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Amtsblatt für die Nützlichen Bormittag 11 Uhr angerwm- FUFM^ P^Md^g°sp-w«s-il- !N Raum la Pf. a LP i Erscheint jeden Wachmtag Nachmitt. ^/.SUHr für den »HS » anoern Tag. Preis vierteljährlich »Mark W Pf., v » zweimonatlich 1M. bO Pf. und riamonatlich 7L Pf. mm Tagesschau. Freiberg, d« 19. Februar. Da» deutsche Kalserpaar unternahm gestern Vormittag wteter eine gemeinsame Spazierfahrt nach dem Berliner Thier garten. Von derselben zuruckgekehrt, empfing der Kaiser den Krieglminister Bronsart von Schrllrudorff und arbeitet« später mit dem Ches de, ZivIlkabinetS. Nach 12 Uhr berteth der Kaiser länger« Zeit mit dem Reichskanzler Fürst«» BlSmarck und erthellte dann dem mecklenburgischen Staat,Minister von Inserate »erde« bi« Bormittag 11 Uhr angruom» men und beträgt der " »der deren 41-J-braana Mittwoch, s« 2». Februar Wüschen Behörden zu Freiberg und Braud Verantwortlicher Nüuckteur: Iuliu, Braun dt Fr^öerg- Bülow eine Audienz Bald nach 1 Uhr stattete» die Kaiser liche» Majestäten dem Erbprinzen und der Frau Trbprinzesstn von Sachsm-Meininge» anläßlich der Wiederkehr ihre, ver« mählung,tage, (18. Februar 1878) einen längeren Besuch ab. Auch der Herzog von Schletwlg-Holsteiu und andere Herrschaften erschienen au, dem gleichen Anlaß bet dm Meioingenscheu Herrschaften. Nachmittags fand bet dm Kaiserlichen Majestäten ein größer«, Gastmahl statt. — Die osfizlöseu Berlturr »Politischen Nachrichtm' können gegenüber dm Gerüchten, daß der Justizministrr v. Friedberg seine Ent astung in Folge eines reich,kanzlerischen blauen Briefe, ge nommen hab«, versichern, daß die persönlich« frrundltchm Beziehungen de, R«tch,kauzlerS zum Minister v. Friedberg durch dm Rücktritt de. Letzteren tu keiner Weise verändert seien. Der Minister v. Friedberg stattete vor wenigen Tagen dem Fürsten Bitmarck ein« längeren Besuch ab. Eben so willkürlich sei die Meldung de. Londoner »Standard", der um« Justizmtnister v. Schelling »erde demnächst schon wieder seine Entlastung fordern. — Da, preußische Herreuhau, genehmigte gestern dir Ge setzvorlage über dte Heranziehung der Fabrik» zu dm Weg« baukostm in Schlesien, de» Wetteren dte Errichtung de» Amts gerichte, Herne. Ferner nahm man dm Gesetzentwurf über di« allgemein« Landervrrwalüwg und üb«r di« Berwaltnug»- behördm drr Provinz Posm in der von der Kommission ab- zauberten Fastung au, wonach unter Anlehnung au dte in der Regi«rung,vorlage vorgeschlagrue provinzlalständische Berwal- tungtkommtsfion derm Funftiouen dem von dem Provinzial« landtage zu wählmdm ProvlnzialauSschuffe mtt dem Landes« direftor zu itSertta,« sind. Der Minister Herrfurth erklärte, er steh« der abgeändertm Fassung nicht unsympathisch gegen über, müsse die mdgllttge Erklärung aber dem StaatSmtnt« sterium Vorbehalten. — In Köln ist am Sonntag Justizrath Trimborn, Mitglied de» deutschen Reichstages und des preußi schen Abgeordnetenhauses für Krefeld, gestorben. Der Dahin» geschiedene, am 8. Januar 1824 zu Bergheim, kr«isstadt im Regierungsbezirk Köln (katholisch) geboren, absolvirte das ka tholische Gymnasium Marzellm zu Köln von 1837—1843, dte Universität Bonn von 1843—1846 und wurde später in Köln Advokat. Der Verstorbene war ein bekanntes Mit glied der Zentrums fraktton. — Der deutsche Reichskommtflar für Ostafrtka, Hauptmann Wißmann, hat Berlin verlass«, nachdem dort noch in dm letzten Tagen ihm zu Ehren eine Reih« rauschender Festlichkeiten stattgrfunden hatten. Aus dm Reden, dte dabei gehalten wurden, war erfichÜich, welche Fülle stolzer Hoffnungen die kühne Schaar begleitet, die jetzt frohen Muthe», aber wohl nicht