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Amts Matt Nr. 182 Donnerstag öen 17. Juli 191S I 78. Jahrg. Amtlicher Teil Wilsdruff, am 15. Juli 1919. Der Stadtrat. 4781 Frankreichs Sozialisten und der Frieden :» genoslen waren alle schwach und ohne eigene Hins-' mittel. Wir mußten, abgeschlossen vom Weltmarkt, ihnen das Fehlende liefern. Aus Furcht, sie könnten abfallen, sind wir zu rücksichtsvoll gegen sie'gewesen. Die Entente hat. jedes einzelne Volk kraftvoll zusammengehalten und alle zu einem Handeln zusammengeschlossen. Uns ist es nicht gelungen, zu dieser Einheit zu kommen. Schließlich kamen Treulosigkeit und Verrat hinzu, die wir durch Nachgiebig keit hatten verhindern wollen. Volkes der Umschwung eintreten konnte. Damals waren alle überzeugt, daß der Kaiser an dem Kriege schuldlos sei. Der Reichstag. Die bekannte Resolution vom Juli 1917 war ein großer politischer Fehler. Als sie in London und Paris bekannt wurde, hat man sich dort die Hände gerieben und grinsend zugerufen: „Sie sind bald am Ende!" Diese Überzeugung hat die Feinde zu neuen Anstrengungen er mutigt. Gewiß ist noch manches andere Unglück dazu getreten. Wen aber eine feste Überzeugung leitet und eine große Hoffnung erfüllt, dem kommen noch immer' glückliche Umstände zubilfe. Ohne Zweifel ist es bei vielen die ehrliche Überzeugung gewesen: deshalb blieb es aber doch eine politische Dummheit. Die Wirkung der Friedensresolution auf die Front ist viel zu wenig beachtet. Die Erregung war allgemein. Der Feind hatte keinen Zweifel gelassen, daß er zu einer Verständigung nkcht geneigt sei, sondern den Frieden diktieren wolle. Politisches Verständnis für den Krieg und Frieden war nicht beim Reichstag. Die Reden Wilsons hatten die Geisler benebelt. Es ist nie dagewesen und wird nie sein, daß ein Sieger nur lieb Freund sein will und auf alles verzichten. Man kann nicht begreifen, wie kluge Leute solch einem Trugschluß verfallen können. Bundesgenossen. Kaiser Karl war ein schwacher Fürst, den man schließ lich nicht für ernst nahm. Verhandlungen mit den Feinden gingen in Wien hin und her. Der Kaiser bezeichnete Hindenburg und Ludendorff in Gesprächen als Schweine. Selbst in Wien machte man sich über ihn auf offener Straße lustig. Obschon er zu jeder Entsagung bereit war, wenn er nur Kaiser bliebe, hatte er wie die Kaiserin den glühenden Wunsch, die Krone Polens auf seinem Haupte zu sehen. Von einem solchen Ver bündeten war nichts zu erwarten. — Unsere Bundes- und Llmgegend. Erscheint seit dem Jahre 1841. 14 Tage zu früh! Der ehemalige Generalstabschef o. Hößendorff erklärt öffentlich: „Wenn wir noch 14 Tage, ja nur noch acht Tage unsere südwestliche Front gehalten hätten, wäre nicht unsere, sondern die italienische Front zusammengebrochen.. Diesen Krieg wollten nicht wir, sondern die Entente wollte ihn. Jeder Staat erwartete von ihm die Erfüllung seiner Aspirationen, und wir befanden uns in einer Zwangslage." Frankreichs Sozialisten und derZrieden Ablehnung des Vertrages. Paris, 15. Juli. Der Nationalrat der sozialistischen Partei Frankreichs hat mit 4420 gegen 54 Stimme» bei 40 Ltimmcnthaltnngcn beschlossen, die Ratifizierung des Fricdenövertragcs abzn lehnen. Eine praktische Wirkung hat dieser Beschluß nicht, da die Mehrheit des Parlaments den Vertrag unter allen Umständen genehmigen wird. Besonders interessant waren die Ausführungen des Sozialisten Paul Faure. Dieser nannte den Frieden einen illusorischen Militarismus, der beute bei Besiegten und Siegern gleich mächtig sei, denn kein Volk sei befreit worden. Wenn er gewußt hätte, daß die Wiedereroberung Elsaß-Lothnngens 15 Millionen Tote Einigungsamt, Schutz der Mieter und Maßnahmen gegen Wohnungsmangel in Wilsdruff betr. l- Durch Verordnung des Ministeriums des Innern, Ländeswohnungsamt, ist dem unterzeichnelen Stadtrat mit Zustimmung des Reichsarbeitsministeriums auf Grund von ß 9 der Bekanntmachung über Maßnahmen gegen Wohnungsmangel vom 23. September 1918 die Ermächtigung zur nachstehenden Anordnung erteilt worden: Räume, die vor dem 1. Januar 1918 zu Wohnzwecken benutzt wurden oder dazu bestimmt waren, seitdem aber zu andere« Zwecken hergerichtet oder verwendet worden find, sind, sofern nicht dringende Interessen des Dersügnngsberechtigten dem ent gegenstehe«, auf Anordnung des Stadtrates in augemeffener Frist wieder z« Wohnzwecken herznrichten «nd znrDermietung zu stelle». Gemäß ß 10 Ziffer 3 der Bekanntmachung über Maßnahmen gegen Wohnungs mangel vom 23. 