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Warandt, Aossen, Siebmleßn und die Amgegenden Ro. 1 Donnerstag, den 1. Januar 1903 62. Ja-r^ «8 Als das hervorragendste Ereigniß, welches das Jahr 1902 Sachsen in seinen politischen Angelegenheiten brachte, ist wohl die Mi nisterkrisis zu betrachte», welche am 7.Februar mit der Einreichung des Entlassungsgesuches des Gesammtka- bincts Metzsch eintrat. Der Vorgang bedeutete den Gipfel punkt des schweren Konflikts, welcher zwischen der Regierung und der Zweiten Kammer wegen der Statsüberschreitungen infolge der Nachforderungen für die Chemnitzthalbahn und der hiermit zusammenhängenden Jndemuitätssrage entstanden war. Es herrschte damals eine so gespannte Situation, daß vielfach die Berufung eines ganz neuen Ministeriums Anzahl sächsischer Städte halte bereits die Ehre, den nun- mehrigen Landesherrn in ihren Mauern begrüßen zu dürfen, so Leisnig, Freiberg, Chemnitz, Leipzig u. s. w.; überall wurde König Georg mit Begeisterung und herz licher Liebe und festlicher Stimmung empfangen. — Die Königin Carola hat seit dem Hinscheiden ihres Gemahls, mit dem sie ja in fast fünfzigjähriger überaus glücklicher Ehe verbunden war, in stiller Zurückgezogenheit vorwiegend im Jagdschlößchcn Rehefeld oder in Villa Strehlen gelebt; die ihr aus allen Ständen und Schichten des treuen Sachsenvolkes bekundete und noch immer andauernde in nige Theilnahme anläßlich des erlittenen schweren Ver lustes wird der hohen Frau gewißlich ein hehrer Trost in Kronprinzessin Luise mit dem französischen Sprach lehrer Giro«. Beide befinden sich z. Zt. in Genf, lieber diesen für unser Königshaus schmerzlichen Fall haben wir schon in der letzten Nr. ausführlich berichtet. schalt mit Wulff und konnte doch Weggehen, nur um ihn! nicht mehr nahe zu sein — wie durste er immer noch wähnen, sie habe nicht gewußt, was sie that. Sie Halle es mit offenen Augen gethan — es gab keine noch so leise Hoffnung für ihn, keinen Trost, keine Linderung der schmerzlichen Wahrheit: sie wollte für ihn todt, verschwunden sein. . . . „Im Anfang des Sommers will ich auf die Insel geben," sagte Sievert später zu Erich. „Dlagda hat sich verlobt —" Erst jetzt erfuhr er, daß Erich ihn uud Magda in Gedanken verbunden hatte. Er lachte darüber, indes er unwillkürlich Magda uud Melanie zusammen verglich. Wie konnte Erich das glauben, da er doch die Gräfin kannte — aber so unge recht gegen ste war. Wie ein Heiligthum verschloß Sievert seine Empfindungen für Melanie tief in seiner Brust. Durch Frau v. Schallwerth erfuhr Erich nach einiger Zeit den Plan Antonies, allein mit Melanie die Insel Langeoog zu besuchen. Er erschrak. Das Mißtrauen, der Argwohn und die Eifersucht des Hofmarschalls ließen ein Zusammen treffen Antonies mit Sievert wenig rathsam erscheinen. Er wußte, Sievert konnte nur zu Anfang des Sommers an die Reise denken, späterhin gehörte seine ganze Zeit der Kunst. Der Wettbewerb um das große Reisestipendium, das jungen Künstlern einen Aufenthalt in Italien ermöglichen soll, ver langte Sieverts ganze Kraft, seine Zeit durfte nicht zer splittert werden. Wäre Sieverts Herz auf ein Wiedersehen mit Magda gerichtet gewesen, wer weiß, ob Erich es über sich vermocht hätte, ihm von der Reise abzurathen, Antonies wegen. Auch so machte er sich Vorwürfe, daß er Antonies Interesse höher stellte, und Sieverts bekümmertes Gesicht verschärfte sie, als er mit ihm darüber sprach. ES war in der That ein Opstr für Sievert. Die Näbe Zu all' diesen Ereignissen im Schloße unseres Königs hauses kommt als ein tiefbedauerlicher, die Flucht der ihrem Schmerz gewesen sein. Von den Mitgliedern des Königlichen Hauses erlitt Kronprinz Friedrich Augu st dadurch einen bedauerlichen Unfall, daß er gelegentlich eines Jagdbesuches bei seinem Schwiegervater, dem Groß- Herzog von Toscana, im Salzburgischen den linken Unter schenkel brach; erfreulicher Weise wird indessen der mit Recht so populäre Thronfolger voraussichtlich baldigst völlig