Volltext Seite (XML)
MsdrusserÄMblatt Fernsprecher Wilsdruff 7!r. 6 Wochenblatt fÜs WWdruff UNd ^MgegMd Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, -es Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger nnd Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 30. Sonnabend den 5. Februar 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Maul- und Klauenseuche. Nachdem die Maul« und Klauenseuche in Roitzsch b. W. erloschen ist, wird die Gemeinde nunmehr von der Sperre und Beobachtung befreit. Meißen, den 3. Februar 1921. Nr. 1845 b V. Li« Die Amtshauptmannschaft. ' GDI A haben im „Wilsdruffer Tage- ! UsAMA MNVgßOßAU blatt", das einen weitver- zweigtenu.kaufkräftigenLeser- j v vvv besitzt, große Wirkung. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Ministerpräsidenten der deutschen Gliedstaaten sind nach Berlin geladen. Hier wird unter Vorsitz des Reichskanz lers und im Beisein des Reichspräsidenten die außenpolitische Lage besprochen werden. * In Magdeburg wurde der Kommunist Vater wegen Putschverdachts verhaftet. * Die Wahlen zur Berliner Studentenvertretung ergaben eine deutschvölkische Zweidrittel-Mehrheit. * Die argentinischen Frauen ersuchen in einer Bittschrift den Papst für die Zurückziehung der schwarzen Truppen aus dem besetzten Rheinland einzutreten. Die Ausfuhrabgabe. über die wirtschaftliche Tragweite der Pariser Be schlüsse gibt sich wohl kein Deutscher irgendwelchen Täu schungen hin, man kann sogar annehmen, daß selbst in Frankreich und England jeder, der wirtschaftlich denken kann, sich über sie im klaren ist. Die deutsche Volkswirt schaft soll erdrosselt werden; das Eigentümliche dabei ist nur, daß man, ganz wie im Versailler Friedensvertrage selbst, die Henne gleichzeitig schlachten und goldene Eier legen lassen will. Das tritt nirgends klarer zutage, wie bei der vorgesehenen Ansfuhrabgabe, die ja überhaupt ei» etwas eigentümliches Gewächs ist. Ausfuhrabgaben an sich sind ja, wenn sie auch nicht gerade häufig Vorkom men, wirtschaftlich nichts ausgesprochenes neues, aber man ist bisher immer davon ausgegangen, daß sich mit solchen Ausfuhrabgaben nur Waren belasten ließen, die das Ausland unter allen Umständen kaufen mußte — be kannteste Beispiele chilenischer Salpeter und brasilianischer Kaffee. Bei diesen hat sich die Ausfuhrabgabe während ihres Bestehens mehrfach für das Geschäft so hinderlich er wiesen, daß sie ermäßigt oder außer Kraft gesetzt werden mußte. Beim Chilesalpeter scheint man jetzt so weit zu sein, daß die Ausfuhrabgaben der Ausfuhr ausgesprochen schädlich werden: auch dort spricht man jetzt nicht selten von Ermäßigung oder Aufhebung. Aus den letzten Jahren ist auch die Ausfuhrabgabe für argentinischen Weizen ein recht bezeichnendes Beispiel. Auch dort ließ sie sich nur so lange unangefochten aufrechlerhallen, wie der argen tinische Weizen nahezu wettbewerbslos dastand. Und nun übertrage man die Erfahrungen, die sich aus solchen Beispielen ergeben, einmal auf die deutschen Ver hältnisse. Von Waren, die Deutschland allein liefern könnte, gibt es bekanntlich nicht eine mehr, denn das deutsche einstmalige Naturmonopol für Kali gehört seit der Annektion des Elsaß der Vergangenheit an. Vielleicht aber liegt gerade hier ein Grund für die französische Zu stimmung zu diesem Plan. Denn den Kaligruben des Elsasses könnte natürlich gar nichts besseres geschehen, als wenn ihr einziger Wettbewerber mit einer Sonderabgabe von einem vollen Achtel des Preises belastet würde. Das; deshalb die Deckung des Weltbedarfs an die elsässischen Gruben