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stbeod-Kusaabe 110. Zahryaag Rr. 112 1V1« Donnerstag, den 2. März Schrlstililong uud Grlchüfltflcll«: Zohannitgaft» Rr. 8 Fernlprrch-Lxlchluh Nr. 14892, I4K9Z und 14694 Simmüt M« cken Angriff WuM Der deutsche Tagesbericht Da- Molfffche Bureau meldet amtlich: Gröhes Hauptquartier, 2. März. Westlicher Kriegsschauplatz Die Lage hat !m wesentlichen keine Aenderung erfahren. Im Bsergeblek war der Feind mit Artillerie be sonders tätig. Auf dem östlichen Maasofer opferten die Franzosen an der Feste Douaumont abermals ihre Leute einem nutz losen Gegenangriffsoersuch. Oestlicher Kriegsschauplatz Auf dem nördlichen Teil der Front erreichten die Arkillerlekämpfe teilweise gröhere Lebhaftigkeit. Kleinere Unternehmungen unserer Vorposten gegen feindliche SicherungSabtellungen hatten Erfolg. Nordwestlich von Mi tau unterlag im Luftkampf ein russisches Flugzeug und fiel mit seinen Insassen in unsere Hand. Unsere Flieger griffen mit Erfolg die Bahnanlagen von Molodsezno an. Balkan-Kriegsschauplatz Nichts Neues. Oberste Heeresleitung. Der österr.-«ngar. Tagesbericht vid. Wien, 2. März 1916. Amtlich wird mltgeteUk: Nirgends besondere Ereignisse. Der Stellvertreter des Chefs des Generalfiabs " vonHoefer, Feldmarschalleutnant. Die franzSfischen Verluste bei Verdun tu. Amsterdam, 2. März. (Drahtberichk.) Aus Lon don wird gemeldet, dah nach dort eingetroffenen zuverlässigen Privalmeldungen aus Paris die französischen Verluste bei Verdun bis zum 28. Februar auf 63 000 Mann geschätzt werden. tu. Bon der Schweizer Grenze, 2. März. (Drahtbericht.) Die Ein stellung des Eisenbahnverkehrs aus Anordnung der Mili tärbehörde erstreckt sich übrigens, wie von der Schweizer Grenze ge meldet wird, nicht nur auf die Ostbahnen, sondern auch auf die Mittel ländischen Bahnen. Die Pariser Zeitungen sind gestern ausgeblieben. Sturmszenen in der französischen Kammer (r.) Zürich, 2. März. (Eigener Drahtbericht.) Von der fran zösischen Grenze wird gemeldet: In der französischen Kammer ist es unter dem niederdrückenden Einfluß der Mel dungen aus Verdun zu Sturmszenen gekommen. Der An trag auf Einsetzung einer scharfen parlamentarischen Kontrolle wurde von vielen Abgeordneten ausgenommen und als dringlich bezeichnet. Viele Abgeordnete forderten in ihrer Er regung eine Untersuchung gegen die Heeresleitung und namentlich gegen die Befehlshaber im Verduner Sektor. Dem Vernehmen nach wird sich PoincarS in Begleitung der Minister Galli ent und Thomas an die erschütterte Maas front begeben. Französische und englische Militärkritik vtd. Bern, 2. März. (Drahtbericht.) Die Lage an den neuen Angriffsfronten beunruhigt die Militärkritiker >er Pariser Zeitungen, die eindringlich davor warnen, aus der cheinbaren Ruhe voreilige Schlüsse zu ziehen. Die Lage ist be- riedigend, schreibt der .Tcmps", aber sie bleibt nichtsdestoweniger ehr ernst. Unser starker Gegner unternahm nicht mit einem olchen Aufwand eine so bedeutende Aufgabe, um nach einem rleinen Mißerfolge zu verzichten. — Oberleutnant Rousset beant wortet im .Petit Parisien" die Frage, ob die Stoßkraft damit ihre Grenze gefunden hat: Man kann nicht wissen, aber ich gebe mich bezüglich der Härte der Aufgabe, die noch zu erfüllen ist, keinen Illusionen hin. — Pichon ruft im .Petit Journal' den Völkern zu, man solle Vertrauen haben, nur so könne den Feinden begegnet werden, die neue, ernste Angriffe vorbereiteten, ja ihre An strengungen vervielfachen würden. vrb. Paris, 1. März. (Drahtbericht.) Die neuen An griffe im Woevre veranlassen den Senator Humbert im .Journal' zu dem Ausruf: Es war also wieder einmal zu früh, die Schlappe unserer Feinde zu verkünden und von einem Miß erfolg zu sprechen. Sodann sagt Humbert, es wäre einWahn- finn, daß dieDeutschen bereits fertig seien. Unter dem besonderen Hinweis auf die artilleristische Ausrüstung Deutschlands, an der 1 200 000 Mann arbeiteten, nimmt Humbert feinen alten