wiederhergestellt sein. Die intimen Beziehungen zwischen dem sächsischen Köuigshause und demoeurschen Kaiserhause wurden durch einen im Januar ausgeführten Besuch des deutschen Kronprinzen am Dresdner Hofe und dann durch den am 23. April wiederum abgestatteten Geburtstagsb esuch KaiserWilhelms beiKönig Albert in Villa Strehlen, der leider das letzte Zusammensein der beiden so eng be freundeten und verbündeten Herrscher sein sollte, erneut! bekräftigt. Aahresrundschau für das Königreich Sachsen. Ein Rückblick auf die bemerkcnswcrthesten Begeben- Heiten, welche das Jahr 1902 in seinem Kreisläufe für unser engeres Vaterland gezeitigt hat, bleibt zunächst an Lem tiefschmerzlichen Ereignisse des Hinscheidens des allverehrten Königs Albert hauen. Am 19. Juni Abends 8 Uhr entschlief sanft zu Schloß Sydillenort der große König, im 75. Jahre seines ruhmvollen Lebens und Im 29. Jahre seiner reichg.segneien Regierung stehend; eine der glänzendsten Gestalten aus der langen Herrscher reihe des albertinischen Zweiges des Hauses Wettin ging mit ihm dahin. Den erledigten Thron bestieg der Bruder Les verewigten Monarchen, König Georg, ebenfalls fchon in betagtem Alter stehend, aber trotzdem sich noch körperlicher Rüstigkeit und geistiger Frische erfreuend. Mit Vertrauen wurde er bei Uebernahme der Regierung von den weitesten Kreisen des sächsischen Volkes begrüßt, und „Wäre es möglich!" Erich rief sich die Zeit von Inge borgs Aufenthalt hier zurück. Er suchte nach einem Anhalt, ob sie um d'e Beziehungen zwischen Dyrenhorst und Matthias Hagen gewußt. „Bist Du nahe mit Ingeborg verwandt?" fragte er dann, ohne daran zu denken, daß Sievert seinen Jdeengang nickt kannte, dock Sievert antwortete ohne Zögern: „Sie ist meiner Mutter Schwester, aber viel jünger als jene." „Dann hatte sie es gewußt — Ingeborg, meine ich, und sie hatte ein" Recht auf das Kind!" rief Erich schnell. „Wie Du ein Reckt auf mich, oder ich auf Dich!" setzte er mit warmem Blick auf Sievert hinzu. „Ja, ich wollte, ick wäre Dir verwandt!" sagte Sievert hastig und erröthete bei dem Gedanken, wie nahe er dann auch Melanie stände. tonie erinnere in nichts an die zarte blonde, kaum hübsch zu nennende Frau, die ganz gewiß niemals einen so tollen Streich wie ihre unbesonnene Tochter gemacht hätte — „den mir der Hofmarschall schuld giebt, mich deshalb ungnädig be handelt und mir sogar jede Aussprache verweigert. Als ob ich durch meine Aufforderung Antonie dazu veranlaßt hätte!" „Vielleicht ist die Frau Hosmarschall ihrer Großmutter ähnlich," sagte Sievert nachdenklich. „Die auch die Deine ist, vergiß das nicht," versetzte Erich ernst- Sievert lächelte. Er hatte weder die Absicht noch die Gelegenheit, seine Verwandschaft geltend zu machen oder An sprüche darauf zu erheben. „Ich verlange nur, daß Du Antonie das Unrecht, das Euch geschehen ist, nicht nachträgst," meinte Erich, und Sievert versprach es willig. Er würde schwerlich in die Lage konrmen. „Das kann man nicht wissen," sagte Erich und fragte sich, ob nicht Ingeborg für Antonie mehr gethan hätte, vielleicht dageblieben wäre, hätte sie ihr Geschick ahnen können. Unter ihrer Leitung, in ihrer Nähe — s, thörichtes Sehnen und Hoffen! Kannte Ingeborg Antonies nahe Verwand- sich tragen, von außen kommt ihm keiner, es wäre sonst kein wahres Op'er." „So ist cS das Alkermirklickste, denn ich gebe viel an', ohne jede Aussicht ans Ersatz", verletzte Sievert, der sich sagte, eine solche Gelegenheit, mit Melanie zusammen zu sein, könne sich niemals wieder bieten. Aber währenv er saü mit Antoine darüber zürnte, lag tief im Hintergründe seiner Seele die Furcht vor einer möglichen Enltänschnng bei solchen Zusammen sein, und eine ihm selbst ganz unerklärliche Ruhe kam über ihn, nachdem der erste Uumuth verflogen war. Er mochte nicht darüber Nachdenken, er stürzte sich nur mit verdoppeltem Eiser in die Arbeit. Mtonie. Roman von Is. v. Zchreidtkrholen der Heimath, die Hoffnung, vielleicht Ingeborg zu sehen, jedenfalls von ihr zu