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Die „«eißeritz.Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg., zweinwnatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalte», Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchnitz-MiiW. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserat«, welche bei d« bedeutenden Auflage des Blattes ein« sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und compÜeirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Ginge sandt, ini redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadlrath zn Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehnt in Dippoldiswalde. Mit achtseittgem „Jllustrirteu UnterhaltmegSblatt".Mit land- und hauswirthschaftlicher LKonatSbeUagr. Nr. 134. Sonnabend, dm 21. November 1896. 62. Jahrgang. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der winterliche Novembertag trennt sich nur langsam von der Nacht — fast schetnls, als möchte die Natur in tiefstes Dunkel den Tag hüllen, der so viele Thränen wieder fließen, so viele Wunden neu aufbrechen läßt. Den Tobten ist der nächste Sonntag geweiht. Das Todtenfest ist der ernsteste Tag des Jahres und gesellt sich harmonisch zu der Trauer, welche jetzt über der ganzen Natur lagert. Mit Recht gedenkt zu dieser Zeit der fühlende Mensch pietätvoll der Dahingeschiedenen, deren Abschied von diesem Leben eine Stelle der Leere im Freundes- und Familienkreise verursacht hat. Welke Blätter sind die zurückgelassenen Andenken nur, wie sie der Herbstwind über Straßen und Gärten fegt. Die stillen, kahlen Hügelreihen auf den Friedhöfen, das vertrocknete, ge- hetmnißvoll raschelnde Laub, die morschen Zweiglein, auf welche unser Fuß tritt, das entlaubte Gesträuch: dies Alles stimmt zu in sich gekehrtem Ernst und läßt uns die Vergänglichkeit alles Irdischen deutlich vor die Augen treten. Es sagt uns: „Benutze das Leben recht" und: „O lieb', so lang Du lieben kannst, o lieb', so lang Du lieben magst, die Stunde kommt, die Stunde kommt, wo Du an Gräbern stehst und klagst". Jetzt schüttelt der Novemberwind die laublosen Bäume, wie ein Aechzen, wie ein Sterbelaut geht es durch die ganze Natur. Aber nach dem Herbst kommt der Frühling — nach dem Scheiden das Wiedersehen. Jeden tröstet diese Hoffnung, der heute hinauspilgert auf den Thränenacker — die Hoffnung und die Liebe, die nimmer aushört. Auf jedem Grab, sei's noch so arm, liegt heute ein Kranz, den die Treue gewunden, und der spricht uns von jener Liebe, die stärker ist als der Tod. — Im Wetteifer mit dem beschuppten Bewohner unserer Karpfenteiche hatte am Montage die MartinS- Gans das Oberkommando über die Schützengesell schaft übernommen und dieselbe im Saale deS Gast hofes zum goldenen Stern zu einem fröhlichen Schmauße versammelt, der sowohl durch die Darreichungen der seinen Stephanschen Küche, als auch durch kernige und launige Trtnksprüche, wie durch ein etwas länglich konstruirteS, aber die Vorkommnisse der Letztzeit recht humorvoll berührendes Tafellied seine erheiternde Wirkung nicht verfehlte. Herr Stadtrath Heinrich, Ehrenpräsident, eröffnete die Reihe der Toaste mit einem Hoch auf Se. Maj. den König Albert, dem Herr Sladtrath Liebel, Vorsteher, mit einem solchen auf die derzeitigen Schützenkönige, die Herren Wolf, Schmidt und Emil Heinrich, folgte, als Kuriosum er wähnend, daß sich unter ihnen der älteste (70 Jahre alt) und der jüngste Schütze (mittlerer Zwanziger) befinde. Von den vielen übrigen Toasten seien nur kurz erwähnt die auf die städtischen Behörden, auf die drei Ehrenmitglieder, die Herren Friedensrichter Wendler, Stadtrath Heinrich und Bürgermeister Voigt, auf die Vorsteher, -auf die Offiziere und ein besonders begeistert ausgenommenes Hoch auf Bismarck. Herr Vorsteher Liebel machte bekannt, daß Herr Friedens richter Wendler, Hauptmann a. D., vom Direktorium zum Major ernannt worden sei. Auch sandte derselbe tm Einverständniß mit der Versammlung ein Be grüßungsschreiben an den wegen Trauer am Erscheinen verhinderten 1. Vorsteher, Herrn