9. 1918 (RGBl. Seite 1143) wird mit Geldstrafe bis zu 1909 Mark bestraft, wer einer Anordnung zuwiderhandelt, die von einer Ge meindebehörde auf Grund der ihr gemäß Z 9 der obenbezeichneten Bekanntmachung vsm 23. 9. 1918 erteilten Ermächtigung erlassen worden ist U. Weiter wird bekanntgemacht, daß 8 5 der Bekanntmachung über Maßnahmen gegen Wohnungsmangel vom 23. 9. 1918, der laut Bekanntmachung des unter zeichneten Stadtrates vom 3. Mai 1919 durch ministerielle Verordnung für Wilsdruff in Geltung gesetzt worden ist, durch Verordnung des Neichsministeriums vom 22. Juni 1919 wie untenstehend abgeändert worden ist. (RGBl. Seite 591.) Der Stadtrat ist laut Aufführungsoerordnung des Ministeriums des Innern, Landes wohnungsamt, vom 8. Juli 1919 ohne neue Anordnung auch zu den Maßnahmen des 8 5 genannter Beknnntmachung in der Fassung vom 22. Juni 1919 ermächtigt bzw. verpflichtet. ß 5 lautet in der veränderten Fassung: Macht sich im Bezirk einer Gemeindebehörde, in dem ein Einigungsamt er richtet ist, nach dem Ermessen der Landeszentralbehörde ein besonders starker Mangel an Mieträumcn geltend, so kann die Landeszentralbehörde die Ge meindebehörde zu der Anordnung ermächtigen oder verpflichten, daß jeder Abschluß eines Mielvertrags über Wohnräume, Läden und Werkstätten der Gemeindebehörde' vom Vermieter binnen einer Woche nach Abschluß des Vertrags auzuzeigen ist. Die Gemeindebehörde bestimmt, welche Angaben die Anzeige zu enthalten hat. Wird die Anordnung erlassen, so gelten für den Bezirk die Vorschriften der Abs. 2 und 3. Uebersteigt der vereinbarte Mietzins den Betrag, der für Wohnräume, Läden oder Werkstätten der gemieteten Art und Ausstattung unter Berück sichtigung der Nebsnleistungen des Vermieters üblich und angemessen ist, sck kann sowohl die Gemeindebehörde innerhalb einer Woche nach Eingang der Anzeige, als auch der Mieter bis zum Ablauf zweier Wochen nach Abschluß des Vertrags bet dem Emigungsamte beantragen, daß der Mietzins auf die oÄ 7 herabgesetzt wird: etwaige N-benleistungen des Mieters g ° s Test des Mletzinses, ebenso eine für den Nachweis der Mieträume gezahlte Belohnung, soweit sie dem Vermieter unmittelbar oder mittelbar zufließt. Aus einem Mietverträge, der der Gemeindebehörde mcht angezeiot ist können von dem Vermieter keine Ansprüche geltend gemacht werden. Der Vertrag wird auch m Ansehung der Ansprüche des Vermieters wirksam, wenn weder die Gemeindebehörde noch der Mieter innerhalb der Frist (Abs 2) eine Herabsetzung des vereinbarten Mietzinses beantragt, wenn die Anträge auf Heraosetzung zurückgezogen werden oder wenn das Einigungsamt über die Anträge entscheidet. ... Demgemäß "ird augeordnet, daß jeder Abschluß eines Mietvertrages über Wohnraume, Läden «nd Werkstätten dem Stadtrat vom Vermieter W°che «ach Abschluß des Vertrages auzuzeigen ist. Die Anzeige hat z» enthalten Angabe» über Namen «nd Stand des» Mieters, Tag des Abschlusses und Gegenstand des Vertrages. Nach Z 5 der Bekanntmachung zum Schutze der Mieter vom 23. 9. 1918 in der ^ssm>g vom 22. 6. 1919 (RGBl. 1918 Seite 1143 und 1919 Seite 592) wird mit Geldstrafe bis 1999 Mark bestraft, wer vorsätzlich einer gemäß §5 Absatz 1 er lassenen Anordnung zuwider eine ihm obliegende Anzeige nicht rechtzeitig erstattet oder wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht. d^Sp-l °j « v a be, T-lNnvv von LchK. ü pL ' -°KLNn,°^ b.» Bnz-igenonnahmc bis 11 Uhr vormMaas. / Bei!aaena-b«^^ dnsemtten bedingen die LerechW d°s der Empfänger innerh.» Tagen, vom Rechnnngstage an, Wdcrspru^erheb« Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff reutamt zu Tharandt. M.