Volltext Seite (XML)
Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Großenhainer UickrlMngs undAnzcheblatt MmtSvlatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Insertionsbeträge von auswärts sind in Post marken beiznfügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. M L« Dienstag, den LV. Februar L8S4. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte soll den 24t. März 1874t das Herrn Gottlob Ernst Schulze in Roda zugehörige Haus- und Windmühlengrund- stück Nr. 9L. des Katasters, Fol. 4 des Grund- und Hypothekenbuchs für Noda, welches Grundstück am 19. dieses Monats ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 3025 Thlr. von den Nödaer Ortsgerichten, bez. dem für Mühlen verpflichteten Sachverständigen gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle, sowie im Gasthof zu Noda aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Großenhain, am 27. December 1873. Das Königliche GerichtsamL. Pechmann. Heinichen, Ass. Bekanntmachung. Gesuche um Versetzung von Kindern aus der ll. in die III. Schule sind bis Ende Februar bei mir anzubringen. Großenhain, am 9. Februar 1874. Mushaeke, Schuldir. Bekanntmachung. Die Anmeldung der zwischen dem 1. October 1867 bis ultimo September 1868 ge borenen, somit Ostern 1874 schulpflichtigen Kinder ist für die hier geborenen Sonntag, den 1. März 1874t, Vormittags 10—12 Uhr und Nachmittags 2 — 4 Uhr und für die auswärts geborenen Kinder Mittwoch, den 4t. März 1874t, Vormittags 10—12 Uhr in dem Expeditionslocale des Schuldirectors (Schulgebäude in der FriedrichSgasse) zu bewirken. Beizubringen ist für die hier und in Mülbitz geborenen Kinder der Impfschein, für die auswärts geborenen außerdem das Taufzeugniß. Körperlich oder geistig zur Aufnahme in die Schule noch nicht reife Kinder werden nach Beibringung einer ärztlichen Bescheinigung bis auf Weiteres dispensirt. Großenhain, den 9. Februar 1874. Das Schuldirectorium. Mushacke. Politische Weltschau. Die Reichstagswahlen in Elsaß-Lothringen sind genau so ausgefallen, wie wir vermuthet hatten. Den Löwenantheil errangen die Ultramontanen mit elf Abgeord neten, während der französischen Protest-Partei nur vier zufielen. Ob die Letzteren im Reichstage bleiben werden, muß sich ja bald herausstellen. Die Ultramontanen ver stärken sicherlich das Centrum, welches nun auch zwei Bischöfe in seinen Reihen zählt, von denen freilich der eine — der Bischof von Metz — kein Wort Deutsch versteht. Uebrigens werden die paar Schwalben mehr für das Cen trum kein besseres Wetter zu Wege bringen, nachdem die deutsche Vormacht durch die Einsperrung des stolzen Le- dochowski die Brücke verbrannt hat, aus der ein Rückzug immer noch möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich war. Die praktische Folge des Wahlresultats in Elsaß-Lothringen wird zunächst wohl nur in einigen pikanten Scenen im Reichstage bestehen, in zweiter Linie aber die Hoffnungen der so eclatant unterlegenen elsässischen Partei auf vollstän dige staatsrechtliche Autonomie ihres Landes vernichten. Oder kann irgend ein Vernünftiger glauben, daß das deutsche Reich dieser Bevölkerung einen eigenen Landtag und was damit zusammenhängt, geben wird, so lange sie Agenten Frankreichs und Roms in den Reichstag sendet? Wenn man sich erinnert, wie lange die französischen Sym pathien in den bayrischen, hessischen, preußischen Rhein landen einst vorgehalten haben und zum Theil noch Vor halten, so wird man sich auch sagen, daß die neuen Reichsländer noch geraume Zeit in der Wüste der Reichs unmittelbarkeit werden wandern müssen, ehe sie an den Jordan der ersehnten staatlichen Selbständigkeit gelangen. Man mag das bedauern, aber es wird eben nothwendig sein. Daß ja selbst in der seit 1815 abgetretenen Bevöl kerung noch französische Sympathien vorherrschen, beweist ein ultramontanes Blatt im Regierungsbezirk Aachen, wel ches dieser Tage schrieb: „Wir sagen es mit Stolz, das Studium und die Vertheidigung unserer herrlichen franzö sischen Institutionen ist eine unserer angenehmsten Beschäf tigungen gewesen; wir hangen mit kindlicher Liebe und Verehrung an dem, was uns davon verblieben; wir be weinen das davon Verlorengegangene und hoffen auf seine Wiedergabe. Wir bedauern auch aus tiefstem Herzens gründe das grause Geschick, welches die edle französische Nation, deren Schicksale wir in besseren Zeiten als die gegenwärtigen getheilt haben, vor drei Jahren getroffen hat; wir