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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. Erscheint mit Au-nahmr der Sonn- und Festtage täglich Abend- und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Mittwoch, den 11. November. Preis für da- Vierteljahr Thaler. Insertion»-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 1857 Amtlicher Theil. Verordnung des Ministerium» de» Innern, die Einführung gleichförmiger Formulare zu Marsch routen betreffend; vom 2. November 1857. Da» Ministerium de» Innern hat, um den an den so genannten Marsch- oder Reiserouten — ZwangSpässen — häufig wahrgenommenen Fälschungen und den daraus für dir öffentliche Sicherheit entspringenden Nachtheilen zu begegnen, dir Einführung eine» gleichförmigen Formular» zu Marschrouten, welche», wie da» Formular für die Reisepässe, in grüner Guillochirung hergestellt ist, beschlossen. Indem die» den Polizeibehörden de» Lande» unter dem Bemerken andurch eröffnet wird, daß mit dem Debit der ge dachten Formulare die KreiSdireclionen und zwar dergestalt beauftragt worden find, daß bei denselben für je 100 Stück solcher Formulare der Selbstkostenverlag von 18 ngr. zu erlegen ist, jede einzeln« Bestellung aber mindestens 25 Stück umfassen muß, erhalten die genannten Behörden zugleich die Weisung, sich vom 1. Dezember dies,» Jahre» an zu Marschrouten nur der gedachten Formulare zu bedienen. Drr»den, den 2. November 1857. Ministerium des Innern. Ar. Arrd. Arhr. von Beust. Weiß Dresden, 1. October. Se. Majestät der König haben Allerhöchst-Jhrem Staat», und Kriegs-Minister, Generalleut nant von Rabenhorst, da» Annehmen und Anlegen d,S ihm verliehenen Großkreuz«» de» Churfürstlich Hessischen Wil helms-Orden« allergnädigst zu genehmigen geruht. Nichtamtlicher Theil. Iltbersichl. Lagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Fürst v. Metternich zurück. Graf Apponyi. — Wien: Di; Reformbestrebungen im Kirchenstaate. — Berlin: Der neue Börsenbau. Untersuchung bezüglich de« jüngsten Easernenbrande». Da» Befinden des König». Zur Banknotenfrage. — Erfurt: Die Jesuitenmission. — Koburg: Vom Hofe. Ein alter Adelsbrief aufge- funden. Guter Stand der Saaten. — Pari»: Eavaignac'S Parteistellung. — Brüssel: Die Ministerkcisi«. — Turin: Wahlaufregung. Eine neue Schrift von Mazzini. Der Wechsel auf dem Gesandtschaftsposten in Rom. Vermischtes. — Neapel: Prinz Joinville abgereist. — London: De Polemik gegen Lord Eanning. Werbungen der ostindischen Compagnie. Gewaltthätigkeit eines englischen Schiffscap', tän». — Kopenhagen: Kein neues Memoire abgegan gen. — St. Petersburg: Die Expedition d,S Generals Filipson an der kaukasischen Küste- Ein Dampfschiff ver unglückt. — New-Bork: Di« FinanzkrisiS. Local- und Provinzialangrlegenheiten. Dresden: Tagesbericht. — Leipzig: Au» der Sradtverordneten- sihung.— Freiberg: Kirchliches. —Wurzen. Ehrrn- bürgerrechtSertheilung. Unglücksfall. — Burgstädt: Beamtenjubiläum. D.ie Bewegung de» Personalstandes in den Strafj- anstalten im Monat September 1857- Feuilleton. Vermischter. Inserate. Tageskaleuder. Börseunachrichten. Beilage. Die Vertilgung der Feldmäuse betreffend. Leffeutliche Gerichtsverhandlungen. (Dresden. Zittau.) Vermischte- Inserate. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. Paris, Dienstag, 10. November. Die „Patrie" fordert heute in einem, von dem Redaeteur Dela- marre unterzeichneten Artikel folgende Maßregeln als nothwendig, um der gegenwärtigen Geschäftskrise zu begegnen: Einführung eines ZwangscourseS der Banknoten, Emission von Fünfzig Francebillets, Fest setzung einer Zollabgabe auf die Ausfuhr von baarem Gelde, Reduktion des Diskontsatzes auf 0 Proc. London, Dienstag, 10. November. Lord Palmer ston sprach in Guilbhall überaus zuversichtlich be treffs Indiens und betonte, daß, da die heimische Armee unvermindert sei, England Angriffe und aus ländische Prätensionen nimmer furchten dürfe. Dresden, >0. November. Der kaiserlich österreichische Gesandte am hiesigen königlichen Hofe, Fürst Richard v. Metter nich, ist gestern wieder hier «ing,troffen. — Vorgestern traf der k. k. österreichische Gesandte am k. großbritannischen Hofe, Graf Rudolph Apponpi, von Wien kommend, auf der Rückreise nach seinem Posten begriffen, hier ein, stieg im „Hotel de Pologne" ab und setzte gestern die Reise nach London fort. LLlen, S. Nov. Der „Atlg. Atg." wird geschrieben: Es ist in einer Reihe von Blättern neuerdings die Rede davon, daß der österreichische Gesandte am päpstlichen Hofe, Graf Colloredo, die Weisung erhalten habe, sich den Schritten aniuschliefien. welche Frankreich durch s'nr<n neue« Gesandten, den Herzog von Grammonk, in Rom beabsichtige, um die Regierung des Kirchenstaate» zu weitern administrativen Re formen zu drängen. Diese Mitrheilungen sind vollständig falsch. Es ist bekannt, daß Oesterreich nie versäumt hat, solche administrative Reformen — von politischen Reformen ist ganz abgesehen — dort zu befürworten, und »S läßt sich mit Grund voraussehen, daß es eintretenden Falls auch in Zukunft sich dafür verwenden würde, aber im gegenwärtigen Augenblicke, wo die päpstliche Regierung solche Reformen theilweise bereit» in Angriff genommen hat und wo man sich de» besten Willens dieser Regierung versichert halten darf, ist kein Schrilt geschehen und wird kein Schrill geschehen, der auch nur entfernt als ein Drängen auSgelegt werden könnte und die Souveränetät des Papstes irgendwie zu be einträchtigen vermöchte. H Berlin, 9. November. Die Aeltesten der hiesigen Kaufmannschaft werden in der nächsten Woche an die Mit glieder drr Corporation »in Circular zur Actienzeichnung be hufs deS neuen BörsenqebäudeS erlassen. Zum Aufbau des selben ist rin ganzer Häuserverband an der FriedrichSbrücke (Burg- und neue Friedrichstraße«: - Ecke) erstanden worden, nachdem sich der beabsichtigte Ankauf der Artillerie - Caserne am Kupfergraben zerschlagen hat. Nach den vorhandenen Plänen verspricht das neue Börsengebäude eines der groß artigsten und schönsten Häuser Berlin» zu werden. — Ueber die Entstehung de» Brande» in drr Füsilier - Caserne de» Kaiser-Fcanz-Regiment» schwebt zur Zeit eine strenge Unter-' suchung, welche indessen Genauere», al» ich Ihnen gleich an fangs mitthrilen konnte, noch nicht ergeben hat. Die An» sammlung so vieler Patronen in den Kammern der Caserne hat, wie ,» heißt, ihren Grund darin, daß ein bedeutender Patronrnvorrath zum Verbrauch für daS letzte Herbstmanöver dem Regiment« bereit» zu,«heilt war, al» der Befehl eintraf, daß da» Regiment wegen der in seinen Reihen grassirrnden Augenkcankheit an dem Manöver nicht Theil nehmen sollt», wodurch da» gelieferte Material zur Aufbewahrung in die Kammern der Caserne gelegt wurde. — Die Erhebung de» Geh. Raths Bunsen in den Adelstand, welche vor der Erkrankung Sr. Majestät de» König» zur Zeit der Con- ferenzen der evangelischen Versammlung erfolgte, erregt bei un» um so mehr Theilnahme, als Herr v. Bunsen hier einen großen Kreis von Anhängern und Verehrern zählt, wie sich dies auch in der von einem hiesigen Wahlkreis« ihm zug,fal len,n Wahl zum Abgeordneten, die er indessen ablehnt,, be kundet hat. Berlin, 10. November. Der „St. - A." meldet au» Potsdam vom 8. November: Nachdem Se. Majestät der König gestern in Begleitung Ihrer Majestät der Königin während einer halben Stunde spazieren gefahren, machten AUerhüchstdieselben auch