leichten Herzen» in die Feme zieht. Hauptman» Wißmann, dem die Leitung des gauzm Unter nehmen» übertragen ist, hat jedmfall» kein Hehl daraus ge macht, daß es gilt, gewaltige Schwierigkeiten zu überwtudm, wenn er auch zugleich der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck gegeben, daß e» ihm geling« werde, der Widerwärtigkeit« und Schwierigkeit« Herr zu werd«. Urder dm Operattonr- plan selbst wird au unterrichteter Stelle Schwelgen beobachtet. Wißmann selbst hat beharrlich jede Auskunft über diese Angelegenheit abselehnt. Man werde, so «einte er, frühzeitig genug von Zanzibar selbst über seine Pläne unterrichtet werd«. Wie dem Bureau Reuter auS Zanzibar gemeldet wurde, find Lieutenant Wolff und andere Begleiter drr Expe dition des Hauptmann Wißmann dort bereit» etngetroffm. Während drr Kaiser von Oesterreich in drr Osrnrr Hosburg vrrwrtlte, fand am Sonntag in Pest drr angekündigte demonstrative Umzug unter ungeheurer Betheiliguug statt. Bel prächtigem Wetter sammelte fich bereit» um 2 Uhr aus dem Calvlnplatzr etne vieltausendköpfige Mmge an. Der Jurist Pandy hielt an die auf dem Balkon de» Klnblokalrs der ge mäßigt« Opposition versammelten Abgeordneten eine Ansprache, in welcher er für dte Unterstützung der Interessen der Jugend danfte. Hierauf erwiderte der Abg. Beorthy; derselbe bat, Jeder von den hier Versammelt« mögt beitragen, daß dte Kundgebung ein« würdige bleibe, und schloß mtt dem Ruf«: »E» lebe der König!' in den die Menge entblößten Haupte» begeistert «Instimmte. Der Zug, den berittene Polizist« er- öffaet«, setzte fich alsdann in Bewegung. An der Spitze schritt der Abg. Gras Gabriel Karolyi, gefolgt von dm Trägern nationaler Banner mit dm Aufschriften: »ES lebe drr König!" und »Nieder mtt TtSza!' Hierauf folgten dte drr UnabhängigkeitSpartei angehörenden Abgeordnete», sodann dte Studtrendm der Pester Universität u»d eine unabsehbare Mmge, tnSgrsammt etwa 30000 Personm. Dte Studmtm fungtrtm als Ordner. Bor dem Klublokale der Unabhängig- keitSpartet hielt der Jurist Blacsek eine Ansprache, auf die Abg. Thaly erwiderte. Unter Eljrn-Rufm auf den König von Ungarn bewegte fich der Zug zwischen einem dicht« rMMIitzeW M- TkgMkü. Fürst Bismarck und sein Nachfolger. Vor Kurzem erschien in den »Hamburger Nachrichten' ein Aufsatz, welcher »die Nationalliberalcn und der Reichs kanzler' überschrieb« war und insbesondere die passive Hal tung der Kartrllparteien bei der Besprechung des Falles Geffcken behandelte. Dieser Aufsatz wurde von der offiziö sen »Nordd. Allg. Ztg.' abgedruckt und als bemerkenswerth bezeichnet. Dies erregte um so größeres Aufsehen, als in dem Artikel das Verhalten der Nationalliberalen in der Reichstagssitzung vom 5. d. M. dam.t erklärt war, daß diese Partei sich nicht vollständig mit dem Reichskanzler identifiziren wolle. Der betreffende auffallende Satz lautete »örlllch: »Man sagt sich, der Kanzler, welcher bei seinem letzten Auftreten im Reichstage gelegentlich der Berathung der ostafrikanischen Vorlage den Eindruck gemacht habe, daß er im Begriffe stehe, dem Greisenalter seinen Tribut zu zoll«, könne dem Vaterlande doch einmal recht schnell entrissen werden; in diesem Falle aber stünde eine Partei, die sich ganz mit ihm identifizirt habe, haltlos da. Schwer lich dürfte es dann zu einer unveränderten Fortsetzung der Politik Bismarck's kommen; wenn auch sicher anzunehmen sei, daß Graf Herbert Staatssekretär des Auswärtigen bleibe, so sei doch kein Zweifel, daß er nicht der leitende Staatsmann in dem Sinne sein werde, wie dies sein großer Vater jetzt sei, vielmehr stehe anzunehmen, daß irgend ein anderer Programm-Mann, heiße