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Wochenblatt ... Amt Siegmar Nr. 144. für Reichenvmnd, Siegmar, Neustadt und Radenstein. 30. Sonnabend, den 27. Juli 1007. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Pelzmühlenstraße 47v), sowie von den Herren I. Ocbser in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegcngenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Psg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigen-Annahme bis spätestens Freitags nachmittag 5 Uhr. Landtagswahl. Nachdem die Königliche Amtshauptmannschaft für die zum 31. ländlichen Wahlkreise gehörigen Wahlbezirke die Abteilungslisten aufgestellt hat, werden diese gemäß 8 13 des Wahlgesetzes vom 28. März 1896 in Verbindung mit 8 17 der Ausführungsverordnung vom 10. Oktober 1896 und auf Grund ergangener Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 29. Jun bis mit 31. Juli dieses Jahres für hiesigen Ort im Gemeindeamt während der Expeditionszeit ausliegen. Das Recht der Einsichtnahme in die Listen ist für jeden Beteiligten auf die Befugnis beschränkt, von der eigenen Veranlagung und der Veranlagung derjenigen Personen Kenntnis zu nehmen, welche dazu schriftliche Vollmacht erteilt haben. Doch hat die Gemeindebehörde jedem Urwähler auf Verlangen auch mündliche Auskunft über weiteren Inhalt der Liste mit Ausnahme der Angaben über Steuer verhältnisse zu erteilen. Einwendungen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Liste sind bei deren Verlust binnen 3 Tagen nach Ablauf der Auslegungsfrist, demnach bis zum 3. August dieses Jahres schriftlich oder mündlich bei der Ortsbehörde anzubringen. Reichenbrand, am 24. Iuli 1907. Der Gemeindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Am 1. August d. I. wird der H. Termin der diesjährigen Grundsteuer fällig. Dieselbe ist spätestens bis zum ig. August ». v. bei Vermeidung des Mahn- bez. Zwangsvollstreckungsverfahrens an die hiesige Ortssteuer-Einnahme -u bezahlen. Reichenbrand, am 26. Juli 1907. Der Gemeindevorstand. Bogel. Bekanntmachung Der unterzeichneteGemeindevorstand bringt hierdurch zur allgemeinen Kenntnis, daß vom Gemeinderat unter Genehmigung der Königlichen Amtshauptmannschaft und Zustimmung des Bezirksausschusses ein l. Nachtrag zum hiesigen Ortsstatut vom 25. September 1903, die Wahl von Ersatzmännern zum Eeme.7T.crat betreffend, ausgestellt worden ist. Genannter Nachtrag liegt 14 Tage lang zur Einsichtnahme während der Expeditionszeit im Ge meindeamt aus und tritt mit dem Ablauf der vorgeschriebenen Veröffentlichungsfrist in Kraft. Reichenbrand, am 24. Juli 1907. Der Gemeindevorstand. Bogel. Bekanntmachung. Am 15. Oktober soll das Amt eines Glöckners und Kirchenvogtes in Rabenstein ander weit besetzt werden. Etliche Abänderungen der Dienstordnung vom 29. Oktober 1900 sind auf dem Pfarramte zu erfahren. Der Posten gelangt hiermit mit einem jährlichen Gehalt von 550 Mark und Pensionsberechtigung zur Ausschreibung. Dem Glöckner wird vermutlich wie seither der Dienst eines Nachtschutzmannes mit ca. 400 Mark Einkommen mit übertragen werden. Völlig unbescholtene und christlich gesinnte Bewerber wollen ihr Gesuch bis zum 10. August schriftlich auf dem Pfarramte einreichen. Rabenstein, am 27. Juli 1907. Der Kirchenvorstand. Weidauer, Pfarrer Bekanntmachung. Nachdem von dem Königlichen Ministerium des Innern bestimmt worden ist, daß die für die diesjährigen Wahlen für die 2. Kammer der Ständeversammlung aufgestellten Abteilungslisten vom 29. bis mit 31. Juli öffentlich auszuliegen haben, wird solches mit dem Bemerken andurch bekannt gegeben, daß die für hiesigen Ort maßgebenden Abteilungslisten innerhalb der gedachten Zeit in der E-rpedition der hiesigen Gemeindeverwaltung zur Einsichtnahme ausliegen. Einwendungen gegen diese Listen können bis mit 3. August 1907 erhoben werden. Rabenstein, am 26. Juli 1907. