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WschcMgtt für Wilsdruff, Tharandt, Roffcn, SLebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. BierteljLhrlüher Pränuinrrationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebllhren für dm Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz dieses Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 26. Aleitag, den 2. April 1869. Tagesgeschichte. Wilsdruff, I. April 1869. Leider bat unsere Stadt einen Verlust zu erleiden, welchen manche Familien mit aufrichtigen Herzen bedauern. Der Privatschuldirector Herr Lorenz, welcher seit 7 Jahren . einer Sammelschule Vorstand, nachdem er zuvor in der hiesigen Bür gerschule augestellt war, verläßt uns in den nächsten Tagen, um ei nem Rufe als Lehrer bei der Realschule zu Leipzig zu folgen. Wäh rend dieser Zeit hat er so manches Kind herangebildet und sich nicht nur die Liebe seiner Schüler, sondern auch deren Aeltern erworben und nimmt gewiß die empfehlendsten Zeugnisse seiner Vorgesetzten in seinen neuen Wirkungskreis hinüber. Er hat keine Opfer gescheut, in der von ihm geleiteten Schule zu erzielen, was nur immer mög lich war, ja, er hat öfter Kinder unbemittelter Aeltern unentgeldlich in seine Schule ausgenommen und ist seinen Schülern auch nach ihrer Entlassung ein väterlicher Freund und Berather geblieben. Gleiches Anerkenntniß ist auch seiner Gattin auSzusprcchcn, Ma dame Lorenz hat den Schülerinnen in den weiblichen Arbeiten grüud- lickcn Unterricht erthcilt und mit Liebe und Freundlichkeit es zu staun- üchcn Resultaten gebracht. Möge Herr Lorenz und seine Gemahlin in dem neuen Wirkungs kreise das finden, was sie erwarten; wünschen wir ihnen alles Gute und Liebe und versichern wir Beiden, daß ihnen hier ein freundliches Andenken jederzeit bewahrt bleiben wird. — Am su v. M. Morgens gegen 3 Uhr ist der hier und in der Umgend gut bekannte und allseitig beliebte Herr Steueraufseher Lorenz aus Dresden, welcher einstweilen den Posten eines erkrank ten Collegen vertrat, von einem Schlage getroffen worden und ist so- nsA gestorben. Sein Leichnam ist in seinen Wohnort nach Neuftadt- Drcsbcn überführt worden. — Am 31. März hat sich der Maurer und Hausbesitzer August Becker in Sachsdorf in seiner Wohnung erhängt. Jedenfalls hat er in einem Anfälle von Melancholie Hand an sich Mgt; er war ein ruhiger, fleißiger Mann und ist sein Leichnam .ch Hinterlassenen zur stillen Beerdigung überlassen worden. Becker Unterlaßt eine Frau und zwei Kinder. 3u,d.cn communlichen Sparkassen des Königreichs Sachsen sind Millionen Thaler an Spargeldern eingelegt, welche größtentheils Grundbesitze zur Verwendung als Hypotheken zufließen. . In Großschirma bei Freiberg sind am Morgen des 30.März °er obere Gasthof, sowie das gegenüber liegende Schade'sche Gut tast vollständig nicdergcbrannt. Meerane, 24. März. Sicherem Vernehmen nach ist heute Sei- d E des hiesigen Stadtraths an den Kirchcnvorstand zu Glauchau Erichen gerichtet worden, veranlassen zu wollen, daß bezüglich er Angelegenheit des Glaubcnswcchsels des Grafen Karl von Schön- Ein gemeinschaftliches Vorgehen sämmtlicher Kirchen- und Schul- yorben der schönburgischen Ncccßherrschaften — wie vom Glauchauer rcirchenvorstand bereits ungebahnt — stattsinde. l Breits erwähnte Erklärung des Kirchenvorstandcs zu Mee- lautet folgendermaßen: „Sc. Erlaucht der Herr Graf Karl v. ^wonvurg hat den Glauben seiner Väter, der auch unser Glauben B-'»" ^schworen und ist zum Papstthum übergetreten! Mit tiefer luinmerniß empfinden wir diesen verhüngnißvollen Schritt deS seit- ch mE» Colators aller unsrer Kirchen- und Schulstellen. Wer den ßtt^^usch-lutherischen Glauben als Lug und Trug verdammen, ver- ausäk ""d für dessen Ausrottung beten muß, kann nicht die Pflicht Evangelisch-lutherische Kirchen- uud Schuldiener auszu- , und anzustellen. — Ein zur römisch-katholischen Kirche über- Apostat, der für alle seine Handlungen zur Förderung der r^pEüsch-lutherische» Kirche, als einer Sünde, die Absolution des dieser v" Cirrus bedarf, ist nicht befugt, länger das Amt eines Patrons auszuüben, deren Lehre er und seine Seelsorger als Iz I ehre verurtheilen! Eingedenk unserer Pflicht (K.