Nuf nach Kanonen und Munition wieder auf. , wtb. London, 1. März. (Drahtberichk.) Lovat Fraser schreibt in der .Daily Mail': Die Franzosen sind vielleicht in einer Hin sicht überrascht worden, nämlich durch die außerordentliche Schnelligkeit, Gewalt und Hartnäckigkeit des deutschen Angriffs. Die letzten Bulletins deuteten an, dah die Heftigkeit des deutschen Angriffs alle Erwartungen übertreffe. Diese Methode entspreche der deutschen Theorie im Kriege, ist aber niemals vorher mit einer solchen rücksichtslosen Entschlossenheit an gewandt worden. Was die Flüchtlinge erzählen (r.) Christian!«, 2. März. (Drahtbericht.) Aus Paris wird gemeldet: AuS Berdun in Paris angekommene Flüchtlinge er zählen, in welche Hölle Berdun unter den deutschen Sturmwogen aus Eisen und Feuer verwandelt worden ist. Berdun, das in normalen Zeiten 23 000 Einwohner hatte, wies einen Monat nach Beginn des Krieges nur noch eine Einwohnerzahl von 3500 auf. Der Angriff des letzten Monats wurde vorausgesehen. Bor acht Tagen warnte der Stadtkommandant die Einwohnerschaft, daß in nordöstlicher Richtung vor der Stadt ein gewaltiger Angriff zu erwarten sei und die Stadt selbst einem heftigen Bombardement ausgesetzt werden würde. Alle Zivil- und Militärhospitäler wurden geräumt, die Schulen ge schloffen. Alte Männer, Frauen und Kinder waren bereits im vorigen Monat fortgeschafft worden. Der Rest der Einwohnerschaft sammelte sich in den Kellern und unterirdischen Gängen, die nur auf höchstens fünf Minuten zur Beschaffung von Lebensmitteln verlassen wurden. Während der Beschießung stürzte ein Haus nach dem anderen wie Kartenhäuser ein. Am Mittwoch der letzten Woche waren von Zivil personen noch der Bürgermeister, der Unterpräfekt und einige todes verachtende Einwohner anwesend. Minister Molvy veranlaßte bereits die erforderlichen Maßnahmen zur Unterbringung der Bevölke rung Berduns in Paris. (B. Z. a. M.) (r.) Genf, 2. März. (Eig. Drahtbericht.) Das Pariser .Journal' läßt sich von einigen Flüchtlingen aus Berdun Dinge erzählen, die be weisen, wie furchtbar die Bewohner von dem deutschen Angriff überrascht wurden. Ein Augenzeuge schildert die dortigen letzten Ereignisse folgendermaßen: .Das gab für die Bürgerschaft von Berdun eine ge waltige Ueberraschung. Der Sonntag war noch ruhig verlaufen. Aber am Montag sahen wir, wie der glühende Eisenhagel alle drei Minuten methodisch auf die Stadt herniederfiel, und wir merkten, daß der Angriff ernsthaft war. Diejenigen, die Frauen und Kinder hatten, waren mit diesem lebenden Schah schon in das Dunkel ihrer Keller geflüchtet. Als aber auch dieser Unterschlupf ungenügend und un sicher wurde, mußte man sich Deckung unter dem dicken Gemäuer der Zitadelle suchen. Aber besonders die alten Leute wollten in ihrer Verzweiflung von dem Orte nicht weichen, wo sie geboren waren und wo sie schmerzliche und fröhliche Stunden verlebt halten. Sie waren von einer unerschütterlichen Hoffnung erfüllt und meinten: .Lieber wollen wir hier sterben.' Und sie blieben taub gegenüber allen amtlichen Aufforderungen und gegenüber den Bitten ihrer Freunde. Schließlich war der Aufenthalt auch in den Gewölben der Zitadelle un- möglich geworden. Wie soll ich Ihnen den traurigen Auszug bei demScheinder Brände beschreiben? Wenn einmal die Ar tillerie schwieg, so hörte man das dumpfe Krachen zusammen- brechender Mauern, das den Flüchtlingen wie ein düsteres Lebe wohl folgte, das ihnen die so sehr geliebten Dinge zuriefen. Bon Mon tag auf Dienstag dauerte der Heidenlärm auch die ganze Nacht hindurch. Die Frauen und Kinder hielten einander fest umschlungen und weinten zum Gotterbarmen. Auch den Angehörigen der besten Gesellschaft ging es nicht um ein Haar besser. Es gab keinen Unterschied in dem Range und in dem Alter mehr. Sehr wohlhabende Frauen trugen das be scheidene Gepäck einer armen Bürgerin, deren Arme schon durch die Last ihrer Kinder beschwert war. Es war uns