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Rr. M. Sonntag s. März 184S UM Dentschc Allgemeine ZeiUmg. -HM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Web erb lick. Deutschland. -Aus Sachsen- Die augsburger Allgemeine Zeitung und die Bewegungen in der katholischen Kirche Deutschland«. — Hr. v. Die- penbrock. — Der Fürst zu Sigmaringen, ch Hamburg. Die Emancipa- tion der Juden s Vertin. Die Seehandlung. -Aus Schlesien. Die Dis' membrätionen und die Gewerbeordnung- * Von der Gdcr. Das Durch suchung-recht. — Pfarrer Licht. Spanien. Die Zurückgabe der geistlichen Güter. San Sebastian. Vit toria. Aragonien. «SrvHbrttannie«. Unterhaus. Dit Agrarische Commission. Parlaments wahl. Frankreich. Das Journal des Debats über die schweizer Angelegenheit. Der Erzbischof von Lyon. Abd-el-Kader. -Aus dem östlichen Frank reich. Die Jesuiten. Ronge. Cardinal Bonald- Schweiz. Der englische Gesandte. Freiburg. Waadt. Wallis. Die Lag satzung. Von der Donau. Die schweizer Wirren. Schweben und Norwegen. chEhristiania. Die Anwesenheit des Kö nigs. Das Storthing. LÜrkei. -Konstantinopel- Die englischen Federungen. Askar-Pascha. Wedschi-Pascha. Der Sultan. Ostindien. Unruhen in Kalkutta und Lahore. Itzkorbamerika. -Koston. Die Tejasfragc. Ulersanalnachrichten. Wissenschaft nnb Kunst. - Leimig. Concert. * Wien- Das Kindcr- baüet. Handel und Änbuskrie. * Hamburg. Hypothekenbank. * Leipzig. Bör senbericht. -Leipzig. Die Schneestürme. -Dresden. Die Prag-Dres dener Bahn. -Hon der Elbe. Die Altona-Kieler Eisenbahn. Steueste Nachrichten. Hknkünbignngen. Deutschland *AuS Sachsen, 27. Febr. Die augsburger Allgemeine Zeitung bricht endlich ihr langes Schweigen über die Bewegungen im Innern der katholischen Kirch.c Deutschlands und läßt sich „von der Oder" ei- nen langen und allerdings für seinen Standpunkt wyhlgefaßtcn Artikel schreiben, dessen Verfasser aber, seltsam genug, im Eingänge von denNe dactionsgrundsätzen der augsburger Herren in einer Weise spricht, als redete er auS deren eigner Seele. Der Artikel ist merkwürdig und wird gewiß manche Replik Hervorrufen. Nach jenem Eingänge, der die wohlbekannte weise Taktik und vortreffliche Haltung der Augsburgerin in gewohnter Weise selbstgefällig bcräuchert und ihr ein Verdienst daraus macht, daß sie in dieser Sache gehandelt, wie sic wol mußte, auch wenn sie nicht gewollt hätte, wird zuvörderst der große Enthusiasmus, den jene Bewe gungen in Norddeutschland erregt haben, in einer Weise bespöttelt, die man einem augsburger Verfasser weit eher zu gute hallen könnte als einem Schriftsteller an den Gestaden der Oder. Denn der lichtere sollte doch gemerkt haben, daß diese Bewegung, sic mag nun gerechtfertigt sein oder nicht, eine so tiefe und weit verbreitete, so ernste und feurige, so wenig auf bloße Worte und Phrasen beschränkte, sondern in Opfern und Tha- ten sich bekundende ist, wie schwerlich seit den Befreiungskriegen eine das deutsche Volk ergriffen. Auch Solche, die weder alle Erwartungen von den Erfolgen der Bewegungen thcilcn noch aller Züge ihres Charakters sich freuen, werden doch von der Sache selbst ergriffen, empfinden doch all gemeine Sympathien mit ihr und freuen sich jedenfalls des neuen Bewei ses, daß nichts das deutsche Volk so mächtig ergreift wie das religiöse Moment, und daß cs