er Graf Watversee oder sonstwie, als Nachfolger des Fürsten Bismarck in Be tracht komme.' Nicht minder eigenthümlich berührte der weitere scheinbar zur Beruhigung der besorgten National liberalen dienen sollende Satz: »Daß nach einem plötzlichen Scheiden des Fürsten Bismarck aus seinem hohen Amte die von ihm mit seiner mächtigen Persönlichrett gestützte Politik in sich selbst zusammenbrechen könne — eine solche Vcrmuthung beruht auf einer so geringschätzig« Meinung von dem Lebenswerke des Fürsten Bismarck, daß wir im Ernst nicht glauben können, dieselbe sei wirklich verbreitet. Was auch an rein persönlichen Mommten nach dem Hin scheiden des großen Staatsmannes in Wegfall gerathen möge, — daß seine Politik als solche unter Kaiser Wil helm II. eine durchgreifende Aenderung erfahren werde, glaubt kein einziger berufener Urtheiler.' Nach dieser letzten Versicherung mußte eS ganz unverständlich erscheinen, warum das Hamburger Blatt erst vorher auf das rasche Altern des Fürst« Bismarck und die mögliche Nachfolger schaft des Grafen Waldersee hingewiesen hatte. Niemand konnte mtt Bestimmtheit sagen, warum auf einmal die Frage aufgeworfen wurde, wer dereinst beruf« werden würde, den rasch alternd« Reichskanzler zu er setzen und ob sich auch die künftige Entwickelung Deutsch lands in der von dem Fürsten Bismarck vorgezeichneten Bahn bewegen werde. Nachdem erst in neuester Zeit die von Herm von Hammerstein geleitete Kreuzzeitung regie rungsseitig zurechtgewies« worden und die als Organ des Reichskanzlers geltende »Nordd. Allg. Ztg." auch in dem Streit der Pastor« Stöcker und Witte eine sehr entschie dene Stellung eingenommen hatte, konnte die scheinbare Drohung mit einer Aera Waldersee kaum ein« tieferen Eindruck machen. Daß die Nationalliberalen emsthast daran gedacht haben sollten, einen Theil der Erbschaft des Fürsten Bismarck anzutret«, ist kaum denkbar; dieselben sind wohl von der Unentbehrlichkeit des leitenden Staats mannes und der Nothwendigkeit einer Beständigkeit in der deutschen Politik anscheinend mehr durchdrungen, als die äußerste Rechte, deren Organe mit ihrer Unzufriedenheit mit manchem neuen Zwischenfall gar nicht zurückhalten. Vielleicht veranlaßte aber gerade diese Haltung der Kreuz- zeitungs-Partei, zusammen mit der jetzt hervortretenden Absicht des ultramontanen Zentrums, im preußisch« Ab- grordnetenhause durch dm Windthorst'schen Schulantrag das fast erloschene Kulturkampf-Feuer wieder zu entflammen, dm Fürsten Bismarck zu dem ungeduldigen Wunsch einer unbedingteren Heeresfolge der Mtttelparteien. Dazu be dürfte cs aber der Drohung mit einem Systemwechsel kaum; vielmehr machte auf diese regierungsfreundlichen Politiker die ganze Erörterung nur den Eindruck des über flüssigen Mißtrauens. Mit merklicher Verstimmung schreibt z. B. die »Köln. Ztg.": »Wir Wiss« nicht, welchen Sinn es hat, sich jetzt schon den Kopf darüber zu zerbrechen, wer des Fürsten Bismarck Nachfolger werden wird. Drr Fürst ist wohl und gesund, besitzt das volle Vertrauen des Kaisers und des Volkes und Niemand, vielleicht mit Ausnahme von Eug« Richter, denkt daran, 'hu zu ersetzen oder zu stürzen. Die Frage nach seinem Nachfolger ist daher höchstens für Bierbankgespräche, nicht aber für ernsthafte politische Parteien geeignet. Am Wenigsten verstehen wir, welch« Werth es hab« kann, Manner als Kandidaten zu bezeichnen, die bisher nie em Hehl daraus gemacht haben, daß sie sich von jedem polnischen Treiben fernhalten und ausschließlich ihrer eigenen Bemfsthattgkett widmen.' Mit der letzteren Wendung ist unverkennbar Graf Waldersee gemeint, den die »Hamburger Nachrichten" au^ drücklich genannt haben, ein Blatt, das früher ganz aus denselben Quell« schöpfte wie die „Köln. Ztg.', und dessen Auslassung doch sicher nicht ohne Grund von der offiziösen »Nordd. Allg. Ztg.' weiter verbrettet Word« war. Emze ne mittelparteiliche Blätter, wie das »Frankf. Journal", nahmen deshalb an, daß bei dem Hamburger Artikel der Name des Nationalliberalismus nur als Deckadresse für ein« andern dienen sollte: dagegm spricht aber ein erneuter Angriff der offiziös« »Deutschen volkswirthsch. Korresp." welche die Unzufriedenheit mit der Haltung der National- liberalen nicht aus dem Fall Geffcken, sondern von Volks- wirthschaftlichm Fragen herleitete. Ein nationalliberaler Führer soll nach der genannten Korrespondenz in der Fraktions-Sitzung erklärt hab«, man brauche jetzt nicht für den Bebel'schen Anttag auf Aushebung der Kornzölle zu stimmen; dieselben würden mtt dem Ableb« des Reichs kanzlers von selbst fallen. Diese von den süddeutschen Fraktions-Genossen sofort mtt Mißfall« aufgenommene Aeußerung soll d« Anlaß zu dem warnenden Artikel des Hamburger Blattes gegeb« haben. Der »Hannöversche Courier" erklärt aber jetzt die Mittheilung der »Deutschen volkswirthschaftlich« Korrespondenz" über die angebliche Aeußerung Bennigsm's über die Getteidezölle als vollständig aus der Luft gegriffen. Der Eindruck des Hamburger Artikels scheint doch nicht der gewes« zu sein, den man davon erwartete, da dte »Nordd. Allg. Ztg.", die demselben acht Tage vorher erst eine gewisse Bedeutung beigelegt hatte, sich nun beeilte, dies wieder wesentlich abzuschwächen. Das Kanzlerblatt meinte, man sei in maßgebenden Kreisen ganz erstaunt über den Lärm, den jener Aufsatz in der Presse erregte und erkläre sich dieses Aufsehen nur durch die ganz irrige Annahme, daß der Ursprung desselb« auf den Reichskanzler oder auf Personen seiner nächsten Umgebung zurückführe. Schon der Styl und die ganze Abfassung des Artikels hält« berechtigten Zweifel nach dieser Richtung hin erregen müssen. Die vielseitige Unklarheit der Tendenz des Aufsatzes hätte als Beweis dafür genügen sollen, daß der geistige Urheber jedenfalls nicht in der Wilhelmstraße gesucht werden dürfe. Vielfach wurde es als Nachspiel des nicht recht verständlich gewordenen Dramas angesehen, daß Fürst Bismarck am Sonnabend im preußisch« Herrenhause erschien, um dort der Vereidigung des neurinttetenden Mitgliedes, des Grafen Waldersee, beizuwohn« und später sich mit dem letztem ebenso eifrig als freundschaftlich unterhielt. Die besondere Herzlichkeit des Reichskanzlers ließ die Deutung zu, als sei kurz vorher zu seinem angeblich« Nachfolger mit Schillers Worten gesagt Word«: „Ihr seid mem erster Feldherr; seid nie mehr, so wird Euch meine Gnade niemals fehlen!' Gealtert erschien Fürst Bismarck keineswegs, sondern noch immer als der eisenfeste Mann, der dem deutschen Volke als der Hauptpfeiler seiner national« Entwickelung gilt. Wie sehr er felbst an das Fortgehen der deutschen Reichsvolitik in den von ihm vorgezeichneten Bahnen glaubt, dafür sprechen seine eigenen, kürzlich von dem Abgeordneten Cremer in einer Berliner Versammlung wiedererzählten Worte: »Alle großen Dinge, die seit 1870/71 auch in der inneren Politik durchgrführt wurden, wären nicht geschehen, wenn nicht die Sicherheit wäre, daß der Zug auf gleichem Geleise sich weiter bewegt. Man läßt doch d« Zug lieber gar nicht aus dem Perron heraus, als ihn nachher in voller Fahrt auf ein todteS Geleise zu bringen, wo keine Weiche ist." Der Reichskanzler Fürst Bismarck begab sich Montag Nachmittag gegen 12^ Uhr zu Sr. Majestät dem Kaiser ins Schloß und verweilte dort längere Zeit.