noch auf der Terrasse von Sans souci eine Promenade. — Ihre Majestät die Königin wohnte heute Vormittag nebst den auf Sanssouci anwesenden fürstlichen Gästen und den königlichen Prinzen und Prinzes sinnen königl. Hoheiten dem Gottesdienste in der Fried,ns- kirchr bei und begleitete nach 1 Uhr Se. Majestät den Kö nig aus einer längern Spazierfahrt, die Allerhöchstbemselben sehr gut bekommen. — Die „Zeit" schreibt: „In Betreff der Confer,nz zur Vereinbarung über gleiche Grundsätze für die Papiergeld emission ist dem Vernehmen nach drr Termin d,S Zusam mentritts der Bevollmächtigten der Zollvereinsstaaten noch nicht festgesetzt. Zur großen Verwunderung hört man, daß Bayern, welche» anfänglich die Berufung einer solchen Con fer,nz höchst dringend betrieb, jetzt der Betheiligung an der berufenen Versammlung aus Besorqniß vor etwaigen Maß regeln Oesterreichs entsagt h<-1. E» ist wohl feldstverstänb» sich, daß die» keine Arnderung in den dieSseirigen Disposi tionen hrrvorbringen kann, ob nun die Confrrenz stattfindet oder nicht." I) Erfurt, 8. Nov. Die hier anwesenden Missionäre von drr Gesellschaft Jesu treten fortwährend mit großer Mä ßigung auf, und wie ich höre, ist bereits eine Vereinbarung zwischen ihnen getroffen, auch diese Woche, wo sie über die specifisch-katholischen Lehren sprechen werden, denselben eine möglichst universelle Fassung zu geben. Die Herren Patres sind den ganzen Tag über angestrengt, da sie «den so fleißig Beichte abnehmen, als die Kanzel besteigen, und zu den Beichtstühlen drängt sich eine große Menge Volke«. In der Severus-Kirche werden auch Missionsvorträqe für die Schul jugend gehalten. Gestern sprach wieder Pottgeisrr mit der ihm besonders eignen Popularität und Fülle von Phantasie bildern, durch welche ec stets einen tiefen, erschütternden Ein druck auf die Massen macht- Außerdem bestehl die Mission noch aus den Patres Haßlacher, Rive und Sack (nicht Zur- straßen und Roh, wie die hiesige Zeitung selbst irrthümlich berichtet,). Es sind — was Bedingung der Mission»,rlaub- niß war — lauter Preußen. Al» demnächstige Missions station ist Norddeutschland ausersehen. Auburg, 8» November. Se. Hoheit der Herzog wird morgen aus dem bayrischen Hochgebirge wieder hier Feuilleton. Der hiesige Lomitv der Schillersti fiung hat soeben Fol gende» veröffentlicht: Zum elften November. Wiederum wird in diesen Tagen da» Andenken der nunmehr bald hundertjährigen GeburtSstunde unser» großen Friedrich Schiller festlich begangen werden. Immer näher rückt auch der Augenblick, wo die auf seinen Namen begründete Stiftung festere Gestalt gewinnen und in» Leben irrten soll. Seit dem 9. Mai I8ü5 hat der damals in Dresden zuerst au-grsprochrne Gedanke einer Schillerstifiung sich immer mehr Bahn gebrochen. Da» in unserm ersten Aufruf: „An die Deutschen" vorgesührie Bild der vom Ringen nach dem Höchsten, ja selbst vom siegreichen Ruhme nicht ausgeschlossenen Sorge und Entbehrung hat hier und da Anfechtung gefunden; doch haben die dunkeln Schatten drr Literaturgeschichte, auf welche di» Schillerstiftung begründet wurde, sich durch mannichfach an gezogene Beispiele al» leider nur zu wahre Thatsachr erwiesen. Schiller selbst, der sich vom äußern Ertrage seiner unsterblichen Berke nicht vor den Sorgen de» Leben» schützen konnte , der eine Professur erhielt, deren geringe Besoldung ihn zwang, seinen g». feierten Namen zu Uebersetzungen de» Pitaval und historischer Memoiren hrrzugrben; der seine großen historischen Dramen erst da mit Muß» au»arbeiten konnte, al» ihm ein Mäcen in dänischen Landen erstand; Schiller bleibt der lebendige Beweis, daß di« Entwickelung selbst de» grüßten Geniu» Gefahren aus gesetzt sein