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UOiMMM- AMl UNÜ^PkiM Hohenstern-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Bei Klagen, Konkursen, Begleichen usw. wird der Brutto betrag in Rechnung gestellt. Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung, der Lieferanten oder der BesördcrungScinrich- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieserung der Zeitung oder aus Rückzahlung des Bezugspreises. Erscheint jeden Wochentag nachmittags — Fernspr. Nr. II u. 28. Postscheckkonto Leipzig 23464. — Gemcindegirokonto 14. 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Sie MW der dMWMsMen MM« des pMßWsn LaMages gegen dis pesHWe MMmg -oe dm StaatsgerWHef — PrWerte Wgsn -es RenWeMMG-eM« Leipzig, 17. Dez. Bor dem Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich begann am Dienstag die mündliche Ver handlung in der Verfassungsstreitigkeit der Frak tion der Deutschnationalen Volkspartei im Preu ßischen Landtag gegen das Land Preußen wegen Teilnahme der preußischen Beam ten am Volksbegehren. An dem Wi derspruch gegen die Klage hat sich auch der Reichsminister des Innern beteiligt. Zunächst ergreift der Berichterstatter Reichs gerichtsrat Hagsmann das Wort. Der Antrag der Fraktion gehe dahin: Der Staatsgerichtshof möge beschließen: Dis Teilnahme der Beamten am Volksbegehren und Volksentscheid ist grundsätzlich zulässig und die dagegen gerichtete» Kundgebungen des preußi- ßischen Staatsministeriuins sind verfassungs widrig. Vom preußischen Staat wurde hingegen beantragt, die Klage als unzulässig zu verwer fe», oder als unbegründet zurückzuweisen. Es müsse geklart werden, ob die Klägerin überhaupt befugt sei, Verfassungsverletzung geltend zu machen, ob sie dazu aktiv legitimiert sei. Ferner müsse geklärt werden die Frage, ob Beamte überhaupt Disziplinarbruch be gehen könnten dadurch, daß sie sich an einem Volksbegehren beteiligten. Im weiteren sei zu klären: Ist überhaupr die Abgabe der Stimme beim Volksbegehren oder die Stimmabgabe zum Volksentscheid Gegenstand einer disziplinarischen Verfolgung? Der Vertreter der klagenden Partei ändert seinen Klageantrag sodann wie folgt: Eintragung zum Volksbegehren und Stimm abgabe beim Volksentscheid sind ohne Einschrän kungen zulässig. Im übrigen ist die Beteiligung der Beamten an dem Volksbegehren in den Gren zen des DisziMnarrcchts gestattet. Nach einer Erklärung des Vertreters der kla genden Partei geht die Klage und damit auch die Entscheidung lediglich um den im Gang be findlichen Volksentscheid. Der Vorsitzende, Neichsgerichtspräsident Dr. Bumke, versucht dann zu klären, inwieweit eigentlich aufgrund der Kundgebungen und Er lasse der preußischen Negierung Maßregelungen stattgefunden hätten. Ministerialdirektor Dr. Badt erklärt dazu: In Preußen ist in keinem Falle der bloßen Ein zeichnung ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten eingeleitet worden. Dagegen bringt Rechtsanwalt Dr. Ssekmann- Eggcbergt vor, daß ihm eine ganze große Zahl von Verboten und verbietenden Erlassen be kanntgeworden sei. Er habe sie in einer Denk schrift zusammegestellt und diese Denkschrift über reiche er nunmehr dem Staatsgerichtshof. Der Vertreter Preußens, Ministerildirektor Dr. Badt, erwidert darauf, daß er sich auf die Gutachten von vielen Rechtslehrern und insbe sondere auf den Artikel des Ministerialdirektors Falck, der auch Mitglied des Neichsdijziplinar- hofes sei, beziehe, durch den zweifellos dargelegt sei, daß schon das bloße Einzeichnen für dieses Volksbegehren disziplinär verfolgt werden könne. Im übrigen seien alle Aufstellungen über Zwangsmaßnahmen gegen Beamte von der Reichsregierung untersucht worden, soweit sie ihr zur Kenntnis gekommen seien. In keinem Falle habe sich eine zu beanstandende Maßnahme ergeben. Der Vertreter der klagenden Fraktion, Rechts anwalt Seel ma n n-Egge bc rt ging dann dazu über, die Aktivlegitimatio» der Fraktion zur Klage zu begründen. Er führte zu diesem Thema u. a. aus: Immer scheitere die