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Am 1. August d. 2. wird der II. Termin der diesjährigen Grundsteuer fällig und ist spätestens bis zum 10. August d. I. bei Vermeidung des Mahn- bez. Zwangsvollstreckungsverfahrens an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Rabenstein, am 26. Juli 1907. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Die nächste Reinigung der Schornsteine findet im hiesigen Orte vom 29. Juli bis mit 10. August 1907 statt. Rabenstein, am 26. Juli 1907. Der Gemeindcvorftand. Wilsdorf. Die Sparkasse zu Neustadt unter Garantie der Gemeinde verzinst Einlagen mit 3 Vs "/„ Für Einlagen, welche bis zum 3. eines Monats bewirkt werden, erfolgt Verzinsung für den vollen Monat. Die Sparkasse expediert täglich vormittags von 8—12 Ahr und nachmittags von 2—6 Ahr. Durch die Post eingehende Einlagen werden sofort expediert. Merkliches. Rabenstein. In der am 23. d. Mon- in Gustav Müller's Restaurant abgehaltenen Ausschußsitzung der Konfirmandensparkasse gab der Kassierer, Herr Fabrikant Vollbrecht Ahlich, bekannt, daß die Spareinlagen für 501 Kinder sich am 30. Juni 1907 auf 10415,16 Wk. beliefen. Der Halbjahrsabschluß ist von Herrn Loith nachgeprüft und in allen seinen Teilen für richtig befunden worden. Der gesamte Amsatz seit der Begründung der Konfirmandensparkasse <2an. 1903) bis 30. Juni 1907 betrug 25448,43 Mk. Die Ausgaben beliefen sich auf 15032,83 Mk. und zwar sind an Konfirmanden 1486,97 Mk. zurückgezahlt worden, und an Entschädigung für den Vereinsboten, sowie für Rückzahlungen infolge Fortzugs und anderer Anlässe waren 7545,86 Mk. auszugeben. Wenn die Konfirmanden sparkasse sich immer in aussteigender Linie bewegt hat, so ist das Nicht zum geringsten das Verdienst des Kassierers, Herrn Ahlich, der jederzeit seine Kräfte in den Dienst der Allgemeinheit, gestellt, hat. Es ist ein tüchtiges Stück Arbeit von ihm zu leisten gewesen, und es sei ihm deshalb auch an dieser Stelle für sein uneigennütziges Wirken der Dank zum Ausdruck gebracht. Suche für sofort einige LvsskLSninnsn, Kekklei'innen, » für leichte IVI «VH II Handarbeiten. Trikotagen- und Strumpffabrik k. IdelM? IWIer, MMM. Benita — die Gesegnete. Originalerziihlung von Freifrau G. v. Schlippenbach. (Fortsetzung) (Nachdruck verboten. „Nita, Nita, du kannst unmöglich „Nein" sagen. Ich habe achtzig Mark der Agenturkasse entnommen und morgen muß ich sie abgebcn, hilf mir nur noch dieses eine Mal!" winselte er kläglich, nach ihrer Hand haschend. Sie wird bleich bis in die frischen Lippen, schweigend zählt sie das Geld und schiebt es wortlos hin. Er nimmt es ohne weiteres und sagt: „Ich habe ein brillantes Geschäft in Aussicht, nächste Woche kommt es zum Abschluß, dann werde ich dir das Doppelte wiedererstatten liebes Kind, aber gib mir noch das Zwanzigmarkstück, das du da übrig hast, ich habe selbst etwas nötig und mein Tabak geht zu Ende!" Der krasse Egoismus dieser letzten Worte empört sie fast mehr, als die vorhergehende Beichte, sie richtet sich hoch auf, sieht ihm gerade in die Augen und entgegnet mit zittern der Stimme, trotzdem aber sehr entschieden: „Nein, Vater, Harald braucht Kleider zum Winter, er hat sie noch mehr nötig, als Du Tabak, die zwanzig müssen für ihn bleiben." Dann verläßt sie den Salon und schließt jsich in ihr Zimmer ein, und obgleich sie „auf die Sonne wartet", ist es eben jetzt sehr trübe in ihrem Herzen, die graue Farbe überwältigt jeden lichteren Ton! 6. Kapitel. Ehrlos. „Meine geliebte Benita, meines teures Kind!" Wenn Du diese Zeilen liest, bin ich bereits weit von Dir und kehre nicht eher wieder, als bis ich reich und unabhängig dastehe! — Ich bin ein vom Schicksal hart und ungerecht behandeltes Opfer und breche deshalb mit den bisherigen engen, beschränkten Verhältnissen und Ansichten, um in einem anderen Weltteile mehr Glück zu finden, als mir bisher hier zuteil wurde, wo ich fortwährend von Unglück und Mißgeschick verfolgt worden bin. Ich habe die glänzendsten Aussichten und hoffe, in kurzer