Volltext Seite (XML)
Sonnabend. Nrf"l8. 2t. Januar 1851. «Maß« küglich Nachmittag« '4 - Deutsche Allgemeine Zeitung. «»geben. W»e1«kür da« Viert,l. jähe >'/<, Thlr.; jede ein zelne Rümmer 2 Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und Auslände«, sowie durch die Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). ^nsertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die leipziger Contirungsangelegenhcit. Der Allgemeinen Zeitung wird aus Berlin vom 16. Jan. geschrie ben: „Die vielbesprochene leipziger Contirungsangelegcnheit ist in der letzt- vergangenen Woche Gegenstand der Berathung der Generalzollconferenz ge wesen und darf, soweit sie vor dieses Forum gehörte, als erledigt betrachtet werden. Wie wir vernehmen, hat die Sache einen für Leipzig und resp. Sachsen sehr günstigen Verlauf genommen, indem die von Preußen einge brachten Anträge bei der Confcrenz keine Annahme gefunden haben. Wel chen Inhalts diese preußischen Anträge gewesen sind, ist uns zur Zeit noch nicht genau bekannt; die Natur derselben ist aber hinlänglich bezeichnet in der sächsischerseits über diesen Gegenstand an die Z llconferenz gebrachten Denkschrift, worin es heißt, daß das königlich preußische Finanzministerium unterm 17. Juli v. I. eine Mittheilung an das königlich sächsische Finanzmini sterium erlassen habe, «in welcher mit Bezugnahme auf ein über den Stand der Sache noch besonders beigefügtes Promemoria die Einleitung der Unter suchung gegen mehre leipziger Häuser, weil sie für das Haus Gerson Waa- ren, die bereits im freien Verkehr befindlich gewesen, wiederausgeführt hät ten, mit dem Bemerken beantragt wurde, daß denjenigen (leipziger) Kaus- leutcn, welche sich eines MiSbrauchs der Conten schuldig gemacht, diese wol sofort und ohne erst den weitern Verlauf der Untersuchung abzuwarten, zu entziehen sein würden, als worauf zugleich angetragcn werde». Die ge dachte sächsische Denkschrift enthält ein außerordentlich reiches Material zur Beurtheilung dieser für den gesannmen Welthandel wichtigen Angelegen heit, dem wir in Nachstehendem vorläufig einige Daten, die zur Aufklärung über den noch immer in ein gewisses Dunkel cingehüllten Thatbcstand die nen können, entnehmen. Mit der preußischerseits gegen die leipziger Häuser erhobenen Anklage war zugleich die Hinweisung verknüpft, daß wol auch in ländische Güter für ausländische mitausgesührt sein könnten — ein Fall, in welchem dann nicht allein der Eingangszoll unbedingt hinterzogen, sondern auch der Schutz der inländischen Industrie wesentlich gefährdet gewesen sein würde. Die in Erwägung dieser Umstände von der sächsischen Regierung angeordnete Untersuchung, welche gegenwärtig noch schwebt, ergab jedoch schon nach den ersten vorläufigen Erörterungen ein ganz anderes Resultat als das erwartete. Denn während auf der eitlen Seite nicht ein einziger Fall entdeckt wurde (und auch später nicht entdeckt worden ist), wo inlän dische Güter statt ausländischer ausgeführt wurden, drängten sich andererseits die sämmtlichen contoberechtigten Kaufleute Leipzigs freiwillig zur offensten Darlegung des ihnen zur Last gelegten Verfahrens und brachten, ohne ir gendetwas abzuleugnen oder zu verschweigen, vielmehr selbst ihren ganzen zur Untersuchung zu ziehenden Verkehr zur unumwundensten Angabe. Sie er klärten jedoch hierbei zugleich: daß nicht Ein Loth inländischer Waare statt ausländischer über ihre Contcn ausgeführt worden sei, und suchten die ihnen zur Last fallende Verletzung der Re gievorschriften hauptsächlich damit zu entschuldigen, daß die unbehinderte steuerfreie Wiederausfuhr aller nach dem Auslande verkauften oder unverkäuflich gewordenen ausländischen Waaren durch die Natur des Zwischenhandels mit ausländischen Waa- ren nach dem AuSlande, wenn