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Donnerstag. Nr. 314 13 Juli >852 Leipzig. Dl« Zeitung «rscheiiit mit Ausnahme de« Montags täglich und wird Nachmittags -1 Uhr aus- gegeben. Deutschs Mgeminc Zcitmg. Preis str da« Viertel- jahr I'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. »Wahrheit und Recht, Freiheit and Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter deS In- und Auslandes, sowie durch die vzbedition in Leipzig lvuerstraße Nr. 8). Hnserttonsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zollvereinsconferenzen in Berlin. ^Berlin, 12. Juli. Wir haben, was die Zollangelegenheiten be- trifft, heute zu der Bemerkung Veranlassung, daß Preußen bisjctzt niemals !den Willen kundgegeben hat, sich mit einer „provisorischen" Reconstituirung deö Zollvereins zu begnügen. ES möchte sich hierfür auch schwer eine Form finden lassen. Die ganze Sachlage ist, wir können es nur wiederholen, die alte unentschiedene; die hiesigen Conferenzen bleiben noch immer für die all gemeine Frage von untergeordneter Bedeutung. Die Sitzungen der Bevoll mächtigten sind jetzt etwas sparsamer als früher und die Specialberathun- gen über den Scptembervertrag als beendigt anzusehen. Die von Preußen klar gefoberte Erklärung über den Beitritt zum Septembervertrage wird in diesem Monate schwerlich zu erwarten sein und wie wir schon andeu- «eten, lassen sich entscheidende Schritte vor dem nächsten Monate nicht erwar- ten. Bei den vorläufigen Erörterungen, welche die Zollconfcrenz über den Septembervertrag angestellt hat, sollen dieAeußerungen des hannover schen Kommissars stets der Art gewesen sein, daß an der Absicht der han noverschen Regierung, den Vertrag unter allen Eventualitäten zur Ausfüh rung zu bringen, nicht gezweifelt werden kann. — Ueber den neuerdings wieder in Anregung gekommenen Anschluß Mecklenburgs an den Zoll verein wird ein entscheidender Schritt von den betheiligten Negierungen na türlich nicht eher zu erwarten sein, als bis über die Zukunft des Zollvereins selbst entschieden ist. Soviel aber wird schon jetzt mit Bestimmtheit mitge- theilt, daß die leitenden Staatsmänner der mecklenburgischen Lande sich zu Gunsten einer Vereinigung bereits ausgesprochen haben. — Ein wiener Korrespondent der Leipziger Zeitung schreibt derselben un- term 10. Juli: Ich kann auf das bestimmteste versichern, daß mit Hrn. v. Bismark über die Zollfrage keinerlei Verhandlungen gepflogen worden sind, welche auch nur die geringste Abweichung von der bestimmt ausge sprochenen Absicht unsers Cabinets annehmrn ließen. Daß der preußische Bevollmächtigte instruirt war, auf etwaige Modifikationen einzugehen, wenn solche angeboten würden, ist nicht unwahrscheinlich; da sie aber unterblieben, so ist auch von seiner Seite keine Initiative ergriffen worden. Fußend auf das Bundesrecht und zu jeder Zeit bereitwillig, dessen Bestimmungen genau zu vollstrecken, kann Oesterreich unbekümmert sein um die sich ergebenden Folgen. Man hat einen Sonderbund nicht in Wien, sondern in Berlin erstrebt, und dorthin fiele auch die Verantwortung. — Begründeter Erwar tung zufolge soll Graf Arnim nicht wieder aus seinen hiesigen Gesandt schaftsposten zurückkehren, sondern in der Person des Hrn. v-Bismark oder deS Hrn. v. Rochow seinen Nachfolger erhalten. Keutfchlaitd. "VVom Main, 10. Juli. Dem Vernehmen nach wird sich die Bun desversammlung baldigst mit der Vermehrung der Bundesarmee be schäftigen. Statt des bisherigen 1 Proc. der Bevölkerung nach der frü- Hern seitdem um '/» vermehrten Zahl derselben soll nun 1'/, Proc. der ge genwärtigen Bevölkerung zum Maßstabe genommen werden. Dies