Volltext Seite (XML)
Nummer iv? — 2«. Jayrgmig «mal wSch. «e,n,^»e«, für IuN 8.00 Mk. «inschl. Sestellgell». »«zelgenprels«: Die laesp. Petltzeil« »VL« Stellengesuch« «0 L. Die Petltreslamezelle. 89 Milli meter brert. 1 ^l. Offertengeblihren für Selbstabholer 20 L, bei Uebersenbung burch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L. Sonntags.Nr.L0L. Veickäktllcker Teil: Artur Lenz in Dresden. SäcklWe Freitag, den 22. Juli 1927 Im Fall« hikherer Gewalt erlischt selle Derpsslchtunr auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenauftriigen u. Leistung v Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern, ruf Ubermitt. Anzeigen übernehmen wir Keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittags, Hauptschriftleiter: Dr. G. Desczyk, Dresden. volrsmtuna (Neschiiftsst-IIe, Druiku.Verlag - «ermanla. «. S>. Mr u»d Dr,ilkcret. Filiale Dresden. DreSden-A. 1. PoUertlnche 17. Fernruf2I0I2. Postlchecktonio Dresden «1u2. Bankkonto: Stadtbank Dresden »Ir. <U7l9 Für chriskliche Polikik und Kultur Redaktion der SSihsischen BolkSzeitvna DreSden-Mtstadt l. Polieistrahe 17. Fernruf 207II und rime. Katholiken «nd Protestanten Von Friedrich Muckermann, S. I. Gegen einen Hetzartikel „U lt ra m o n t a n e Politik" der „Halleschcn Zeitung" wendet sich Fr. Muckermann in der „Augsburger Postzettung". Die Behauptungen, die in de», Auf satz der „Halleschcn Zeitung" aufgestellt werden, sind uns in Sachsen sehr wohl bekannt. Wendungen wie: „Rom bedient sich in Deutschland der Sozialdemokratie, um den Protestantismus zu zersetzen" oder: „Die Jesuiten bereiten mit Hilfe der Sozial demokratie die Gegenreformation vor" müssen wir leider so häu fig tu sächsischen Blättern lesen, daß wir nicht jeden Angriff zurückwciscn können. Wir geben daher die grundsätzlichen Aus führungen des Muckcrmannschen Artikels wieder, die vortrefflich zum Ausdruck bringen, was letzten Endes zu allen Angriffen dieser Art zu sagen ist. Die Redaktion. Man verschone uns doch mit Angriffen, die wir unse rer Ehre und der Wahrheit wegen gezwungen sind zu wi derlegen. Man verschone uns deshalb vor allein damit, weil wir nicht das geringste Interesse daran haben, ge rade heute den Protestanten wehe zu tun. Man verstehe doch die Zeichen der Zeit! Es ist ganz richtig, daß die Ent- christlichung unseres Volkes große Fortschritte macht. Die se Sorge beschäftigt uns Katholiken, die wir Fahr für Jahr ungefähr allein in Deutschland so viel Gläubige ver lieren. als wir in sämtlichen auswärtigen Missionen ge winnen. Ganz naturgemäß streben alle, denen dieser Kampf gegen Heidentum und Unglauben ernst ist. nach gleichgesinnten Bundesgenossen. Niemalswarenin Deutschland gläubige Katholiken und gläubige Protestanten soaufeinder ange wiesen, als gerade heute. Wir können nicht wünschen, daß es denen schlecht gehe, die noch Christus predigen, wo immer auf der Welt dies geschehen möge und von wem auch immer dieses Amt der Predigt ausgeübt wird. Es gibt in Deutschland von heute eine immer wach sende ganz überparteiliche Schar von Menschen, die nichts anderes fürchten, als daß unser Volk der Verzweiflung erliege und in tollem Taumel in den Abgrund jage. Diese Schar von Menschen möchte in ihm die starken Kräfte der christlichen Tradition wieder wecken, die mit der deutschen ruf das innigste verbunden ist. In den Parteien und außerhalb der Parteien dafür kämpfend, können sie diese Dinge nicht allein im Rahmen der Tagespolitik und der jeweiligen Koalition behandeln. Wohl aber begrüßen sie eine Koalition im Politischen, die sie unter diesem Ge sichtspunkt als günstig betrachten, und sie