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iilMlhe VarhMmg. 43. Jahrgang Dienstag, den 8. Wovember 1881 ihm solidarisch sei. Der Kultusminister v. Lutz er» werden bt« Ment«-, MtMvoch ». Freita» Mittag a«ge»»mme» »nd testen: dieispalt Zeile ld Pf. Unter Eingesandt: S0 Pf. wilderte auf die erhobenen Vorwürfe, man möge dieselben erst erheben, wenn man mit gutem Beispiele voran- gegangen sei. Sin Kulturkampf eristire in Baiern nicht; alle BischofSstühle seien besetzt und eS sei sehr die Frage, ob daS Land eine klerikale Regierung er» tragen werde. Sr habe wie bisher die Pflicht, zu bleiben und wiederhole bleiben zu wollen bis ihn der Monarch abberufe, der ihn hierher gesetzt. In Baiern fei nur ein solebrS gemäßigtes Regiment möglich, wie er eS seit zwölf Jahren zum AuSdruck bringe. Trotzdem nahm die Kammer am Sonnabend den Luthardt'schen Antrag, die Aufhebung der Simultanschulen betreffend, mit 85 gegen 63 Stimmen an. Im Laufe der Debatte richtete der Ab geordnete Rittler unter dem Beifall der Rechten an den Kultusminister v. Lutz die Aufforderung, er möge dem jenigen, der ihn hierher gefitzt, Gelegenheit geben, dieses Vertrauen durch ein EntlaffungSgesuch neuerdings auf die Probe zu stellen. Sollte sich der Minister dieser an sich parlamentarisch richtigen Forderung fügen, dann wird dem baiertschen Monarchen abermals Veranlassung dingungen vorzuschreiben und zunächst in München den Staatsmann zu stürzen versuchen, der außerhalb Preußens der verständnißreichste Mitstreiter BiSmarck- in dem Kampfe deS jungen Reichs gegen die Feindschaft der römischen Kurie war. In München motivirte in der Frei» tagssitzung der baierische Abg. Luthardt feinen Antrag auf Aufhebung der Simultanschulen mit den Nachthecken, welche dieselben dem konfessionellen Frieben brächten. In einstündigrr Rede widerlegte der KultuSmimster v. Lutz diese Behauptung, entwickelte die Nothwendigkeit der angefochtenen Schulverordnung vom Jahre 1873 und erklärte schließlich, daß er, trotz aller Angriffe, von allem, waS er seit seinem Amtsantritt vor 12 Jahren bis sitzt gerhan, nicht- zurücknehmt. Selbst daS eifrigste Mit glied der Partei der Rechten würde, wenn eS Kultus» Minister wäre, über die Simultanschulen nicht hinweg- kommen, die ein Nachfolger höchstens auf kurze Zeit be seitigen könnte. Abgeordneter Bonn (RegenSburg) be merkte, daß zwischen der Regierung und den Volksver tretern deshalb jede Einigkeit fehle, weil die Kammer- mehrheit den Vertreter deS jetzigen kirchenfeinblichen Geistes beseitigt sehen wolle. Auch die Selbstständigkeit BaiernS sei durch den Minister mit ungenügender Energie gewahrt worden. ES sei unerhört, daß das Ministerium, d«m durch die Wahlen wiederholt zugerufen worden, daß man eS nicht wolle, dennoch bleibe. Die ganze Rechte deS HauseS vertret« in dem Anträge die Forde rung deS Rücktrittes deS Ministeriums Lutz, daS zum Schaden deS baierischen Volkes auf feinem Platze ver- nationalliberale Kandidat, Schneider, gegen den Konser vativen, von Marschall, gewählt, während in dem letzt genannten Wahlkreise der Fortschrittler Remhard Schmid den Socialdemokraten Oppenheimer besiegte. Von be reit- vollzogenen Stichwahlen wurden ferner bekannt: Im 6. badlschen Wahlkreise (Ettingen-Lahr) siegte der Nationalliberale Sander über den klerikalen