Oberlehrer 6. Hell riegel, ab. Mit herzlichem Danke wurde von der Schützengesellschast eine ihr von Herrn Restaurateur Kästner als Geschenk dargereichte photographische Auf nahme seiner Reiterkönigscheibe entgegengenommen. So oft nach der Tafel das Signal des Musikchors ertönte, folgten die Festtheilnehmer pünktlichst dem Appell bei ihren angetrauten Feldwebeln, dabei in echter Schützen brüderlichkeit den Unterschied zwischen Mein und Dein außer Acht lassend. — Ein alter Veteran und Riese unter den Bäumen, die unsere Aue schmücken, ist der Axt zum Opfer ge fallen, «ine von den Pappeln (koxnlus p^ramiäalis). die nach den Aufzeichnungen eines verstorbenen Bürgers vor über 100 Jahren daselbst angepflanzt wurden. Wie manch buntes Bild hat dieser stumme Zeuge eines Jahrhunderts zu seinen Füßen sich entrollen sehen! In seiner Jugend, da er noch als schlankes Stämmchen die Reitbahn mit begrenzte, tummelten die Reiter der damaligen hiesigen Garnison alltäglich ihre Noffe vor seinen Augen. Wie manchmal lagerten sich Trupps deS unstäten Volkes der Zigeuner in seinem und seiner Brüder Schatten um das Lager feuer, zu dem sie den braunen Gesellen das Feuer holz liefern mußten. Wie oft blickte der ehrwürdige Baum auf die lustige Zeltstadt der Vogelwiese, auf das fröhliche Treiben muntrer Kinderschaaren zu den Schulfesten, auf das lustige Getriebe flotter Turner zu verschiedenen Volksfesten! Ja, auch ein solch würdiger Greis unter den Bäumen ist ein Prediger von Zeit und irdischer Vergänglichkeit! — Aus dem Stamme der gefällten Pappel konnte man, ohne Stock und Neste, noch 12 m Scheit- und Nutzholz auf bereiten. Reichstädt. Weil dem 8jährigen Schulknaben Neubert seiner eigenen Angabe zufolge beim Aus treiben der Rinder seines Vaters, des hiesigen Guts besitzers Neubert, ein in der Nähe des väterlichen Gehöftes errichteter Feimen im Wege stand, entzün dete letzteren dieser Knabe und vernichtete damit gegen 100 Bund dem Gutsbesitzer Göhler hier gehöriges Roggenstroh im Werthe von ungefähr 18 Mk. Glashütte. Unsere gewerbliche Fortbildungs schule, welche die Bestätigung der Schulbehörde er halten, hat einen recht erfreulichen Anfang genommen. Es haben sich 25 Schüler gefunden, welche an dem obligatorischen Unterricht in Buchführung, Korrespondenz, sachlicher Arithmetik, Elektrizitätslehre und Volks- wirthschastslehre theilnehmen; 15 Schüler betheiligen sich auch an dem fachlichen Zeichenunterricht, welcher in der Uhrmacherschule von Direktor Straffer ertheilt wird. Lauenstein. Am Sonntag, den 15. November, fand die Einweihung der mit erheblicher staatlicher Unterstützung vollständig neu renovirten hiesigen Kirche statt. Vorm. '/,9 Uhr bewegte sich unter Gesang und Musik ein Festzug, bei dem man unter Anderen die Herren Graf Hohenthal als Ktrchenpatron, Ober- konfistorialrath LotichiuS als Vertreter des LandeS- konsistoriums, hie Herren Mitglieder der Kirchen- ir spektion, Amtshauptm.vr.Uhlemann und Superinten dent Meier-Dippoldiswalde, Pastor Zimmermann- Dresden als Vertreter des Vereins für kirchliche Kunst, Architekt Schilling-Dresden und frühere Geistliche von Lauenftein bemerkte, vom Schloßhof nach dem auch äußerlich geschmückten Gotteshause und weihte daselbst nach feierlicher Schlüsselübergabe am Kircheingange durch Herrn Architekt Schilling an den Herrn Kirchen patron und durch letzteren an Herrn Pfarrer Büttner, Herr Superintendent Meier jdie Kirche mit ergreifender Ansprache und Gebet. ES sprach sodann Herr Ober- konsistortalrath LotichiuS und folgte darauf die eigent liche Weihepredigt deS Herrn Pfarrer Büttner. Bei dem Gesänge des Kirchenchores wirkte Herr Opern sänger Grützner aus Dresden, ein Sohn de» Herrn Rektor Grützner hier, berettwilligst mit. — Verdient gemacht hat sich bei dem Baue besonders Herr Bau meister Höhne hier, der als KirchenoorstandSmitglied seine praktische Erfahrung im Baufache mit in den Dienst stellte und dem der Ktrchenvorstand in An erkennung dessen ein schönumrahmtes Diplom über reichte. Noch sei erwähnt, daß