wundern sich nicht so sehr darüber, als daß sie vielmehr tieftraurig sind, daß dieser gute Wille und diese heilige Absicht von den Vertragskontrahenten selber so sehr verkannt wird. Möge der Protestantismus sich seiner Männer freuen, wie er sie eben sieht, aber man lasse auch uns die Freude am Eige nen. Wie es verpönt ist. in der katholischen Presse, ja so gar in der kleinsten katholischen Gesellschaft, die sich ir gendwie zusammenfindet, über den Protestantismus her zufallen, und wie keiner unserer mehr hervortretenden Führer irgendwie sich auf Kulturkämpferei einläßt, so möge man doch endlich auch auf protestantischer Seite Ab stand nehmen von so ungeheuerlichen Anschuldigungen, wie man sie immer wieder vorbringt. Man möge es auch verstehen, daß unser starkes Empfinden für Rom gerade heute in mächtigen Wellen der Begeisterung aufbricht, denn es richtet sich dies alles doch nicht gegen Wittenberg, sondern gegen das große Chaos der Zeit, in dem dieser Felsen doch stark und unerschüttert steht. Es richtet sich vor allem auch gegen die Mächte der Anarchie und des Bolschewismus, die selber nicht in Wittenberg, sondern in Rom ihren eigentlichen Feind sehen. Es ist vielleicht gut, in diesem Zusammenhänge noch auf eine besondere Schwierigkeit aufmerksam zu machen. Soll es gegen den „gottlosen" Sozialismus gehen, soll es sich handeln um eine christliche Front, so steht ge wiß der Katholizismus geschlossen in ihr. Nicht aber ver hält es sich so mit dem Protestantismus, der kein einheit liches Gebilde darstellt. Es ist vor kurzem (bei Ernst Rein hardt, München) ein Buch erschienen über den deutschen Idealismus und das Christentum von Helmut Groß. Es wird darin gezeigt, was auch schon andere dargetcm hat ten, daß der deutsche Idealismus in allen seinen Vertre tern, die protestantischen Theologen Herder und Schleier- macher eingeschlossen, reiner Monismus gewesen ist, also eine Weltanschauung, die den persönlichen Gott nicht an erkennt, und in der es nicht möglich ist, auch nur ein ein ziges gläubiges Vaterunser zu beten. Indem sich der ge bildete Protestantismus mit diesem pantheistischen Idea lismus verband, indem er sich sogar vielfach mit ihm W jW MlMW lll MM« Ferdinands minderjähriger Enkel Michael zum König proklamiert — Der Regent schaflsral — Die Regierung Drakianu bleibl Bukarest. 21. Juli. DI« Nationalversammlung hat gestern nachmittag den Thronfolger Michael zum König ausgerusen. Dem feierliche,, Akt wohnten sämtliche Mitglieder des Königs hauses sowie der Regierung und des diplomatischen Korps, darunter auch der deutsche Gesandte von Mutius, bei. Im An schluß daran legten die Mitglieder des Regentschajts- rates vor dem Metropoliten der Moldau den Eid ab. Sämt liche Kirchenglocken läuteten. Di« Artillerie feuerte Salut. Die Armee wurde ebenfalls am Nachmittage auf König Michael vereidigt. Das Bukarester Armeekommando erneuert die Verfügungen Letr. den Belagerungszustand, die seit 1925 für die und die Grenzzone Geltung haben. Bis zur Beerdi gung des Königs wird das Parlament keine neuen Sitzungen mehr obhalten. Die Regierung hat gemäß der Verfassung dem Regenischaftsrat Ihr« Demission eingerelcht. die aber ad- gelehnt wurde. Die Regierung veröffentlicht eine Proklamation, in der die Verdienste des verstorbenen Königs gewürdigt werde». Ferdinand I. werde immer der König bleiben, der den Zusammenschluß des großen rumänisclien Volkes und die großen Reformen durchgeführt habe, die Rumänien zu einem Staate des Rechts, der Macht und dcr Ordnung hätten werden lassen. Die Proklamation schließt mit den Worten: „Mit unerschütterlicher Ergebenheit