hoffen, daß die dabei gemachten Erfahrungen zu ihrem und unserem und der ganzen Menschheit Heil nicht werden verloren sein. Wir bewahren eine unbegrenzte Achtung, Ehrerbietung, Liebe und Verehrung für unseren ehemaligen rechtmäßigen Landesherrn, den großen Kriegs- Helden, noch größeren Administrator und Gesetzgeber, den Kaiser Napoleon I., den großen Märtyrer von St. Helena, unser Dank für die von ihm unserem theueren Vaterlande, unserem herrlichen Rheinlande erwiesenen Wohlthaten ist ein ewiger, unvergänglicher, nie abschwächbarer. Indem wir moruiemsnt purluut Preußen nie andere Rechte auf uns zugestanden, als die eines Eroberers auf die eroberte und durch regelrechten Besitzabtritt erworbene Sache, nie eine nicht vorhandene Sympathie erheuchelt, haben wir uns aber in Allem und Jedem als pflichttreue Unterthanen be währt und stets war unser Verhalten Ausfluß der vollsten und reinsten Loyalität." Wenn das am dürren Holze ge schieht, was soll man dann vom grünen erwarten? In Oesterreich soll der Reichsrath schon am 28. März vertagt werden, um den am 20. April zusammentretenden Delegationen Platz zu machen. Wie in Deutschland, so kokettiren auch in Oesterreich die Ultramontanen mit den Socialdemokraten. Jedoch ist ihr Plan, die Arbeiter zu einer Massen-Demonstration vor dem Gebäude des Reichs raths zu veranlassen, gründlich gescheitert. Nun verlegen sich die Clericalen darauf, in der Provinz die Bauern auf zuhetzen. Alles wird in Bewegung gesetzt, um gegen die confessionellen Gesetze Proteste aus dem Schooße des Volkes hervorzurufen. — In Ungarn haben die Debatten im Reichstage über die Verwaltung der Ostbahn zu einer für das Ministerium Szlavy fast bedrohenden Schwankung geführt. Mit einer schwachen Majorität von 11 Stimmen wurde die Regierungsvorlage durchgebracht, während 121 Deputirte sich der Abstimmung enthielten. In der Schweiz sind die beiden Körperschaften der Bundesversammlung über die Nevisionsvorlagen der Ver fassung endlich schlüssig geworden und soll nunmehr binnen kurzer Zeit die Volksabstimmung erfolgen. Gleichzeitig ver lautet von dort, daß gegen die Urheber, und Unterzeichner des bekannten Jnterventionsgesuches an die Wiener Con- greßmächte der Proceß auf Landesverrath eingeleitet werden wird. In Frankreich sind alle Parteien brüderlich vereinigt, wenn es dem ihrer Meinung nach höchsten patriotischen Zwecke gilt, sich zum Kampfe gegen Deutschland zu stärken. Selbst Gambetta, der heftigste Gegner der bestehenden Regierung, erklärt, daß die augenblickliche Lage Europas und das Interesse Frankreichs geböten, die militairischen Hilfsmittel noch mehr zu entwickeln, ja daß es besser sei, etwas zu viel zu thun, um zu haben, was man noth- wendigenfalls bedürfe. Die Legitimisten rühren sich von Neuem für die Wiederherstellung der monarchischen Re gierungsform. Mac Mahon hat dagegen in einer Ansprache, welche er kürzlich an den Vorsitzenden des Handelötribunals hielt, die Erklärung abgegeben, daß er entschlossen sei, die ihm auf sieben Jahre anvertraute Gewalt nicht aus den Händen zu geben. Es frägt sich nur, ob sie ihm nicht entrissen wird. In England sind die Wahlen zum größten Theile vollzogen. Allem Anscheine nach hat Gladstone das Spiel verloren. Disraeli oder Derby dürften seine Nachfolger werden. Tagesnachrichten. Dresden, 8. Februar. Wohl noch niemals hat die I. Kammer einen so reichen Damenflor auf ihren Tribünen gesehen, als gestern, wo es sich um die Unfehlbarkeits- Verkündigung handelte. Wußte man doch genau vor aus, daß Bischof Forwerk in dieser Angelegenheit das Wort nehmen werde. Wie leicht, daß ein Hinübergreifen dieses hohen katholischen Geistlichen auf fremde Gebiete erfolgt wäre und die protestantischen Geister zur lebhaften Abwehr aufgerufen hätte. Es wurde also eine lebhafte Debatte erwartet und daher der großartige Andrang des Publikums, den die Tribünen nicht zu fassen vermochten. Der Verlauf der Debatte war jedoch ein ganz normaler. Die berichterstattende dritte Deputation, Referent Sahrer v. Sahr, schlug in ihrer Majorität der Kammer vor: in Erwägung, daß die bisher abgegebenen Erklärungen der Regierung in genügender Weise beurkunden, daß eine Verkündigung des Unfehlbarkeitödogmas durch die Verlesung des Fuldaer Hirtenbriefes von den katholischen Kanzeln nicht stattgefunden habe und nicht habe stattfinden können, dem Beschlusse der Zweiten Kammer auf eine nochmalige Beurkundung nicht beizutreten. Hingegen