setzt eine Vermehrung der Kontingente des Bundes um mehr als 1 Procent gegen früher, also ein« noch bedeutendere Vermehrung als diejenige voraus, welche 1848 vom Deutschen Parlamente und vom Reichsverweser angeordnet wurde. Ist sie nothwendig? ist sie zweckmäßig? Die Lage der Sache verneint diese Fragen. Wenn eS auch nicht zu leugnen, daß die Lage der Dinge in Frankreich von keiner Seite eine beruhigende ist, Ludwig Napoleon mag sich nun dort behaupten oder durch eine neue Revolution wieder verdrängt wer den, so erscheint doch eine Vermehrung der bisherigen Streitkräfte des Deut schen Bundes nicht nothwendig. Diese sind ohnehin zahlreich genug, um mit den zahlreichen Heeren Preußens und Oesterreichs vereint jedem, selbst dem mächtigsten Angriffe der Franzosen zu widerstehen, die ihr Heer immer durch die Armee von Algier und die im Innern nöthige sehr schwä chen müssen. Zu welchem Zwecke also die deutsche Bundeöarmee noch mehr vergrößern? Dies ist auch unzweckmäßig. Die Revolutionsjahre', die Theuerung, die Stockung des Handels, alle diese Factoren haben die Hülfs- quellen aller deutschen Länder sehr geschwächt; alle verlangen Verminderung nicht Vermehrung der Armeen. Ohne dringende Noth kann man ihnen nicht neue Lasten fürs Militär auflegen. Diese dringende Noth ist aber nicht vorhanden. Der Franzose bedroht uns nicht, und den Dänen läßt man ja ungestört schalten. Warum also unser Heer vermehren und dadurch unsere finanziellen Nöthen steigern? Ueberdies bestehen die dermaligen deut schen Heere aus kriegsgeübtcn Soldaten. Warum diese bewährten Krieger nicht lieber, wenn Gefahr wirklich vorhanden, zurück- und beisammen be halten, als neue Aushebungen den Cadres cinverleiben, deren junge Solda ten nicht halb so viel gelten als die alten versuchten. Möchten die Ver treter der verschiedenen Bundesstaaten diese unleugbaren Umstände in Frank furt geltend machen! — Wir haben bereits mitgethcilt, daß cs der Wunsch der niederlän" bischen Negierung ist, es möge von den deutschen Staaten eins aus drei Sachverständigen gebildete Commission auf Kosten der Niederlande nach Surinam gesendet werden, damit dieselbe einen unparteischen Bericht über alle Verhältnisse dieses Landes erstatte, welche bei dem in Anregung gebrachten ColonisationSprojecte irgend in Betracht kommen. Nach dem be sonder» Wunsche, den die niederländische Negierung kundgegeben, sollen Baiern, Württemberg und das Großhcrzogthum Baden die drei Mitglieder dieser Commission ernennen, Baiern den Arzt, Württemberg den Ackerbaukundi gen, Baden den Bergwerksverständigen. Die Dauer der Mission soll auf zwei Jahre bestimmt werden. In den nähern Erläuterungen wird vornehm- lich die Behauptung zu entkräften gesucht, daß das Klima in Surinam der Gesundheit nachthcilig sei; zum Beweis wird angeführt, daß unter den Be° satzungStruppen in dieser Colvnie die Sterblichkeit nicht größer sei als unter den Truppen im Mutterlande. (N. C.) — Ueber die preußische Zeitungssteuer bringt die Allgemeine Zei tung folgenden Artikel: „Die Denkschrift der deutschen Buchhändler (siehe unsern Leitartikel in Nr. 302) hat gründlich auseinandergesetzt, wie nachthei lig das neue preußische Zeitungsstempel- und Postgesetz in den Organismus des ganzen Buchhandels eingreift. Sic faßt dabei den unzweifelhaft intcr- essantestcn Theil jener Gesetze ins Auge, denjenigen nämlich, welcher sich auf die wissenschaftlichen und belletristischen, meist durch den Buchhandel vertriebenen Zeitschriften bezieht. . Gerade hier droht aber nicht blos den Buchhändlern, sondern mehr noch den soliden und selbständig arbeitende» Schriftstellern die größte