könne, deren Abhilfe allerding» nur annähernd er reich« wird, wenn, wir dir Schillerstiftung will, die äußerst« Br- brängniß de» dem EultuS de» Wahren und Schönen gewidmeten schriftstellerischen Talente» seinen nationalen Beistand findet. Wohl sind die großen Tage der classischen Literalurperiodc vorüber! Wohl find die Bedingungen, unter denen Talente zum Publicum sprechen, die nicht mehr berufen sein können, wie sonst, die Vermittler und Schöpfer einer der Nation noch fehlenden Bildung überhaupt zu werden, in mannichfacher Hinsicht sogar günstigere geworden! Jenem ersten Einwurf gegenüber aber hat selbst die schwächere Begabung schon in der classischen Zeit dem Publicum immer einen vrrhältnißmaßigrn Werth gehabt; an Förderern, Hütern, Foripflanzern der durch die Literatur zu vertretenden Gedanken wird e» unserm Volke niemals fehlen, selbst an solchen nicht, die trotz der unerreichten großen Vorbilder ihm werth und schätzbar werden können. Und dem zweiten Ein wurf widersprechen gerade die mit den größern Vortheilen, deren Gewinn die neuere Literatur zugestehen muß, doch zugleich mit überkommenem größern Nachtheilr, die wechselnde Mode deS Geschmacks, die Uebersülle der Production und vorzugsweise die Bildung eines besonder» Schriftstellerstande» selbst, der bei der Pflege seine» eignen, ganz auf ihn allein gestellten Be rufes ausgeschlossen bleiben mußte von den Bortheilen, die Andern die Anlehnung an gegebene Verhältnisse de» Staate», der Kirche, der Wissenschaft, drr Welt de- Gewinne» und Er werbe» gewährt. Frankreich und England, ja Länder kleinern Umfange», haben ihren Literaturen Organisationen gegeben, die sogar theil weise drr Staat sanctionirte. Nur in Deutschland ist die junge aufstrebende Kraft sowohl wie die ermattende den Almosen d«S Zufall» prri»grgeben. Oder, sagen wir getrost: Sie war es bi» jetzt! Denn schon ist dir Au»ficht da, daß unsre Schiller- stitlung im Jahre I8ä9, wo sie durch gemeinsame Berathung aller ihrer Filiale eine definitive Gestalt gewinnen wird, min destens im Besitze von 14,000 Lhalrrn ist. Schließt sich ihr, wie zu hoffen steht, die Dresdner Tiedgestiftung, wenn auch mit eigner Verwaltung, an, so besitzt sie 20,000 Thaler. Sie wird aber bis zu Schiller'- hundertjährigem GeburtStage noch reichere Aussichten erfüllt sehen. Sie wird im Herzen der Nation immer mehr Wurzel fassen. Sie wird, wie schon jetzt in Rußland und England auS Dank für die Befruchtung, die allen Literaturen durch die deutsche geworden, geschehen ist, selbst daS Ausland zur Beisteuer heranzirhen. Unsre kürzlich erschienenen Jahrbücher zur Schiller stiftung (Dresden, Kuntze) bieten entweder um den geringen Preis eine» Thaler» in allen Buchhandlungen oder leihweise au» jeder guten Lesebibliothek dir Gelegenheit, sich über Anfang, gegenwärtige Lage und zukünftiges Ziel der Schillerstiftung zu unterrichten. Zu den daselbst verzeichneten Spenden find neuer dings einige ansehnliche hinzugekommen; so einhundert Ducaten von Sr. Majestät dem Kaiser von Oester reich, ein Legat deS kürzlich zu München verstorbenen Frei herr» v. Pflumern mit 2000 Gulden rhein., ein Benrfizvor» stellungSaniheil des BrrSlauer StadtiheaterS im Ertrag« von 205 Thalern. Ihre königlichen Hoheiten der Großherzog von Hessen und der Herzog von Koburg haben Benestzvorsteüungen an ihren Hofthraieru für diesen Winter bewilligt. Erträge von Vorlesungen, Eoncerten, literarischen Herausgaben, Amheile an Ehrensolden, Erträgnisse von Aufforderungen a» die Leser be liebter und verbreiteter Zeitschriften stehen in Aussicht. Auch bei den Weimarschen Septemberfesten wurde der Schillerstiftung gedacht; rin KxeiS edler Frauen trat zusammen, um Erzeugnisse