wir keinen Augenblick; denken wir an die Bedrängnisse und Leiben unseres vom Feinde besetztet, Landes. Ich hoffe, die Negierung kann auf Ihren Beistand zählen, um den nöthigcn Aufschub zu erlange,,." (Lebhafter Beifall.) — Garibaldi hat seine Stelle alü Oberbefehlshaber der Vogesenarmce nicdergelegl, da er seine Mission als beendigt ansehe. D«c Ne gierung hat in einem Schreiben, welches von sämmt- tichen Mitglied!»» derselben unterzeichnet ist, seine Demission angenommen, indem sic zugleich im Na- men deS Landes für seine geleisteten Dienste den Dank auüsprich«. — Alü zukünftiger Präsident der neuen Negierung wird Thierü bezeichnet. — Aus Bordeaux vom 15. Februar wird über London ge. meldet: Garibaldi bat Bordeaux verlassen und sich nach Marseiile begeben, von wo er sich nach Caprera einschiffen wirb. (Dr. I.)