Kandidaten Dr. Siben; in Offenburg, der Nationalliberale Schuck über den Klerikalen Meyr; im 12. badischen Wahlkreise (Heidelberg) der Nationalliberale vr. Blum über den Klerikalen Fischer, dagegen drang in Mainz der Social- demokrat Liebknecht mit über 15<X) Stimmen Majorität durch. In Worm- wurde am Sonntag der StaatSminister a. D. Dr. Falk mit großer StimmenaS^rbeit gewählt. Der „Reichs Anzeiger" pudlicirt dwkaiserliche Ver ordnung, durch welche der Reichstag berufen wird, am 17. November zusammenzutreten. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Zwei unverkennbare Symp tome deuten auf einen bemerkenöwerthen Umschwung im deutschen EtaatSleben, der je nach dem Ausfall der Stichwahlen sich schneller oder langsamer vollziehen dürfte. Diese Anzeichen sind die Bemühung de- Reichskanzlers, seine Stellung zu dem deutschen Kronprinzen in ein helleres Licht zu stellen und sodann ein dem voraus- fichtlichen Ansturm des mächtig angeschwollemn EentrumS gegen die preußische kirchliche Gesetzgebung vorauS- gehenbeS Borpostengefecht in der baierischen Abgeord netenkammer, bei dem der Sturz des in kirchlichen Dingen seeisinnigen Ministerium- Lutz erzielt werden soll. In einem Berliner Biatte war angedeutet worden, Füist BiSma>ck habe seiner Zeit den Plan gefaßt, den preußischen Thronfolger möglichst dauernd von der Reichs» Hauptstadt fern zu halten und zu diesem Zwecke die Statthalterschaft von Elsaß-Lothringen dem deutschen Kronprinzen zu übertragen, ferner daß der Reichskanzler der Vermählung deS Prinzen Wilhelm mit einer Prin zessin von Schleswig-Holstein abgeneigt gewesen sei. Mit Bezug hieraus bringt die „Norbd. Allg. Ztg." folgende Mittheilurgen: „Die Ausführung des PlaneS der Statthalterschaft in den ReichSlanden scheiterte nicht daran, daß der Kronprinz seine Zustimmung versagte, sondern an den Schwierigkeiten, die richtige Form und Abgrenzung für die beabsichtigten Einrichtungen zu finden, um sie der hohen Stellung eines Thronerben würdig zu gestalten, ohne zu tief in die bestehenden VerfassungS- verhältmsse einzugreifen. Von Seiten deS Kanzlers ist kein Schritt in brr Sache ohne das Einverständniß deS Kronprinzen geschehen. Fürst Bismarck ist außerhalb der nächstbetheiligten Kreise der erste gewesen, den die Eltern deS Prinzen Wilhelm von der beabsichtigten Vermählung unterrichtet haben, um für die Verhand lungen über dieselbe seine Dienste auf politischem und juristischem Gebiete in Anspruch zu nehmen und hat diesem Vertrauen zur vollsten Zufriedenheit Sr. kaiser lichen Hoheit entsprochen. Es ist nicht einmal wahr, daß der Reichskanzler durch Krankheit von den betreffen den Feierlichkeiten fern gehalten wurde: derselbe hat, obschon krank, sowohl den VerlobungSfeierlichkriten in Babelsberg, alS auch dem Empfange der hohen Braut im Schlosse zu Berlin persönlich beigewohnt." Diese »fficiöle Erklärung erhält dadui ch einen besonderen Werth, daß sie offenbar erst nach eingeholter Genehmigung deS deutschen Kronprinzen erfolgt ist. Dem Reichskanzler kann eS aber ebenso wenig gleichgiltig sein, daß die Ullramontanen ihre nur durch die zufällige Zersetzung der anderen Parteien gewonnenen Stimmenmehrheiten als daS Mittel betrachten, der ReichSregierung Be- Opped o RidaM» Hreddeu-Ueuftadt >.»