hören, und die Aussicht, mit Melanie abermals einige Wochen zuzubringen, wo sie sich zuerst ge sehen — Mes mit einem Schlage zu verlieren, Antonics wegen aufgebcn zu sollen — das erschien ihm sehr hart. „Was wird mir dafür?" fragte er im ersten Unmnth. Erich seufzte. „Nichts. Ein Opfer muß seinen Lohn in Erich heachtete es nickt, er besprach weitläufig Sieverts Verwandtschaft mit Antonie und überlegte bei sich, ob der Hofmarkchall davon unterrichtet sei. Er mußte es fast glauben, -ab aber in stinem Schweigen darüber gegen Antonie einen neuen Beweis des Dyrcnhorstschen Einflusses. Die Frage, »b ücb Sievert? Geschick verschieden gestaltet hätte unter au- ö^"(pe^Ercn Verhältnissen, drängte sich ihm dann auf. vielleicht Heffer so," antwortete Sievert seufzend. „ r» » „Philosophier lieber nicht über die Schäd- " es kommt doch nicht von Herzen. An und M 't das so wenig schlecht wie irgend eine andere Sache, nur ,oll man sich selbst höher achten als Geld rind Gut- 'ck litt einst „nter dem Mangel, habe aber uic nack dem Gelds gestrebt; doch meine ich, man braucht rs nicht zu verachten, fallt es einem zu." Sievert fragte, wann und wo Antonles Mutter gestorben lei, ^h Antonie ihr ähnlich sehe, was Erich verneinte. Rn- j als die einzig mögliche Lösung der Krisis betrachtet wurde. Schließlich kam jedoch noch eine Verständigung zwischen Regierung und Volksvertretung zu Stande uud das Mini sterium Metzsch blieb im Amte. Lediglich Finanzminister v. Watzdorfs, dem ja auch die direkte Verantwortung für die stattgefundenen Etatsüberschreitungen zugeschoben werden mußte, schied aus dem Verbände des Ministeriums aus. Den hierdurch erledigten Finanzministerposten erhielt der seitherige Justizminister Dr. Rüger, der seinerseits durch den bisherigen Generalstaatsanwalt Dr. Otto er setzt wurde. Eine weitere Veränderung in der Zusammen setzung der Regierung trat infolge des Ablebens des hochverdienten Kriegsministers Edler v. d. Planitz ein, der im August nach längerer Krankheit starb. Es wurde zum neuen Kriegsininister der Kommandeur de» 12. Armeekorps, GeneralFreiherrv.Hausen, ernannt, während Kronprinz Friedrich August, welcher bis dahin die 23. Division befehligt hatte, unter Beförderung zum kommandirenden General an die Spitze deS 12. Armee- korps trat. Das nunmehr erledigte Kommando der 23. Division erhielt der Generaladjutant König Georgs, General v. Broizem. Was im Uebrigen die Landtagssession anbelangt, die erste des im September neugewählten Landtags, so wurde ste vorwiegend durch die steuer- und finanzpoli- tischen Verhandlungen über die Vorlagen betreffs der Steuerreform beherrscht. Längere Zeit schien es, als sollte diese wichtige Reform an den erheblichen Meinungs verschiedenheiten, welche hierüber zwischen den beiden Kammern und der Regierung und weiter auch zwischen den zwei Kammern selber aufgetaucht waren, völlig scheitern. Zuletzt vereinbarten aber die Kamniern noch ein Kompro miß miteinander, das auch die Zustimmung der Regierung fand. Das Steuerkompromiß wies folgende Grundlage ank: Die Einkommensteuerskala wird in der Fassung der Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, B irkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswaloe, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Koufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Logen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Mmzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiebewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistrovp, Wildberg. Ne gesammlen bisherigen Regierungshandlungen des Mo- Gemahlin des Kronprinzen Friedrich August, der narchen beweisen, daß er dieses ihm entgegen getragene'"ss'" Volksvertrauen auch im vollsten Maße verdient. Eine Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs uud Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro Viergespalteve Lorpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger tn Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daielbst.