in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag in der dritten Morgenstunde gelungen, in kleinen Trupps aus Berdun zu fliehen. Wir muhten zehn Kilometer lausen, bis wir den Zug erreichten. Niemals werde ich den schauer lichen Borgang vergessen, der sich meinen Augen geboten hat.' Der Beginn des neuen Unterseebootskriegs . (r.) Amsterdam, 2. März. (Drahtberichk.) Die rege Tätigkeit der deutschen und österreichisch-ungarischen Unterseeboote hat nach dem .Allgemeen Handelsblad' zur Folge gehabt, daß die Angehörigen neutraler Staaten die englischen usid französischen Schiffe nicht mehr zur Ucberfahrt benutzen. In hollän dischen Konsulaksberichten aus Aegypten wird festgestellt, dah keiner der in Alexandrien eingetrosfenen Dampfer der kriegführen den Mächte neutrale Passagiere an Bord hatte. (B. Z. a. Mitt.) (r.) Washington» 2. März. (Drahtbericht.) Präsident Wil son hat in einem Brief an den Vorsitzenden des Ausschusses zur Feststellung der Arbeiten des Kongresses gebeten, der Kongreß möge sofort über den Vorschlag abstimmen, daß die Ameri kaner gewarnt werden sollen, bewaffnete Schiffe Krieg führender zu benutzen. (.Köln. Volksztg.') tu. London, 2. März. (Drahtberichk.) Reuter meldet: Anläßlich der wiederholten Behauptungen von deutscher Seite, daß Kapitäne der englischen Kauffahrteischiffe Instruktion erhalten hätten, feindliche Kriegsschiffe anzugreifen, wurde Reuter ermächtigt, die Er klärung abzugeben: Die englische Auffassung ist stets die gewesen, daß zur Verteidigung bewaffnete Handelsschiffe nicht auf feindliche Unterseeboote oder andere Kriegsschiffe schießen dürfen, es sei denn zur Verteidigung. Die Deutschen haben einen Abschnitt des Dokuments, das sie an Bord eines in den Grund gebohrten Transportdampfers gesunden haben, verdreht, so daß nun die Folgerung gezogen werden kann, als ob englische Handelsschiffe beauftragt seien, anzugreifen. Dies ist aber nicht der Fall. Der be- treffende Abschnitt stellt die Marimalentfernung fest, innerhalb deren Handelsschiffen geraten wird, nicht zu schießen. Dieser Abschnitt muh im Zusammenhang mit einem anderen geleesn werden, aus dem klar zu tage tritt, daß Kauffahrteischiffe nicht angreifen dürfen, es sei denn, daß ein Unterseeboot feindliche Absichten erkennen läßt. Frankreich p. k. In diesen schicksalsschweren Tagen, wo, wenn nicht alle Anzeichen trügen, auf französischem Boden — sei es an der Maas oder sonstwo — eine weltgeschichtliche Entscheidung heranreist, haben wir aufs neue erfahren, daß wir es in den Franzosen mit einem außerordentlich tapferen, vortrefflich ausgerüsteten und gut geführten Gegner zu tun haben. Wir betonen das immer wieder; denn abgesehen davon, daß es unserer Meinung nach jenem deutschen Wesen, auf das wir alle stolz sind, besser entspricht, auch dem Feinde g.recht zu werden als nach der Art homerischer Helden den Gegner, den man treffen will, zu verkleinern und zu verhöhnen, glauben wir auch unserem eigenen Heer, den Führern wie den Soldaten, keine größere Anerkennung aussprechcn zu können, als die des Sieges über einen würdigen Gegner. Und der Sieg war unser. Denn wenn auch zunächst noch nickt die überkühncn Erwartungen der Optimisten unter uns aus Erfolge im Tempo unserer Russcnsiege erfüllt wurden, so waren doch die Ergebnisse, die bis jetzt nördlich von Verdun und in der Woevre-Ebcne erzielt wurden, sowohl an dem Raum und der Wichtigkeit des eroberten Geländes als auch an der Zahl des er beuteten Materials gemessen wesentlich größer als die der be rühmten Herbstoffensive Iosfres, von der Frankreich die Erfüllung seiner heißen Wünsche erwartete. Vor allem aber hat sich auch in diesen Kümpfen unser Heer seinem tapferen Gegner zweifellos überlegen gezeigt. Und diese Ueberlegcnheit ist es, die uns mit froher Sicherheit für die Tage der Entscheidung crsüllt. Denn diese Entscheidung zwischen Deutschland und Frankreich muh fallen, wenn die unselige Spannung, die jahrelang über Europa gelastet hat und die