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Zweite Ausgabe. Vie Z'itxn, cr- schfint täglich j«ei mal und wir» «Igegiten in L«tP>tg Vormitta«« »1 Uh^-»«»»« « Ntzr; t» Ab«»« s Uhr, Bormittag« 8 Uhr. «prrt« för da« BIrrtrljahr r Thlr.; jede etnzUne R«m- mrr I Rgr Die Dresdener Conferenzen. Dresden, 10. Febr. Die „verbürgte" Nachricht deö berliner Cor- respondenz-Bureau von einer Note Frankreichs gegen den Eintritt vow Gesammtösterreich in den Deutschen Bund ist durchaus unbegründet; ebenso ist eS reine Eonjectur, wenn in bairischen Blättern auS Anlaß der Her sendung des HofratHS DönnigeS eine Umwandlung der bairischen Politik prophezeit wird; man sendet eben diejenigen Männer hierher, welche man für Vertretung des specifisch-bairischen Interesse für geeignet hält, mögen sie nun, wie Hr. v. Aretin, der ultramontanen Richtung geneigt oder, wie Hr. DönnigeS, ihr abgeneigt sein. — An die Schweiz wird von Seiten des MinistercongreffrS sehr lebhaft gedacht, und wie ich vernehme, steht der Entschluß fest, die Entfernung der deutschen Flücht linge kategorisch zu verlangen, zu welchem Zwecke Frankreich bereits seine Mitwirkung zugesagt. — Die Reise des Herzogs von Braun schweig hatte keinen andern Grund, als auS dem die deutschen Für sten sich überhaupt jetzt gegenseitig besuchen, um einander erkennen zu geben, daß die Verwickelung der deutschen Frage in den letzten zwei Jahren ihre freundschaftlichen Beziehungen nicht geschwächt. Aus die sem Grunde ist vorgestern auch Prinz Albert von hier nach Berlin ge gangen.— Daß bei der künftigen Bundesbehörde der Vorsitzende im mer auf ein Jahr gewählt werden solle, wie einige Blätter berichten, ist durchaus unbegründet. — Wir können, sagt das berliner Correspondenz-Bureau vom 9. Febr., mit- theilen, daß die preußische Regierung in Dresden erklärt hat, auf die von Oesterreich proponirte Zolleinig nng nicht einzugehe». ES wer den dadurch die Besorgnisse, die sich in dieser Beziehung vielfach kund gegeben, vollständig beseitigt. Die Verkehrsverhältnisse der deutschen Zollgruppen untereinander werden in etwanigen speciellen Bestimmungen spätem Verhandlungen Vorbehalten. Ob diese Verhandlungen in Dres den werden geführt werden, kann izoch bezweifelt werden. — Man ist seitens der deutschen Regierungen darüber übereingekoinmen, daß die Ge sandten und Consuln vereinen oder andern Regierung jedem Deutschen an einem außerdeutschen Orte den Schutz zu gewähren haben, den er bisher nur von dem speciellen ^Bevollmächtigten seines engem Vater landes beanspruchen durfte. Deutschka«-. ^Berlin, 9. Febr. Wer unsern innern Zuständen nicht mit unge- theilter Aufmerksamkeit gefolgt ist und nur in neuerer Zeit vielleicht wie der einmal einen Blick darauf wirft, der wird nicht anders als mit Er staunen von dem Verlangen nach „Verfassungsreform" reden hö ren können. Der Fall, daß eine Verfassung erst seit einem Jahre be steht und schon wieder einer Reform unterworfen werden soll, ist selten vorgekommen. In der neuern Geschichte bietet sich nur ein Beispiel ähn licher Art dar, nämlich in Frankreich. Auch dort war die Verfassung kaum inS lieben getreten, als sich Stimmen erhoben, die da erklärten, eS ließe sich damit nicht regieren, eine starke Regierung könne dabei nicht bestehen, und was dergleichen mehr ist. Seitdem sind über zwei Jahre verflossen, und eS hat sich gezeigt, daß sich sehr wohl mit jener allerdings fehlerhaften Verfassung regieren ließ und daß nur Diejenigen damit unzufrieden waren, welche sich in den neuen Zustand der Dinge nicht hineinfinden wollten. Aehnlich scheint es bei uns in Preußen ge hen zu wollen. Auch hier ist eine mächtige Partei, welche die Verfas sung für unbrauchbar erklärt, weil sie sich derselben nicht unterwerfen will. Der Unterschied gegen Frankreich ist nur der, daß in die franzö sische Verfassung allerdings die Keime der Zwietracht zwischen den bei den großen Staatsgewalten niedergelegt sind, während die preußische Verfassung dix Befugnisse der Kammern und der Krone so scharf ab grenzt, daß Conflicte fast unmöglich sind, daß die eine Gewalt die an dere ergänzt und dadurch einen gesunden StaatSorganismuö herstellt. Allein wie gesagt, die Partei, welche den Namen „conservative" führt, hat durch die Verfassung an ihren alten Privilegien Schaden erlitten oder fürchtet in Zukunft noch Schaden zu erleiden. Und deshalb will sie sich der Verfassung ganz oder theilweise entledigen, schnell entledigen, damit dieselbe im Volke nicht Wurzel fassen könne. Die Partei der Kreuzzeitung handelt hiermit ganz in ihrem Interesse. Diejenigen aber, welche durch di« Verfassung keine Privilegien verloren haben, eben weil sie niemals welche besaßen,' welche vielmehr durch die Verfassung Rechte gewonnen haben, also die Mehrheit des preußischen Volks, die MM 8 Hr. io. Februar 1851. K - Hu bezieht» durch alle Post ämter de« In- und Autlande» M - sowie durch die «rpedittonen «ne Mm. -E