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Von dieser Zeitschrift erscheint wöchentlich eine Nummer in Zm- perial-Quart, welcher zu österm erläuternde Zeichnungen, Karten, Pläne und Ansichten bcigcgcben werde». Der Abonnementspreis beträgt hier Orts drei Thaler für das Halbjahr, und nehmen alle Buchhandlungen, Postämter und Zeitung« - Expeditionen deS Zn- und Auslandes Bestellungen entgegen. Planmäßige Beiträge werden anständig hcnorirt und unter Adresse ter Redaktion oder, wem Leipzig näher gelegen, durch Vermittelung des Herrn Buch händler Wilh. Engelmann da selbst erbeten. Eisenbahn-Leitung. IS. Draunschwoig, 14. April. 1844. Einige Demerkungen zum ersten Artikel in Nro. 6 der Eisenbahn-Zeitung. Der Artikel in Ihrem Journal Nro. 6, betreffend die Locomotiven der Baier'schcn Staats-Eisenbah nen, und die Erpansion, veranlaßt mich zu einigen Bemerkungen, welche Ihren Lesern vorzulegen,Ihre Unpartheilichkeit Sie gewiß bewegen wird. Ich würde mich nicht damit befassen, den fragli chen Artikel zu berühren, wenn der Bersaffer dessel ben nicht einige Behauptungen ausgestellt, deren Gründlichkeit, oder das Gegentheil, der Eiscnbahn- welt ein allgemeineres Interesse gewähren, als der Grad der Vollkommenheit der Baicr'schen Locomo- liven, welche eigentlich erst dann critisirt werden sollten, wenn sie wirklich vorhanden sind; denn bis- jetzt hat keine der damit beauftragten Werkstätten den Bau vollendet. Im Vorbeigehen darf ich jedoch nicht unerwähnt lassen, daß die allgemeinen Vorschriften für die Con- struction dieser Locomotiven in Folge der leichten Schienen keine schwere Maschinen zulassen; daß ferner die große und vorthcilhafte Ausdehnung, zu welcher das sogenannte Meyer'sche System der Erpansion sich anwenden läßt, zugleich einen ho hen Dampfdruck empfiehlt, demnach auch ein klei nerer Cylindcr-Durchmesser hinreicht, als bei dem Stephenson'schen System, und daß ich aus diesem Grunde mit den Baier'schen Technikern in ihrer Wahl von 12 Zoll Durchmesser übereinstimme. Die Lage der Cylindcr außerhalb des Rauchka stens zur Vermeidung der Krummachse hat sich aber nicht nur auf den vaterländischen Eisenbahnen, son dern auch in England und Frankreich als so zweck mäßig erwiesen, daß der dieSfällige Tadel als ein vorurtheilövoller betrachtet werden muß. Auch muß ich bemerken, daß die Stcphcnson'sche Construction auf den Baier'schen Bahnen am we nigsten paffend wäre, indem die Länge der Röhren den Gebrauch von Messing, wegen der zu großen Ausdehnung im Vergleich mit der Schale des Kes sels, bei dieser Construction verbietet; die Einwir kung der schwefelhaltigen Coaks aber, und des mit Kalk geschwängerten Wassers, womit die Baiern in den Gebirgsgegenden zu kämpfen haben werden, auf die eisernen Röhren beständige und kostspielige Kessel-Reparaturen hcrvorbringen müssen.