einzelnen Staaten zu immer größeren militärischen Rüstungen zwang, durch den Ausgang dieses Krieges beseitigt wcroen soll. Wir erinnern daran, daß Frankreich dauernd einen erheblich größeren Prozentsatz seiner Bevölkerung unter den Waffen hielt als wir, daß Frankreich trotz seiner schwindenden Volkskraft es jahrelang durchgesctzt hat, über eine der Ziffer nach unserer Armee gleichgroße Zahl ausgebildeter Soldaten zu ver fügen. Der Grund für diese schwere Last, die sich Frankreich selbst aufbürdete, und der die Führer der Ration dazu veranlaßte, nicht nur die dreijährige Dienstpflicht durchzusühren, sondern auch sur die Söhne der gebildeten Stünde aus das Einjührigenprivileg zu verzichten, lag bekanntlich in jenem seltsamen Komplex von Ge fühlen, den man bei uns meist mit dem Schlagwort der .Revanche- Idee' bezeichnet. Frankreich war von einem ganz anders gearteten Patriotismus durchglüht als Deutschland: von einem Patritotismus, der seinem Wesen nach aggressiv war und ausgebaut mar aus einer ungeheuren Ileberschätzung der eigenen Kraft und . der Aufgabe Frankreichs unter den Völkern. Nichts scheint uns für das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland bezeichnender zu sein, als daß in Frankreich der Ruf nach .unserem Rhein' eine nationale und bei jeder Gelegenheit wiederholte Phrase war, während cü in Deutsch land keinem Menschen cinfiel, diesem Schlagwort etwa das von ^unserer Maas' entgegenzustellen, obwohl das mit größerem Rechte hätte geschehen können- Denn die Völker des Rheins sind nie französisch gewesen, während an der Maas alte deutsche Bischosstädtc liegen, denen die deutsche Kultur ihren Stempel auf gedrückt hat. Dies Beispiel scheint uns das Wesen der Verschieden heit in der deutschen und der französischen Politik zu treffen: Wir wollten wahren, was wir besaßen, während Frank reich wie gebannt über die Grenze starrte, lind die Regierenden in Paris taten alles, um diese chauvinistische Stimmung in der Be völkerung zu erhalten und zu verstärken. Mit der Idee der .Glolre de la France' wurde ein unerhörter Kult getrieben und bei der Bekränzung der Statue von Straßburg ging es ebenso wenig wie bei der Feier des Nationalsestcs in irgendeinem Dorfe des weiten französischen Landes ohne eine neue Auspeitschung des nationalistischen Ehrgeizes ab. Wohl gab cs Zeiten, wo die Regie rung diese Volksstimmung, die früher oder später zum Kriege führen mußte, ein wenig eindämmte, aber die letzten Jahre, in denen gerade in der jungen Generation Frankreichs ein fühlbarer Umschwung zugunsten militaristischer Ideen eingctreten war, ver kehrte die kleine Besserung in den Beziehungen zu Deutschland um die Jahrhundertwende langsam wieder in das Gegenteil. Es widersprach dem französischen Stolz, sich mit der Entscheidung von 1870/71 zufriedcnzngcbcn. Bismarck hatte bekanntlich ver sucht, den gekrankten französischen Ehrgeiz durch koloniale Er werbungen zu befriedigen. Umsonst: Frankreich, das nach dem Abtrelen Spaniens von der Wcltbühne zwei Jahrhunderte lang den Platz der ersten Kontinentalmacht Europas ruhmvoll behauptet hatte, konnte den Gedanken nicht ertragen, diese Vormachtstellung an Deutschland verlieren zu müssen. Deshalb wollte man in Paris, sowie man durch Bündnisse stark genug zu sein glaubte, den Kampf. Wie auch immer die Ereignisse in den letzten Tagen des Juli 1914, über die erst spätere Zeiten ein klares Bild geben werden, sich abgespielt haben mögen, das eine steht fest: Don Poris aus ging die stete Bedrohung des europäischen Friedens, die schließlich diesen Weltkrieg entfacht hak. Deshalb, so scheint uns, ist Frankreich gegenüber keinerlei Sentimentalität am Platze. Wir vergessen nicht, rdieviel «4r Frankreich im wechselseitigen Austausch der geistigen Güter ver danken, und sind weit davon entfernt, dos französische Volk, die französische Art, die französische Kultur aus Europa Hinwegzu wünschen, aber weil wir den inneren Frieden Europas vom Aus-