Durch setzung der Beseitigung eines als verfassungs- widrig gekennzeichneten Zustandes an der Mehr heit des Parlaments. Nur eine Minderheit werde dazu gezwungen sein. Eine vernunftge mäße Auslegung des Artikels 19 derNeichsvcrsas- sung müsse dazu führen, daß einer Minderheit das Rüge recht eingeräumt werden müsse. Noch heute bestünden Zweifel darüber, ob das preußische Staatsministerium nicht doch verfas sungswidrig gehandelt Habs, als cs sich in der bekannte» Weise gegen die Teilnahme der Be amten am Volksbegehren gewandt habe. Dem Staatsgerichtshof stehe die Kontrolle der Ver fassungsmäßigkeit der Handlungen der Negie rung zu. Es sei nicht zu verstehen, daß Preu ßen sich sträube, hier die Verhandlung in den Sachen durchführe» zu lassen. Wenn man den Artikel 19 der Reichsoerfassung einigermaßen er träglich auslrgen wolle, so müsse ma» der kla gende» Fraktion die Aktivlegitimation zuge- stehsm Es wäre hoffnungslos, die Berfassnngs- gerichtsbarkeit zu pflegen, wenn Preußen mit seinem Standpunkt, daß die Fraktion nicht für die Klage legitimiert sei, Recht behielte. Dan» sollte nia» lieber den ganze» Artikel 19 aus der Verfassung streichen und es bei dem Zustande las sen, daß Macht vor Recht gehe. Es sei auch eine wichtige Funktion des Staatsgerichts- hosss, daß diejenigen» die sich an der Macht be fänden, immer wieder daran erinnert würden, wenn sie zu weit gingen, daß dann der Rechts anspruch des Staatsgerichtshoses gegen sie in Kraft gesetzt werde» könne, Ministerialdirektor Badt erklärte für das beklagte Land Preußen, er bestreite, daß in Preußen irgendein Beamter diszipliniert worden sei wegen einer Eintragung für das Volksbegeh ren oder wegen Ungehorsam. Im übrigen habe das preußische Staaksministerium kein Verbot erlassen, sondern nur eine Warnung. Nach einer zweistündigen Mittagspause t nahm der Staatsgerichtshof die Verhandlungen wieder auf und wandte sich der ersten sachlichen Frage zu, die Neichsgerichtspräsident Dr. Bumke dahin präzisiert: „Gewährleistet die Reichsverfassung de» Vc- aurtsn für ein jedes Volksbegehren, gleichviel welches sei» Inhalt ist, das Recht, sich cintragen s zu lassen und dafür beim Volkse:?- Id ihre! Stimme abzugebc»?" Seine weiteren Fragen faßte er folgenderma ßen zusammen: 1. Inwieweit steht das spezielle Volksbegeh ren, also das Volksbegehren, bas hier de» kon kreten Tatbestand bildet, einer Teilnahme von Beamten entgegen? 2. Inwieweit ist in de» Kundgebungen und sonstigen Maßnahme» der preußischen Negie rung in Bezug auf dieses Volksbegehren eine Verfassungsverletzung zu erblicken, unter der Voraussetzung, daß die eine oder andere Frage bejaht oder verneint werden würde? 3. Inwieweit hat der Ablauf des ersten Ak tes der ganzen Volksbcgehrensaktion und wieweit der bisherige Verlaus des zweiten Aktes die ganze Sache als noch akut oder als nicht mehr akut erscheinen lassen? ZGWMWWt M MMW S. M. Frankfurt a. M., 17. Dez. Bei Erwerbsloseudemonstratioucn kam es verschiedentlich zu erheblichen Zusammen stößen. Am Rathaus versuchten die Demon stranten, die polizeilichen Absperrketten zu durch brechen und bewarfen die P o l i z e i b e a m t e n mit Steinen und sonstigen Gegenständen. Die Polizei zerstreute die Ansammlungen mit dem Gummiknüppel. Bei der wilden Flucht wurden viele Personen verletzt. In verschiedenen Straßen der Altstadt sowie aus der Zeil bis zur Hauptwache versuchten die Ruhestörer immer wieder, sich zu sammeln und in die Gegend des Rathauses zu gelangen. Die Polizisten mußten von Straße zu Straße eilen, da die Angriffe von den verschiedensten Seiten aus gleichzeitig erfolgten. Bei dieser Säuberungsaktion gab es n u f b e i de n S e i - ten Verletzte. An der Hauptpost geriet eine Polizeistreife so in Bedrängnis, daß sie von der Schußwaffe Gebrauch machen mußte. An der Liebfrauen- strnße wurden fünf große Schaufenster eines Konfektionsgeschäftes e i n g e m o r f e n. Noch in den späten Abendstunde» kam es wiederholt zu Zusammenrottungen, bei deren Zerstreuung