-»«>« . für die Amtshauptmannschaft Meißen, für das Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6. Ml po^nstalien, Postboten sowie unsere AusIrLgcr «nd Geschäftsstelle ncbmen «derzeit Bestehungen entgegen. / Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der Setörderungitelnrichtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung u . ^ach^eferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Ferner so: per Inserent in den obengenannten Fallen keine Ansprüche, falls die Zelkung verspätet, in beschränktem Umfange oder nicht erscheint. / Gnzel- verkaufspreis der Nummer 10 Pfa. / Zuschriften sind nicht persönlich zu adressieren, sondern an den Verlag, die Gchrtstleitung oder die Geschäftsstelle. / anonyme Zuschriften bleiben unberücksichtigt. / S-rliner Vertretung: Berlin SW.4S. Am 15. d M. ist der 2. Termin der städtischen Einkommensteuer? fällig gewesen. Die Bezahlung hat bis zum 1. August d I. an unsere Stadtsteuerkasse zu erfolgen. Nach Fristablauf beginnt das mit Kosten verbundene Beitreibungsverfahren. Wilsdruff, am 16. Juli 1919. E Der Stadtrat. Abgabe am 18. Juli: 1. auf rote, blaue und gelbe Nährmittelkarten Reihe V Abschnitt 11b je V2 Pfund Teigwaren für 30 Pfennige. Konsumvereinsmitglieder sind ausgeschlossen. 2. auf rote, blaue und gelbe Nährmittelkarten Reihe V Abschnitt 11a je 200 Gramm Kunsthonig für 32 Pfennige einschließlich Konsumvereinsmitglieder. 3. bei Humpisch auf gelbe Lebensmittelkarten Nr. 301—1430 und auf rote Lebens mittelkarten Nr. 173 bis Ende je 1 großer Salzhering für 88 Pfennige. 4779 Wilsdruff, am 15. Juli 1919. Der Stadtrat — Kriegswirtschastsabt. Regulativmäßig kommen demnächst die Gräber (Abt. Neihengräber für Erwachsene) der von Ende Juli 1886 bis Ende Januar 1890 auf dem neuen Friedhöfe hiesiger Kirch gemeinde Bestatteten zur Einebnung. Alle diejenigen, welche Interesse an der Eihaltung eines solchen Grabes haben, wollen dies bis zum 30. September 1919 auf hiesigem Pfarr- amte zur Anmeldung bringen, wobei die geordneten Gebühren mit zu entrichten sind. Wilsdruff, am 15. Juli 1919. 479s Der Kirchenvorstand. Wolke, Pfarrer. Meine Zeimng für eilige Leser. * In Pommern und Ostpreußen ist es zu Teilstreiks der Landarbeiter gekommen, die die Ernte gefährden. * Der Berliner Vsrkehrsstreik ist am DienStag vormittag beendet worden. Alle Verkehrsmittel sind wieder in Betrieb. * Der Proteststreik der Unabhängigen in Hamburg ist auf wenige Betriebe beschränkt geblieben. * Die italienischen Sozialisten beschlossen den Bellritt zum Bolschewismus. * Nach einem Kompromiß zwischen Zentrum und Mehr- heitssozialislcn bleibt die Konfessionsschule erhalten. » Frankreich verlangt die sofortige Gestellung von V- Million Arbeitern für die zerstörten Gebiete. General v. Giern über den Krieg. Erlebnisse und Betrachtungen. In einem Buche, das jetzt erschienen ist, veröffentlicht der erste Generalauartiermeister 0. Stein, dessen Berichte einst alle deutschen Herzen höher schlagen machten, Be trachtungen zum Weltkrieg. Er führt aus, daß nach der Entwicklung der politischen Verhältnisse der deutsche Operationsplan notgedrungen mit dem Durchmarsch durch Belgien rechnen^ mußte. „Es ist gewiß nicht uninteressant, gerade heute zu hören, daß es ein Amerikaner gewesen ist, der zuerst auf die Notwendigkeit des deutschen Vormarsches durch Belgien hingewiesen hat." Die Volksstimmung. Nach meiner Meldung als Generalauartiermeister beim Generalobersten v. Moltke, hatte er mir die Lage kurz erläutert. Er sagte, daß sich der Kaiser heftig gegen den Krieg gesträubt habe. Erst nach triftigster Begründung habe er schweren Herzens seine Zustimmung gegeben. Es berührt heute seltsam, wie so bald in der Stimmung des