-<eißiler Gasse S Die Zeitung erscheint Dl««»««, G»»»er-«, «rd Eonvabend früh. berg und Hänel feinem großartigen socialen Reform werke ihre Unterstützung leihen." Die ersten Stichwahlen erfolgten in Karlsruhe und in Slberf.ld und wurde von der badischen Hauptstadt der Udo«ue«eut»- PreiSr vtertellährl. M. 1^0. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post» «chatten und durch unsere Boten. Sei freier Lieferung tuS HauS erbebt die Post noch eine Ge bühr von 2b Psg. geboten fein, feine deutsch- Gesinnung zu bewähren und der ReichSregierung dem Centrum gegenüber kräfttg vorzumbetten dem konservativen Central-Ko mits tel,aranb.sch zugegangenen Versicherung „den Kampf a.-mw " Mb.?« b-l.-tt-E', f-m, in d.m K-Mp'- g-g<n d>, ME u.d<,- zeuauna nach Kaiser und Reich gefährdenden B.stre- düngen der Fortschrittspartei erhalte, v. Brsmarck." Da- Urtheil deS offic.ösen Wiener „Fremdenblattes" dürfte dennoch den Stimmungswechsel der leitenden Kreise in Berlin kennzeichnen: „Von welcher Seite wir immer die Erfolge der Secessionisten und Fortschnttler b«, den Wahlen betrachten, wir können darin keinerlei Gefahr für eine ruhige und konstante Entwicklung der deutschen Berfaffungöverhälln'sse erblicken. Sie vergrößern viel- leicht die Schwierigkeiten, welche der Verwirklichung der Reformpläne de« Fürsten BiSmarck entgegenstehen, aber sie machen die Ausführung derselben keineswegs unmög lich Die Vorbedingung, welche die Liberalen für ihr Eingihen auf die Reform» Joeen deS großen Kanzler stellen werden, wird kaum so schwer zu erfüllen sein, alS die Forderungen, wovon die Ullramontanen ihre Unterstützung abhängig machen. Nach Kanossa geht Fürst BiSmarck gewß nicht, da- ist unmöglich; dagegen ist keineswegs undenkbar, daß sich ein ModuS finden Zuferuten- «nnatzmeftelleu: Die Arnoldische Buchhandlung, Invalideüdaü?, Hassenstein-Vogler, Rudolf Moste, G. L Daube - La. 1» Dre-den, Leipzig, Hamburg, Berl«, Frankfurt a/M. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt und DreSden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerr««»» Müller in Dre-de«. harre. Wolle der Minister den W llen deS Landes i,- «, befolgen, so müsse er gehen und milnehmen, waS mit läßt, unter dem die Bennigsen, Korckenbeck, Stauffen Feuilleton Höhere Bestrebungen. AuS dem amerikanischen Leben von I. Wackwitz-Lusch. (1. Fartsetznng.) plante Sarah," versetzte die Tochter deS HauseS, indem sie mit gewandtem Eifer ihrer Mutter ein weiches Kiffen an die Rücklehne ihres Stuhles und ein anderes zu ihren Füßen legte, „Tante Sarah, eine so berühmte Köchin wie Du, eine Köchin, welch, die besten BiscuitS »ob die feinsten Torten backen kann, eine so perfekte Dame vom Backofen und von der Bratpfanne muß auch die Kunst verstehen, den Thee eine Stunde lang duftend «nd das Beefsteack weich zu erhalten." „Ja," fiel Mr. Palm ein, „diese Dinge find nicht s» bedeutungslos wie sie manchen Leuten erscheinen und «S wäre eine interessante Aufgabe, auszukundschaften, ob die Wohlfahrt unserer Republik mehr befördert würde, wenn wir Vereine zur Befürwortung guter Köchinnen, wie Sarah, oder Vereine zur Befürwortung des, ja — des, na, nun weiß ich noch nicht einmal, wo Euer Verein eigentlich hinaus will. Aber Sarah versteht ihr Geschäft wirklich aus dem Grunde, daS Fleisch ist vor» trefflich, hier, mein liebe- Weibchen, nimm