dieser Handel nicht aus dem Zollverein hinweg und dem Auslande zugedrängt werden solle, von selbst geboten sei, daher auch auf allen Messen Mittels der Mcßconten in gleicher Weise erfolge; daß ferner, weil der Ein- gangSzvll an sich nur Verbrauchssteuer sein könne, bei dem Mangel jeder unredlichen Absicht eine eigentliche strafbare Hinterziehung desselben da nicht anzunehmen sei, wo ein Verbrauch der ein- und wiederauSgeführten Waare innerhalb des Zoll vereins thatsächlich nicht stattgefunden habe, und daß demnach die unberechenbaren Nachtheile einer Sistirung der Conten zu dem Geschehenen außer allem Verhältnisse stehen würden- Es konnte kein Zweifel übrig bleiben, heißt es weiter in der sächsischen Denkschrift, die Lage der Dinge war eine ganz andere als man sie früher vorausgesetzt hatte: ES handelte sich nicht länger um einzelne näher zu untersuchende Fälle, in welchen eine Zollhinterziehung aus gewinnsüchtiger Absicht zu vermuthen, sondern um ein offen dargelegteS, unter der kaufmännischen Welt, wie eS schien, seit länge rer Zeit und in ziemlicher Ausdehnung zur Anwendung gekommenes Verfahren, bei welchem man, in der Ueberzeügung, daß die betreffenden Regievorschriften lediglich die misbräuchtiche Vertauschung ausländischer Güter mit inländischen verhüten sollten, und bei dem Bewußtsein, dieses MiSbrauchs sich nicht schuldig zu machen, jene Vor schriften im Interesse einer freier» Handel-bewtgung mehr oder weniger hintange setzt hatte. Er blieb unter solchen Umständen ungewiß, wie viele und ob nicht alle Contistep, wenn auch in verschiedener Weise, gefehlt haben dürften. Das Material der Untersuchung vermehrte sich massenhaft; sie selbst verlor zwar an Wichtigkeit, insoftrn der Schutz der vereinsländischen Industrie gegen den zollfreien Verbrauch ausländischer Erzeugnisse nicht länger gefährdet erschien; aber sie gewann an Aus dehnung, insofern sie nicht mehr gegen einzelne, sondern gegen sehr viele, vielleicht alle Contoberechtigten zu richten war. Diese Erwägungen sowol als auch die weitere Berücksichtigung der Folgen, zu welchen der sofortige Schluß der Conten hätte führen müssen, erschienen ausreichend, um die sächsische Regierung zu bestimmen, den Schluß der Conten jedenfalls bis zum Ausgange der Untersuchung zu beanstanden und dafür nur geschärfte Controlmaßregeln eintreten zu lassen. Die säch sische Negierung wiederholt in ihrer Schrift, daß ihre Absicht in keiner Weise dahin gehe, die vorgekommenen Gesetzwidrigkeiten ungeahndet zu lassen; nur ein sofortiger Contenschluß hat ihr unter den obwaltenden Umständen nicht gerechtfertigt erscheinen können, «denn sie erklären sich alle aus dem für den Zwischenhandel natürlichen Bestreben, die nach dem AuSlande verkauf ten oder unverkäuflich gewordenen ausländischen Artikel steuerfrei wiederaus- zuführcn». Dies wird sodann ausführlich beleuchtet und zugleich nachzu weisen versucht, daß ein sofortiger Contenschluß den Ruin der betroffenen Häuser und des Handels Leipzigs überhaupt herbeiführcn müßte. In Bezug auf die Kategorien der von den leipziger Contisten verschuldeten Vergehen sagt das sächsische Promemoria: Am tadelnswerthcsten erscheinen allerdings die Fälle, welche dem Gerson'schen gleichstehen. Das Haus Gerson hat verschiedene Posten seiner bereits im freien Ver kehr befindlichen ausländischen Waaren über leipziger Conten, durch welche sie zum Lheil gar nicht eingegangen waren, gleichwol wiederaußgeführt. Durch die Ab schreibung dieser Waare, statt der contirten, ist die entsprechende Quantität der letzter» zollfrei und auf diese Weise cs möglich geworden, an Gerson den Zoll der für ihn wiederauSgeführten Waaren zu restituire». Auch diese Gerson'schen Fälle sind jedoch der Quantität der Waare nach sehr verschieden und bei einigen Contisten nur ganz unbedeutende Beträge in Frage. Soweit die Uebersicht des Geschehenen bei Abfassung der sächsischen Denkschrift möglich war, dürfte allerdings durch die zur Untersuchung ge zogenen Fälle für die Zollkasse nur ein vcrhältnißmäßig unbedeutender Ver lust entstanden sein. Nach sächsischer Angabe haben nämlich die in Leipzig zur Untersuchung gezogenen 20 Inhaber laufender Conten vom 1. Dec. 1847 bis ult. Nov. 1852 an Eingangszöllen die Summe von 978,149 Thlrn. 