— Wich tiger aber für die Eisenbahnen ist eS, die Nachkhcile hervorzuhcben, welche sogar unter günstigem Um ständen die neue Stcphcnson'sche Maschine mit sich bringt, und dann die Meyer'sche Erpansion, abge sehen von ihrer Anwendung in Baiern, mit der Gray - Cabry - Stephenson'schen zu vergleichen. Hier bedarf eS wohl keiner Erwähnung, daß die Anwendung der eisernen Siede-Röhren, auch auss Bahnen, welche hinsichtlich ihrer Speisung günsti ger gelegen sind, obwohl in geringerem Maße, denn- noch immer nachtheilig ist; denn eS giebt wohl keine Eisenbahn von Bedeutung, auf der nicht dann und wann der Fall eintritt, daß der Führer auf einer Station den Tender füllen muß, wo das Wasser schlecht ist; und findet dies nur einige Male statt, so kann es diesem Theile des Kessels einen wesent lichen Schaden zufügcn. DaS Princip des sehr lan- gen Kessels an und für sich aber gewährt nicht den I Vorcheil in der Coaks-Ersparniß,dendcrCvnstruc- teur damit bezwecken wollte, (der indeß vielleicht cingetreten wäre, wenn nicht die Verbesserungen in der Construction des Blaserohrs auch auf die Kes- selmaße ihren Einfluß hätten) denn verglichen z. B. mit den Kcssler'schcnMaschinen auf der Baden'schen Eisenbahn, mit den Gray'schen Locomotiven auf der Aork-North-Midland Bahn, bleibt Stephen son im Nachthcil. Dabei erheischt nun diese Bauart, daß alledrei Achsen vor der Feuerbüchse angebracht werden, und somit die letztere ohne Stütze bleibt, folglich die nämlichen, anfangs vielleicht nicht sehr merklichen, aber dennoch unvermeidlichen Verletzun gen deS Gleises und des Oberbaues überhaupt i herbeigeführt werden, die bei den Locomotiven nach dem System des William Norris in Philadelphia und Evuard Bury in Liverpool so stark gerügt wor den sind, und welche A. Borsig in Berlin, durch Verlegung einer Achse nach hinten bei sonstigem Beibchalten deS Amerikanischen Systems weislich ' vermieden. Noch wichtiger aber, als dieseBctrachtung, ist der Vergleich derbeidenErpansions-Systeme. Unstrei tig hat Stephenson seine Vorgänger in der Vorrich tung zur Veränderung des Schiebercourscs weit übertroffen. Sic ist so einfach und zugleich so solid als möglich. Ebenso wahr aber ist es, daß mit ein fachem Schieber die vorihcilhafteste Erpansionö- Wirkung des Dampfes nicht hervorgebracht wer den kann. Die Stellung der Erccntricö bedingt denjenigen Lauf, welchcrmit dcmKolbenhub stimmt; eine nur irgend bedeutende Abweichung von diesem letzteren öffnet und schließt die Canäle zur unrech ten Zeit, eine Verkürzung insbesondere hemmt so wohl die Ein- als Ausströmung des Dampfes. Man hat zwar gegen die Meyer'sche Erpansion eingewendet, daß sie die Anzahl der Maschinentheile vermehrt, indeß reicht die bloße Anschauung hin einen unparthciischen Praktiker zu überzeugen, daß diese nachträglichen Theile des Mechanismus ihrer Einfachheit wegen den Reparaturen weniger aus gesetzt sind, als die ursprünglichen, während die ver bundenen Vortbeile, daß der Cours aller Theile beständig, die Erpansion bei jedesmaliger vollen Oeffnung des Dampfcanals bis über ?/g des Kol benhubes benutzt werden kann, die Ausströmung aber von der Erpansion ganz unabhängig, mir bei keiner andern Vorrichtung bekannt sind. Den Be weis jedoch, daß die Meyer'sche Erpansion ohne Beeinträchtigung der Solidität und Einfachheit der Locomotive angebracht werden kann, liefern die, welche in neuester Zeit aus der Fabrik Sharp Ro berts in Manchester für die Neapolitanischen Eisen bahnen hervorgcgangcn sind, deren Beschreibung und Angabe der damit veranstalteten Vergleiche hinsichtlich deS Coaks-Verbrauches ich mir als Gegenstand cinerkünftigenMitthcilung Vorbehalte. Berlin im März 1841. 8. ii.