gegenüber der Dynastrie mit der Achtung vor den Konstitutionen und den Gesetzen des Landes müssen wir voll Liebe und Vertrauen in die Geschicke des Landes König Michael dienen und alle Kräfte zusammen nehmen, um die glänzende Zukunft Großrumäniens zu sichern." Heute vormittag findet in Sinaia ein Trauergottes dienst statt. Im Anschluß daran wird die Leiche des Königs in einem Sonderzug nach Bukarest übergesührt werden. Der Leichenzug wird von den Ministern begleitet. Aus der ganzen Strecke von Sinaia nach Bukarest werden die Schulkinder Spalier bilden, um dem König den letzten Gruß darzubringen. Am Freitag wird die Leiche oes Königs öffentlich ausgebart. Am-Sonnabend wird dann der Leichnam nach Kurtea de Arges gebracht werden, wo das Begräbnis in der königlichen Gruft stattfindet, in der auch König Carol und Königin Elisabeth begraben sind. In der Hauptstadt steht alles unter dem Eindruck der Todesnachricht. Ueberall weht die Trauerslagge. Alle privaten Veranstaltungen sind abge sagt worden. Paris, 21. Juli. Wie „Le Soir" mitteilt, soll Prinz Carol heute nach mittag bereits nach Paris zurückgekehrt sein. Die Nachricht vom Tode Königs hat er heute vormittag erhalten. Man nimmt an, daß er bis auf weiteres in Paris verbleiben wird. König Ferdinand von Rumänien ist Dienstag nacht in seiner Sommerresidenz Castel Pelesch bei Sinaia seinem langen, schweren Leiden erlegen. Sozusagen auf Schleichwegen dringt die Trauerkunde ins Ausland. Eine strenge Zensur Hai alle drahtlichen Verbindungswege abgesperrt. Wie in fernen geschicht lichen Zeiten umgibt man den Tod des Königs mit einem Geheimnis, das nur das raunende Gerücht zu durchdringen wagt, das Gerücht, das schon seit Jahren um Ferdinands Krankenlager seine politischen Kombinationen spinnt und das die Nachricht vom Ableben des Rumänenkönigs schon so oft verfrüht in die Welt getragen. Was Wunder, wenn es auch jetzt wieder hinter dem Schleier der amtlichen rumänischen Nachrichtenzensur nach billigen Sensationen suchen wird. Nichts beleuchtet freilich die innere Lage Rumänien» drastischer als die amtlichen Vorsichtsmaßnahmen, und fast möchte es scheinen, als ob das Kabinett Bratianu seiner Macht doch nicht so sicher ist, als man nach dem über wältigenden Sieg der Liberalen bei den jüngsten Par lamentswahlen annehmen möchte. Nach Meldungen aus jugoslawischer Quelle, deren Richtigkeit allerdings von hier aus nicht zu kontrollieren ist, hat die rumänische Re gierung nicht nur die Grenzen des Landes gesperrt, son dern auch den Belagerungszustand verhängt. Bratianu soll schon seit mehreren Tagen weitgehende militärische und politische Maßnahmen getroffen haben, um für den Fall des Ablebens des Königs gegen jede Eventualität gerüstet zu sein. Ferdinands Erbe ist noch ein unmündiges Kind, und der Kampf um diese politische Erbschaft hat die letzten Jahre die rumänische Innenpolitik erfüllt. Es war, auf die einfachste Formel gebracht, ein Kampf zwischen der Dynastie der Hohenzollern und der Hausmacht der Bratianu. Diese Machtkonkurrenz mar das entscheidende Moment bei dem Streit um die rumänische Thronfolge, der schließlich mit dem Sieg Bratianus endete. Die Auf lehnung des Kronprinzen gegen die politische Allmacht des Hauses Bratianu war der eigentliche Anlaß, der schließlich zum Thronverzicht Carols vom 4. Januar 1926 führte. Der unmoralische Lebenswandel Larols gab nur den äußeren Vorwand ab. Hinter den Kulissen ging der Kampf inzwischen weiter, und er hatte sich zuletzt zu dem Gegensatz zwischen Bratianu und Avarescu zugespitzt. Man sprach von Putschplänen der Militärs um General Avarescu. Avarescu