empfiehlt die Minorität, Bürgermeister Clauß, den Beschluß der Zweiten Kummer also anzunehmen: an die Staats regierung das Ersuchen zu richten, in geeigneter Weise als bald öffentlich zu beurkunden, daß eine Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas durch die Verlesung des Hirtenbriefes von den Kanzeln nicht stattgefunden habe und nicht habe stattfinden können. Außerdem empfiehlt die Gesammt-De putation: die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, daß dieselbe den durch Decret vom 4. October 18-1Ä dem da maligen Landtage vorgelegten, damals jedoch unerledigt gebliebenen Entwurf eines Regulativs wegen Ausübung der weltlichen Hoheitsrechte über die katholische Kirche im König reiche Sachsen unter Berücksichtigung der seitdem eingetretenen Aenderung einschlagender Verhältnisse schleunigst einer Revision und Ergänzung, beziehendlich Umarbeitung unterwerfe und den neuen Entwurf als Gesetzentwurf spätestens dem nächsten Landtage vorlege. Die Debatte hierüber eröffnete der frühere Cultusminister v. Falkenstein mit der Erklärung: er habe, als Bischof Forwerk um die königl. Genehmigung (Placet) zur Ver kündigung des Dogmas nachsuchte, diese Genehmigung verweigert, ohne erst die Sache dem verstorbenen Könige vorzutragen. Dagegen sei seinerseits die Verlesung des Fuldaer Hirtenbriefes erlaubt worden, weil er darin durchaus keine Verkündigung des Dogmas gefunden. Er müsse Ver wahrung gegen die ihm in der II. Kammer gemachten Vorwürfe einlegen, als habe er damals malaüäe gehandelt. —Bischof Forwerk: Auch ich bekenne, daß durch die Verlesung des Hirtenbriefes weder eine amtliche noch hirtenamtliche Verkün digung des Unfehlbarkeitsdogma in Sachsen stattgefunden hat (Bewegung. Hört! Hört!); dasselbe wird darin nur beiläufig erwähnt, während sein Hauptgegenstand das 25 jährige Priesterjubiläum des Papstes ist. Eine ohne Anführung des Wortlauts stattfindende Beziehung auf eine Entscheidung kann unmöglich eine Entscheidung genannt werden. Ich verwahre mich entschieden gegen die Insinuation, als ob ich durch Verlesung des Hirtenbriefs indirect, durch ein Hinter pförtchen habe erschleichen wollen, was auf directem Wege nicht zu erlangen war. Im Weiteren erklärte der Bischof: Das untrügliche Lehramt sei ein anerkanntes Glanbensprincip der katholischen Kirche, woraus folge, daß alle Lehrentscheidungen eines allgemeinen Concils durch ihre vom Oberhaupt der Kirche in Rom urdi et orbi bewirkte Publication für die Gewissen der Gläubigen ohne Weiteres verbindlich seien. Cultusminister v. Gerber hielt hiergegen ein, daß das jus eireu der Staatsgewalt gegeben sei, um, bei der Schwierig keit, die Grenze des inneren religiösen Gewissenslebens und des sonstigen sittlichen Handelns in allen Beziehungen mit voller Sicherheit zu ziehen, das innere kirchliche Leben darauf zu überwachen, daß diese Grenze jederzeit eingehalten werde. — Nachdem noch eine große Zahl anderer Redner gesprochen, wurde auf Antrag des Prof. vr. Fricke beschlossen, nunmehr die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen und die ll. Kammer zum Beitritt zu diesem Beschlusse aufzufordern. Den wei teren Antrag der Gesammtdeputation wegen Revision des Regulativs nahm die Kammer mitallen gegen die Stimme des Bischofs Forwerk an. Die II. Kammer erledigte in voriger Woche die Etats für das Departement des Cultus und öffentlichen Unterrichts, ferner für das Departement der Justiz und den Bau-Etat. Das Cultus-Departement nahm allein drei Sitzungen in Anspruch und daher ist es unmöglich, hier auf Specialitäten einzugehen. Doch sei im Allgemeinen bemerkt, daß die Kammer fast durchweg die von ihrer De putation vorgeschlagenen Gehaltssätze und Postulatssummen, welche gegenüber der Regierungsvorlage hin und wieder Abstriche erfahren, genehmigte. Nur den Staatsbeitrag für Realschulen erster Ordnung erhöhte die Kammer von 5000 auf 6000 Thlr. jährlich und denjenigen für Realschulen zweiter Ordnung von 3000 auf 4000 Thlr. Auch verwarf sie die von der Deputation beantragte Anstellung von 19 Schulinspectoren und beschloß der Regierungsforderung ent sprechend 25 Schulinspectoren anzustellen. — Beim Bau- Etat und Justiz-Etat fanden ebenfalls Abminderungen statt. So sind in allen Departements die Gehalte der Minister von 7200 auf 7000 Thlr., die Gehalte der Ab- theilungsdirectoren von 4000 auf 3700 Thlr. herabgemindert worden u. s. w., so daß, wenn die 1. Kammer nicht ein?