5 Sgr. 5 Pf. bezahlt, während dieselben Contisten sowol vor als in diesem Zeiträume überhaupt durch Wiederausfuhr versteuerter ausländischer Waa- rcn nicht Ein Procent obiger Summe gedeckt und nicht bezahlt haben. Bei mehren Häusern sind in letzterer Beziehung sogar Beträge in Frage, die kaum crwähnenswerth erscheinen. So erscheint z. B. die Firma Karl Gruner, welche 63,620 Thlr. bezahlte, mit 2 Thlrn. 22 Sgr., S. G. Schletter bei 55,684 Thlrn. Zoll mit 25 Thlrn. 18 Sgr. Den stärksten Theil der obigen Zoll- summe von fast 1 Mill. Thlr. hat die Firma P. Schunck u. Comp. mit 180,803 Thlrn. gezahlt; ihr folgt mit 131,904 Thlrn. die Firma Heymann, Wel ter u. Comp. Diese Zahlen geben einen ungefähren Begriff von Leipzigs Handelsverkehr." D eutschla«-. Die bereits erwähnteNote der französischen Regierung, welche gleichzeitig mit der Circulardepesche des Hrn. Drouin de Lhuys (vom 30. Dec.) der Deutschen Bundesversammlung mitgelheilt worden, wurde in deren Sitzung vom 12. Jan. verlesen. Das Gerücht, cs enthalte diese Note die Erklärung, daß die französische Negierung in allen Fällen, welche sich an die Wirren im Oriente knüpfen könnten, die Neutralität des Deut schen Bundes respectircn werde, ist in dieser speciellen Bezugnahme auf die Neutralität, sicherm Vernehmen nach, nicht ganz correct. Der Deutsche Bund hat seine Neutralität bezüglich der orientalischen Verwickelung über haupt noch nicht ausgesprochen! Das Cabinet der Tuilerien könnte dem nach auch nicht eine nicht vorhandene Erklärung zum Gegenstände einer Er widerung machen. Wie verlautet, wurde die französische Note durch die * Erklärungen veranlaßt, welche die Repräsentanten Oesterreichs und Preu ßens in der Bundesversammlung unlängst in Bezug auf die Stellung dieser Staaten als europäischer Großmächte in der orientalischen Angelegenheit ab- gaben; diesen Anlaß benutzte das Cabinet der Tuilerien, um seinen freund schaftlichen und friedlichen Gesinnungen den Staaten des Deutschen Bundes gegenüber einen besonder« Ausdruck zu geben. (Leipz.Z.) Preußen. /^Berlin, 19. Jan. Wiewol die von der Jndepen- dance belge zuerst gebrachte Nachricht, Preußen und Oesterreich hätten in Betreff des Einlaufens der französisch-englischen Flotte in das Schwarze Meer eine collective Protestnote an die Regierungen in London und Paris gesendet, bereits von wohlunterrichteten Stellen Widerspruch gefunden Hal (Nr. 17), taucht dieses Gerücht dennoch von neuem auf. Namentlich ist es diesmal der Staatsanzeiger für Württemberg, dessen pariser Corre- spondent in dem Tone herausfodernder Bestimmtheit das Eingehen einer solchen Protestnote behauptet. Daß die Angabe um deswillen nicht mehr Wahrheit erhält, versteht sich von selbst. Der Sachverhalt ist vielmehr ein fach folgender: Als die vereinigten Flotten, den erhaltenen Instructionen ge mäß, ausgelaufen waren, constatirle dec preußische Gesandte in Konstantino pel, Hr. v. Wildenbruch, von dem Befehle hierzu officiell keine Kcnntniß erhalten zu haben, eine Erklärung, der sich der österreichische Gesandte, Hr. v. Bruck, pure ««geschlossen hat. Eine Note, gar eine collective Protest note ist durchaus nicht abgcsendct worden, und davon, daß man eine Expli kation wegen diese« Actes der „Sonderpolitik" der Westmächte fodcrn wolle,