die Polizei öfter Schreckschüsse abgaben mußte Gegen 11 Ahr abends kam es zu erneuten Zu sammenstößen, wobei die Polizei wiederuni mit Steinen beworsen wurde. Ani Dvmplatz versuchten die Demonstranten Las Straßcnpslaster aufzurcißen. An einer anderen Stelle wurde ein P o l i z e i st r e i f e n a u t o beschossen. Die Polizei sah sich darauf genötigt, wiederum F e u e r zu geben. Von den Polizeibeamten wurden drei leicht verletzt. Gegen V-12 Ahr abends kam es in der Altstadt zu neuen, kleineren Tumulten, wobei zwei Schau fensterscheiben durch Steinwürfe zertrümmert wurden. Die Polizei leitete hierauf erneut eine Säuberungsaktion ein, und es gelang ihr schließ lich, Ruhe und Ordnung zu schaffen. Im Verlaufe der Demonstrationen wurden insgesamt 27 Personen festgenommen. .V Die Stadtverordnetenversammlung befaßte sich heute abend erneut mit der Weihnachtsbci- hilfe für die Erwerbslosen. Nach Lärmszenen auf der Zuschauertribüne und außerordentlich er regten Debatten, in denen verschiedene Deckungs- und Beihilfeanträge gestellt wurden, wurde die Sitzung schließlich auf anderthalb Stunden unterbrochen, um dem Hauptausfchuß Gelegen heit zu geben, zu Len gesamten Anträgen Stel lung zu nehmen. Nach Wicderzusnmmentritt be schloß die Versammlung, an jeden Erwerbslosen 20 Mark und für die Ehefrau 5 Marl auszu zahlen. Die Eefamthöhe der beschlossene» Aus gaben betrügt 900 000 Mark und soll mit 400 000 Mark aus dem Sozialetat und mit üOOOOO Mark aus dem Voranschlag für den Bau eines H a l l e n s ch w i m mbades gedeckt wer den. Hierauf stellten die Deutsche Volkspartei, die Dcutschnationalen und die Wirtschaftspnrtci einen M i ß t r a u e n s a n 1 r a g gegen den Oberbürgermeister Dr. Landmann. Durch die Obstruktion der Kommunisten, die sich der Stimme enthielten, wurde der Antrag schließlich mit 40 gegen 33 Stimmen abgelehnt. JeirtHer Reichstag Berlin, 17. Dez. Im Reichstag wurde heute die Aussprache über die Reichsrichtlinien sür das Wohnungs wesen zu Ende gesührt. Reichsarbeitsminister Wissrll nahm das Wort, um sich gegen die Ausführungen zu wenden, die im ersten Ab schnitt der Besprechung von Vertretern der Wirt- schastspartei gemacht worden waren. Der Mi nister wies darauf hin, daß das Wohnungs- eleud noch immer außerordentlich groß sei, und daß deswegen von einer Aufhebung der Zwnngsbewirtschaftung keine Rede sein könne. Seit 1925 sei eine erfreulich große Zahl von Wohnungen errichtet worden. Jetzt ober drohe die Kapitalkuappheit den Wohnungsbae zum Erliegen zu bringen. In der weiteren Aussprache traten die Ver treter der Regierungsparteien dafür ein, daß die Rückflüsse aus den H a u sz i n s st e u er bt) potheken nicht für den allgemeinen Fi- nauzbedarf, sondern für den Wohnungsbau ver wendet werden. Ein von den Regierungspar- kien eingebrachter Gefetzentwurf in diesem Sinne, der auch den Ländern und Gemeinden eine anderweitige Verwertung der Rückflüsse vermebrt, w!''^' 'n zw<"?"- ^^atung angenom men Die Nicht,<->>»» sctv,. mit einige» Aeuderungen angenommen. Dafür stimm ten die Neoicrungsparteie!» mit Aus»-"'"-' ber Deutschen tei. Ei» Antrag u.r Deutschen Volksi-a , die Richtlinien dem Haushaltsausschuß zur Prüfung ihrer finanziellen Rückwirkungen zu überweisen, wurde durch die Stimme» der übrige» rungsparteien abgclchnt. Für die Tagesordnung der M-tiwoch Siguiig, di» um 4 Ahr beginnt, war die Beratung der zum Sosort-Programm gehörigeu Initiativ anträge auf Erhöhung der Arbeitslosenvcrsiche- rungsbeiträge und der Tabaksteuer vorgefchla- gen worden. Die Kommunisten widersprachen diesem Vorschlag, und da sie sich auf die Nicht einhaltung der geschäftsordnungsmäßigen Fri sten berufen konnten, mußte ihrem Einspruch stattgegeben werden. So stehen am Mittwoch neben dem Ministerpensionsgesetz und der No velle zum Diätengesctz nur kleinere Vorlage» auf der Tagesordnung. Als Folge des kommnnisti- schen Einspruchs diirfte aber, wie Präsident Löbe mitteilt, eine Sonntagssitzung am 22 De zember notwendig werden.