dabci Helle Augen häk und ein warmes Herz. Jener Artikel schlägt sich darauf mit den Persönlichkeiten herum, seht EzerSki herunter in der willkürlichen Annahme, daß ihn zu seinem Schritte blos das Verlangen, zu hcirathen, getrieben habe, stellt Ronge, den „Ken ner der HcgelsclM Philosophie", den „Mitarbeiter der Sächsischen Va- terlaüdSblättcr", den „Freund der vielen Emancipationsgedanken, welche die Jugend nnscrs Zeitalters bewegen", ganz wesentlich höher — wo wir denn nach Ronge's neuern Schriften und Schritten und dem ganzen Cha rakter der brcSlaucr Bewegung im Gegensätze zur schncidemühlcr grade umgekehrt Nacheilen möchten —, entwirft aber dann doch für die ganze Sache «in nach seiner Meinung ungünstiges Prognostikon. Er nimmt an den „Laiencomilien" einen Anstoß, von dem auch mir nicht frei sind, und bc hauptct nättikntlich mit Gründen, die wir nicht zu widerlegen vermögen, daß diese ganze Bewegung auf dem Boden des Protestantismus stehe. Diesen selbst bcurthcilt er aber bei all seiner „der Rcdaction wohlbekann ten confcssioncllcn Unbefangenheit" falsch, wenn er ihm nur eben „Dehn barkeit der Principicn, Müde und geringere Ausschließlichkeit seiner Ver- cinigungs- und Derfassungsformen, weitesten Spielraum der individuellen Spekulation, größte Freiheit dcrAcußerung und Entwickelung" zuschrcibt, dagegen dem KatholiciSmus „tiefsinnige Mystik", ein vorzugsweises „Tref fen der gemüthlichen Seite des Menschen", neben seinem „Principe der Autorität und der Conscquenz seiner Verfassung", vindicirt. Aber nicht die qcmüthliche Seite, sondern die Phantasie trifft der KatholiciSmus, nicht daS Herz, sondern die Sinne erwärmt er, nicht auf das Innerliche geht er, jondcrn auf Acußercs, und wenn wir auch die mittelbare Wirkung des Letzter» in gewisser Beziehung und in einzelnen Fällen nicht abläuanen, auch nicht in Abrede stellen wollen, daß sich vielen Dogmen und Gebräu chen der römischen Kirche ein tieferer Sinn unterlegen läßt, so liegt doch eben in der naben Verwandtschaft mit Sinnlichem und in dem Vorwal- tcn deß Außenwerks die größte Gefahr für die Massen, und in dem ela stischen, vieldeutigen Ganzen in den Händen der Hierarchie, worin allein wieder die gerühmte Autorität und Conscquenz des Systems beruht, die größte Gefahr für die Menschheit. Glaubt der „unbefangene" Verfasser etwa, der Protestantismus sei ein rationalistisches Werk, weil er auch den Rationalismus in seinem Schoos ertragen kann und weil neuere Rationa listen ihn für ihre Sache ausbcutcn wollten, bis sie jetzt endlich anfangen, zu merken, daß auch Luther kein Mann für sie sei? Nein, die evangelische Kirche ist auf den Glauben und auf das Bcdürfniß größerer Innerlichkeit des religiösen Lebens gegründet, und das allein hat ihr Kräfte und Segen gegeben. Die Freiheit, die Forschung war die ehrliche Waffe des Pro testantismus, nicht sein Zweck. Endlich die „Mystik". Gibt es die wirklich im KatholiciSmus? Hat nicht Rom, vor Allem das jesuitische Nom, sie immer verfolgt? Kennt der Verfasser die Geschichte von Port Royal nicht? Wir geben ihm zu, daß jene jungen Gemeinden auf dem Boden des Protestantismus stehen, und wünschen, daß sie recht ernstlich und aus dauernd sich auf den wahren Boden desselben stellen. Wir sind selbst außer Stande, die Sache anders anzusehcn. - Deshalb