Gefährdung, während die auf den Brief bezahlte Duhend-Correspondcnzmacherei der politischen Tagespressc durch das Stem pelsteuergesetz indirect sogar noch begünstigt wird. Der größern Viertel jahrs-, Monats- und Wochenschriften wissenschaftlichen und belletristischen Inhalts, die ihre Bogen mit Originalarbeiten füllen und anständige Hono rare zahlen, gibt es bekanntlich in Deutschland nicht mehr viele. Und doch sind diese Zeitschriften, im Verein mit den wenigen politischen Blättern, welche auf den Namen einer wahren Originalzcitung Anspruch machen kön nen, die Hauptstützen einer selbständigen Existenz für Hunderte von ehren haften und fleißigen Schriftstellern. Die Verleger der wissenschaftlichen und belletristischen Zeitschriften werden durch das Weglassen oder Versteuern ihrer Inserate infolge des preußischen Gesetzes Verluste erleiden. Zum Wieder- ersatz dieser Verluste werden aber die meisten Verleger zuerst sparen an dem Honorar ihrer Autoren. Ja manche dieser wenigen annvch Honorar zah lenden Zeitschriften werden geradezu eingehen müssen. So kehrt sich die ei gentliche Spitze der Gesetzesbestimmungen, denen zufolge auch solche Zeit schriften dem Stempel- und Postzwange unterworfen sind, nicht sowol ge gen die Buchhändler, als gerade gegen die bessere Classe der selbständigen, wissenschaftlichen TageSschriftstcllcr, wahrend die eigentlichen Winkeljournali sten wenig oder gar nicht von diesem Besteuerungsgesetze getroffen werden. Auö Furcht vor der gegenwärtig wahrscheinlich sehr geringfügigen Macht des Schrift stellerthums überhaupt ist man hier in den großen staatsmännischen Fehler vrr- fallen, dem gediegenen Kern des Literatenstandes die Existenz abzuschncidcn, das literarische Proletariat aber und die Kleinjournalistik zu monopolisiren. Poli tisch klug wäre cs hingegen, unsers Bedünkens, die buchhändlerisch und lite rarisch bedeutsamen Zeitschriften und die selbständige größere Tagespresse recht stattlich sich entfalten zu lassen, ja vor Beeinträchtigung in wohlerworbenen Rechten (wir erinnern an den in diesen Blättern schon öfters gerügten Nachdruck der Depeschen) ausdrücklich zu schützen. Dadurch wird die Macht des Schriftstellerthums eine politisch wohlthätige, während man andererseits auf dem besten Wege ist, den ganzen Fluch der alten Literatenwirlhschaft wieder zurückzuführen. Möge man nicht vergessen, daß die deutsche Zei tungspresse in dem letzten Jahrzehend vor der Februarrevolution trotz der Censur innerlich weit destructiver und wühlerischer war, als sie es in den jüngstvergangenen Jahren gewesen ist. Das preußische Gesetz führt aber direct auf jenen vormärzlichen Zustand zurück. Mit den verkleinerten, bis zum Rande bedruckten Zeitungsbogen kehrt auch der alte Tagcsklatsch wie der, welcher die selbständig abhandelnden Artikel verdrängt, mit der Be steuerung des „politischen" Inhalts in wissenschaftlichen und belletristischen Zeitschriften wird auch jenes alte verderbliche Heuchclspiel wieder aufkom- mcn, welches unter dem Deckmantel poetischer oder wissenschaftlicher Dar stellung die politische und sociale Agitation nur in einer um so nichtsnuhi- gern Weise betrieben hat. Sämmtliche wissenschaftlichen und belletristischen Zeitschriften, welche uns seit dem neuen Semester zu Gesicht gekommen sind, erklären, keine bezahlten Anzeigen mehr geben zu wollen. Das Bör senblatt für den deutschen Buchhandel macht den Vorschlag, den gedachten Zeitschriften eigene Anzeigeblätter, getrennt vom Hauptblatte, bcizulegcn, die selben aber von den nach Preußen bestimmten Exemplaren wegzulassen. Bleibt Preußen mit seinen Maßregeln vereinzelt stehen, dann schlägt cß