eS durch reichliche Unterstützungen des Herrn Ktrchenpatrons und des genannten Herrn Höhne möglich war, die 3 Altar- fenster durch solche mit prachtvollen Glasmalereien zu ersetzen. Dresden. Die Kunde von einem dreifachen Mord versuch durcheilte am Dienstag abermals da» benach barte Losch witz. Die Ehefrau der auf dem Carola- weg in Loschwitz wohnhaften Zimmermannes Johne wollte in einem Anfall von Wahnsinn ihren drei Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren die Kehle durchschneiden. Sie wurde jedoch noch rechtzeitig davon abgehalten und auf Antrag ihres Ehemannes durch die Loschwitzer Polizei nach der Anstalt Leuben zur Beobachtung gebracht. Die Kinder find sämmtlich unverletzt. Pirna. Auf der diesjährigen Konferenz der Bürgermeister der sächsischen Mittelstädte ist die Er- - riä tung einer Central-AuSkunftSstelle in UnterstützungS- wohnsitz-Angelegenheiten angeregt worden, bei welcher die von den betheiligtsn Städten einzusendenden Mit theilungen über erfolgte Anerkennungen heS Unter- stützungSwohnfitzeö oder der Landarmeneigenschaft ge sammelt und auf Anfragen den betheiligten Städten Auskünfte ertheilt werden sollen. Die AuSkunftSstclle soll ihren Sitz in Pirna erhalten und es hat nach dem zum Abdruck eingegangenen RathSprotokollauSzuge der hiesige Stadtrath sich zur Uebernahme derselben bereit erklärt. Sayda. DaS hiesige Raths- und das Stadt verordnetenkollegium haben einstimmig beschlossen, der Petition um Erbauung einer Eisenbahn von Sayda nach Niederseiffenbach beizutreten. Roßwein. In letzter Stadtverordnetensttzung wurde ein Antrag auf Einführung einer allgemeinen Polizeistunde in Roßwein um 1 Uhr Nachts ab gelehnt; dagegen der Rathsbeschluß, daß die Elter« von mehr als drei schulpflichtigen Kindern, auch ohne daß sie darum anhalten, für nicht mehr als drei Schulgeld zu bezahlen haben, angenommen. Döbeln. Nachdem der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche unter dem Rtndviehbestande in mehreren hiesigen Grundstücken festgestellt worden ist, hat der Stadtrath die Abhaltung von Viehmärkten (ein schließlich der Ferkelmärkte), jedoch mit Ausnahme der Pferdemärkte, innerhalb deS Stadtgebiete» Döbeln bi» auf Weiteres verboten. Oschatz. Am 10. Dezember d. I, findet anläßlich des 25jährigen Bestehens des hiesigen Königlichen Lehrerseminars eine interne Feier statt. Eine all gemeine Festlichkeit mit Betheiliqung der ehemaligen Schüler der Anstalt soll in den Osterferien 1899 (am Tage der 25. Wiederkehr des TageS der Einweihung des Seminargebäudes) stattfinden. Damit jedoch die Dankbarkeit der früheren Schüler gegen ihre Mutter anstalt auch am 10. Dezember entsprechenden Aus druck finde, fordert ein aus acht Herren, früheren Schülern der genannten Anstalt, bestehender Ausschuß alle ehemaligen Seminargenoffen auf, die Elterich- Stistung — Herr Elterich, jetzt in Dresden wohnend, war der erste Direktor des Seminars — durch weitere Beiträge zu vermehren. Leipzig. Mit Bezug auf das angeblich in Gautzsch geraubte Kind, über das wir seiner Zeit berichtet haben, ist neuerding» eine endgiltige Entscheidung er folgt. Bekanntlich wurde das Kind, das sich bet den Vetterschen Eheleuten in Reichenbach befindet, von den Eheleuten Rietschel in Gautzsch reklamirt, da diese be haupteten, das Kind sei ihnen geraubt und später ausgesetzt worden, wodurch es in den Besitz der Better- schen Eheleute gekommen sei. Diese Angelegenheit hatte zu eingehenden amtlichen Ermittelungen geführt, die Herrn Geh. Regierungsrath Amtshauptmann Dr. Platzmann veranlaßten, nach Reichenbach zu fahren und sich persönlich vom Stand- der Dinge zu unter richten. Hierbei gewann der Herr Amt«Hauptmann, wie das „Leipz. Tageblatt" berichtet, die feste lieber» zeugung, daß das Kind rechtmäßig den Vetterschen Eheleuten in Reichenbach zugehüre. Die Eheleute Rietschel sind hiervon benachrichtigt und eS ist somit die ganze streitige Angelegenheit erledigt worden. Leipzig. Die Ziele deS Patriotenbunde», in der Nähe de» SüdfriedhofeS hier ein Völkerschlacht-