überginge, ist allerdings unwahrscheinlich; ihren französischen „Erwerbern" würde aber ein sehr schöner Übergewinn zusließen. — Das ist aber ein Einzelfall. Im übrigen erzeugt Deutschland nur Waren, in denen es den schärfsten Wettbewerb mit den anderen Industriestaaten aufnehmen muß, einen Wettbewerb, in dem es schon da durch benachteiligt ist, daß es, außer Kohle, Rohstoffe in nur verhältnismäig geringem Umfange sein eigen nennt. Die Ausfuhrprämie aus dem Minderwert der Mark ist ja nach allen Erfahrungen etwas ganz Vorübergehendes. Mit anderen Worten: der für die französisch-englischen Taschen bestimmte Ausfuhrzoll von einem Achtel würde die deutsche Industrie zwingen, die Selbstkosten um dieses Achtel zu erniedrigen. Welches ist aber seit jeher und jetzt mehr als je der wichtigste und größte Teil der Selbst kosten? Der Arbeitslohn. Dieser würde also unter allen Umständen aufs schärfste heruntergedrückt werden müssen, um den Forderungen des Verbandes zu genügen, — eine Tatsache, an der auch die infolge der alsdann zweifellos zu erwartenden neuen Senkung des Markwerts alsbald wieder eintretenden Steigerungen des Geldlohnes nichts ändern würden. Denn wenn vom Wert der deutschen Gütercrzeugung von vornherein ein Achtel für die angeb lichen Wiedergutmachungszwecke beschlagnahmt wird, so bleibt eben für den Bürger Deutschlands ein Achtel weniger übrig. Und ob er für seinen Anteil dann hun dert oder 20 000 Papiermark bezahlen muß, um einmal die Spanne besonders kraß zu wählen, ist ganz gleichgültig: das teurer bezahlte Kilo Brot sättigt auch nicht mehr, der teurer bezahlte Anzug hält auch nicht länger. Um aber den volkswirtschaftlichen Wahnsinn voll zu machen, sind bekanntlich mit der Ausfuhrabgabe unge heuerliche feste Entschädigungen verkoppelt, Summen, die nur durch Warenausfuhr in allergrößtem Maße bezahlt werden können. Das heißt also, man schränkt auf der einen Seite die Verbrauchsfähigkeit Deutschlands aufs äußerste ein, wahrscheinlich sogar ganz erheblich unter das Existenzminimum, sagen wir etwa der Zeit des dreißig jährigen Krieges, man vermehrt aber gleichzeitig die auf den Weltmarkt geworfenen Warenmassen ins Unendliche dadurch, daß man Deutschland zwingt, um jeden Preis für den Weltmarkt zu produzieren, — und zwar im wesentlichen Waren, die andere auch erzeugen, nicht etwa Lebensmittel, in denen ja der Weltmarkt eine Mehrver sorgung nach dem Ausscheiden Rußlands recht gut ge brauchen könnte. Auf diese Art werden die Wirkungen des russischen Beispiels natürlich ins tolle übersteigert wer den. Rußland fehlt dem Weltmarkt zurzeit als Abnehmer völlig, was neben dem teilweisen Ausscheiden Mittel europas an der Schwere der Weltwirtschaftskrise schuld ist, in die wir eingetreten sind. Es fehlt aber auch als Lieferer von Jndustriewaren, — und hier hört die Ähn lichkeit mit Deutschland auf. Die Wollspinner von Brad ford, deren beste Abnehmer in Deutschland saßen, die eng lischen Ausfuhrhäuser, zu deren größten Abnehmern eben falls Deutschland zählte, werden die Folgen von Versailles zweiter Auflage bald noch kräftiger verspüren, als sie sie von der ersten Auflage empfanden. Und auch der Absatz spielraum für französische Luxuswaren dürfte sich bald empfindlich weiter verengern. Am gespanntesten darf man übrigens darauf sein, wie die Arbeiter der übrigen Staa ten sich zu den Pariser Beschlüssen und ihren Folgen ver halten werden. Denn daß der Lohndruck auf Deutsch land beschränkt bliebe, ist natürlich ausgeschlossen. Der erzwungene deutsche Wettbewerb wird auMrdem überall die Arbeitslosigkeit großen