diese-Stück »nb hier — und hier — nimm und iß von Allem, er hole Dich endlich von den Strapazen Deine- Tagewerk- -as doch keinen besondern Nutzen hat und Dich unnöthiger» Mise ««freßt." „O Frank! Krank! wenn Du nicht so schrecklich gut wärest, könnte ich recht bös auf Dich werden. Wenn Du nur ein einzigmal kommen und unS zuhören wolltest, Du würdest ganz gewiß Respekt vor unS, wenigsten- vor unseren Bestrebungen gewinnen." „O, den habe ich selbstverständlich schon sowie so. Du kannst mich ja mit Eueren Bestrebungen oberflächlich bekannt machen und wenn Du die nächste Rede hältst, stelle ich mich als andächtiger Zuhörer mit ein." „Das sollst und mußt Du auch, Frank, deshalb wollte ich ja hauptsächlich mit Dir sprechen. UebrigenS habe ich schon emmal eine Rede gehalten, mein Herr und es war kein schlechter Sprech, ich hatte ihn mit großem Fleiß auSgearbeitet und au-wendig gelernt und Du kannst glauben, daß ich mit ganzem Herzen bei der Sache war." „Und da- erfahren wir — * Die junge Frau achtete nicht auf die Unterbrechung, mit glänzenden Augen und glühenden Wangen fuhr sie fort: „Ich hatte eS so ernst damit, daß ich Gott vorher gebeten, mir einen Feuerfunken der Begeisterung zu senden, wie er den Jüngern Jesu einst gelhan. DaS Thema war eS aber auch werth, eS hieß: Die Macht deS Weibe- auf der Höhe der Sitte und Moral." „Willst Du genau erfahren, waS sich ziemt, so frage nur bei edeln Frauen an," cinrte Mr. Palm, behaglich seinen Thee dabei umrührend. „Nun, waS ich unter Gitte und Moral verstehe, ist nicht etwa der äußere glatte Anstrich, der leicht auch einer tauben Nuß beizubringen »st; waS ich damit meine, sieht der aufopferndsten Pflichtreue so ähnlich, wie ein Ei dem andern. Al- ich fertig »ar, kam ein Zeitungs reporter auf mich zu, gratulirte mir und bat sich meine Rede für feine „Free Preß" au-, wo sie am nächsten Tage zu lesen war." „Und ich habe sie gelesen," versetzte Mr. Palm, „und sie hat einen guten Eindruck auf mich gemacht. Es war etwa vor vierzehn Lagen, nicht wahr? daß sie aber von Dir herrührte, konnte ich nicht glauben, da kein Name dabei stand und ich auch eher auf die Keder einer alten — alten — etwa Miß Albertson grrathea hätte. Auch wäre mir nie eingefallen, daß mein Weib chen Geheimnisse vor mir hätte." „Ich würde sie nicht haben, Krank, wenn Dich meine Bestrebungen überhaupt interesfirten, aber —" „Ich habe den Artikel «uch gelesen," fiel MrS. La- mark in scharfem Lone ein, „und er kam mir in mancher Hinficht recht überspannt vor. AlS ich das Blatt an der Hand legte, dachte ich: DaS ist Alles recht schön gesagt, aber der praktische Wegweiser fehlt, um auf die gepriesene H^he hinauf zu gelangen. Warum sprichst Du aber erst jetzt davon und so zufällig? Sind wir nicht werth zu erfahren, wa- Du in der Oeffentlichkeit ^"lvst. mir will ich auch gar nicht reden, aber D/inen sE'li Du schon au» Pflichtgefühl Alle» wissen lassen." „Nicht au» Pflichtgefühl, wenn eS nicht aus Liebe sein kann," sagte Mr. Palm mit einem innigen Blick auf seine Krau. „Ihr müßt mich entschuldigen," versetzte diese nicht ohne Empfindlichkeit, „wir hatten kurz vorher ein Gespräch gehabt, in welchem Ihr Beide Such so ungünstig über Krauen, die sich irgendwie in die Oeffentlichkeit wagen, aus pracht, daß ich — nicht etwa zu muthlo-, sonder»