Ans,rt1o»«g«»t, fik de» «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» «<mm einer s«»« > Ngr. werden mit Entschiedenheit einer so übereilten Vecfaffungsreviston sich wi dersetzen müssen. Niemand leugnet, daß die Verfassung vom 31. Jan. große Mängel habe und verbefferungsfähig sei. Die Verfassung ent spricht beiweitem nicht den Anfoderungen der demokratisch-konstitutionellen Partei von 1848, sie genügt nicht einmal den entschieden-konstitutionell gesinnten Gothanern. Allein wir haben noch nicht lange genug unter dieser Verfassung gelebt, als daß wir ein begründetes Urtheil über ihre Mängel und Vorzüge fällen könnten. Sehr wichtige Bestimmungen derselben sind noch nicht einmal mittels organischer Gesetze auSgeführt. Die I. Kammer ist noch die alte provisorische, die Gemeinde-, Kreis - und Provinzialverfassung steht noch auf dem Papiere, die Freiheit deS Unterrichts ist noch durch kein Gesetz geregelt, anderer wesentlicher Be standtheile des konstitutionellen Staatslebens nicht zu gedenken. Welch ein strafbarer Leichtsinn gehört da nicht dazu, jetzt schon von der- Revision der Verfassung zu sprechen. Die ministeriellen Organe sind es vornehmlich, welche mit einer Feierlichkeit, die ihres Gleichen sucht, dieses Thema besprechen. Sie sprechen fortwährend von dem französi schen ConstitutionalismuS, von dessen verderblichen Folgen und machen dabei Nutzanwendungen in Beziehung auf die preußische Verfassung. Jene Phrasen nehmen sich in solchem Munde überaus possierlich auS; denn gerade in ministeriellen Regionen wird alles Mögliche gethan, in die Fußstapfen deö „französischen ConstitutionalismuS" zu treten. ES wird übrigens mit letzterm Ausdruck der offenbarste MiSbrauch getrieben. Der französische ConstitutionalismuS war so schlecht nicht, er war in seinem Urprincip nicht sehr von dem englischen verschieden, der sich doch genügend bewährt hat. WaS ihn verderblich machte, war die Art und Weise, wie er von den Regierenden in Frankreich gehandhabt wurde. Die Sucht, den Geist der Charte zu verfälschen, die Bestrebungen, künstliche Kammermajoritäten hervvrzubringen, Das war es, was diesen Consti- tutionalismus zu einem unfruchtbaren, verderblichen machte. Aehnliche Wege werden bei uns eingeschlagen, allerdings mit dem Unterschiede, daß man es nicht erst für nöthig findet, die Sünden wider den Geist durch strenges Festhalten an dem Buchstaben der Verfassung zu verdecken. Man schüchtert die Kammern ein durch versteckte oder offene Drohun gen, man vertagt sie, man löst sie auf, damit sie keinen andern Willen haben als den der Regierung. Und dann kommt irgend ein Scribent hinterher und beweist die Lebenöunfähigkeit der Verfassung, da ja die Kammern zu gar nichts nützten. Wahrlich, ein solches Schauspiel ist in der Geschichte keines andern Landes gesehen worden. Die letzten Tage haben uns wieder einige Beispiele mehr davon geliefert, wie wenig eS Denen, welche die Verfassung beschworen haben, Ernst ist, die Verfas sung auöführen zu helfen. In der l. Kammer wird die neue Gerichts organisation discutirt; die Ausnahme- und Patrimonialgerichte sollen aufgehoben werden. Hr. v. Manteuffel, der Bruder deö Ministers, Mit glied der höher» Verwaltung, empfiehlt der Kammer die Wiedereinsetzung der Patrimonialgerichte, trotz deö entgegenstehenden Paragraphen der Verfassung. Die Commission der I. Kammer beantragt die fernere Bei behaltung des besonder» Gerichtsstandes für die Prinzen, obwol die Ver fassung sagt: „Ausnahmegerichte sind unstatthaft." Hr». v. Manteuffel'S Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen, vielleicht nur auö dem Grunde, weil die Patrimonialgerichte seit zwei Jahren aufgehoben sind und ihre Wiederherstellung mit so mancherlei Schwierigkeiten verbunden sein würde. Der AuSnahmegerichtöstand für die Prinzen ist hingegen votirt worden und damit ein neues Loch in der Verfassung gemacht. Anderes Beispiel: 8-15 der Verfassung garantirt der evangelischen Kirche die Selbständigkeit. Das Ministerium deutet diesen Paragraphen dahin, daß die Kammern sich in die kirchlichen Angelegenheiten nicht zu mischen ha ben. Man ortroyirt der evangelischen Kirche in dem Oberkirchenrathe einen Vormund, und als die Gemeinden sich, aus den 8.15 gestützt, beschwerend an die Kammern wenden, erklärt der CultuSminister, die Kammern hätten nichts darin zu sehen, „der 8.15 brauchte gar nicht auSgeführt zu werden." Anderes Beispiel: Wir sind jetzt im zweiten Monat, seit die alte Budgetperiode abgelaufen ist; das Ministerium er hebt die Steuern fort, verwendet die unverwilligteü Gelder und erwähnt auch nicht eine Silbe davon. Wir könnten auf diese Weise ein Buch füllen, ehe wir daS Register dieser Proceduren erschöpfen würden. Die angeführten Beispiele genügen, um die Art und Weise zu schildern, wie die Wächter unserer Verfassung die letztere handhaben. Und dabei war nen denn die ministeriellen Organe vor dem französischen Constitutio- naliömuö!