Maßstabes zur Dauereinrich- ttlng machen. Und an diesem, für alle Industriestaaten ruinösen Wettbewerb würde auch die sorgsamst ausge klügelte Ausfuhrabgabe nichts ändern können. L. H. Unannehmbar! Die geschlossene deutsche Front. Regierung, Reichstag und das deutsche Volk sind so einig wie noch nie zuvor in der unbedingten Ablehnung der wahnsinnigen Ententeforderungen, die aus Generatio nen hinaus eine Knechtschaft für das deutsche Volk bedeu ten würden. Eine einzige traurige und kümmerliche Aus nahme bilden die Moskowiter der äußersten Linken, die Leute um Levi und Hoffmann, von denen bezeichnender weise der „Vorwärts" in seinem Stimmungsbild über die Reichstagssitzung vom Mittwoch sagt: „Und nun waren auch alle Radaugeister des letzten linken Winkels losge lassen. Es ist eine Schande für die Arbeiterklasse, daß das, was sich in jenem Winkel herumdrückt, als Arbeiterver treter gelten will. Wir rücken weit davon ab." Dieser Kennzeichnung braucht man nichts hinzuzufügen, denn sie ist deutlich genug. Erklärung des deutschen Gewerkschaftsbundes. Der 41 Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände der christlich-nationalen Gewerkschaftsbewegung um fassende Deutsche Gewerkschaftsbund nahm in einer Ver treterkonferenz Stellung zu deu Reparatiousbeschlüssen der Alliierten in Paris. Einmütig erblickte die Versammlung darin das Be streben, unter dem Namen nnd Scheine der Wiedergut machung die völlige Versklavung des deutschen Volkes her beizuführen. In der kurzen Zeit des Bestehens bereits ungezählte Male von Dentschlands Gegnern überschritten, werde dett Vertrag von Versailles nunmehr offen beiseite geschoben. Verpflichtungen aus ihm für die Entente wür den mißachtet, selbst aus den Anschein, de» sogenannten Friedensvertrag als ein Instrument des Friedens anzu- schen, komme es den Gegnern offenbar nicht weiter an. In einer Entschließung erklärt die Vertreterkonferenz u. a.: „Vom Standpunkt der schaffenden Arbeit, insbeson dere der lediglich auf die Anstrengungen von Kopf und Hand für ihren Unterhalt angewiesenen Arbeitnehmer, gibt es auf die wirtschaftlichen Erdrosselungsversuche des Pariser Reparationsplanes nur die eindeutige Antwort: Nein! Das gilt von vertragswidrigen Zumutungen, wie dem Verlangen, 42jähriger Zahlungen für Summen, die in der vertraglichen 30jährigen Höchstdauer der Be lastung aus Deutschland herauszuholen sogar die Entente für unerfüllbar ansieht; es gilt allgemein von der will kürlichen Festsetzung der Summen ohne Rücksicht auf die Vertragsverpflichtung, sie dem Deutschen Reiche auf Grund wirklicher, im einzelnen nachzuweisender Schaden ersatzansprüche zu bemessen. Vor allem gilt es, von dem Verlangen einer 12prozentigen Ausfuhrabgabe zugunsten der gegnerischen Staaten, welche die deutsche Volkswirt- phaft in einen Frondienst für das feindliche Ausland, die deutsche Ausfuhr zum wertlosen Schatten einer solchen und die Ernährung weitester Kreise unseres Volkes zu ein^m unabsehbaren Hungerdasein herabzudrücken droht. Smt- venarbeit will der Deutsche, werden unsere deutschen Arbeiter und Angestellten niemals tun! Lasten in der sinnlosen, nicht einmal durch Deutschlands gesamtes Natio nalvermögen zu deckenden Höhe, sowie unter Bedingungen, welche Schweiß und Mühe deutscher Arbeit für alle Zeit rur Hoffnungslosigkeit verdammen würden, darf kein Volk übernehmen, das für seine Pflichten noch Ehre und sitt liche Begriffe anerkennt. Namens der zwei Millionen im Deutschen Gewerkschaftsbund vereinigten Arbeiter, Ange stellten und Beamten fordern wir daher alle