ist vorläufig unterlegen. Aber es scheint, daß die Gegnerschaft Bratianus in militärischen Kreisen diesen zwingt. mit allen Möalichkeiten zu rechnen- gleichsetzte, ist ein schlimmes Verhängnis über ihn herein gebrochen. Nach dem Urteil jenes Protestanten ist der Großteil des heutigen Protestantismus religiös sicher ge nau so durchsetzt wie der Sozialismus. Weshalb dann auch die Tatsache uns nicht verwundern kann, daß gerade in den prote st antischen Landestei len Deutschlands der Sozialismus die Massen des Volkes hat erobern können. Luther stand nach Helmut Groß Thomas von Aquino viel näher als Kant, aber das ist inzwischen anders geworden, und wenn es auch noch viele Protestanten gibt, die genau so schlicht und gläubig beten wie der Katholik, so sind doch gerade die Führer, wenn wir von Barth und einer neueren strengeren Richtung absehen, zu einem überwiegenden Teil nicht mehr in der Lage, eine Front gegen die Gott losigkeit zu errichten. Wir könnten nicht ohne jedes lo gische Recht, so sehr sich das Empfinden dagegen sträubt, behaupten, es fördere eine Unterstützung des Protestantis mus, wie er tatsächlich heute ist, nur den Sozialismus, weil wir den Sozialismus doch überall im Gefolge des Nrotestantismus sehen. Der Protestantismus hinwieder kommt bei dieser feiner religiösen Besäzaffenheit leicht in den Verdacht, im Kamps gegen den Sozialismus nicht die Religion zu suchen, sondern gewisse soziale oder politische Interessen. Diese Schwierigkeiten liegen vor. Jeder nachdenkende Mensch muß sie einfach eingestehen. Wer die letzten ge sammelten Aufsätze von Friedrich Heiler liest, wird diese Schwierigkeiten noch doppelt smfinden, haben sie doch noch keinen der großen Wiedervereinigungsversuche zu einem glücklichen Ziele kommen lassen. Eine innere religöse Kraft von durcklcklaaender Wirkung, und die allein wird es auf die Dauer doch schaffen, können wir demnach vom Protestantismus kaum noch erwartet, so sehr wir uns da nach sehnen. Dennoch kann man mit guten Gründen die Meinung vertreten, es seien viele Gefühlswerte wenig stens noch vorhanden, bei einer gewissen Anzahl natürlich auch noch echtes Christentum, bei sehr vielen wieder kon servative Gesinnung, dazu stärkeres deutsches Empfinden, was alles zusammen eine seelische Haltung schasst, die doch erheblich größere Werte im Kampfe gegen die Zersetzung bietet als der innerlich vollkommen ausgehöhlte Sozialis mus. Dabei freilich dürfen wir nicht verschweigen, daß diesen Werten auch einige furchtbare Begleiterscheinungen beigegeben sind; es sei nur erinnert an den Professoren stolz der Hegelschen Epoche, der den Atheismus der Sozial demokratie noch überragt um die Faust des eingebildeten Titanen, der den Unglauben in eine Dämonie vorgetrieben hat, die ebenso garuenerregend wie tragisch ist. So ver steht man, wenn Friedrich Schlegel, der so viel für die Ver einigung der Konfessionen getan hat. schließlich die Hände sinken ließ, um sie am Ende nur noch zum Gebete zu sal- ten, indem er sagte, man müsse diese nun einmal geschicht lich gewordene Sache allein der Vorsehung überlassen. Gerade eben hat der Papst in Rom seine Stimme er hoben wider die Mächte des Umsturzes. Nicht gegen Wit tenberg richtet sich die Stoßkraft des Katholizismus, son dern gegen Moskau, das Symbol des Bol schewismus. Es spricht neben dem geistlichen Hirten der Völker dort das moralische Gewissen Europas. Es spricht die gleiche Stimme, die einst unseren Erdteil vor den Verwüstungen durch die Türken bewahrt hat. Wir hören diese Stimm«, und alle werden sie hören, die um die Not Eurovos mirklick missen. Deraroßeneuropä-