verlieren sie so we nig das Recht, sich katholische zu nennen, so wenig die protestantischen Confessionen dieses Recht verloren haben, so wenig die griechische Kirche es jemals aufgegeben hat. Was aber soll das jenen Gemeinden schaden? Wie nun, wenn diese Bewegung eine Ergänzung der Arbeit des 16. Jahr hunderts wäre, im Geiste des !l>. Jahrhunderts sich entwickelnd; abermals Elemente ausnehmend, die für die protestantische Richtung empfänglich worden? Und wenn diese Bewegung keine andere Folge hat, als daß jetzt mit Einem Schlage der römischen Kirche alle die Gemeinden entführt wer den, die sic sich in hundert Jahren durch ihre proselytenmacherischen Wüh lereien mühselig zusammcngelcfcn, wahrlich, schon DaS wäre der Freude werth, und man müßte ihr sagen, daß ihr recht geschehe. Am Schluffe wird endlich noch die Stellung des Staats zu den neuen Gemeinden besprochen und dabei anerkannt, daß denselben kein Marty rium bereitet werden könne, daß aber, da in Preußen nur die unirte und die katholische Kirche rccipirt seien, eine Vermehrung dieser Zahl der Con- fcssionen aber „in mehr als einer Beziehung den ernstesten Bedenken un terliegen dürste" — wobei später auf die Stellung der katholischen Kirche hingedeutet wird — keine Anerkennung, sondern eine Tolerirung derselben eintrcten dürste. Hätten sie es doch stets in der Hand, durch Uebertritt zu dem Protestantismus zu voller Anerkennung zu gelangen. Ob dieser Ecrrespondcnt der augsburger Allgemeinen Zeitung die Intentionen der prcußifchen Regierung besser errathen hat als seine meisten College», muß sich bald zeigen. Von den Freunden der neuen Gemeinden ist immer nur verlangt worden, daß der Staat gegen sic handele wie gegen die Alt- luthcraner. Ob sie selbst ein Mehret erstreben, wissen wir nicht. Im Ncbrigcn hat diese ganze Sache auch noch einen zweifachen Nutzen. Einmal hat sie die Gegenseite auf einmal außerordentlich freundlich für den Protestantismus gestimmt. Weil die Herren fürchten, daß sie mit einem schlimmcrn Feinde zu thun bekommen, der sic im eignen Lager an- grcist, finden sic jeht^ den Protestantismus ganz respektabel und berech tigt und halten selbst Luther» feurige Lobreden. So Sporschil, so auch dieser Mann von der Oder. Außerdem läßt sich aber auch hoffen, daß die Ultramontane» doch thcilweise merken, wie die Maßregeln, die sie in den letzten Jahren ergriffen, ihnen mehr Schaden als Nutzen gebracht haben, und sich von der Offensive auf die Defensive ziehen, auch wol manche dem Frieden sehr förderliche innere Reinigung und Reform vor nehmen werden. Letzteres wenigstens, wenn sie klug sind. — Der augsburger Allgemeinen Zeitung wird aus Regensburg vom 24. Febr. geschrieben: „Die in Ihrem gestrigen Blatte gegebene Nach richt von einer neuen Wendung in der brcSlaucr Bisthumsange- Icgenhcit (Nr.58) war cbcn so wenig genau als die einige Tage früher aus der Breslauer Zeitung entnommene über den Wortlaut der vom Dom- dcchantcn v. Diepcnbrock dein dortigen Domkapitel gegebenen Erklärung. Hr. Oomdcchant v. Dicvcnbrock hat, wie wir aus bester Quelle versichern kön nen, die Wahl, die cr einfach und entschieden abgclchnt, auch jetzt nicht angenommen, sondern nur aus neuester Veranlassung sich dahin erklärt: daß er in dicscr Sache der Entscheidung des heiligen Stuhls sich fügen