Parteien, Berufsverbände und sonstigen für Deutschlands Zukunft mitverantwortlichen Organisationen auf, die Regierung in ihrem schweren Abwehrkampfe nachhaltig zu unter stützen * Zur Einladung nach London Mach den Angaben der Pariser Presse beschäftigen sich die amtlichen Kreise in Paris mit der Frage, welche Maß nahmen die alliierten Regierungen ergreifen sollen gegen über den Erklärungen, die Minister Dr. Simons im Namen der deutschen Negierung im Reichstage abgegeben hat. Man meint, daß die Ablehnung der Entente-Bedin gungen seitens des Reiches weniger fest sei, als es im ersten Augenblick den Anschein hatte. Die heftigen Proteste die die Erklärungen begleiten, lassen daraus schließen, nnd wenn man den Text etwas näher betrachtet, so müsse man bemerken, daß Dr. Simons sich keineswegs festgelegt habe, im Gegenteil, er hat sich sehr vorsichtig ausgedrückt, indem er sagte, Deutschland hätte noch keine Einladung nach London erhalten. Die Deutschen wissen sehr gut, unter welchen Bedingungen sie nach London gerufen wer- oen, sie wissen sehr gut, daß diese Bedingungen die glei chen sein werden wie in Spa. Diplomatische Kreise sind überzeugt, daß es in London ebenso sein werde. Die Deutschen wissen ganz gut, daß man weit davon entfernt ist, sie nicht anhören zu wollen. Den Erklärungen Lloyd Georges zufolge sollen sie sich darauf beschränken, zu be weisen, Worin die Unausführbarkeit der in Paris be schlossenen Klauseln besteht. Der englische Premier er wartet diese Beweisführung. Oeuischtands Etat unter Kontrolle. Die Befehle der Entente. Der Anhang 1 aus dem Bericht der alliierten Sach verständigen auf der Brüsseler Konferenz, der vom 11. No vember datiert ist und die deutsche Regierung und das deutsche Budget betrifft, ist in Paris amtlich veröffentlicht worden. Der Bericht besagt, daß die in dem Haushalts plan für 1920 eingesetzten Ziffern nur unter Vorbehalt an genommen werden könnten, besonders bezüglich der im Budget zur Ausführung des Friedensvertrages einge setzten Kredite, zu deren Festsetzung es der deutschen Ver waltung auch an den erforderlichen Angaben fehle. Zu beachten sei bei der Betrachtung des Budgets die Erklärung des Finanzministers Wirth im Reichstage am 27. Oktober 1920, daß der Etat zur Ausführung des Friedensvertrages das beste Agitationsmittel sei, über das das deutsche Volk verfüge, und in der ganzen Welt ver breitet werden müßte. Die Sachverständigen heben her vor, daß der Etat für Auswärtige Angelegenheiten von 24 auf 295 Millionen und für das Innere von 19 auf 1435 Millionen gestiegen sei. Die Ausgaben für Post- und Telegraphenwesen beliefen sich für das Personal auf 5366 gegen 756 Millionen im Jahre 1919. Die Ausgaben zur Ausführung des Friedensvertrages könnten verringert werden. Die deutsche Regierung übernehme Ausgaben, zu denen sie nicht verpflichtet fei. Hinsichtlich der Ein nahmen des deutschen Budgets betonten die Sachverstän digen, daß die Steuern auf alkoholische Getränke viermal weniger einbrächten als in England und sechsmal weniger als in Frankreich. Ebenso seien die Steuern auf Tabak, Kaffee und Tee sehr niedrig. Die Steuer auf Zucker sei nicht hoch und bilde nur den 250. Teil der Steuerein nahmen, während sie z. B. in Italien V» derselben aus mache. Eine Erhöhung der Kohlensteuer um 10 Prozent würde einen Mehrbetrag von zwei bis drei Millionen er geben. Auch die Zollerträgnisse könnten vermehrt werden und ihre tatsächliche Erhöhung sei wünschenswert. Denn die Löhne und Rohstoffe würden in Deutschland nicht im Verhältnis zu dem niedrigen Wert des Papiergeldes