-V. u. S.-O. §. Ast, w 0) prolestiren wir daher im Namen der Kirchengcmcinden ane, Seiferitz, Lrotenlaide, Götzenthal, Kauritz und Dittrich, feierlichst gegen jede weitere Ausübung des evangelisch-lutherischen Kirchen-Patronats durch den römisch-katholischen Receßherrschaftsbe- sitzer Herrn Grafen Karl von Schönburg, oder durch eine von ihm bestellte oder mitbestellte Kirchenbehörde. Eine aus unserer Mitte ernannte Commission ist mit Einleitung der erforderlichen Schritte zur Wahrung der confessionellcn Rechte der Kirchengemeinde beauf tragt." Hainichen, 28. März. Gestern Vormittag wurde durch große Plakate an allen Ecken: „Mende kommt!" den hiesigen Einwohnern verkündet, daß derselbe behufs Abhaltung einer Volksversammlung hierher komme. Dieselbe fand auch gestern Abend in dem Gelbrich'- schen Theatersaal statt und fehlte es an Raum, um die zuströmcnde Menge völlig aufzunehmen. Als Curiosum ist noch zu melden, daß ein Spaßvogel neben eins der erwähnten Plakate: „Mende kommt!" (an der Ecke des Neumarktes) den Titel eines Theaterzettels: „Der böse Geist Lumpaci Vagabundus" geklebt hatte — zum Entsetzen der hiesigen Lasfalianer. Dem „CH. T." wird aus Leisnig geschrieben: Vorige Mitt woch bestattete man einen Mann in Polkutz zur Erde, der in seiner Originalität wirklich ein moderner Diogenes genannt werden kann. Der 62 Jahr im Amte gewesene Lehrer Gaudlitz in Zschvckau bei Leisnig hat in der langen Zeit seines außerordentlich fleißigen Wirkens nie mehr als 80 Thlr. Gehalt angenommen, obgleich es ihm mehrmals angeboten wurde, selbst das Gesetz es vorschrieb. Von diesem wenigen Gehalte machte er regelmäßig den Konfirmanden namhafte Geschenke, unterstützte Arme mit wesentlichen Gaben , be köstigte sehr ost seine sämmtlichen Schulkinder und — sammelte sich außerdem ein für diese Verhältnisse bedeutend zu nennendes Vermö gen. Daß der Mann soviel wie gar keine Bedürfnisse hatte, ist wohl daraus zu ersehen. Auch die KreiSdirection zu' Leipzig, sowie vorher das Consistorium zu Dresden ehrten schon frühzeitig die Verdienste dieses Lehrers durch Anerkennungsschreiben; an seinem 50jährigen Ju biläum 1851 erhielt er das Ritterkreuz des Verdienstordens. Die Geschäfte der Prüfungscommission für einjährig Freiwillige zu Dresden sind für den ersten diesjährigen Anmeldungstermin in der Zeit vom 1.—10. März d. I. erledigt worden. Die Zahl der Anmeldungen betrug 322. Hiervon konnten an 221 Aspiranten theils ohne Weiteres, theils auf Grund bestandenen Examens Berechtigungs scheine ertheilt werden. Die Generalversammlung des Landwirthschaftlichen Crcditvcreins im Königreich Sachsen wird am 7. April d. I. in Dresden abge halten werden. Wie die L. N. hören, soll im Laufe des nächsten Herbstes bei den Landwehr-Regimentern des 12. Bundes - Armeecorps eine acht tägige Hebung abgehalten werden. Infolge einer vor mehreren Tagen die Presse durchlaufenen Beschwerde, daß die für die Reichstagsmitglieder noch bestehende Por tofreiheit von den Postbeamten vielseitig nicht respectirt werde, macht das Generalpostamt die Postanstalten im letzten Postamtsblatt darauf aufmerksam, daß diese Portofreiheit auch während der Vertagung des Reichstages fortbesteht, sofern die betreffenden Sendungen in Berlin zur Post gegeben oder nach Berlin gerichtet sind. Beim preußischen Gesandten v. Röder in Bern war zu Ehren des Geburtstages des Königs große Gesellschaft gewesen. Um 2 Uhr Nachts wird der 19jährige Sohn des Gesandten durch das Winseln feines Hundes geweckt, mit einem Blicke sicht er, daß der Hund ge knebelt ist und Schreibtisch und Secrctär offen stehen. Er eilt mit einem Säbel in den offenen Speisesaal, in welchem zwei Vermummte den Silberschrank ausleeren und packt den Einen. Dieser sticht ihn mit einer Gabel in den Arm, der Andere streift ihm den Arm mit einem Pistolenschuß und Beide entfliehen, von einem Dritten gefolgt, der mit einer Blendlaterne an der Treppe Wache hielt. Die Beute der Räuber bestand aus 1500 Fr., das bereits ausgeräumte Silber zeug und die Wertpapiere wurden durch das muthige Einschreiten des jungen Mannes gerettet. — (Schweizer Blätter machen ein Fra gezeichen zu der Geschichte.)