Zeit alles das zu verwirklichen, was ich wünsche. In wenigen Jahren werde ich erringen, was mir hier nicht gestattet war. Sorge dich nicht, weil ich lumpige 900 Mark der Versicherungskasse entnahm; du verdienst jetzt soviel, daß du leicht ein Teil davon ersetzen kannst. Außerdem schreibe ich an General von Staniß in dieser Angelegenheit, ihn bittend, die Bagatelle auszulegen, da ich ja mit Zins und Zinseszins bald zurückzahlen werde. Bitte, schicke ihm den hier beigefügten Brief, und nun lebt wohl, meine teuren Kinder, die ich nur mit blutendem Herzen verlasse; es liebt euch trotzdem euer unglücklicher Vater George von St. Albain. Diesen Brief erhielt Benita gerade drei Monate, nach dem sie an jenem Dezemberabend ihrem Vater die sauer ver dienten 80 Mark gegeben hatte. Seitdem ist sie rastloser als je gewesen, fast nie zu Hause, und sie hat alle ihre Energie aufwenden müssen, um ihm wieder und wieder die geforderten Zuschüsse, wenigstens teilweise, zu verweigern. Lina und sie selbst schränken sich ein und entbehren willig, aber Harald darf nichts wissen, und während das Gesicht seiner Schwester immer kleiner und blässer wird, blüht er wie ein frisches Röslein und entwickelt sich zu einem strammen, hübschen Bübchen, das jetzt schon alles munter spricht und voll Fröhlich keit und Schelmerei ist. — Seit vier Tagen ist St. Albain gar nicht mehr nach Hause gekommen, und obgleich seine Tochter an seine Abwesenheit gewöhnt ist, beunruhigt es sie dennoch; so lange ist er ja noch nie von zu Hause fort gewesen. Vorigen Sonntag hatte er sie dringend um Geld gebeten, aber sie hatte eben die rückständige Miete bezahlt, es blieb kaum genug übrig, um die allerbescheidensten Bedürfnisse zu befriedigen. „Ich habe nichts, Vater, wirklich nichts," hatte sie mit bebender Stimme gesagt, und er war unzufrieden von ihr gegangen, um nachher lange in seinem Schreibzimmer zu kramen; spät abends ging er fort und ist seitdem nicht wieder erschienen. Sie ahnt es nicht, daß eine größere Summe ihm eingehändigt worden ist für die hohe Versicherung einer Porzellanfabrik; sie hält das Blatt in den eiskalten Händen, das ihr ein Dienstmann gebracht hat, und versteht erst nicht, was sie liest. Erst beim zweitenmal leuchtet jedes Wort grell, wie mit Flammenschrist, vor ihren Augen, ein schreck licher Gedanke bohrt sich in ihr Herz und Hirn: „Ehrlos!" — So weit ist es alfo mit ihnen gekommen, so tief sind sie gesunken! Ihr alter guter Name ist befleckt, geschändet, in den Schmutz gezogen! Ein Schluchzen steigt ihr bis in die Kehle, aber sie unterdrückt es gewaltsam. Nicht jetzt, nur nicht jetzt weinen, sie hat keine Zeit, um sich ihrem grenzen losen Schmerze hinzugeben, dazu bleibt ihr das ganze, lange Lebe., übrig, das ihr bevorsteht. Jetzt heißt es handeln, überlegen, einschreiten. Sie geht an das Pult des Vaters und öffnet es; sie holt die Bücher hervor, sie sieht sie durch und rechnet, sie bringt alles in Ordnung und findet auch die Ouittnng über die empfangenen 900 Mark, die er sich „geliehen" hat wie er es nennt. Er hat die Bescheinigung zurückgelassen, in der festen Zuversicht, daß Benita nnd der Freiherr von Staniß ihn aus der Patsche ziehen werden. Sie stützt das junge, sorgenvolle Haupt in beide Hände und denkt angestrengt nach. Sie kann dreihundert Mark im voraus auf die kleine Jahresrente aufuehmen, es sind auch noch einige armselige Schmucksachen von ihrer Mutter da, die sie verkaufen kann. Die kostbaren Armbänder, Kolliers und Medaillons, die Frau von St. Albain einst als reiche elegante Frau so königlich zu tragen wußte, sind lange vor her zu Geld gemacht worden. Der ganze schadhafte, jämmer liche Hausrat ist fast nichts wert. — „Ehrlos!" Das Wort tönt ihr schrill ins Ohr, wie sie durch die menschenbelebten Straßen huscht, es schaut ihr grinsend und hohnlachend ins Antlitz, als sie in den Laden des Goldschmiedes tritt und er ihr nach vielen Prüfen und Handeln für die