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Nr. 30.1 Beiblatt zum «Chemnitzer General-Aiizelger" und zum „Sächsischen Landboten". Schönste Liebesgabe. willst Du ein Herz, dem Deinen theuer, So recht erfreu'» mit zarter Hand, Erwähle halberblühte Rosen Als Deiner Liebe Unterpfand! Lin solches Sträußlein Blüthenknospen, Thaufrisch, vom süßen Duft umschwebt, verkündet mehr als alle Worte, was still in Deiner Seele lebt. D'rum'sende Rosen, blüh'nde Rosen Als Liebesboten jederzeit! was Du ersehnest heiß und innig, wird dann zum Danke Dir geweiht! A. v. G.-H. Eine Ansichtskarte. Wir, Litterat Schleifer, Dentist Kneifer, Flötist Pfeifer und meine Wenigkeit, sitzen neulich wie fast alle Abende an unserem Stamm tische und da kommen wir u. A. auch ans den modernen Ansichtspostkartennnfug zu spreche». Ich machte meinem Herzen einmal gründlich Luft; denn ich habe von jeher dieses Alles überschwemmende Unwesen gehaßt. Meine Freunde gaben mir ausnahmslos Recht, selbst Schlciser, obwohl dieser sonst als ein Geist, der stets verneint, eine gesonderte Stellung einznnchmen Pflegte. Was geschah? Wir waren »och im besten Diskutiren, da trat ein Kolportenr mit Ansichts karten an unseren Tisch und bot uns der gleichen zum Kaufe an. Ich wollte den Mann gerade entrüstet von unserem Tische weisen, als Schleifer schon in den Karten umherwühlte und auch richtig eine kaufte. »Hört, Freunde!" sagte dieser Ränkeschmied dann zu uns, „man kann ja grundsätzlich Gegner dieser Mode sein, ohne sich gerade gegen einen vereinzelten Gebrauch vollständig abzuschließen. Unser Freund," damit meinte er mich, „hat zwar ganz entschieden diesen modernen Unfug verurtheilt, aber er wird auch wisse», daß ein guter Scherz gewissermaßen lustrcinigend im Leben wirkt und eine Schcrz- karle. unter Umständen ganz gute Dienste leisten kann. Ich habe einen harmlosen Plan. Diese Karte werde ich einem guten Bekannten zu- sendc», von dem ich weiß, daß er einen Scherz nicht übel nimmt, ja, daß er selbst gern Scherze macht. Wie wäre es, wenn ein Jeder von uns ein Berslein ohne Namensnnterschrist darauf schriebe? Ich adressire und schicke die Karte ab. An tuen die Karte gerichtet ist, erfahrt Ihr später. Seid Ihr bereit, diesen Scherz mitzumachen?" „Ja," riefen Alle, „wenn es uns nicht nachtheilig werden kann!" „Nicht im Geringsten! Alle Verantwort ung nehme ich auf mich," sagte Schleifer. „Jeder kann sogar so grob oder so höflich schreiben, wie er will. Ich werde den Anfang machen." Auf der Postkarte war ein/Thcil des Zo ologischen Gartens abgebildct. Im Vorder gründe weidete ein Kamccl ans grüner Flur. Schleifer schrieb: „Dies Thier, o Freund, merk' ans und HLr', Geht eher durch ein Nadelöhr, Eh' es bei Dir ans dieser Erden Beginnt im Kopse licht z» werden!" Kneifer setzte fort und schrieb: „Es führt so Mancher durch das Land Ein Erz'lanieel am Halstcrband- Wenn Deine Frau der Führer ist, Errathe, was Du selbst dann bistl" Pfeifer schrieb: „Dtt wirst auf dieser Karle lese», Wie grob zwei Freunde sind gewesen; Doch lab cS Dir zum Trost gereichen: Sie sind ja Beide Deinesgleichen !" Jetzt kam ich an die Reihe. Eine gewiss« Unruhe empfand ich dabei; denn ich war nicht sicher, ob dieser Scherz nicht ärgerlich in seine»